19. Oktober 2014
Zum Golde drängt, am Golde hängt doch alles. Ich nicht!
Rohstoffe gehören in jedes Depot. Ohne Gold ist keine Geldanlage komplett. Kaufen Sie Gold und Silber, und legen Sie Ihr Geld in Baumwollplantagen an. Spekulieren Sie auf steigende Ölpreise.
Die Sirenengesänge der Banken sind verlockend.
Ich lege mein Geld nicht in Rohstoffen an und habe es auch nicht vor.
Bevor ich meine Entscheidung begründe, möchte ich Ihnen zwei rohstoffskeptische Kronzeugen präsentieren:
Börsenlegende Andre Kostolany schreibt in seinem Buch "Die Kunst über Geld nachzudenken":
"Ich habe später in so ziemlich allen Rohstoffen herumgepanscht, die auf Termin gehandelt werden und wurden. Zeitweise besaß ich sogar einen Sitz an der legendären Getreidebörse von Chicago. Per Saldo habe ich nichts verloren und nichts gewonnen.
Die Rohstoffspekulation ist nur etwas für erfahrene Spekulanten, die das Risiko kennen und Verluste verkraften können.
Rohstoffe sind vor allem für diejenigen geeignet, die aus professionellen Gründen damit zu tun haben, da sie diese später für ihre eigenen Betriebe verwenden können. Ein Müller legt etwa einen Teil seines Vermögens in Getreide an, ein Schokoladefabrikant kauft Kakao oder Zucker, ein Textilindustrieller lagert Wolle oder Baumwolle ein, ein Goldschmied deckt sich mit Gold und Silber ein und so fort.
Ich würde keinem privaten Spekulanten empfehlen, sein Glück ausschließlich an den Rohstoffbörsen zu suchen."
Andre Kostolany, "Die Kunst über Geld nachzudenken", Seite 64
In seinem "Brief an die Aktionäre" vergleicht Warren Buffett Goldspekulanten mit den holländischen Tulpenzwiebelhysterikern des 17. Jahrhunderts. Ab Seite 18 schreibt er:
"Gold, however, has two significant shortcomings, being neither of much use nor procreative. True, gold has some industrial and decorative utility, but the demand for these purposes is both limited and incapable of soaking up new production. Meanwhile, if you own one ounce of gold for an eternity, you will still own one ounce at its end."
Mythos 1: Rohstoffe sind endlich und unersetzbar
Ja, Rohstoffe sind endlich, aber nicht unersetzbar.
Machen wir ein kleines Gedankenexperiment: Erdöl ist alle.
Was jetzt?
Halten Sie folgendes Szenario für realistisch:
- Die Marine verfügt nur noch über große Schiffe, die von Atomreaktoren angetrieben werden.
- Die Luftwaffe besteht aus ultraleichten solarbetriebenen Aufklärungsdrohnen, Fesselballons und kühnen Segelfliegern (die heutige Luftschlacht musste wegen mangelnder Thermik leider abgesagt werden).
- Die Mädels schwärmen für Husaren in ihren eleganten Uniformen, denn das Heer ist zu einer Reiterarmee geworden. Die Kanonen werden von Gespannen gezogen, die aus sechs Oktoberfest-Rössern bestehen. Bilder, wie man sie von 1914–1918 kennt. Ohne Diesel fährt kein Lastwagen und kein Panzer.
Oder glauben Sie, dass die Zukunft eher so aussieht:
Panzer und Lastwagen werden mit Energy-Packs betrieben. Energy-Packs sind buchgroße, blau leuchtende Platten, die im Inneren des Fahrzeugs in spezielle Schlitze geschoben werden, dort einrasten und das Fahrzeug dann mit Energie versorgen. Jeeps werden von einem E-Pack angetrieben, Panzer brauchen bis zu vier Packs.
Klingt wie Science Fiction, ist in meinen Augen aber die realistischere Variante. Glauben Sie wirklich, dass sich das Militär damit abfindet, Ulanen mit wehenden Helmbüschen in die Schlacht galoppieren zu lassen?
Ein weniger martialisches Beispiel: Als China 2011 und 2012 anfing, seltene Erden zu horten und ein Monopol aufzubauen, stiegen die Preise enorm. Was passierte?
- Neue Lagerstätten wurden gesucht und gefunden.
