Claudia: Immobilien als Altersvorsorge
Würdest du dich kurz vorstellen.
Hallo, ich bin Claudia, Ingenieurin und Freiberuflerin. Daraus resultiert, dass ich über gewisse finanzielle Freiräume verfüge, aber auch in puncto Existenzsicherung und Altersvorsorge verantwortungsbewusst und eigenverantwortlich handeln muss.
Vielleicht noch als Hintergrund: Ich bin Schwäbin, was ja doch eine gewisse Prägung in finanzieller Hinsicht beinhaltet ;-) Ich bin 60 Jahre alt und noch voll berufstätig und habe zwei erwachsene Kinder, wovon ich eines noch finanziell unterstütze.
Einige Worte zur Person und natürlich die Frage: Welche praktischen Erfahrungen hast du seit wann mit welchen Immobilien-Typen?
Meine erste Immobilie habe ich mir bereits als Studentin gekauft, einfach weil damals als Paar zusammenziehen ohne Trauschein in Bayern ein Grund war, eben sicher keine Mietwohnung zu bekommen. Das ist jetzt fast 40 Jahre her.
Wie bist du dazu gekommen, dich auf Immobilien und nicht auf Aktien oder andere Wertpapiere zu konzentrieren?
Ich habe schon Aktien und Wertpapiere, aber diese Anlageformen sind mir ehrlich gesagt zu anonym und zu fremdbestimmt. Da entscheiden irgendwelche (meist männliche überhebliche Manager-) Typen über mein Geld und meine Gewinne oder Verluste.
Hingegen habe ich bei einer Immobilie viele Eingriffsmöglichkeiten und kann Wert und Entwicklung durchaus mitgestalten. Außerdem bin ich bei Aktien und Wertpapieren überwiegend auf Informationen und Dienstleistungen von anderen (z. B. Berater oder Banken) angewiesen, die ich meist selbst nicht verifizieren kann, also wo ich eine gute Portion Vertrauen gegenüber den Beratern einbringen muss …
Meist kann ich diese Personen und Sachverhalte jedoch nur bedingt einschätzen.
Bei einem ETF kann ich einen Index kaufen und bin sofort an mehreren Tausend Firmen beteiligt. Bei Immobilien ist das anders. Jede Immobilie stellt einen erheblichen Wert (Klumpenrisiko) dar und muss deshalb sorgfältig ausgewählt werden.
Alleine mein Versuch, nachhaltige, politisch und ethisch korrekte Fonds oder Aktien zu finden, ist urlaubsfüllend und immer mit einer Unsicherheit belegt. Das macht mir Unbehagen, das will ich definitiv nicht.
Eine Immobilie kann ich angucken, anfassen und ethisch korrekt bewohnen oder vermieten.
Ein Klumpenrisiko kann ich bei Immobilien erst ab einer Größenordnung erkennen, in die ich als Einzelperson nie kommen werde.
Also wenn ich mir z. B. einen Wohnblock komplett kaufen würde, dann wäre das schon eher risikobehaftet nach meiner Einschätzung ‒ aber nicht bei einer Einzelimmobilie.
Wie aufwendig ist das? Gibt es eine Lernkurve, das heißt: Sinkt der Aufwand, wenn ich eine zweite oder dritte Immobilie kaufe? Oder ist jede Immobilie so einzigartig, dass ich bei der Auswahl kaum Zeit sparen kann?
Meine Herangehensweise an Immobilien ist viel einfacher und risikoloser. Ich habe (fast) immer für meinen Wohnbedarf eine Immobilie gekauft und dann darin gewohnt.
Das heißt, ich hatte gleich zu Beginn den Vorteil, dass ich am Wohnen in der Immobilie Freude, Spaß und Wohlfühlen hatte. Und anstatt Miete an jemanden Fremden zu bezahlen, habe ich einen Kredit bedient.
Wenn sich dann meine Anforderungen an die Immobilie geändert haben, dann habe ich mir eine neue Immobilie gekauft und die "alte" vermietet.
