07. Dezember 2015


Soll ich mein Leben mit Kleinscheiß vertrödeln?

Leser Unknown fragt

Ich habe zwei ETFs. Nun sieht es so aus, dass ich meinen Freibetrag von 801 Euro dieses Jahr nicht ausschöpfe. Lohnt da Anteilverkauf trotz Gebühren, um diesen auszuschöpfen oder sollte ich diese lieber so belassen?

Der Finanzwesir antwortet

Diese Frage fällt in die gleiche Kategorie wie

  • Soll ich mein Tagesgeld-Konto wechseln, um 0,x % mehr Zinsen zu bekommen?
  • Soll ich mein Depot umziehen, weil es bei Broker XZY 200 Euro Begrüßungsgeld gibt?
  • Soll ich jetzt andere ETFs kaufen, weil bei meinem Broker der kostenfreie Sparplan ausläuft?

Was tun?

In allen Fällen würde ich so vorgehen:

  1. Den Prozess in seine Einzelteile zerlegen.
  2. Ein Preisschild an jeden Schritt hängen.

Die Kosten eines Prozessschritts setzen sich wie folgt zusammen:

  1. Direkte Kosten wie Gebühren
  2. Ihre Arbeitszeit. Geben Sie sich einen Stundenlohn und multiplizieren Sie den mit der aufgewendeten Zeit.

Wie hoch ist mein Stundenlohn?

  • Wie lange sind Sie von zu Hause weg?
  • Was verdienen Sie netto?

Teilen Sie Ihren Nettolohn durch Ihre berufsbedingte Abwesenheit. Dann wissen Sie, was Ihre Zeit wert ist.

Beispiel Verkauf von ETF

Welche Prozessschritte fallen an?

  1. Ausrechnen, wie viele Anteile verkauft werden müssen, um die 801 Euro aufzufüllen. Dabei entscheiden: Will ich eher etwas zu wenig verkaufen und ein paar Euro "verschenken" oder will ich eher zu viel verkaufen und ein paar Euro Steuern zahlen? Nicht vergessen, die Gebühren mit einzukalkulieren.
  2. Prüfen, was das Finanzamt dazu sagt, wenn ich heute um 14:00 Uhr 38 Anteile meines ETFs verkaufe und heute um 16:00 Uhr 38 Anteile des gleichen ETFs kaufe. Ist das ok, oder betreibe ich dann Gestaltungsmissbrauch? Gibt es zu diesen Fällen höchstrichterliche Entscheidungen oder regieren die Finanzämter mit behördlichen Erlassen, die von Finanzamt zu Finanzamt unterschiedlich sind?
  3. Wenn Punkt 2. grünes Licht gibt => Die Anteile verkaufen.
  4. Die Anteile zurückkaufen. Wenn nicht genug Geld vorhanden ist, muss ich warten, bis die Bank mir den Verkauf gutgeschrieben hat. Das kann ein paar Tage dauern. Ich muss also jeden Tag im Depot nachschauen, wie der Stand ist. Bis dahin kann der Kurs gestiegen oder gefallen sein. Ich muss auf jeden Fall neu rechnen, wie viele Anteile ich kaufen muss.
  5. Den Papierkram prüfen (hat die Bank wirklich den Freibetrag korrekt angesetzt).
  6. Den Papierkram abheften.

Die Schritte 5 und 6 fallen bei jeder steuerrelevanten Transaktion an. Deshalb sollte man solche Transaktion minimieren.

Zeitaufwand

Brutto kostet der Verkauf mit anschließendem Rückkauf Sie zwischen einer Woche und zehn Tagen.
Das bedeutet nicht, dass Sie sieben bis zehn Tage rund um die Uhr mit dem Job befasst sind. Es bedeutet:

