23. Oktober 2014
Leserfrage: Welche ETFs soll ich kaufen und welchen Broker soll ich wählen?
Leser S. fragt
Ihre Artikel zur Anlage in ETFs habe ich sehr ausführlich gelesen, da ich in diesem Bereich in Form eines Sparplanes anlegen möchte.
Ich bin 29 Jahre, Student (letztes Semester), die Sparrate soll zwischen 100 € und 150 € liegen.
Im Frühjahr 2015 läuft mein Sparbrief aus, dann hätte ich auch eine größere Summe zur Einmalanlage zur Verfügung (10.000 €). Ist es sinnvoll, die beiden ETFs World und Emerging Markets mit maximal 150 € zu besparen oder soll ich mich lieber auf den ETF World beschränken?
Was würden Sie mir vorschlagen, als Einmalanlage mit dem Sparbrief der im April 2015 ausläuft?
Jetzt noch die wichtigste Frage: Wie finde ich das für mich richtige Wertpapierdepot für die geplante Anlage (in ETFs)?
Ich habe bisher noch keines und wie finde ich den richtigen ETF auf den MSCI World beziehungsweise Emerging Markets? Es gibt diese ja von diversen Anbietern
Der Finanzwesir antwortet
Vorab ganz kurz die Frage: Die Berufsunfähigkeit ist abgesichert, und es ist auch genug Geld auf dem Tagesgeld- oder Girokonto, um den Einstieg ins Berufsleben zu finanzieren?
Die wichtigste Assetklasse, lieber S., sind Sie. Ihre Arbeitskraft macht es erst möglich, einen ETF zu besparen. An einer Berufsunfähigkeitsversicherung führt deshalb kein Weg vorbei.
Was den Einstieg ins Berufsleben angeht: Der ist oft teurer als erwartet. Bewerbungskosten, Umzug, Mietkaution, neue Kleidung, das muss alles bezahlt werden. Dafür sollte ein Polster da sein.
Welchen ETF wählen?
Die Frage nach dem "richtigen" ETF lässt sich nicht eindeutig beantworten. Was bedeutet "richtig"?
Ich würde mit einem steuereinfachen ETF auf den MSCI World anfangen und dabei auf die Tracking-Differenz achten.
Warum?
- Steuereinfach ist wichtig, weil der Papierkram sonst bei einem Sparplan sehr nervig wird. Das lohnt für die Summen, die hier angelegt werden sollen, nicht. Außerdem hat ein Berufsanfänger andere Prioritäten, als sich in Steuerkram zu vergraben. Starten Sie lieber im Beruf voll durch und nutzen Sie Ihre Freizeit, um Dinge zu tun, die Ihnen Spaß machen (kurz Leben genannt).
- Ein ETF reicht. Denn wenn Sie es schaffen, im Beruf gut Fuß zu fassen und Ihren Lebensstil nur maßvoll auszuweiten, dann werden Sie bald ganz andere Summen sparen können. Mit 32 schauen Sie dann noch einmal auf Ihr Depot und überlegen: "Nehme ich jetzt 2, 3 oder 4 ETFs als Bausteine für mein passives Vermögen?". Dann rebalancen Sie um den bis dahin angesparten MSCI-World/EM-Klumpen herum, bis die Verhältnisse so sind, wie Sie es sich vorstellen.
- Eine kleine Tracking-Differenz zeigt an, dass der ETF einen guten Job macht. Der Blick auf die TER ist der erste Indikator.
Für einen ersten Überblick gibt es JustETF. Hier die MSCI World ETFs und hier die ETFs auf den MSCI Emerging Markets.
Bevor Sie einen ETF kaufen, müssen Sie die Angaben unbedingt auf der Website des Anbieters kontrollieren. Nur weil ein ETF eine deutsche ISIN-Nummer (Wertpapierkennung) hat, bedeutet das noch lange nicht, dass es ein inländischer ETF ist. Das Fonds-Domizil kann auch Irland oder ein anderes Land sein. Das ist steuerlich sehr relevant.
Was tun mit dem auslaufenden Sparbrief?
Wenn Sie die 10.000 Euro des Sparbriefes in einen ETF investieren, wechseln Sie die Anlageklasse. Wollen Sie das?