Bei der 1. Immobilie ist das noch alles sehr aufregend … allein schon der Notartermin ist einfach nur undurchschaubar und unverständlich gewesen. Da bekommt man spätestens ab dem 3. Mal Ruhe und Routine.
Der eigentliche Lerneffekt ist im Bereich der Finanzierung zu sehen: Kredite verhandeln, echte Kosten erkennen und finanzieren, Bedarf erkennen.
Für mich hat der Immobilienkauf große Ähnlichkeit mit dem Pferde- oder Gebrauchtwagenhandel. Muss man nicht Handwerker, Bauingenieur oder sonst wie vom Fach sein, um eine auf Hochglanz polierte Schrottimmobilie zu erkennen?
Beim Pferdehandel kenne ich mich nicht aus, Gebrauchtwagen sind mir ein Gräuel ‒ aber Immobilien liebe ich.
Eine Wohnung oder ein Haus hat eine Atmosphäre. Du betrittst sie und fühlst, ob eine gute Atmosphäre herrscht, oder ob da irgendwas reibt …
Schon allein der Weg zu der Immobilie sagt dir doch, ob du dich da nachts alleine hintraust ‒ oder eben nicht.
Nun bin ich ein bisschen aus dem Baufach, aber versteckte / übertünchte Mängel erkennst du weder beim Haus noch beim Pferd noch beim Auto.
Immobilien werden heute sehr seriös verkauft. Da gibt‘s Expertisen, Energieausweise, Grundbuchauszüge, das sind ja dann auch rechtlich verbindliche Fakten ‒ im Gegensatz zu jeder anderen Investition, die ich kenne.
Welche drei Fehler darf man beim Kauf einer Immobilie auf keinen Fall begehen, um nicht Schiffbruch zu erleiden? Ich meine hier nicht offensichtliche Fehler wie zu geringes Eigenkapital, sondern die Fehler, die erst dann auftauchen, wenn man schon auf hoher See ist.
- Die Wohnung muss für eine genügend große Zielgruppe interessant sein: also z. B. ein Siedlungshäuschen spricht junge Familien (davon gibt es eine große Gruppe) an, die wollen dann da ihre Kinder groß ziehen, also jahrelang drin bleiben (als zufriedene, zahlende Mieter). Die Hüpa-dupa-schicki-Micki-Immobilie ist nach meiner Einschätzung nicht durchgehend, problemlos und sicher zu vermieten und unterliegt zu großen Modetrends.
- Der erkennbare Sanierungsbedarf muss zeitlich (für Heimwerker) und finanziell (für solche, die es machen lassen wollen) realistisch sein. Weder ich selbst noch ein Mieter wird ein Jahr in einer Baustelle oder mit offensichtlichen Mängeln leben wollen.
- Die Lage der Wohnung muss passen. Im ostfriesischen Hinterland oder im Assi-Stadtteil Hasenbergel ist eine kostendeckende dauerhafte Vermietung eher unwahrscheinlich.
Wenn ein gewerblicher Vermieter einen ganzen Straßenzug aufkauft, kriegt er Mengenrabatt und er hat auch ganz andere steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten als ein privater oder kleingewerblicher Vermieter. Wie kann ich diese strukturellen Kostennachteile gegenüber gewerblichen Vermietern ausgleichen?
Rabatt bekommt man nach meiner Erfahrung bei Immobilien nie ‒ ich glaube, auch nicht als gewerblicher Vermieter. Eine gute Immobilie (= wirtschaftlich gesunde) braucht nämlich nie verramscht zu werden, die hat immer mehrere Kaufinteressenten.
Steuerlich ist eine verschuldete Immobilie immer interessant, auch für kleine Fischlein wie mich.
Der wichtige Punkt ist, dass eine gesunde Immobilie über eine realistische Rate (also Zins und Tilgung) bezahlbar sein muss. Das darf ruhig 30 Jahre dauern, bis die Immobilie abbezahlt ist, aber die Rate darf nicht so hoch sein, dass weder Urlaub noch neue Waschmaschine möglich sind.