  • Am Sonntag überlegen Sie sich, welche und wie viele Anteile Sie verkaufen wollen und klären, ob das Finanzamt da mitmacht.
  • Am Montag verkaufen Sie. Vielleicht aber auch nicht, denn die Börse kommt Ihnen irgendwie wacklig vor. Dann aber doch.
  • Dienstags sind Sie ein Nervenbündel, denn das Geld ist im Transit. Was, wenn die Kurse steigen?
  • Mittwoch ist das Geld endlich auf dem Verrechnungskonto und Sie können die Anteile zurückkaufen. Vielleicht aber doch eher Donnerstag, denn man munkelt, die Kurse könnten sinken. Da wäre es doch eine Schande, nicht ein bisschen Markttiming zu probieren. Sie kaufen dann doch am Mittwoch, denn dieser Artikel soll ja auch mal fertig werden.
  • Am Montag nächster Woche kommt die Kaufabrechnung. Die Verkaufsabrechnung kam schon am Freitag. Obwohl Sie in der Arbeit einen Manic Monday hatten, prüfen Sie die Abrechnung umgehend und heften sie auch ab.

Brutto-Zeit: Acht Tage. Aber nur, weil ich in jedem Fall zu Ihren Gunsten entschieden habe.

Mental-Stress pur: Um den Freibetrag auszuschöpfen, müssen Sie diese großen Entscheidungen fällen:

  1. Zu wenig oder zu viel verkaufen?
  2. Verkaufen! Und! zwar! jetzt!
  3. Kaufen Und! zwar! jetzt!

Sie haben am Sonntag Ihren Plan gemacht und den ziehen Sie jetzt vollkommen emotionslos durch.
Wie ein Barrakuda haben Sie Ihre Beute im Blick und lassen sich durch nichts ablenken. Auch nicht durch die Werbung Ihres Brokers, der Ihnen einen ganz tollen neuen Fonds ganz ohne Ausgabeaufschlag andient.

Kosten

Sie kennen Ihren Stundenlohn, rechnen Sie die operativen Kosten aus.
Lächerlich und absolut zu vernachlässigen: Die zwei mal zehn Euro Transaktionsgebühren.

Ihre Aufgabe

Klären Sie, um welche Beträge es geht. Lohnt sich das Ganze oder ist das mehr so eine "Ice-Bucket-Challenge", bei der es darum geht, seine Nerven zu stählen?
Stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis? Und zwar auch dann, wenn Sie die psychologische Komponente mit einrechnen?

Wenn ja, dann legen Sie los.

Ketzerische Bemerkung

Was müssen Sie tun, um diese Frage in einem, drei oder fünf Jahren nicht mehr zu stellen?
So schließt sich der Kreis zur arroganten Artikel-Überschrift. Das Ziel darf nicht sein, den Freibetrag auszunutzen, sondern der Freibetrag soll irgendwann unter "Rundungsfehler" laufen.

Ihr Job ist es, Szenarien zu entwerfen und Ihr gesamtes Vermögen (Ihre Arbeitskraft gehört dazu!) zu betrachten.
Dabei hilft Ockhams Rasiermesser. Dieses Rasiermesser, auch als Sparsamkeitsprinzip bekannt, sagt im Groben: Wenn Sie zwei Szenarien am Start haben, wählen Sie das einfachere.

  1. Ich kann 0,x % mehr Tagesgeld bekommen. => Wie viel ist das in absoluten Zahlen? Welchen strategischen Wert hat das Tagesgeld für mein Gesamtvermögen? Ist Tagesgeld der Renditetreiber oder der stabile Anker?
  2. Soll ich die 200 Euro Begrüßungsgeld für einen Depotumzug kassieren? => Wie aufwendig ist der Umzug? Kann ich sicher sein, dass meine Altbestände nach wie vor steuerlich privilegiert sind? Welche automatischen Sparpläne muss ich umstellen?
  3. Mein kostenloser ETF-Sparplan läuft aus. => Muss ich umziehen oder kann ich den Kauf anders strukturieren?
  4. Sollte ich nicht lieber in die Sauna gehen und die aufkeimende Erkältung loswerden, damit ich im Job fit bin?

Fazit

Die Gebühren sind in diesem Spiel vollkommen uninteressant. Es geht um Ihren Zeitaufwand und Ihre Nerven.
Wenn ich eines gelernt habe: Der operative Aufwand wird immer unterschätzt. Schnell hat man seinen privaten BER am Hacken. Das bisschen Finanzen macht sich eben nicht von allein.
Steuererleichterungen und Marketingaktionen erweisen sich oft genug als Danaergeschenk.

