17. September 2015
Monika Reich: Mit Immobilien in die finanzielle Freiheit
Würdest du dich kurz vorstellen. Einige Worte zur Person und natürlich die Frage: Welche praktischen Erfahrungen hast du seit wann mit welchen Immobilien-Typen?
Mein Name ist Monika Reich, ich bin Autorin, Beraterin und Yogalehrerin. Gerade habe ich ein neues Buch veröffentlicht, in welchem ich beschreibe, wie ich es geschafft habe, Millionärin zu werden.
Dazu hat im Wesentlichen ein Mietshaus in Fulda beigetragen, welches ich vor knapp 20 Jahren – damals war ich 28 – mit einem Freund gekauft habe.
Inzwischen habe ich noch einige andere Immobilien. Vermietet sind zwei Wohnungen in Berlin und Dresden. Ansonsten nenne ich mein kleines Reihenhaus und mein Büro/Yogaraum mein Eigen. Für letzteres zahle ich gerade auch noch einen Kredit ab. Es war aber trotzdem günstiger so, als solche Räumlichkeiten in Berlin zu mieten.
Die anderen Immobilien sind inzwischen schuldenfrei und die Mieteinnahmen meine finanzielle Basis.
Wie bist du dazu gekommen, dich auf Immobilien und nicht auf Aktien oder andere Wertpapiere zu konzentrieren?
Durch reinen Zufall. Wir hatten zunächst nach einem Ort für ein gemeinsames Leben gesucht. Ich war 28 Jahre alt, das Studium hatte ich gerade beendet und nun stand die Frage an, wie ich in Zukunft leben will.
Die klassische Familie fand ich langweilig, mir schwebte eher so was wie eine Kommune vor.
Die sollte sich dann nicht realisieren, stattdessen fanden wir nach langer Suche ein Mietshaus. Die Idee war zunächst, freiwerdende Wohnungen nacheinander zu beziehen.
Also haben ein befreundeter Architekt und ich das Mietshaus gekauft. Unsere Pläne des Zusammenziehens haben sich dann schnell verflüchtigt.
Zurück blieb eine vermietete Immobilie, die mir viel Stress bereitet hat, aber eben auch für viele Gewinne gesorgt hat.
Mit 28 hatte ich von Aktien und anderen Wertpapieren keine Ahnung. Entsprechend kann ich nicht sagen, dass ich mich bewusst für eine Anlageform entschieden habe.
Bei einem ETF kann ich einen Index kaufen und bin sofort an mehreren Tausend Firmen beteiligt. Bei Immobilien ist das anders. Jede Immobilie stellt einen erheblichen Wert (Klumpenrisiko) dar und muss deshalb sorgfältig ausgewählt werden.
Wie aufwendig ist das? Gibt es eine Lernkurve, das heißt: Sinkt der Aufwand, wenn ich eine zweite oder dritte Immobilie kaufe? Oder ist jede Immobilie so einzigartig, dass ich bei der Auswahl kaum Zeit sparen kann?
Einiges wird einfacher.
Bei meinem ersten Kauf habe ich beim Kaufvertrag nur Bahnhof verstanden, mittlerweile weiß ich einfach mehr, was was heißt.
Und ich bin bei den Risiken gelassener geworden. Das Klumpenrisiko ist sehr richtig, mit einer Immobilie wird viel Kapital auf einen Schlag gebunden.
Meistens nicht nur das aktuell vorhandene Kapital, sondern auch einiges Geld in der Zukunft.
Das hat Vor- und Nachteile. Wenn mein Kapital nicht so fest in der ersten Immobilie gesteckt hätte, dann hätte ich meinen Finanzierungsweg in den letzten 20 Jahren mehrmals gewechselt.
Ich erlebe das jetzt bei Aktien. Wenn da mal eine 10 % Verlust macht, dann denke ich darüber nach, diese zu verkaufen. Und tue es bei einigen auch.
Meine Wohnungen haben immer mal Verlust gemacht, gerade in den ersten Jahren hatte ich das Gefühl, eine eher schlechte Finanzanlage gemacht zu haben.
Und ich war ja trotzdem gezwungen, weiterhin Geld reinzustecken, wenn beispielsweise Reparaturen anstanden. Aber ich bin drangeblieben und habe eben nicht gleich wieder verkauft.