Für mich hat das immer bedeutet, dass die Kreditrate (also Zins mit einer moderaten Tilgungsrate) ungefähr einer örtlich angepassten Miete entsprechen muss. Sehr viel mehr geht einfach für Eigennutzung nicht und erst recht nicht für Fremdvermietung. Somit ist bei einer Eigennutzung die Belastung auch nicht höher, als wenn ich mir eine Immobilie miete ‒ also alles gut.
Bei der Fremdvermietung ist es klasse: Die Zinsen schiebe ich einfach steuerlich gesehen durch. Wenn ich ein entsprechendes zu versteuerndes Einkommen habe, rutsche ich dann auch in der gesamten Progression runter.
Somit ist nur die Tilgung (die im optimalen Fall der Mieter auch zahlt) als Einkommen zu versteuern, wobei hier aber Abschreibungen dagegen gerechnet werden, was oft mehr ist als dieser Überschuss. Wenn man mehrere Immobilien hat, dann werden diese letztendlich immer gemeinsam betrachtet. Das heißt, der Gewinn einer bereits deutlich abbezahlten Immobilie wird gegen die höheren Verluste einer neu erworbenen Immobilie (also auch die Makler- oder Notarkosten) aufgerechnet.
Da ich mir meine Mieter zumindest selbst anschaue (selbst wenn ich einen professionellen Makler einschalte), habe ich schon eine gewisse Wahl, und das hat meiner Meinung nach ein großer gewerblicher Vermieter nicht, denn da muss das alles rucki-zucki gehen.
Ich jedoch kann ‒ wiederum bei entsprechendem Gesamteinkommen ‒ auch eine Zeit lang Leerstand haben, weil die Steuerersparnis hier sehr viel "heilt".
Ist es eigentlich sinnvoll, nur eine Immobilie zu besitzen oder sollte man ein kleines Imperium anstreben, um Skaleneffekte zu nutzen und das Klumpenrisiko zu verringern? Wenn ja, wie viele Objekte sollten es deiner Meinung nach sein?
Da ich meine Immobilien primär als Altersvorsorge, also Rente, betrachte, müssen es mehrere sein.
Meine Logik heißt hier: Im bundesdeutschen Durchschnitt bezahlen wir ca. 25 bis 35 % unseres Nettoeinkommens für die Kaltmiete. Ergo brauche ich 3 bis 4 Immobilien meiner "Kategorie", um davon leben zu können.
Dann vielleicht noch eine als Taschengeld-Vorsorge oder so … Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit eines Mietausfalls bei mehreren Immobilien einfach statistisch kleiner.
Sollte man sich als zukünftiger Immobilien-Tycoon auf eine Art von Immobilie spezialisieren? Beispielsweise nur kleine Wohnungen in Uni-Städten, die man an Studenten vermietet, oder ist es besser, sein Beton-Portfolio zu diversifizieren?
Nach meiner Erfahrung stehen Immobilien immer für ganz bestimmte Gruppen und damit ganz vorhersehbare Randbedingungen: Das Studentenappartement wird sehr häufig Mieterwechsel haben, also auch viel Arbeit bedeuten: Abnahme beim Auszug, neuen Mieter suchen, Mietvertrag aushandeln … und öfter mal Ärger mit den Nachbarn wegen lauter Partys …
Große Wohnungen sind meist sehr teuer und somit nur von wohlhabenderen Menschen mietbar, aber die kaufen sich über kurz oder lang eine eigene Immobilie ‒ also auch keine lange, ruhige Mietphase.
Am "ruhigsten" sind Standard-Einfamilienhäuser, gerne Reihenhäuschen in kleinen Siedlungen mit guter Infrastruktur drumrum, also Kindergarten, Schule, Bäcker …
Die Aufzucht von "Kleinmenschen" dauert mehr als 10 Jahre und die Leute kümmern sich üblicherweise sehr gut um ihr Heim, also eine lange, glückliche Vermieter-Mieter-Beziehung.
Meiner Meinung nach sind Immobilien keine Geldanlage im klassischen Sinn, sondern ein Business, das durchaus lukrativ sein kann. Aber man muss sich kümmern. Kaufen und liegen lassen im Sinne einer passiven Aktienanlage geht nicht.