Zum Weiterlesen

(awa)

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Kommentare

Dummerchen sagt am 07. Dezember 2015

LOL! Ich hab die Frage ja an entsprechender Stelle auch schon kommentiert bevor ich jetzt Deinen Beitrag sehe. Da gibt es trotz der Kürze meines Kommentars doch erhebliche Parallelen...


Finanzwesir sagt am 07. Dezember 2015

Hallo Dummerchen, ja, aber diese Frage kommt immer wieder und sie ist mir zu wichtig, um sie in den Kommentaren versinken zu lassen. Ich habe selbst jahrelang so gedacht und Euros ausgegeben um Cents zu sparen.
Man muß sich ganz brwußt dagegen entscheiden und das ist ziemlich schwer.

Gruß
Finanzwesir


Alex von Reich-mit-Plan.de sagt am 07. Dezember 2015

Hi Finanzwesir,
keineswegs arrogant, aber schon etwas mit Würze ...
So pauschal würde ich die Titel-Frage jetzt gar nicht beantwortet wollen.
Es hängt sicher immer vom Ertrag ab den man mit etwas Aufwand erzielen kann.

Zudem finde ich es nicht richtig, einen "virtuellen" Arbeitsverdienst gegenzurechnen.
Dies wäre nur dann korrekt, wenn man zum Beispiel selbstständig ist. Hier tauscht man tatsächlich Geld verdienende Arbeitszeit gegen Freizeit ein.

Als Angestellter hätte man in der Zeit keiner alternativen Einnahmequelle nachgehen können. Und welcher Angestellte geht für einen ETF-Verkauf oder Depotwechsel während der Arbeitszeit heim?

Bei den meisten und meiner Meinung nach auch einschliesslich der Selbstständigen, werden derartige zeitlichen Aufwendungen immer in der Freizeit erledigt. Ob man also vor dem TV oder in der Sauna gesessen hätte oder einfach nur wandern war, kann im Grunde nicht in virtuelle Arbeitszeitkosten umgerechnet werden.

Das deine genannten Beispiele alle Zeit und etwas Arbeit in Anspruch nehmen steht außer Frage. Aber ab welcher Summe lohnt sich das? Bei dem Beispiel mit der Ausschöpfung der 801 Euro hängt es sicher davon ab wie viel für die volle Summe noch fehlt. Bei 50 Euro, klar, da macht das kaum Sinn.

Bei einer Depotwechsel von 200 Euro sieht es schon etwas anders aus. Bzw. gibt es derzeit sogar Weihnachtsaktionen bei denen man mit zwei Depotwechsel-Optionen zusammen 1600 Euro an Prämie kassieren kann.

Hier würde sich das für die meisten selbst dann rechnen, wenn sie damit 3 Monate lang beschäftigt wären.

Der Aufwand hält sich auch in Grenzen. Die eine Depotbank bietet einen guten Tagesgeldzins für die Guthabensübertragung und die andere Bank verprovisioniert (sagt man das so :-) ?) lediglich die übertragenen Wertpapiere.

Man muss also in seinem Depot erstmal selektieren welche Position wo hin übertragen werden muss.
Zwei Depoteröffnungen bedeuten auch zwei mal Post-Ident. Wobei in diesem Fall nur ein mal der Weg zur Post als Aufwand entsteht. Immer mehr Banken bieten mittlerweile auch Video-Ident an. Dann geht es ganz ohne den Weg zur Post.

Nach ein paar Tagen bekommt man die Depotunterlagen und muss die Übertragung überwachen und den Papierkram abheften. Ganz so wie du es beschreibst.

Unterm Strich hat es aber auch 1600 Euro gebracht! Und wer genervt ist, wenn er sich um seine Finanzen kümmert, diese optimiert und neu strukturiert, der macht es noch nicht mit der richtigen Portion Hingabe.

