14. August 2017


Podcast: Anlegen in Zeiten der Unsicherheit – Der Finanzwesir rockt, Folge 42

An der Börse ist jeden Tag Suppenkasper: "Nein, meine Aktien kauf’ ich nicht!" Die Kurse sind immer entweder zu hoch oder zu tief und niemand weiß, ob ab morgen nicht doch Roland Emmerich an der Wall Street die Regie übernimmt.
Also lieber noch einen Tag warten. Und so steht man am Rinnstein und das Börsenleben zieht an einem vorbei und das Leben wird grau und man war nie dabei. Weder, als es regnete und auch nicht, als die Sonne schien. Und das einzige, was sicher ist, ist die staatliche Rente auf "Reicht-für-nicht-unter-der-Brücke"-Niveau.
Was tun?
Vielleicht auf die Alberts hören.

Einstein sagt:

"Man muss die Dinge so einfach wie möglich machen. Aber nicht einfacher."

Schweizer sagt:

"Die größte Entscheidung deines Lebens liegt darin, dass du dein Leben ändern kannst, indem du deine Geisteshaltung änderst."

Wir sprechen im Podcast über den Unterschied zwischen komplex und kompliziert.
Kompliziert ist einfach. Zumindest für intelligente Menschen mit genug Zeit.
Komplex ist tödlich. Zumindest für intelligente Menschen, die sich Zeit nehmen.
Nichts lähmt einen Ingenieur oder Naturwissenschaftler zuverlässiger als eine solide Portion Komplexität. Komplexität ist wie eine unendliche Folge von Babuschkas. In jeder Puppe steckt nur eine weite Puppe und nicht der finale Erkenntnisgewinn.

Wir erklären im Podcast, was Sie tun müssen, um endlich anzufangen.

Unser Fazit

"Weniger falsch" ist das neue "Richtig". Werden Sie Holist und lernen Sie den Kontrollverlust zu lieben.
Und im Übrigen: Komplexität kann man wegreden. Auch in Ihrer Stadt treffen sich Finanzwesir-Leser und sprechen über Gott & die Welt und Geld & Finanzen.

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Finanzbegriff der Woche

Holismus. Man kann die Börse nicht als Summe ihrer Einzelteile begreifen, sondern muss sie als ganzen lebenden Organismus sehen. Nur, weil Sie eine Sache vollständig auseinander genommen haben, bedeutet das nicht, dass Sie auch verstanden haben, was dieses Ding "im Innersten zusammenhält". Das ist Holismus. Jeder redet mit jedem und alles rückkoppelt sich gegenseitig.
Man muss da ein bisschen aufpassen, denn die Grenzen zwischen Holismus und Mystizismus sind fließend ("Das Tao der Physik"). Aber letztlich erklären alle Religionen und Glaubensrichtungen die Welt holistisch.
Die klassischen Schulfächer sind alle reduktionistisch ausgelegt, die Ökologie, die Ethnologie und die Systemtheorie (Kybernetik (Regelungs- und Kommunikationstheorie) und Chaostheorie) sind holistisch ausgerichtet.

Buchempfehlung des Finanzwesirs

Team of Teams: New Rules of Engagement for a Complex World* von General Stanley McChrystal.
Team of Teams: New Rules of Engagement for a Complex World

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(awa)

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Kommentare

Joerg sagt am 14. August 2017

Du optimierst Deine Finanzanlagen, weisst sogar wie Swap-ETFs, Optionen oder Bitcoins funktionieren, aber Du hast nur eine Aktien-ETF-Quote von 60%??? Wieso das?
Du verschenkst langfristig erhebliche Rendite. Das richtige Wissen ist nur die eine Haelfte der Medaille, das Tun die andere.
Wie halte ich es also aus, eine hoehere Aktienquote zu fahren? Ganz einfach: Arbeite an deiner persoenlichen Verlust-Toleranz!
(Achtung, ich habe keine Ahnung davon, google lieber)
Disclaimer: Aktienquote hochfahren nur, wenn du regelmaessige Einkuenfte hast/Durststrecken liquide ueberstehen kannst, dein Anlagehorizont mindestens 10 besser 15 Jahre betraegt
(oder Du jederzeit guenstig Kredite ziehen kannst :-) http://www.intelligent-investieren.net/2012/09/grundsatze-kaufe-niemals-auf-kredit.html) Trotzdem moegliche praktische Uebungen:

  1. Nachdenken: Lass dich fuer 4h mit versiegelten Ohren an einen Mast binden :-) und denke ueber deine Verlust-Aversion nach. Warum bist Du ueberhaupt so aengstlich?
  2. Rollenspiele: Erzaehle in der Familien-/Freundesrunde: "du hast 40% Euerer Alertsvorsorge verloren" Erzaehle, dass es nur Buchverluste sind und beobachte, was es mit Dir und Deinen Liebsten macht. Du wirst sehen - trotz Kopfschuetteln -: Sie haben dich weiterhin lieb ...
  3. Therapie: Schaue, wie Therapien gegen Arachnophobie aufgebaut sind/funktionieren (zB https://www.angst-panik-hilfe.de/angst-vor-spinnen.html) und stell dir vor: Verlust-Angst ist eine genauso ueberwindbare Phobie. Ist doch eigentlich laecherlich (hier in Nord-Europa) oder? Diese kleinen putzigen Krabbler ... kaum haut man drauf, falten sie die Beinchen brav nach innen ...
  4. Sinn-Frage: Besinne dich auf die tieferen Werte: was macht dich aus? wo kommst du her? wo gehst Du hin? ist finanzielle Freiheit wirklich wichtig? sind es nicht Familie, Jesus, Freunde? Stelle dir vor, du waerst bei einem Unfall auf eine einsame Insel geraten / du waerst schwer krank / du haettest Freunde/Familie verloren ... das Leben geht doch trotzdem weiter (nur anders), was sind da im Vergleich voruebergehende 40-50% Buchverlust? Genau: Peanuts!

Fazit: Es geht darum deine Einstellung zu veraendern / deine Persoenlichkeit weiterzuentwickeln; Wissen alleine hilft nix.

Auch wenn ich bisher eine christozentrische Weltanschauung bei Roland vermisse :-), sind viele gute Lernmoeglichkeiten hier zu finden: https://www.persoenlichkeits-blog.de/archiv Salvatorische-Klausel: Ruf' mich bloss nicht beim naechsten Crash an und erwarte Trost ... da hab' ich genug mit MEINER hohen Aktien-ETF-Quote zu tun ...


Joerg sagt am 14. August 2017

Sorry, der Link zu Roland war falsch, bei dem oben landet man auf einer Fake-Seite (nicht anklicken oder Albert: korrigierbar?) Hier der richtige Link: https://www.persoenlichkeits-blog.de/archiv und jawohl, ihr habt's gemerkt: ich habe erst geschrieben und dann den Podcast gehoert ... Mea Culpa Trotzdem hoffentlich nicht ganz Thema verfehlt. Vielleicht ist die Verlustangst auch fuer viele Beginner ein Thema nicht nur die Verschieberitis?


Andreas sagt am 16. August 2017

Hi,

zur Zeit der Dot-Net-Blase habe ich bereits mal mit Aktien "gespielt". Danach bin ich ausgestiegen und habe mich um die (mittlerweile) abgeschlossene Finanzierung einen Einfamilienhauses gekümmert. Auf der Suche nach einer sinnvollen Anlage (ich bin 48 Jahre alt) habe ich mich vor einiger Zeit mit ETFs beschäftigt und stecke nun einen ca. 40% des möglichen Sparbetrags jeden Monat in die folgenden ETFs (50% Anleihen, 50% Indizes):

  • iShares Euro Government Bond Capped 1.5-10.5yr UCITS ETF (DE)
  • iShares Core Euro Corporate Bond
  • LYX.MSCI WORLD U.ETF DEO
  • iShares (DE) I - iShares STOXX Global Select

Das Ganze läuft jetzt ein paar Monate, es wundert mich aber wie schlecht die Performance der 2 Index-ETFs im Vergleich zu den Indizes (z.B. https://www.onvista.de/index/MSCI-WORLD-GDTR-UHD-Index-10370091) aussieht. Der MSCI World machte die letzten paar Monate plus, mein ETF geht ins Minus.

Ich vermute, das liegt am Euro/Dollar Tauschkurs und ich muss mich einfach in Geduld üben. Wie seht Ihr das?


ChrisS sagt am 16. August 2017

@ Andreas

"Ich vermute, das liegt am Euro/Dollar Tauschkurs und ich muss mich einfach in Geduld üben. Wie seht Ihr das?"

Sowas hatten wir sogar erst vor einiger Zeit in einem Artikel (bzw den Kommentaren) behandelt:
https://www.finanzwesir.com/blog/msci-world-etf-kurs
Alles was da von mir gesagt wurde kann also auch hier noch gelten. :-)

Wie du schon selbst erkanntest gibt es zwischen den rein "virtuellen" Index-Punkteständen (für so globale Indizes ja meist in Dollar notiert) und der konkreten ETF-Performance (für uns Endanleger ja meist nur aus "Euro-Brille" betrachtet) einen Unterschied, und da spielen eben die unterschiedlichen Währungsschwankungen mit rein (neben noch einigen anderen Einflüssen). Die reine Betrachtung der Indizes isoliert (bzw der Vergleich damit und ETFs) nützt also relativ wenig, wenn man nicht auch dazu die Währungsentwicklungen mit betrachtet, gerade wenn man das noch nicht so weiß (wie zB Anfänger die das öfter verwechseln).