Stimmt diese Einschätzung? Wenn ja, wie hoch ist der operative Zeitaufwand? Ich meine damit den normalen operativen Aufwand. Die Mietnomaden-Horrorstorys überlasse ich RTL2.
Das ist ja genau der Vorteil, dass es eine Form von Business ist ‒ allerdings ohne die Marktturbulenzen eines richtigen Business.
In Deutschland müssen wir schon aus klimatischen Gründen richtige Immobilien haben zum Überleben. Also ist dafür immer ein Bedarf gegeben.
Hingegen ist nicht jede Firma, von der ich Aktien kaufen kann, für einen dauerhaften Bestand geeignet.
Das Kümmern bei einer gut vermieteten Immobilie kann ich aus eigener Erfahrung wie folgt angeben: ca. 1 Stunde jährlich für die Nebenkostenabrechnung + ca. 2 Stunden jährlich für die Einkommensteuererklärung + 1 Mal pro Jahr hinfahren und mit den Leuten sprechen / angucken mit maximal 3 Stunden inkl. Fahrtzeit.
Mehr nicht, außer es steht Verkauf oder Neuvermietung an, aber das lässt sich nicht verallgemeinern.
Thema Langfristigkeit: Immobilien sind staatlichem Dirigismus weit stärker ausgesetzt als Aktien.
Eine Immobilie ist schutzlos staatlichen Steuern sowie kommunalen Gebühren und Abgaben ausgesetzt. Die Weitergabe dieser Kosten an die Mieter wird womöglich durch eine Mietpreisbremse unmöglich gemacht.
Das ist vom Grundgedanken her schon richtig, allerdings gibt es dafür eine unglaublich große Lobby (z. B. Hausbesitzerverband), die durchaus mächtig und aufmerksam sind.
Und es betrifft so viele Deutsche, da wird sich alles sehr abgebremst abspielen.
Und ein Großteil der Gebühren und Abgaben reiche ich an meine Mieter als Nebenkosten durch, d. h., das interessiert mich nur am Rande. Die Mietpreisbremse ist auch mehr ein Bild-Zeitungsthema für das Sommerloch, denn ein tatsächliches Schreckgespenst mit echten Auswirkungen …
In 15 bis 20 Jahren gehen die geburtenstarken Jahrgänge in Rente. Dann braucht der Staat viel Geld.
Wie beurteilst du das Risiko, dass der Staat "reiche" Hausbesitzer aufgrund der Immobilität ihres Vermögens als lohnende Geldquelle sieht?
Eher unkritisch, weil eben viele der Gebühren weitergegeben werden können und dann müssen ja die Renten aller Mieter stärker steigen, was sich der Staat auch nicht leisten kann …
Und die kleinen Fischchen wie ich fallen nicht tatsächlich unter diese Vermögensbesteuerungen, weil es meist Sockelbeträge gibt. Und im Übrigen ist die Altersarmut bei Rentnern aus dem offiziellen Rententopf sicher ‒ ob ein Immobilienbesitzer jemals so arm dran sein kann, das muss die Zukunft zeigen …
Und nur der Vollständigkeit halber: Die Aktien- und Anlagengewinne werden sicher mindestens so stark besteuert wie die Immobiliengewinne ‒ schließlich braucht der Staat ja Geld, wie du so schön erkannt hast ;-)
Zum Weiterlesen
(awa)
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Kommentare
Graccem sagt am 17. September 2015
Und anstatt Miete an jemanden Fremden zu bezahlen, habe ich einen Kredit bedient.
Und wer bekommt die Zinsen von dem Kredit? Das ist auch jemand fremdes. Also gehüpft wie gesprungen.
Tobias sagt am 18. September 2015
Interessante Einblicke in die Überlegungen eine Immobilienanlegers. Man erkennt an dem Interview recht gut, das eine subjektive Zufriedenheit mit der eigenen Geldanlage vermutlich ein wichtiger Faktor für den objektiven Anlageerfolg ist. Meine Einschätzung zum Klumpenrisiko unterscheidet sich allerdings stark von Claudias.