Lieben Gruß
Alex

Auf dem Blog von Alex von Reich-mit-Plan.de gibt es hierzu diesen Artikel: Wie du mit einer Depotauflösung 1.600 Euro Wechselprämie kassierst


Paulemann sagt am 07. Dezember 2015

Ich habe verstanden was du mit dem Beitrag zeigen willst. Aber du das nun schon ansprichst: Wie gehen denn die Finanzämter mit Prozessschritt 2 um? Gibt es da Entscheidungen oder eine Tendenz? Danke!


maultasch sagt am 07. Dezember 2015

Ich verstehe die Frage nicht :-(.

Warum meinen ETF verkaufen, um den Freibetrag auszuschöpfen?? Ich würde meine ETF nur verkaufen, wenn ich ganz dringend mein Geld brauche (sollte aber nicht der Fall sein, da es noch ein Tagesgeldpufferkonto gibt).
Wenn der Freibetrag noch nicht ausgeschöpft ist heißt das für mich, dass spartechnisch noch Luft nach oben ist :-).
Mein Ziel ist es, den Freibetrag möglichst schnell zu überschreiten. Das ist für mich das Zeichen, dass mein Kapital endlich einen gewisse Größe erreicht hat und (ausreichend) Erträge bringt.
Außerdem rechne ich nicht in Jahren, sondern in den Bereichen 10/15 Jahre. Da ist es mir wurscht, ob ich in einem Jahr noch einen Restfreibetrag habe. Der ergibt sich derzeit doch auch nur, da es auf Festgeld und solche Sachen kaum noch Zinsen gibt (bei einer hiesigen Bank 0,05 % aufs Tagesgeld).
Da war bis vor einigen Jahren noch mindestens eine 1 vor! dem Komma. Und bei Bundesschätzchen eine 4. Da war der Freibetrag ruckzuck ausgeschöpft.


Finanzwesir sagt am 07. Dezember 2015

@Alex: Wenn es 1.600 Euro zu holen gibt, kann man sicher mehr Zeit und Energie investieren.

"Zudem finde ich es nicht richtig, einen "virtuellen" Arbeitsverdienst gegenzurechnen. Dies wäre nur dann korrekt, wenn man zum Beispiel selbstständig ist. Hier tauscht man tatsächlich Geld verdienende Arbeitszeit gegen Freizeit ein."

Meiner Meinung muss man das immer machen. Egal ob selbständig oder nicht. Wenn ich mich dazu entscheide meine Steuern durch Aktien- oder ETF-Verkäufe zu optimieren kann ich in dieser Zeit nichts anders machen.
Ich muss den Verzicht bewerten. Wandern, was mit der Familie machen, ein Buch lesen, fernsehen, das hat alles seinen Wert. Auch die Freizeit hat einen "merkantilen Wert". Man erholt sich und ist wieder fit für die Arbeit oder man knüpft Kontakte, die einem irgendwann mal nützlich sein können.
Ich möchte nur erreichen, dass meine Leser und Leserinnen sich überlegen, ob solche Aktionen wirklich den Helbel haben, den man auf den ersten Blick vermutet.

"Und wer genervt ist, wenn er sich um seine Finanzen kümmert, diese optimiert und neu strukturiert, der macht es noch nicht mit der richtigen Portion Hingabe."

Ich vermute, das trifft auf die meisten Menschen zu ;-) Die meisten Leute, die ich kenne, investieren ihre Hingabe in Frau, Familie, Fußballclub.... Finanzen sind da nicht so weit vorne.

@Paulemann: Keine Ahnung, denn ich mache so etwas nicht. Mir ist das zu nervig. Vielleicht wissen aber andere Leser etwas.

Gruß
Finanzwesir


Alex sagt am 07. Dezember 2015

Danke für deine Antwort Finanzwesir.

@Paulemann:
Da sagt das FA überhaupt nichts. Zum einen ist der Freibetrag da um ihn auszuschöpfen und zum anderen ist es ein normaler kurzfristiger Trade. Ich kann auch am Vormittag meine seit 30 Jahre im Depot liegenden BASF Aktien verkaufen und zum Mittagslunch lege ich sie mir direkt wieder ins Depot. Mit welchen Hintergedanken auch immer.
Das FA interessieren solche Transaktionen auch gar nicht im Detail. Die wollen die Gesamtheit der Gewinne und Verluste und den darauf zu entrichtenden Steuern wissen.
Entsprechend einfach gehalten ist die Steuerbescheinigung. Basierend auf Summenangaben und keine Auflistung von Einzeltrades.