Weil es schlicht zu aufwendig gewesen wäre. Trotzdem ist das wahrscheinlich auch eine gute Strategie bei anderen Geldanlagen. Bei täglicher Verfügbarkeit und gleichzeitig täglicher Wertermittlung ist dies natürlich schwerer einzuhalten.
Umgekehrt liegt in der Verfügbarkeit sicherlich auch ein großer Vorteil bei anderen Kapitalanlagen. Man kann eben auch umschichten. Ob ich in den letzten 20 Jahren nur umgeschichtet hätte oder ob ich, bei freier Verfügbarkeit, das freie Geld auch ausgegeben hätte, kann ich nicht genau sagen. Dieses Risiko ist bei freien Anlagen sicherlich größer.
Wenn es um die Auswahl der Immobilie geht, denke ich, ist der allseits bekannte Rat wichtig: Die Lage entscheidet. Weil ich auch mit 28 Jahren schon passionierte Bahnfahrerin war, habe ich damals für mich die Losung ausgegeben, dass wir ein Haus brauchen, was fußläufig zum ICE-Bahnhof liegen muss. Das haben wir auch gefunden, und es liegt entsprechend gut. Die Lage macht sich heute im Preis schwer bemerkbar.
Für mich hat der Immobilienkauf große Ähnlichkeit mit dem Pferde- oder Gebrauchtwagenhandel. Muss man nicht Handwerker, Bauingenieur oder sonst wie vom Fach sein, um eine auf Hochglanz polierte Schrottimmobilie zu erkennen?
Wahrscheinlich schon. Bei fast allen Käufen hatte ich einen Architekten mit an Bord, dabei habe ich auch viele anvisierte Immobilienkäufe wieder verworfen.
Außerdem sollte man auf jeden Fall die Protokolle der Eigentümerversammlungen gut lesen. Wenn es hier Unklarheiten gibt, dann lasse ich bereits in dieser Phase die Finger vom Kauf.
Welche drei Fehler darf man beim Kauf einer Immobilie auf keinen Fall begehen, um nicht Schiffbruch zu erleiden? Ich meine hier nicht offensichtliche Fehler wie zu geringes Eigenkapital, sondern die Fehler, die erst dann auftauchen, wenn man schon auf hoher See ist.
Schwierige Frage. Im Augenblick würde ich als Kapitalanlage in den Städten keine Immobilie kaufen, weil der Markt überteuert ist.
Auf dem Land ist der Markt im Keller und keiner weiß so genau, ob er sich erholen wird. Von daher bin ich aktuell keine Verfechterin von Immobilienanlagen generell.
Wenn doch, dann würde ich heute erst einmal so rechnen, dass sich die Immobilie auch finanzieren lässt, wenn der Zins auf 5 bis 6 Prozent ansteigt.
Darin sehe ich bei den heutigen Käufen das größte Risiko.
Wer eine Immobilie mit 2 % finanziert und über keinen Puffer verfügt, der hat bei einer Neufinanzierung nach 10 oder 15 Jahren das Problem, dass der neue Zinssatz dann möglicherweise zu hoch ist, der Kredit aber noch nicht so weit getilgt ist, dass diese Erhöhung durch das abbezahlte Kapital und dem damit geringeren Kredit schon aufgefangen werden kann.
Und schon platzt der Traum von einer guten Immobilienanlage. Vor 10 Jahren zurückblickend lagen die Zinsen übrigens bei rund 4 Prozent.
Mit Reparaturen rechnen.
Die kommen und kosten Zeit, Nerven und Geld. Am Anfang habe ich die immer noch persönlich genommen. So nach dem Motto: Die melden den Wasserschaden doch nur, um mich zu ärgern. Ist natürlich nicht so. Aber da brauchte es eine Lernkurve. Und die Gelassenheit, mal eben 3.000 € für eine Rechnung zu begleichen, von der man doch erstmal gar nichts hat.
Mieter werden nicht Freunde.
Man kann sie fair behandeln, und das hat schon positive Auswirkungen. Dennoch haben sie eine Position, die nicht die eigene ist. Und entsprechend wird es immer wieder zu Diskussionen um Nebenkosten oder Mieterhöhungen kommen. Egal, wie selten man die Miete erhöht, das wird immer als ungerecht wahrgenommen. Also, wer nicht von seinen Mietern als Kapitalistenschwein wahrgenommen werden will, der sollte sich keine Immobilie zulegen. Das Schwein wird man automatisch, maximal schafft man es zu einem netten Schwein.