Sie verschieben dann 10.000 Euro aus dem Bereich "risikoarmen Anlage (RK1)" in den Bereich "risikobehaftete Anlage (RK3)". Das ist ok, aber Sie sollten sich darüber klar sein: Geldanlage in Aktien ist langfristig. Wir reden hier von einem Zeithorizont von zehn und mehr Jahren.
Mit Festgeld dagegen können Sie sehr genau planen. Sie wissen genau, welche Menge Geld Ihnen wann zur Verfügung steht.
Ich kann hier nichts empfehlen, denn sowohl eine erneute Anlage im RK1-Bereich wie auch im RK3-Bereich können sinnvoll sein.
Das hängt von Ihren Plänen und Ihrer Lebenssituation ab. Vielleicht legen Sie ja 2.000 Euro zurück, um die Kaution für Ihre neue Wohnung zu leisten.
Wenn dem nicht so ist, würde ich für den RK1-Bereich eine Festgeldleiter mit 3 oder 4 Stufen zu je einem Jahr vorschlagen. Die vierstufige Leiter würde wie folgt aussehen:
- Stufe, Laufzeit 1 Jahr, 2.500 Euro Anlagesumme
- Stufe, Laufzeit 2 Jahre, 2.500 Euro Anlagesumme
- Stufe, Laufzeit 3 Jahre, 2.500 Euro Anlagesumme
- Stufe, Laufzeit 4 Jahre, 2.500 Euro Anlagesumme
Damit werden jedes Jahr 2.500 Euro frei. Diese können Sie erneut in der Festgeldleiter anlegen, für das Rebalancing Ihres ETF-Depots verwenden oder verbrauchen. Der Vorteil zum Anleihen-ETF: Keine Kursschwankungen und Sie können flexibel auf steigende Zinsen reagieren.
Grundsätzlich: Was spricht dagegen, dieses Geld als Grundstock für den RK1-Anteil des kommenden Vermögens zu sehen? Mehr zum Thema Anlagestrategie und Weltportfolio (Aufteilung in RK1 und RK3).
Wenn das Geld trotzdem die Anlageklasse wechseln soll, würde ich eine 70/30-Mischung MSCI World / MSCI Emerging Markets anstreben. Die Frage ist: Wie lässt sich das möglichst preisgünstig und einfach realisieren.
Variante 1
Sie kaufen für 7.000 Euro einen MSCI World ETF und für 3.000 Euro einen ETF auf den MSCI Emerging Markets. Dann müssen Sie die Sparraten ebenfalls proportional aufteilen. Das wären dann 70 Euro monatlich auf den MSCI World und 30 Euro für den MSCI EM. Da muss ein gescheiter Sparplan her, sonst wird das gebührenintensiv. Alternativ können Sie auch das Geld monatlich auf dem Tagesgeldkonto sammeln (praktisch alle Broker bieten auch ein TG-Konto an) und dann nur quartalsweise kaufen. Dann ist jeder Kauf auch gleich ein Rebalancing.
Variante 2
Sie beginnen mit einem Sparplan auf den MSCI World. Wenn dann in einem halben Jahr der Sparbrief fällig wird, verteilen Sie das Geld so, dass Sie wieder bei 70/30 herauskommen. Alternativ können Sie auch den EM-Anteil übergewichten und sich dann über die nächsten 12 Monate mithilfe der Sparraten auf den MSCI World an die 70/30-Verteilung heranrobben.
Beide Varianten hängen stark von den Konditionen ab, die Ihr zukünftiger Broker Ihnen bietet. Das ist das Lästige an Finanzstrategien: Auf dem Papier sehen sie immer gut aus, aber in der Realität zerschellen sie dann an den Bank- und Brokergebühren.
Welcher Broker ist der Richtige?
Es gibt leider nicht den richtigen Broker. Es gibt Broker, die sind gut für Buy-and-hold-Anleger und andere, die eignen sich besser für Trader. Es gibt Broker, die sind wahnsinnig billig, aber wehe, es kommen Dividenden ausländischer Firmen ins Haus, dann sind diese Broker auf einmal sehr teuer.