Gruß
Alex


Dummerchen sagt am 07. Dezember 2015

Ergänzend zu Alex' Aussage:
http://www.steuer-schutzbrief.de/steuertipp-rubriken/steuer-tipps/artikel/wertpapiere-verkauf-und-rueckkauf-am-selben-tag-ist-kein-gestaltungsmissbrauch.html
Ich hatte diesen Link auch schon mal an anderer Stelle in diesem Blog angegeben.


Ex-Studentin sagt am 07. Dezember 2015

Immerhin gibst du die noch die Mühe, auf solche Fragen zu antworten. Gerade als Anfänger macht man sich wegen solcher Fragen verrückt. Die Gelassenheit beim Investieren muss man erst mal lernen.

Auf dem Blog von Ex-Studentin gibt es hierzu diesen Artikel: Die Geschichte meines überschaubaren ETF-Depots


wimi sagt am 07. Dezember 2015

Wenn man schon daran denkt, den Auftrag auszunutzen, dann mutmaße ich, dass man eigentlich Lust darauf hat, das auch zu machen.
Meiner Meinung nach sollte man nicht vergessen, dass ein solches Vorgehen nach Abschluss Zufriedenheit beschert.
Natürlich muss sich das nach Gebühren rechnen. Allerdings würde ich keinen Stundenlohn ansetzen, schließlich ist ein wenig tüfteln und Finanzen optimieren doch eher Hobby, als harte Arbeit.


mafis sagt am 08. Dezember 2015

Moin,
finde es auch wirklich interessant, wie viel Leute in Dinge investieren teilweise, welche fast gar nichts bringen. Oft mit solchen Fragen, wo es dann aber scheinbar oft um kleinere Beiträge geht. Daher finde ich das Thema mit dem Stundenlohn recht gut. Für mich selbst lohnt sich das noch lange nicht, deswegen zögere ich aktuell auch noch mit dem Kontenwechsel. Aktuell kostet es mehr als es denn bringt.

Gruß, mafis

Auf dem Blog von mafis gibt es hierzu diesen Artikel: Der Wert einer Stunde


MichaDerXte sagt am 09. Dezember 2015

"Ergänzend zu Alex' Aussage: http://www.steuer-schutzbrief.de/steuertipp-rubriken/steuer-tipps/artikel/wertpapiere-verkauf-und-rueckkauf-am-selben-tag-ist-kein-gestaltungsmissbrauch.html Ich hatte diesen Link auch schon mal an anderer Stelle in diesem Blog angegeben."

Danke für den Link!

Kennt jemand andere Fälle/Sachverhalte, in welchen sich ein "Otto-Normal-Anleger" des Gestaltungsmissbrauchs "schuldig" gemacht hat? Würde mich sehr interessieren.

Grüße


Chris sagt am 10. Dezember 2015

"Ich habe zwei ETFs. Nun sieht es so aus, dass ich mein Freibetrag von 801 Euro dieses Jahr nicht ausschöpfe. Lohnt da Anteilverkauf trotz Gebühren, um diesen auszuschöpfen oder sollte ich diese lieber so belassen?"

Ob sich das "lohnt" kann sich doch jeder schnell im Kopf ausrechnen: Was sind die Kosten dieser Aktion, und was ist der Ertrag ? Über welches Volumen sprechen wir hier eigentlich ? Wenns am Ende nur darum geht, für popelige 100 Euro ein paar Anteile hin und her zu schieben, dafür auch noch 20 Euro Transaktionsgebühren zu bezahlen, nur um am Ende 5 Euro Steuern zu sparen, erledigt sich die Frage doch gleich von selbst. Erst ab ner gewissen Summe macht so etwas Sinn, und die mag für jeden unterschiedlich sein.
Achja Wesir, Tax Loss Harvesting (also das Verkaufen und Rückkaufen von Wertpapieren um zwischenzeitliche Minuskurse als steuerliche Verluste festzubuchen) ist, soweit ich mal kurz Dr Google gefragt hab, kein Gestaltungsmissbrauch.
Das FA interessiert sich ja auch normalerweise nicht für deine komplette Transaktionshistorie, für die ist nur relevant was am Ende als G/V insgesamt bei rauskommt.