Dummerchen sagt am 18. September 2015
@Tobias: Ja, Claudia scheint Klumpenrisiko auf eine lokale Häufung ihrer Immobilien zu beziehen und nicht (wie die meisten wohl) auf eine relativ starke Konzentration des Geldvermögens auf ein (oder wenige) Objekt(e).
Den vom Finanzwesir angesprochenen Mengenrabatt wird es vielleicht nicht beim Kauf mehrerer Immobilien geben (oder doch?), als Großinvestor mit vielen Objekten kann man aber Dienstleistungen (Handwerker, Hausverwaltung, ...) günstiger einkaufen. Der Dienstleister kann sich auf regelmäßige Aufträge verlassen und gibt dafür einen Rabatt. Dies erhöht damit die Gewinnspanne des Großinvestors bzw. gibt ihm die Möglichkeit bei gleichem Gewinn eine niedrigere Miete zu verlangen und damit den Leerstand zu reduzieren. Da sehe ich schon Nachteile für Privatinvestoren. Ist man allerdings selbst Handwerker, so mag das "Netzwerk" eine Hilfe sein - mein Vermieter löst so unsere kleinen Anfragen.
Ich fand dieses (wie auch das Interview mit Monika) sehr interessant zu lesen. Das Thema "Kontrolle über das Investment" taucht immer wieder auf und ich bin nicht sicher, ob das eine Kontrollillusion ist oder ob man als Vermieter wirklich alles bei der Wahl des Objekts und der Mieter so klar vorhersehen kann. Bei Claudia scheint es auf jeden Fall gut geklappt zu haben.
BigMac sagt am 18. September 2015
Im Prinzip gilt hier das gleiche, was ich zu dem anderen Immobilien-Interview schon geschrieben habe - nur noch viel mehr. Vor allem bei dem Satz "Hingegen habe ich bei einer Immobilie viele Eingriffsmöglichkeiten und kann Wert und Entwicklung durchaus mitgestalten." gehen mir die Nackenhaare hoch, denn das Risiko eines Wertverlustes durch unabwendbare Fremdeinwirkungen ist gewaltig. Erfahrung macht auch hier leider klug, ich könnte einen Roman dazu schreiben. Ich vermute ganz stark, dass Claudia mit ihren Immobilien bislang ganz viel Glück hatte und - wie schon erwähnt - das subjektive Empfinden bei der Geldanlage bei ihr eine (m.E. zu große) Rolle spielt.
Finanzwesir sagt am 18. September 2015
Hallo BigMac,
"Erfahrung macht auch hier leider klug, ich könnte einen Roman dazu schreiben."
Vielleicht nicht den ganzen Roman. Aber wie wäre es mit zwei, drei prägnanten Punkten, die Deine Klugheit ganz besonders gesteigert haben. ;-)
Wir wären alle sehr gespannt.
Gruß
Finanzwesir
Geldinvestor sagt am 19. September 2015
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Hallo Graccem,
Du hast recht, doch die Zinszahlungen sind endlich, Miete zahlst Du bis zum Tod.
Statistiken belegen, das Immobilieneigentümer mehr Cash haben als Mieter.
LG Gruß
BigMac sagt am 19. September 2015
Gerne. Wie schon geschrieben, den Satz "Hingegen habe ich bei einer Immobilie viele Eingriffsmöglichkeiten und kann Wert und Entwicklung durchaus mitgestalten." kann ich so nicht stehen lassen. Meine Meinung dazu hat drei Teile:
- Man MUSS bei einer Immobilie immer "am Ball bleiben". Es geht dabei aber nicht um Wertsteigerung, sondern ausschliesslich um Werterhalt. Ohne Investionen verliert Mauergold es peu a peu an Wert.
- Eine Wertsteigerung erfährt eine Immobilie nur durch Entwicklungen, die man nicht selber in der Hand hat, wie z.B. demografische Entwicklung, Zinspolitik und die momentane Tendenz zur Landflucht, die den Wert städtischer Immobilien nach oben treibt.