Wenn ein gewerblicher Vermieter einen ganzen Straßenzug aufkauft, kriegt er Mengenrabatt und er hat auch ganz andere steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten als ein privater oder kleingewerblicher Vermieter. Wie kann ich diese strukturellen Kostennachteile gegenüber gewerblichen Vermietern ausgleichen?
Keine Ahnung. Das weiß ich auch nicht. Ich glaube bloß, dass man nicht kleingewerblicher Mieter werden kann.
Verkaufe und kaufe ich mehr als drei Wohnungen in 5 Jahren bin ich automatisch gewerblicher Immobilienhändler. Und zahle auf die Gewinne Gewerbesteuer.
Will man nicht. Aber bis drei zählen kann ich. Allerdings macht diese Regelung das Immobiliengeschäft zumindest mit Wohnungen nochmals langatmiger.
Ist es eigentlich sinnvoll, nur eine Immobilie zu besitzen oder sollte man ein kleines Imperium anstreben, um Skaleneffekte zu nutzen und das Klumpenrisiko zu verringern? Wenn ja, wie viele Objekte sollten es deiner Meinung nach sein?
Ich finde eher eine Mischung aus mehreren verschiedenen Kapitalanlagen sinnvoll.
Wenn vermietete Wohnungen gekauft werden sollen, würde ich möglichst mehrere in einer Immobilie kaufen. Einfach weil ich dann nur mit einer Hausverwaltung zu tun habe und nur mit einer Eigentümerversammlung.
Dies muss dann aber in einer guten Lage sein, sonst habe ich mich gleich mehrmals vergriffen.
Mein eigenes Ziel ist es gerade, das Klumpenrisiko zu verringern, Immobilien stückweise zu verkaufen und mein Geld auch in ETFs und Aktien anzulegen.
Sollte man sich als zukünftiger Immobilien-Tycoon auf eine Art von Immobilie spezialisieren? Beispielsweise nur kleine Wohnungen in Uni-Städten, die man an Studenten vermietet, oder ist es besser, sein Beton-Portfolio zu diversifizieren?
Es ist sicherlich von Vorteil, wenn man die eigenen Nutzer gut kennt. Nicht unbedingt individuell, sondern in ihrer Struktur.
- Wechseln sie häufig die Wohnung und wenn ja, in welchem Zustand verlassen sie diese?
- Gibt es genügend Sicherheiten?
- Kenne ich mich in der betreffenden Stadt gut aus und kann ich die Lage der Immobilie gut beurteilen?
- Ist die Nachfrage für die Art der gewählten Immobilie gut?
Besonders letzteres hat sich bei mir im Laufe der Jahre sehr verändert. In den ersten Jahren habe ich eine Kündigung immer mit Bauchschmerzen entgegen genommen, es war echt schwer Nachmieter zu finden.
Dann gab es die Phase, in der mich bereits Interessenten vor der Kündigung angerufen haben.
Sie hatten von Freunden von der Kündigung gehört und haben Interesse angemeldet. Und heute, heute kündigt keiner mehr.
Meiner Meinung nach sind Immobilien keine Geldanlage im klassischen Sinn, sondern ein Business, das durchaus lukrativ sein kann. Aber man muss sich kümmern. Kaufen und liegen lassen im Sinne einer passiven Aktienanlage geht nicht.
Stimmt diese Einschätzung? Wenn ja, wie hoch ist der operative Zeitaufwand? Ich meine damit den normalen operativen Aufwand. Die Mietnomaden-Horrorstorys überlasse ich RTL2.
Wenn man es schafft, sich über die Menschen, mit denen man es da zu tun hat, nicht aufzuregen, ist der Aufwand nicht groß.
Ich schaffe das nicht immer. Und dann ist der gefühlte Aufwand natürlich größer.
In einem normalen Jahr hat man die Eigentümerversammlung, die etwas Zeitaufwand benötigt, dann kostet es mich ein bis zwei Stunden, um die Nebenkostenabrechnung von der Hausverwaltung für meine Mieter klarzumachen. Und bei der Steuererklärung muss ich die Zahlen für die Wohnungen aufbereiten.
Sonderarbeiten entstehen, wenn es einen Mieterwechsel gibt, wenn Reparaturen anstehen oder wenn ein Mieter seine Miete nicht zahlt. Leider hatte auch ich einmal eine Mietnomadin in einer Wohnung.