Ich bei dir, wenns darum geht, das man sich keinen großen Kopf über jeden kleinen Mist machen muss. Allerdings finde ich auch recht putzig, dass bei dir (Extrembeispiel, oder vielleicht ist der Durchschnittsanleger ja wirklich so doof?) diese ganze Aktion 8 Tage dauert.
Das hätte bei mir keine fünf Minuten gebraucht (zehn Sekunden um zu überschlagen ob sich das überhaupt lohnt oder nicht, und wenn ja, dann sind die entsprechenden Trades auch schnell ermittelt und ausgeführt.). Das liegt vielleicht auch daran, dass ich selbst auch beruflich im Bereich Buchhaltung etc tätig bin, aber mich wundert manchmal echt immer wieder, wie sehr doch anscheinend andere Menschen immer schnell in Schockstarre und Unfähigkeit/Untätigkeit ausarten, wenns nur um (klar, Ansichtssache) einfache Prozesse und Formalien geht.
Gerade heutzutage online ist das doch zack zack erledigt, wer dazu noch eine konsequente Aktenwirtschaft führt hat dann im laufenden Betrieb nur noch minimalen "Aufwand".
Aber hey, kein Problem, es leben ja auch ganze Branchen nicht schlecht davon, dass die meisten Menschen sich mit "solchem doofen Kram" eben nicht gerne selbst beschäftigen wollen oder können.

"Soll ich mein Tagesgeld-Konto wechseln, um 0,x% mehr Zinsen zu bekommen?"

Wenn man soviel Kohle auf dem Konto hat, dass der minimale Zinsunterschied am Ende nen relevanten Geldbetrag ausmacht, kann das jeder machen wenn er will. Ein Tagesgeld-Konto ist online schnell in 15 Minuten gewechselt (5 min um den Online Antrag auszufüllen, 5 min um das Geld vom alten zum neuen Konto zu überweisen, und von mir aus noch 5 min wenn man zur Postident in die Filiale muss), also wer da von irgendwelchem "Aufwand" redet muss schon eine sehr komische Arbeitsweise haben.

"Soll ich mein Depot umziehen, weil es bei Broker XZY 200 Euro Begrüßungsgeld gibt?"

Einen Broker sucht man sich idealerweise danach aus welcher die für einen passendsten Handelskonditionen hat und eine Angebotspalette bei der man sich wohlfühlt. Neukundenaktionen sind da eher weiter unten in der Prioritätenliste.
Aber selbst wenn man uuunbedingt noch irgendwelche Boni abgreifen will, so ein Depotumzug ist auch keine aufwändige Aktion. Die Formulare sind fix ausgefüllt, und solang man keine allzu speziellen Sachen (viele, seltenere Papiere, ältere Daten etc.) macht, ist das bei den großen deutschen Standart-Brokern keine schwere Aktion.

"Soll ich jetzt andere ETFs kaufen, weil bei meinem Broker der kostenfreie Sparplan ausläuft?"

Siehe oben, idealweise hat man seine ETFs danach ausgesucht, weil einem das Produkt an sich gefällt, und nicht weils nur grad zu dem Zeitpunkt mal ne befristete Werbeaktion dafür gab.
Einen schlechten ETF würd ich mir auch mit kostenlosem Sparplan nicht holen wollen, genauso wie ich auch kein Problem damit habe, einen ansonsten "guten" ETF halt eben nur "manuell" weiter kaufen zu müssen. Aber natürlich, ich bin ja auch keiner der so kleine 50€-Raten im Monat fährt, da muss man natürlich mehr auf so Nebensachen achten.


Finanzwesir sagt am 11. Dezember 2015

Hallo Chris,

"Allerdings finde ich auch recht putzig, dass bei dir (Extrembeispiel, oder vielleicht ist der Durchschnittsanleger ja wirklich so doof?) diese ganze Aktion 8 Tage dauert."