- Weshalb mich der Satz aber wirklich stört: Es gibt sehr viele Dinge, die einer postiven Wertentwicklung schädlich sind, die man aber nicht selber in der Hand hat.
Der Wert einer Immobilie bemisst sich in erster Linie über die Lage. Meine eigengenutzte Eigentumswohnung habe ich 1998 gekauft, prima Lage, ruhig und grün, sehr gute Verkehrsanbindung (ÖPNV und Kfz). Vor dem Kauf habe ich mich bei der Stadt informiert, welche Planungen es für den Stadtteil gab. Ergebnis: Sehr wenig und alles harmlos. Was hat sich nun seitdem im Umfeld tatsächlich geändert:
Die hinten an das Grundstück angrenzende Kleingartenanlage wurde aufgelöst. Stattdessen habe ich nun Aldi, div. Straßen, Häuser und ca. 500 Bewohner als Nachbarn auf einem Teil des Geländes. Auf dem anderen wurden zwei Fussballplätze nebst großem Vereinsheim etc. gebaut.
Die Schule zwei Straßen weiter wurde massiv erweitert, was insb. morgens einen enormen Anstieg des Kfz-Verkehrs nach sich zieht.
Es wurde eine Station für Krankenwagen und Notarzt in einer Nachbarstraße gebaut, immer wieder "tatü - tata".
Die An-/Abflugrouten des weitab gelegenen Flughafens wurden in der Zeit mehrfach geändert, je nach Wetterlage fliegen nun zu bestimmten Zeiten Düsenjets im Minutentakt über's Haus.
Zwischenzeitlich stand auch mal ein vierspuriger Staßenaus- und -neubau als zusätzliches Einfalltor in die City drohend im Raum, der ist zum Glück nach massiven Protesten und Gegenwehr zuerst einmal ad acta gelegt bzw. deutlich abgespeckt worden.
Das waren nur die gravierenden Sachen. Der Wertentwicklung der Wohnung waren sie nicht zuträglich. Nichts davon war beim Kauf verhersehbar und nichts davon war durch mich oder die Miteigentümer beeinflussbar. Zum Glück gibt es in der Eigentümergemeinschaft keine Deppen, mit denen man sich rumärgern muss. Dass durch Eigentümerwechsel ein ganzes Haus und damit auch der Wert der Immobilie in Mitleidenschaft gezogen werden kann, habe ich bei meinen Eltern erlebt. Diese Geschichte würde aber wirklich den Rahmen sprengen.
Gruß
BigMac
Dummerchen sagt am 19. September 2015
Hallo BigMac,
Danke für die offenen Worte. Ich habe in verschiedenen Blogs ähnliche Veränderungen als potentielle Gefahren beim Immobilienerwerb aufgeführt. Mich überrascht immer wieder, dass Lage als eine zeitliche Konstante angesehen wird, die sich nicht ändern wird.
Dass es dich gleich mehrfach getroffen hat, ist natürlich sehr bitter :-(.
Lieben Gruß
Dummerchen
Capri sagt am 20. September 2015
Geldinvestor
Gemessen an den vielen Variablen in Verbindung mit einer Immobilie, die eher Glücksspiel darstellen, zahle ich gerne Miete bis zu meinem Tod. Die kann ich praktischerweise sogar stark beeinflussen, in dem ich umziehe und ggf. meine Ansprüche senken oder erhöhen. Zusätzliche nutze ich das + an Lebensqualität eben nicht ständig mit Vermieter-Themen etc. mich zu belasten und arbeite daran mein Einkommen durch Weiterbildung zu steigern. Da sind die echten Traum-Renditen mgl.
Lass das mal mit einem Hauskredit probieren..
Finanzwesir sagt am 21. September 2015
Hallo BigMac,
danke für Deine Story.