- Bestehende Lagerstätten im Ruhezustand wurden reaktiviert, denn bei den hohen Preisen lohnte sich der Abbau wieder.
- Die Industrie fing an zu forschen. Die Forscher fanden Ersatz für die seltenen Erden und lernten, wie man die Metalle aus Altelektronik herauslösen und wiederverwerten kann.
Immer, wenn die Menschheit mit dem Rücken zur Wand stand, hat sie sich etwas einfallen lassen, um sich aus der Sache herauszuwinden. Lineares Fortschreiben bestehender Zustände ist nicht hilfreich. Der Fortschritt macht Sprünge, die wir nicht voraussehen können.
Fazit
Rohstoffe mögen endlich sein, aber sie sind nicht unersetzlich. Naturwissenschaftler und Ingenieure werden einen Ausweg finden, wenn bestimmte Rohstoffe knapp werden.
Mythos 2: Rohstoffe helfen in Krisenzeiten
Hier ist vor allem Gold gemeint. Gold in kleinen Stückelungen versteckt unterm Bett oder im Banksafe soll gegen Krisen helfen.
Wirklich?
Ich halte ein Häuschen mit Garten in dieser Situation für hilfreicher als Goldstücke. Menschen, die nach dem zweiten Weltkrieg auf Hamstertour gehen mussten, können davon erzählen. Zuerst fanden die Bauern den Deal Gold gegen Kartoffeln attraktiv, aber nachdem auch der letzte Schweinestall dick mit Perserteppichen ausgelegt war, sank die Geschäftsfreudigkeit des Landvolkes dramatisch.
Zuerst wird die Familie versorgt, dann das Dorf und danach dann die Fremden aus der Stadt. Zu viel Gold will der Bauer auch nicht horten, denn wie soll er es verteidigen?
Ein Blick auf die alten Werkssiedlungen hilft hier weiter. Wer durch die alten Siedlungen geht, die Siemens oder BASF für ihre Arbeiter errichten ließen, stellt fest: Zu jedem Häuschen gehört ein Kartoffelgarten, und Platz für Kleinfleischlieferanten wie Hühner und Kaninchen ist auch da. Das Arbeiterhaus deluxe hatte einen Schweinestall. Übers Jahr schön fett füttern mit den Essensresten und im Winter dann Hausschlachtung.
Fazit
Das Gebot in der Krise heißt nicht Gold, sondern Selbstversorgung. Wenn die Zeiten noch unsicherer werden, helfen nur Freunde und Waffen.
Mythos 3: Rohstoffe sind Vermögenswerte
Rohstoffe sind keine Vermögenswerte, sondern Verbindlichkeiten. Dieser Artikel erklärt den Unterschied zwischen einem Vermögenswert und einer Verbindlichkeit.
Kurz: Vermögenswerte bringen Geld in die Kasse, Verbindlichkeiten leeren das Portemonnaie.
Rohstoffe müssen abgebaut oder produziert und dann gelagert werden. Das kostet Geld. Gold gehört – was die Lagerung angeht – noch zu den gutmütigsten Rohstoffen. Es muss bewacht werden, das ist schon alles. Als Edelmetall kann Gold unter freiem Himmel gelagert werden.
Wenn ich Flüssigkeiten (Erdöl) oder Gase (Erdgas) lagern möchte, brauche ich entsprechende Behälter. Außerdem muss ich bei brennbaren oder giftigen Rohstoffen Sicherheitsmaßnahmen ergreifen.
Agrarrohstoffe sind wahre Lagerungs-Diven. Witterungsgeschützt, bei richtiger Temperatur und natürlich mäusefrei.
Monat für Monat muss ich die Lagerung bezahlen, egal, ob meine Rohstoffe im Preis steigen oder fallen. Die Älteren unter uns erinnern sich noch an die organisierte Lebensmittelvernichtung der EU, als die Lagerhäuser am Ende ihres Fassungsvermögens waren.
Das Argument: Ich will keinen Ölsee im Garten, ich kaufe nur einen Terminkontrakt, gilt nicht. Die Lagerkosten entstehen und müssen bezahlt werden. Sie werden anteilig zur Kasse gebeten, auch wenn Sie nie die Absicht haben, sich den Rohstoff liefern zu lassen.
Fazit
Rohstoffe kosten ihren Besitzer erst einmal Geld. Erst wenn der Verkaufswert höher ist als die Kosten, wird aus der Verbindlichkeit ein Vermögenswert.