Wie ich schon sagte, nicht 24x7, sondern immer wieder mal. Auch Du wirst auf die Abrechnungen warten müssen.
Die Leute sind nicht doof, sondern wollen nichts falsch machen. Das ist das alles überragende Motiv. Es wurde ihnen nie beigebracht in Prozessen und wirtschaftlich zu denken und jetzt tasten sie sich voran in dieses Neuland.

Unsicherheit in Kombination nur ja alles richtig / perfekt zu machen verzögert alles ernorm und schafft Probleme, wo keine waren.

Diese Kombi ist in allen Lebensbereichen suboptimal ;-) Wenn ich sehe, was manche Eltern, die von dieser Kombi besessen sind mit ihren Kinder machen...

Gruß
Finanzwesir

PS: Auch wenn Du ein ganz fixer bist: Ein Postident in 5 Minuten durchzuziehen, finde ich sehr ambitioniert. Schlange stehen ist da nicht drin.


Investment Amad€ sagt am 11. Dezember 2015

Hallo Finanzwesir!
Ich bin auch ein Fan der 80/20 Strategie. Sie besagt, dass 20% des Aufwandes 80% der Ergbnisse erzielt. Daher konzentriere ich mich ganz beswusst auf diese 20%

MFG Philipp


Mail sagt am 12. Dezember 2015

@Axel:

Naja, wenn du so viel Zeit hast, dann empfehle ich dir einfach mal diesen Beitrag hier von Wait-but-Why zu lesen:

http://waitbutwhy.com/2015/12/the-tail-end.html

Schau dir unbedingt die Grafik an: "a 90-year human life in weeks"

Jetzt musst du nur noch das Kreuz machen, wo du dich heute befindest.

Dann können wir nochmal über die Verlustzeit reden.

Du bist dran ;-)


Joerg sagt am 08. November 2019

@Tax-Loss-Harvesting, da im akt. Wochen-Email-Newsletter verlinkt, hier mal ein kleines Update:

  • seit 01.01.18 beträgt die effekt. Steuer auf Kursgewinne/Ausschüttungen bei Aktien-ETFs 18,4625% (26,375% x 0,7 Teilfreistellung)

Unterschied Besteuerungsgrundlage zur Verrechnung mit dem SFB vs Abgeltungssteuer verstehen:

  • Besteuerungsgrundlage: wenn der SFB(SparerFreiBetrag) noch nicht ausgeschöpft ist, kann man, um die 801€ für Singles komplett auszuschöpfen, also Kursgewinne von 801/0,7=1.144,28€ jährlich realisieren
  • Abgeltungssteuer: SPAREN tut man da aber nicht 1.144,28€ sondern (im Falle von der SFB wäre verbraucht) nur 1.144,28€ Kursgewinn x 0,184625 = 211,26€ = 801€ x 0,26375
  • also diese 211,26€ Abgeltungssteuer gilt es womöglich jährlich als Single zur max. Ausschöpfung des SFBs zu "ernten"

Tax-Loss-Harvesting(TLH) generell (Steuerverluste in Abwärtsphasen ernten für zukünftige Dividenden-Zahlungen oder zur Verrechnung mit Kursgewinnrealisierungen), damit das gut gelingt ist nötig:

  • Accessibility: Strukturierung des Depots (Kursgewinnleiter, siehe https://frugalisten.de/steuern-kapitalertraege-privatier-optimieren/) damit überhaupt an die im Verlust liegenden Stücke bei Bedarf herangekommen werden kann (LIFO)
  • Die Stücke sollten bei einem Niedrigpreis-Broker liegen (TradeRepublic, JustTrade, DeGiro, Flatex, Onvista, DKB), damit die Round-Trip-Gebühren (Round-Trip: Verkauf und Zurückkauf) minimiert sind
  • Der Spread sollte niedrig sein (Tageszeit beachten, nur zu Xetra-Handelszeiten?, US nach 15:30?, EM/EU eher vormittags?)
  • Es ist nicht so, dass man "warten" muss bis Geld auf dem Verrechnungskonto gut geschrieben wird. Sobald der Verkauf ausgelöst ist, ist auch Kauf-Kraft für den Zurück-Kauf vorhanden (1sec).
  • Ggfls. sich einen Effektenkredit einräumen lassen, um flexibler zu sein, wenn z.B. beim Brocker_1 verkauft und beim Broker_2 gekauft wird (dazwischen Geldtransfer nötig)
  • Ein Round-Trip ist "günstiger" in einem Abwärtstrend-Markt, z.B. Verkauf zu 100€/Stück, Rückkauf zu 99,70€/Stück -> positives Slippage
  • pers. habe ich z.B. im Dez.2018 und im Aug.2019 Tax-Loss-Harvesting gemacht (damit wird z.T. die Vorabpauschale am 02.01.2020 gegengerechnet werden)
  • generell wird TLH erst interessant, wenn man mind. 5stellige Depots hat und Verluste von mindestens ein paar hundert EUR realisieren kann, denn auch hier gilt es den Unterschied zwischen Besteuerungsgrundlage und Abgeltungssteuer zu verstehen:
    Bei 1.000 EUR Kursverlust realisieren, spart man "nur" 184,62€ Abgeltungssteuer für die Zukunft. D.h. Liquiditätsvor/nachteile sind "überschaubar" für den Aufwand.
  • wer weiss noch weitere "Kleinscheiss-"Tricks?

LG
Joerg


Joerg sagt am 18. März 2020

Was für ein Segen, durch die niedrigen Kurse konnte ich einige der ungeliebten Ausschütter (Arbeit mit Ausschüttungen, Steuern auf Ausschüttungen) verkaufen ohne Steuern auf Kursgewinne zu zahlen und dafuer Thesaurierer kaufen.

Berechnung: fiktive Kursgewinne vom Wisch zum 31.12.17 von eurem Broker je ETF werden mit den Kursverlusten seit dem mal 0,7 (wegen TeilFreiStellung) verrechnet.

Sogar die Verlusttöpfe sind etwas gefüllt (falls Arne es beim Comst.MSCI World-Umzug zu Lyxor verbockt ;-))
Verfeinerung zur beschr. Methode hier drüber (nur für Leute über dem SFB):

ERST Kaufen (Limit-Order am letzten lokalen Tief des ETF orientieren) z.B. mit Notgroschen oder besser Lombard-Kredit-Linie, dann wegen Fifo die im Verlust befindlichen schon-lange-angeschafften-Stücke etwas höher mit Limit verkaufen (so werden K- und V-Gebühren/Spread "vom Markt" bezahlt).

Die Dividenden der verbliebenen Ausschütter müssten nun grob in den Rahmen unseres SFBs passen.
Alles bis auf eine eiserne Reserve ist jetzt investiert.
Spekulation: Die Wende müsste nahe sein (-1 bis 8 Tage?). Wenn die Grossen ihre Absicherungen auflösen werden, geht's vermutlich diesmal schneller nach oben, als in früheren Zeiten (die Tür ist sehr schmal, die geparkte Geldflut riesig)?

Achtung, wer jetzt Ausschütter kauft, loggt eine höhere Ausschüttungsquote für sich ein (30% Kursverfall ~ mittelfristig 30% hoehere Dividenenrendite, also statt 2% vor dem Crash, ca. 2,6% zZ). D.h. der strukturelle, steuerliche Nachteil von aETF bei ausgeschöpftem SFB ist jetzt 30% höher als noch vor einem Monat.

Happy Investing,
Joerg


Geduld+Spucke sagt am 19. März 2020

@Jörg

Man könnte es natürlich auch umgekehrt machen, erst kaufen und dann verkaufen. Kommt drauf an, welches Risiko man eher tragen will. Daß man mit Cash dasteht während die Kurse nach oben abhauen, oder daß der Markt auf Lombard Kredit weiter fällt. Aber bei Dir hat es ja wohl ganz gut geklappt, freut mich. So können wir der Marklage noch was positives abgewinnen, wenn wir den Frühjahrsputz im Depot gleich mit erledigen können.


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