Besonders der Satz
"Die hinten an das Grundstück angrenzende Kleingartenanlage wurde aufgelöst..."
hat er mir angetan. In Hamburg wird es viele Menschen geben, die diesen Satz kennen. Der Scholzomat will bauen. Wie kann er das am leichtesten durchsetzen? Indem er städtisches Grün in Bauland umwandelt. Industriebrache muss er teur sanieren lassen, Schrebergärten muss er nur räumen lassen und es kann losgehen mit der Bauerei.
Mit dem Klein-Klein-Nachverdichten innerhalb der "besseren", weil grüneren Viertel kriegt die Stadt das gewünschten Volumen von 6.000 Wohnungen pro Jahr nicht hin.
Trotzdem wird natürlich auch hier massiv nachverdichtet. Gut für die, die jetzt verkaufen, aber schlecht für die, die noch Eigentum haben, dennso wird aus einem exklusiven Viertel mit großen Grundstücken und Einfamilienhäsusern ein gewöhnliches Viertel mit mehrgeschossigen Mietwohnungen.
Mit anderen Worten: Dummerchen hat recht: Lage ist keine zeitliche Konstante, sondern es gilt: panta rhei.
Gruß
Finanzwesir
Mainfuchs sagt am 21. September 2015
"Mit anderen Worten: Dummerchen hat recht: Lage ist keine zeitliche Konstante, sondern es gilt: panta rhei."
Oder ein grüner Umweltminister kommt auf die Idee eine dritte Startbahn zu bauen und den kompletten Flugverkehr jetzt schon über den Innenstadtbereich lotsen zu lassen. Es gibt kaum noch Ecken, egal ob Villenviertel oder nicht, die in Frankfurt nicht fluglärmverseucht sind. Noch hat das keine Auswirkungen auf die Preislage.
Es gibt Klagen und Beschwerden en masse, aber da der Flughafen Arbeitgeber von ca. 700.000 Leuten ist, ist klar für wen im Zweifel entschieden wird.
Timo sagt am 21. September 2015
Eine sehr subjektives Plädoyer für die Immobilie.
Eine Immobilie als Kapitalanlage, und hier geht es nicht um die emotionale Rendite selbstgenutzten Wohnraums, muss sich den gleichen Kriterien stellen, wie jede alternative Anlage.
Welche Rendite ist zu erwarten, bei welchem Risiko, welcher Aufwand entsteht bei Kauf/ Verkauf. Und hier wird die Immobilie, m.M. nach, beim Risiko stark unterschätzt und bei der zu erwartenden Rendite überschätzt. Der Kauf kostet mich zuerst einmal ca.8- 10% an Nebenkosten (Grunderwerbssteuer, Makler, Notar). Das Vermietungsrisiko lässt sich nie ausschliessen. Der Instandhaltungsaufwand ist eine Blackbox.
Wie hoch ist die zu erwartende Rendite ? Wie hoch ist die wirkliche Rendite, bei Anrechnung sämtlicher Kosten, die im Laufe von Jahren/ Jahrzehnten anfallen ? Günstigstenfalls im niedrigen einstelligen Bereich. Dafür aber sehr geringem Risiko ? Der Wert einer Immobilie kann gewaltig schwanken, wie ich aus persönlicherfahren durfte. Ich besaß einmal eine Immobilie, deren Wert im Laufe von 10 Jahren um über 50% schwankte (bewertet, anhand der Kaufangebote in diesem Zeitraum).
Claudia möge mir verzeihen, aber eine Kapitalanlage , die kreditfinanziert ist und auf Steuervergünstigungen baut, gehört für mich in die höchste Risikogruppe.
DividendenFiete sagt am 27. September 2015
Hallo in die Runde,
ich selbst möchte gerade ein Portfolio mit passiven Einkommen aus Dividenden aufbauen und möchte mein Immobilienbesitz nach und nach umschichten. 1Reihenhaus und 2 Wohnungen vermiete ich in einem EFH wohne ich selber. Zusammen ca. 600qm Wohnfläche. Also ich bin in beiden Anlageklassen zu Hause. 2010 ist ALLES finanziert worden und entsprechend gekauft.