Mythos 4: Rohstoffe sind ein Investment
Rohstoffe sind kein Investment, sondern eine reine Preisspekulation.
Warren Buffett drückt das so aus:
"This type of investment requires an expanding pool of buyers, who, in turn, are enticed because they believe the buying pool will expand still further. Owners are not inspired by what the asset itself can produce – it will remain lifeless forever – but rather by the belief that others will desire it even more avidly in the future.
What motivates most gold purchasers is their belief that the ranks of the fearful will grow."
Brief an die Aktionäre 2011
Am Rohstoffmarkt steht jeder Kaufposition immer eine Verkaufsposition gegenüber. Der eine wettet auf steigende Preise, der andere auf fallende. Beide spekulieren auf Termin. Nur einer kann recht haben. Das führt dann regelmäßig zu unschönen Szenen, wie man sie aus "Spiel mir das Lied vom Tod" kennt. Staubige Dorfstraße, zwei Revolverhelden, einer zieht schneller, der andere liegt im Staub. Woher nehmen Sie den Optimismus, in diesem Spiel den Lucky Luke geben zu können?
Aktien sind kein Nullsummenspiel. Wenn Apple mehr iPhones verkauft, bedeutet das nicht automatisch, dass Samsung weniger Smartphones verkauft. Beide Firmen können mehr verkaufen. Deshalb sind Aktien eine Investition. Aktionäre profitieren vom Mehrwert, den ihre Unternehmen erwirtschaften. Rohstoffhändler sind Spekulanten, die hoffen, jemanden zu finden, der ihnen ihre Ware zu einem höheren Preis abnimmt.
Nicht umsonst kommen Rohstoffe in Warren Buffetts Parabel von der Familie Gotrocks nicht vor.
Fazit
Rohstoff-Investments sind Spekulationen, die von Angst und Hoffnung leben.
Ich will aber trotzdem Rohstoffe kaufen
Nun, so sei es: Die Welt der Rohstoffe besteht aus den fünf Segmenten
- Edelmetalle (Gold, Silber, Platin, Palladium)
- Industriemetalle (Aluminium, Kupfer, Nickel, Zink)
- Energie (verschiedene Erdgas- und Erdöl-Qualitäten)
- Agrarwirtschaft (Baumwolle, Kaffee, Mais, Sojabohnen, Weizen, Zucker)
- Viehwirtschaft (Lebendvieh, magere Schweine)
Rohstoffe zum Anfassen
Die Edelmetalle Gold, Silber, Platin und Palladium, aber auch die Industriemetalle Rhodium und Kupfer können Sie als Barren oder Münze kaufen.
Besonders Kupfer ist als Geldanlage sehr zu empfehlen. 5 kg für 70 €. Bevor ein Dieb Kupfer im Wert von 1.000 € geklaut hat, bricht er mit "Isch hab‘ Rücken" zusammen.
Gold kaufen Sie mehrwertsteuerfrei, für die anderen Metalle fallen 19 % MwSt. oder bei Silbermünzen die Differenzbesteuerung an.
Zum Vergleich: Beim Hauskauf liegen die Nebenkosten bei 9 % bis 12 %, und da ist das Gejammer schon groß. Nur, um den Verlust durch die Mehrwertsteuer auszugleichen, muss der Kurs um fast ein Fünftel steigen. Das ist heftig. Dafür können Sie Ihre Rohstoffe aber zu Hause verstecken oder im Bankschließfach lagern und jederzeit besuchen.
Rohstoffe in Papierform
Niemand will einen Ölsee im Vorgarten, und auch die gleichzeitige Investition in magere Schweine und Sojabohnen kann verlustreich werden. Das Soja ist weg und die Schweine nicht mehr mager.
Der Ausweg aus dieser misslichen Lage heißt ETC oder ETF.
Exchange Traded Commodity (ETC)
Commodity ist englisch für Rohstoff, das ET steht für Exchange traded = börsengehandelt.