Oft genug werden Gebühren bei außerbörslichem Handel im Spread versteckt. Das macht einen Kauf dann optisch billiger, ist bei größeren Ordern aber nicht wirklich günstig. Die günstigen Konditionen im Direkthandel müssen Sie manchmal über unrealistische Kurse teuer bezahlen.
Auch immer gerne genommen wird das Wörtchen "ab", wenn es um Kosten geht. "Bei uns handeln Sie ab 4,95 €". Man kennt das ja von den Fluggesellschaften: "Hamburg–München ab 10 €". Zuzüglich einer Sitzplatzgebühr von 149 €.
Ebenfalls ein wichtiger Punkt: Der Service. Wer liefert eine Erträgnisaufstellung, wer hilft beim Thema Quellensteuern und zu welchen Kosten? Wie gut ist der Telefonsupport?
Wer hat ein Tagesgeldkonto mit dabei? Wie gut ist das verzinst?
Kann ich in meinem Account mehrere Depots verwalten?
Unter welchen Bedingungen ist die Konto-/Depotführung kostenlos? Manche Broker wollen eine gewisse Zahl an Trades pro Monat sehen, andere wollen, dass Sie eine bestimmte Mindestsumme auf dem Verrechnungskonto deponieren.
Wenn Sparpläne gewünscht werden: Welcher Broker bietet welche Produkte zu welchen Konditionen als Sparplan an?
Wie sieht es mit der IT-Infrastruktur aus? Nicht so schön, wenn die Server down sind und ich will verkaufen.
Leider sind die Broker nicht so einfach zu vergleichen.
Wie den richtigen Broker auswählen?
Zuerst sollten Sie sich überlegen: Was für ein Anlegertyp bin ich?
- Was will ich überhaupt machen? (Buy & Hold / Sekundenhandel)
- Welche Wertpapierarten will ich handeln? (ETF / Sparplan / Aktien / Anleihe / Zertifikate / Optionen / Optionsscheine / aktive Fonds)
- Wie oft will ich handeln? (Anzahl der Käufe / Verkäufe pro Tag / Monat / Jahr)
- Will ich nur an deutschen Börsen handeln oder auch an ausländischen?
- Welchen Service brauche ich? (Quellensteuerservice / Steuerbescheinigung / Dividendenzahlungen / Börsenzugang / Handelszeiten)
Aus dieser Liste ergeben sich Ihre Bedürfnisse und Wünsche. Fragen Sie sich: Was ist mir wirklich wichtig? Worauf will ich nicht verzichten und was wäre ein netter Zusatz? Diese Wunschliste würde ich dann in Excel eintragen. Die wichtigsten Features kommen ganz nach oben und sind in der ersten Spalte zu finden. In den folgenden Spalten vergebe ich für jedes Feature eines Brokers Schulnoten.
Diese Tabelle sollte Ihnen helfen, den Broker zu finden, der am besten zu Ihnen passt.
Wichtig: Vollkommen unerheblich sind irgendwelche Werbeaktionen. Davon profitieren Sie einige Monate und das war‘s dann. Das Preis-/Leistungsverhältnis muss dauerhaft gut sein. Klar, es gibt da draußen Depot-Nomaden, die von einem Neukundenangebot zum nächsten ziehen, aber der Aufwand lohnt sich in den seltensten Fällen.
Ich würde folgende Broker in die Auswahl nehmen: Comdirect, Cortal Consors, DAB sowie Flatex, Lynx, Onvista und die Aktionärsbank.
Die Auswahl des richtigen Brokers hängt sehr stark von der eigenen Strategie ab. Geben Sie sich bei der Auswahl Ihres Brokers ein bisschen Mühe. So toll ist dieser Job nicht, und Sie wollen ja nicht nach einem halben Jahr wechseln.
Machen Sie sich aber auch nicht zu viel Stress. Die Brokerwahl ist kein Eheversprechen. Sie können mit Ihrem Depot jederzeit umziehen. Suchen Sie sich einfach eine neue Bank, erteilen Sie dort die entsprechenden Vollmachen und dann bekommen Sie den Full-Service-Umzug zum Nulltarif.
Die Konkurrenz ist hart. Jeder Broker freut sich, wenn er dem anderen einen Kunden wegschnappen kann. Gehen Sie über den roten Teppich, den man Ihnen als Neukunde ausrollt.