Jetzt kommt der Punkt auf dem ich hinaus möchte, man bekommt für eine Immobilie einen enormen Hebel, durch die Finanzierung. Für 10 Jahre ist es sehr wohl kalkulierbar und es meiner Sicht, geht man ein relativ kleines Risiko ein, wenn man in der Lage ist eine Stadtteil richtig einzuschätzen. Meine Wohnung liegen zum Beispiel im Musikviertel in Leipzig, 2010 gekauft für 900EUR/qm TopSaniert 2006 - ich glaube Risiko während der 1. Zinsbindung nicht vorhanden. Jetzt 2015 kann ich es sogar 100% Bestätigen, dass die Entscheidung richtig war.
350K standen mir privat nicht zur Verfügung durch den Multiplikator der Bank, habe ich dieses GEld aber nahezu Risikolos einsetzen können.
Also nicht immer ist alles schlecht und wenn sich Chancen bieten muss man sie erkennen und wenn möglich zugreifen, da ist es egal ob Aktie, ETF oder eben Immobilie.
Beste Grüße
Fiete
Auf dem Blog von DividendenFiete gibt es hierzu diesen Artikel: Dividenden-Club
Alexander@klarplus.de sagt am 12. Oktober 2015
Aus meiner Sicht wird hier in vielen Argumenten davon ausgegangen, dass der Anleger vor allem in verschiedene kleine fremdgenutzte Immobilien investiert. Tatsächlich ist die Entscheidung, mit der sich viele Anleger beschäftigen, aber eher die "Eigenheim oder Miete"-Frage. Dann sind einige Argumente wie Klumpenrisiko und mangelnde steuerliche Absetzbarkeit noch viel relevanter.
Hier kommen noch zwei Themen dazu, die im Interview noch gar nicht angesprochen wurden: durch die Aufnahme eines Kredits ist die Immobilie gleichsam ein Hebelgeschäft und daher in vielen Fällen für das eigene Vermögen sehr riskant. Zudem steigen die Instandhaltungskosten im Verhältnis zur Wertsteigerung von Immobilien immer weiter an.
Auf dem Blog von Alexander@klarplus.de gibt es hierzu diesen Artikel: 4 Gründe, warum Du vielleicht doch keine Immobilie kaufen solltest
BigMac sagt am 12. Oktober 2015
"Zudem steigen die Instandhaltungskosten im Verhältnis zur Wertsteigerung von Immobilien immer weiter an."
Kann ich absolut nicht bestätigen. Wie ich schon in deinem Blog schrub: Die Faustformel “1% Instandhaltungskosten p.a.” stimmt auch heute noch. Ich habe Einblick in die Wirtschaftspläne von einem Dutzend Objekten und bei allen passt die Faustformel im Durchschnitt über die letzten ca. 15 Jahre gesehen gut. Auch ältere Objekte kommen nur selten über 1%. Für meine eigene Wohnung (Bj. 1980) liegen die Instandhaltungskosten aktuell bei 0,7% vom damaligen Kaufpreis. Den (geschätzten) aktuellen Wert angesetzt sind es unter 0,4%.
Matthias sagt am 21. November 2015
"Ich habe schon Aktien und Wertpapiere, aber diese Anlageformen sind mir ehrlich gesagt zu anonym und zu fremdbestimmt."
Ich kann mich der Meinung anschließen. Ich habe auch ein paar Aktien erworben und da ich mich nicht auskenne, sollte ich die Entscheidung meinem Bankberater überlassen. Natürlich setze ich Vertrauen in ihn, aber es ist wirklich fremdbestimmt und man wird nicht so tief einbezogen. Mit dem Erwerb und Vermietung einer Immobilie sieht das anders aus. Außerdem ist jetzt der Immobilienkauf leistbarer als zuvor, aufgrund der niedrigeren Darlehenszinsen. Man kann selbst entscheiden, wer die Mieter der Wohnung sind. Hier gibt es ein interessanter Artikel zum Thema Immobilienkauf und warum sich diese gerade jetzt lohnt. [Link gelöscht. Bitte keine Werbeartikel von Wohnungsbaufirmen. Grüße Finanzwesir]
Liebe Grüße,
Matthias