Ein ETC ist ein börsengehandeltes Zertifikat. ETCs sind Schuldverschreibungen ohne Laufzeitbeschränkung, die an die Wertentwicklung eines oder mehrerer Rohstoffpreise gekoppelt sind, und zwar entweder direkt an den Spot-Preis (der Preis, der für die sofortige Lieferung des Rohstoffs zu zahlen ist) oder an Preis eines Rohstoff-Futures (Kontrakt für Lieferung auf Termin). Gehandelt werden sie wie ETFs an der Börse. Deshalb haben beide das "ET" im Namen. Es gibt aber einige gravierende Unterschiede.
Die Rechtsform des ETC ist die Schuldverschreibung. Schuldverschreibung bedeutet: Ich schulde Ihnen was. Wenn ich pleitegehe, Ihr Pech. Fass mal einem nackten Mann in die Tasche.
Dieses Emittentenrisiko, dass ich als Herausgeber des ETC ausfalle, schalten die Anbieter durch eine sogenannte Besicherung aus. Bei Edelmetall-ETCs wird einfach eine entsprechende Menge Gold oder Silber gebunkert (physisch hinterlegte ETCs).
Bei anderen Rohstoff-Klassen stellt der Emittent hochklassige Wertpapiere (beispielsweise US-Schatzanweisungen, deutsche Bundesanleihen oder anderen Anleihen in AAA- oder AA-Qualität) und Bargeld als Sicherheit.
Aktuell sind in Deutschland gut 150 ETCs zugelassen. Die meisten ETCs betreffen nur einen Rohstoff (Gold-ETC, Weizen-ETC). Wenn ein ETC die Preisentwicklung mehrerer Rohstoffe abbildet, dann sind es eigentlich immer Rohstoffe, die aus einem Segment kommen (Edelmetall-ETC, Agrar-ETC).
ETCs kaufen Sie genau wie Aktien oder ETFs über Ihren Broker.
Rohstoff-ETF
Genau wie ihre Aktien- und Anleihen-Kollegen bilden auch Rohstoff-ETFs einen Index nach. Typische Vertreter sind der Bloomberg Commodity Index, der Rogers International Commodity (RICI) Index oder der S&P GSCI Commodity Index. Diese Indizes decken alle fünf Rohstoffbereiche ab.
Die Indizes bilden nicht den aktuellen Rohstoffpreis ab, sondern die Preise der sogenannten Rohstoff-Futures. Das sind Terminkontrakte, die besagen, welcher Rohstoff wann in welcher Qualität zu welchem Preis geliefert werden soll.
Das Gegenstück zu einem replizierenden Aktien-ETF wäre ein Rohstoff-ETF, der direkt in diese Futures investiert.
Das Problem: Ein Rohstoff-ETF, der wirklich in Futures investiert, wäre nicht UCITS-konform und würde in Deutschland keine Zulassung bekommen. Alle in Deutschland zugelassenen ETFs sind deshalb thesaurierend und nutzen Swaps zur Abbildung der Index-Performance.
Details zum Thema replizierender ETF vs. Swapper finden Sie in diesem Artikel.
In der praktischen Umsetzung hat ein Rohstoff-ETF also nicht mehr viel mit dem Rohstoff-Markt zu tun. Abgebildet wird der Preisverlauf von Terminkontrakten, und die Index-Performance wird vom Swap-Partner garantiert. Wie der Swap-Partner seinerseits die Performance erzielt, bleibt ihm überlassen. Er muss das Geld keineswegs in Rohstoff-Terminkontrakten anlegen.
Wichtig zu wissen
Index ist nicht gleich Index. Jeder Index gewichtet die einzelnen Rohstoffklassen unterschiedlich. Der S&P-Index beispielsweise ist sehr energielastig. Wenn Sie Ihr Geld in einen Rohstoff-ETF anlegen wollen, müssen Sie sich zuerst für einen Index entscheiden.
Wie läuft das jetzt konkret ab?
Dieses Beispiel geht von einem ETF aus, der direkt in Futures investiert. In den USA sind solche ETFs zugelassen und auch ein swap-basierter ETF ist – wenn auch indirekt – von der weiter unten angesprochen Rollproblematik betroffen.
Der ETF kauft einen Terminkontrakt. In dem Terminkontrakt steht: Am Monatsende sind 100 Tonnen Mahlweizen (EU-Ware mit 15 % Feuchte, 76 kg/hl, 4 % Bruchkorn, 2 % Auswuchs, 2 % Besatz,) für 160 € je Tonne zu liefern. Was Bruchkorn ist, kann ich mir noch vorstellen, aber was ist Besatz? Und vor allem: Was soll ich mit 100 Tonnen Mahlweizen?