Das Jahr, bis ich die Dame draußen hatte, war schon anstrengend. In meinem Buch schildere ich aber auch, dass es extrem lehrreich war und sich dieses Lehrgeld für weitere Kapitalanlagen jeder Art sehr gelohnt hat.
Schmunzeln muss ich immer bei der Lektüre von Finanzratgebern, wenn geraten wird, bis etwa 60 das Geld in Aktien zu investieren, um es dann in den ruhigen Hafen der Immobilieninvestments umzuschichten.
Also wenn es sich hier um echte Immobilien handelt, kann ich von diesem Tipp nur abraten. Ich möchte mit 80 nicht mehr wegen 35 € Nebenkosten mit einem Mieter streiten.
Bei meiner Oma ist da auch tatsächlich ein kleiner Super-GAU passiert. Sie hatte eine Mietimmobilie und hatte dann irgendwann keinen Überblick mehr. Sie wurde stolze 86 Jahre alt und bei der Sichtung ihrer Unterlagen zum Nachlass wurde deutlich, dass der Mieter über Jahre hinweg keine Miete mehr bezahlt hat. Es ist ihr schlicht nicht aufgefallen.
Thema Langfristigkeit: Immobilien sind staatlichem Dirigismus weit stärker ausgesetzt als Aktien.
Eine Immobilie ist schutzlos staatlichen Steuern sowie kommunalen Gebühren und Abgaben ausgesetzt. Die Weitergabe dieser Kosten an die Mieter wird womöglich durch eine Mietpreisbremse unmöglich gemacht.
In 15 bis 20 Jahren gehen die geburtenstarken Jahrgänge in Rente. Dann braucht der Staat viel Geld.
Wie beurteilst du das Risiko, dass der Staat "reiche" Hausbesitzer aufgrund der Immobilität ihres Vermögens als lohnende Geldquelle sieht?
Grundsätzlich kann der Staat Regelungen natürlich verschlechtern. Noch sind diese bei Immobilien ja vergleichsweise gut.
Meinen kompletten Gewinn aus dem Immobilienverkauf in diesem Jahr muss ich nicht versteuern.
Das gibt es sonst, glaub ich, bei so gut wie keiner Kapitalanlage mehr. Umgekehrt gibt es bei den Mieteinnahmen keine Einheitssteuer, sondern die Gewinne aus Mieten werden normal mit dem Einkommen versteuert. Aber bei der Gewinnermittlung kann ich einiges an Kosten vorher geltend machen.
Der Staat hat diese moderaten Regelungen geschaffen, weil er private Hausbesitzer braucht, damit es genügend Wohnungen gibt.
Nun ist die Politik ein kurzlebiges Geschäft und ich möchte nicht ausschließen, dass es zu Verschlechterungen kommt, die dann erst mal Geld in die klammen Kassen spülen.
Einige Jahre später stellt dann die Politik entsetzt fest, dass keiner mehr in Immobilien investiert und es an Wohnungen mangelt.
In der Regel kommt es dann wieder zu einer Korrektur. Dies könnte sich ändern, wenn wir in Deutschland weniger Menschen werden, dementsprechend auch weniger Wohnraum brauchen und die Verknappungen kein Problem darstellen.
Da wurde allerdings auch schon vor 20 Jahren prophezeit, stattdessen hat sich das Nutzerverhalten so verändert, dass wir heute viel mehr Quadratmeter Wohnraum nutzen als vor 20 Jahren.
Soweit meine Fragen an Monika Reich
Wenn Sie wissen wollen, wie Frau Reich es geschafft hat, mit 47 Jahren finanziell frei zu sein: Sie hat‘s aufgeschrieben. Ihr Buch "Finanziell frei" gibt‘s bei Amanzon.
Ihre Startbedingungen waren nicht besser oder schlechter als bei vielen von uns. Sie hat ein bisschen Startkapital von ihren Eltern erhalten, hat dieses geschickt in Immobilien und Aktien angelegt, normal bis gut selbst verdient und tatsächlich viel Freude daran, Geld zu sparen und sich wenig von Konsumverlockungen ablenken zu lassen.
Klingt unspektakulär, ist unspektakulär. Aber so läuft das nun mal im wahren Leben. Wenn Sie spektakulär wollen, müssen Sie ins Kino gehen.
Das Buch ist nett geschrieben und lässt sich gut in einem Rutsch durchlesen.
Disclaimer: Ich bin nicht ganz unvoreingenommen, denn ich habe auch ein Kapitel beigesteuert.