Das sagt sich der ETF auch und verkauft seinen Kontrakt. Mit dem Geld, das er einnimmt, kauft er einen neuen Kontrakt. Dieser Kontrakt endet dann am Monatsende des nächsten Monats. Aber auch dieser Kontrakt wird vor der Fälligkeit verkauft und der ETF erwirbt den nächsten Kontrakt. So geht das bis in alle Ewigkeit. Der ETF wechselt von einem Kontrakt in den nächsten. Diesen Kontraktwechsel bezeichnen Fachleute als Rollen. Die Differenz zwischen dem neuen und dem alten Preis nennt man Roll-Rendite.
Es gibt zwei Rollszenarien:
Contango
Der Rohstoff ist teurer geworden. Dann bekommt man für sein Geld weniger Kontrakte. Diese Situation nennt man Contango und die Roll-Rendite ist negativ. Da die Terminkurve steigt, ist der aktuelle Spot-Preis niedriger als Geschäfte auf Termin – ein Zeichen für volle Lager. Rohstoffinvestoren mögen keine Contango-Situation, denn sie beschert ihnen Rollverluste. Sie verkaufen ihre Futures kurz vor Verfall und müssen für die neuen Futures mehr bezahlen beziehungsweise können mit dem erlösten Geld weniger neue Kontrakte erwerben. Sind die Rollverluste höher als der Preisanstieg, macht der Anleger einen Verlust.
Backwardation
Der Preis für den Rohstoff ist gefallen. Man bekommt für sein Geld mehr Kontrakte und die Roll-Rendite ist positiv. Diese Situation nennt man Backwardation. Geschäfte auf Termin sind günstiger als der aktuelle Spot-Preis. Wer auf seine Ware warten kann, muss weniger zahlen als der, der sie sofort braucht. Backwardation deutet daher auf leere Lager hin. Für reine Rohstoffinvestoren, die keine physische Ware kaufen oder verkaufen wollen, bedeutet Backwardation Rollgewinne. Sie verkaufen einen Future kurz vor Verfall und müssen für den neuen weniger zahlen
Bei der Rendite von Rohstoff-ETFs spielen Roll-Renditen eine wichtige Rolle
Gesamtrendite = Spot-Rendite + Roll-Rendite + Zins-Rendite
Spot-Rendite: Rendite durch Änderungen des Rohstoffpreises selbst.
Roll-Rendite: Ein Anleger verdient Geld, wenn der Rohstoff in Backwardation ist. Er verliert Geld, wenn der Rohstoff sich im Contango befindet. Die Roll-Rendite ist der zentrale Renditebaustein und muss unbedingt gemanagt werden. "Blindes" – rein zeitgesteuertes – Rollen des gesamten Bestandes kann sich verheerend auf die Rendite auswirken.
Zins-Rendite: Die Zins-Rendite entsteht, da bei einer Futures-Position nur ein geringer Teil des Geldes als Sicherheit hinterlegt werden muss. Der Großteil des Geldes ist nicht gebunden und kann zinsbringend angelegt werden. Natürlich nur, wenn man in dieser Nullzinswelt ein entsprechendes Angebot findet. Deshalb ist heutzutage dieser Renditeteil sehr klein. Die Fonds legen so kurzfristig wie möglich an und kaufen nur hochwertige Euro-Anleihen mit gutem oder sehr gutem Rating.
Aus dieser Gemengelage soll das Fonds-Management eine attraktive Rendite destillieren. Das wird nicht einfach.
An der Spot-Rendite ist nicht viel zu drehen, da ein ETF zu klein ist, um die Rohstoffpreise zu beeinflussen.
Aber bei der Roll-Rendite muss das Fondsmanagement Farbe bekennen. Futures gibt es in den unterschiedlichsten Laufzeiten. Das Fonds-Management versucht, den Verkauf der Preiskurve vorherzusehen und kauft dann einen Kontrakt mit einer entsprechenden Laufzeit. ETFs wie der "db x-trackers DLBC – OY Balanced" von der Deutschen Bank versuchen mit ausgefeilten Strategien, die Roll-Rendite zu optimieren. Bei Backwardation versucht der ETF die Rollgewinne zu maximieren, im Contango sollen die Rollverluste minimiert werden. Die Fonds rollen nicht mehr den gesamten Bestand an einem Stichtag, sondern es wird permanent gerollt. So tüftelt jeder Anbieter an einer individuellen Optimierungsstrategie.
Auch bei der Zins-Rendite müssen die Fondsmanager aktiv werden und gute Zinspapiere finden. Gut bedeutet in diesem Fall: Schnelle Verfügbarkeit bei guten Zinsen.
Was passiert eigentlich, wenn alle ihr Geld in Rohstoffen anlegen?
Kurze Rekapitulation: Warum wollten wir unser Geld eigentlich in Rohstoffen anlegen?
Wir wollten eine Anlageklasse im Depot haben, deren Preisentwicklung nicht parallel zu den Aktienbörsen verläuft und uns so gegen die schwankenden Aktienmärkte absichern. Außerdem wollten wir uns eine Inflationsabsicherung ins Depot kaufen.
Jetzt noch schnell ein Blick auf die Besonderheiten des Rohstoffmarktes. Der Rohstoffmarkt ist kein Buy-and-hold-Markt. Wenn ich eine Aktie kaufe, dann will ich diese Aktie, und niemand kann mich dazu zwingen, meine Unternehmensbeteiligung zu verkaufen.
Ganz anders der Rohstoffmarkt: Letztendlich wandern die Rohstoffe von den Erzeugern (Minengesellschaften, Landwirten) zur verarbeitenden Industrie. Alles dazwischen ist reine Spekulation. Die einzigen Käufer von Weizen-Futures, die wirklich daran interessiert sind, das Zeug auf den Hof zu bekommen, sind die Bäcker. Alle anderen müssen den Kontrakt vor seiner Fälligkeit loswerden.
Dazu kommt: Es gibt pro Jahr nur eine endliche Menge an Rohstoffen, die man verkaufen kann.
Was passiert jetzt, wenn Geld ohne Ende in einen endlichen Markt gepumpt wird? Wenn Pensionsfonds wie Calpers (Pensionsfonds für die Angestellten das Bundesstaates Kalifornien) Milliarden investieren und an den Rohstoffmärkten die gleichen Renditeziele verfolgen wie an den Aktienmärkten, dann laufen die Rohstoffpreise Amok. Wo soll das ganze Geld hin? Weder die Minen noch die Landwirte können von jetzt auf gleich ihren Ausstoß ver-x-fachen.
Damit verlieren die Rohstoffmärkte ihre Unabhängigkeit und laufen parallel zu den Kapitalmärkten. Aber genau diese Unabhängigkeit von den Kapitalmärkten war der Hauptgrund, warum wir uns überhaupt für Rohstoffe interessiert haben.
Wenn ein Kontrakt ausläuft, muss der Rohstoff-Spekulant verkaufen, egal zu welchem Preis. Wenn frisches Geld in den Markt strömt, kann er zu höheren Preisen verkaufen. Aber irgendwann muss der Rohstoff einen echten Käufer finden, der ihn weiter verarbeitet. Die Käufer haben nur eine begrenzte Verarbeitungskapazität. Kein Bäcker kann mal so eben die doppelte Menge backen.
Wenn dann mehr Verkäufer als Käufer am Markt sind, bricht der Preis zusammen.
Im Gegensatz zu den Finanzmärkten, die mittlerweile vollkommen virtuell sind, sind die Rohstoffmärkte sehr real. Während in der Finanzwelt elektronische Buchungen dreimal pro Sekunde um den Erdball sausen, stellen die Rohstoffhändler Zug- und Schiffsladungen zusammen und das braucht seine Zeit. Irgendwie muss der Kakao ja von der Elfenbeinküste in die Milka-Werke kommen.
Meiner Meinung nach kann es nicht gut gehen, wenn man den Rohstoffmärkten die Arbeitsweise der Finanzmärkte aufzwingt. Das muss über kurz oder lang schief gehen.
Zum Weiterlesen – Weitere Rohstoff-Quellen
Die Kategorie Rohstoffe des Blogs "Der Privatanleger". Holger Handstein hat hier einen sehr guten Job gemacht.
Das Commodity Yearbook 2014 der Landesbank Baden-Württemberg liefert auf 132 Seiten so ziemlich alles, was Sie jemals zum Thema Rohstoffe wissen wollen.
Das deutsche Wall Street Journal schreibt: Pensionsfonds verabschieden sich von Rohstoff-Indizes.
Die Rohstoffhändler-Doku auf Arte
Der Titel verspricht "Die geheimen Deals der Rohstoffhändler" aufzudecken und ist damit reißerischer als nötig. Regisseur Jean Crépu liefert eine solide Doku ab. Er zeigt den Arbeitsalltag der Händler, die die Rohstoffe vor Ort prüfen, erstehen und weiterverkaufen.
Mein persönliches Fazit: Rohstoffhändler sind arme Schweine, die jeden Flughafen auf jedem Kontinent besser kennen als ihre Familie. Ich möchte diesen Job nicht machen.
Fazit
Ich lege mein Geld nicht in Rohstoffen an, weil es nicht in meine passive Anlagestrategie passt.
Im risikobehafteten Teil meiner Anlage will ich von dem Mehrwert profitieren, die die Firmen erwirtschaften, in die ich investiere.
Den risikoarmen Teil decke ich mit Zinsprodukten wie Anleihen und Festgeld ab.
Ein Rohstoff-ETF passt da nicht hinein. Rohstoffe selbst erwirtschaften keine Rendite. Sie bilden zwar einen Index nach, aber um auf eine akzeptable Rendite zu kommen, müssen sie aktiv gemanagt werden. Das Fondsmanagement muss eine Strategie entwickeln, um die Rollverluste zu minimieren. Wenn diese Strategie versagt, weil zum Beispiel die Preise zu stark schwanken, stürzt die Rendite ab.
Für mich bedeutet das: Ich investiere in ein aktiv gemanagtes Produkt (den ETF), der wiederum in Dinge investiert (die Rohstoffe), die keine eigene Rendite erwirtschaften. Außerdem bin ich kein Freund swappender ETFs. Aber das ist eine persönliche Meinung.
Das bedeutet: Dreimal die rote Flagge beim Strategie-Check.
Mir ist der Rohstoffmarkt auch nicht transparent genug. Das Oligopol Archer Daniels, Bunge, Cargill und Louis Dreyfus (auch ABCD genannt) beherrscht 80 % des weltweiten Getreidehandels. Glencore, einer der weltweit größten Rohstoffhändler, hat beim Handel mit Kupfer einen Marktanteil von 50 %, bei Kobalt von 23 % und bei Nickel von 14 %.
Wer sagt mir, dass die Preisfindung in solchen Märkten wirklich auf Angebot und Nachfrage beruht und nicht auf der steuerlichen Jahresplanung dieser Giganten.
Die Rohstoff-Indizes sind viel schmaler als Aktien-ETFs. Während ich mit einem ETF auf den MSCI World oder den MSCI Emerging Markets in Hunderte von Firmen investiere, umfasst der
- Commerzbank Commodity ex-Agriculture Index 12 Rohstoffe
- Thomson Reuters/Jefferies CRB Index 19 Rohstoffe
- Bloomberg Commodity Index 22 Rohstoffe
- S&P GSCI Index 24 Rohstoffe
Das ist kein Vorwurf an die Indizes, es gibt einfach nicht mehr relevante Rohstoffe. Das bedeutet aber, dass jeder Rohstoff mehr Gewicht hat. Beim Commerzbank Index ist jeder Rohstoff mit 8,33 % vertreten. Zum Vergleich: Apple, die Nummer eins im MSCI Word, hat nur eine Gewichtung von 1,89 %.
Mir ist das nicht breit genug. Ich würde nie einen Aktien-ETF mit nur 30 Komponenten kaufen (das sind die DAX-ETFs oder die Titan- und Dividenden-ETFs), warum soll ich dann einen Rohstoff-ETF kaufen, der deutlich unter 30 Komponenten hat?
Ein letzter Grund: Warum soll ich mich mit etwas herumplagen, an dem selbst ein Kostolany gescheitert ist?
Meine Bitte an Sie
Kaufen Sie keine Rohstoff-ETFs, weil "man das so macht", sondern weil Sie der Meinung sind, dass ein Rohstoff-ETF in Ihre Strategie passt.
Ich habe in diesem Artikel nur dargelegt, warum Rohstoff-ETFs nicht in meine Strategie passen.
Ob und wenn ja, inwieweit Sie meinen Gedanken folgen, ist Ihre Sache. Ich bin nur der Finanzwesir und kein Guru.