Was sowas ausmacht, kann man selbst schon bei MSCI direkt rausfinden, die die Performance des MSCI World ja auch in verschiedenen Varianten anbieten. Hier mal nur als Beispiel:
https://www.msci.com/documents/10199/149ed7bc-316e-4b4c-8ea4-43fcb5bd6523
MSCI World - 1j net return in USD ttm: 16,12%
https://www.msci.com/documents/10199/890dd84d-3750-4656-87f2-1229ed5a5d6e
MSCI World - 1j net return in EUR ttm: 10,14%

Mit Geduld ist man dabei sowieso am besten beraten - erstmal weil man die für die Aktienanlage generell braucht (also mal ganz unabhängig von Währungsschwankungen), und selbst was die Währungen speziell angeht, haja manchmal wertet eben eine auf und eine ab, mal kehrt sich das wieder um, und wenn man dem ganzen nur lang genug Zeit gibt mittelt sich das alles wieder einigermaßen ein bischen aus, von daher...
Wie gesagt, wenn du erst seit ein paar Monaten dabei bist, sind das ja erstmal nur die ganz normalen Schwankungen, an die man sich eben gewöhnen muss. Nach 20 Jahren oder so ist das ziemlich bolle, von daher, informier dich einfach weiter um die Sachen zu verstehen und bleib einfach dran :-)


Christoph sagt am 16. August 2017

Hallo Andreas,

deine Vermutung ist richtig. Es liegt am steigenden Euro Kurs, dass der MSCI World in Euro ausgedrückt in den letzten Monaten nicht steigt. Sie es positiv: Mit dem steigenden Euro kannst du den MSCI World günstiger kaufen. Mittelfristig gleicht sich das aus und langfristig hat man bisher noch immer gewonnen.
PS: Bei deinen Bonds bin ich gar nicht sicher ob das eine sinnvolle Anlage ist. Kommst du nach Kaufkosten überhaupt über 0% Rendite. Machen nicht Sparbriefleitern mit 1,1% Zinsen bei deutschen Banken mehr Sinn ? Oder so ein 180 Tages Festgeld mit 0.7% oder moneyou mit 0.5% auf Tagesgeld ?


Idefix sagt am 17. August 2017

Was man jetzt vor allem braucht sind Shorts. Für den Sommer und an der Börse.


Markus sagt am 17. August 2017

@Idefix: Hast Du gerade mal die Glaskugel angeworfen oder vermutest Du einen Zusammenhang zwischen den bald fallenden Blättern und der Börse? Lass es Dir gesagt sein, den gibt's nicht und auf einer Seite für langfristige Geldanlage brauchen wir alles nur keine SHORTS


Smartinvest sagt am 19. September 2017

Über den hohen Wert der Mystik für die Geldanlage

@Finanzwesir:
Dieser Podcast ist für mich als passionierter Systemiker natürlich ein Hochgenuss.
Aber warum schreckst du vor der Mystik zurück? Ich habe gerade daraus für die Finanzwelt als Mutter aller komplexen Systeme einen großen Nutzen gezogen und ziehe ihn immer noch.
Warum? Nun, die großen Mystiken wie z.B. Bibel, Talmud, Zen, … sind m.E. extrem wertvolle Sammlungen der Weisheit aus Jahrtausenden, mit der Menschen schon fast alles überstanden haben, was man sich kaum vorstellen kann, holistisch dargeboten in Form einfachster hoch bewährter Heuristiken.
Die Talmud-Strategie, auch 1/n Heuristik genannt, ist die erste, die mir sofort eingeleuchtet hat und die ich daher schon sehr lange anwende, genau wie der MPT-Begründer Markowitz, da diese das pragmatische Optimum bei Entscheidungen unter großer Unsicherheit ist, s.hier: „Wie der Anleger Harry den Professor Markowitz in sich austrickst“. Das gilt m.E. für jede langfristig angelegte Asset Allocation Entscheidung.

Entsprechend spricht man ja auch von der „Bogle-Bibel“ für passives Investieren mit dem bezeichnenden Titel „The little book of common sense investing“, da diese die relativ einfachen holistischen Wahrheiten der richtigen Anwendung der EMT für passives Investieren sehr einprägsam vermittelt.
Viel besser als z.B. Kommer in seinem sehr reduktionistischen und komplizierten Werk. Das ist vielleicht sogar eine Ursache für das Zaudern vieler Einsteiger.

Vor ca. 20 Jahren habe ich zum Glück erkannt, dass es da kaum was anderes Brauchbares gab als die weisen Bogle-Schriften, mit denen ich mir die EMT eingebläut habe, und die Talmud-Strategie.
Und fertig war mein Grundgerüst zum schnellen Einstieg ohne großes Zaudern sobald mir das klar wurde. Damal habe ich dann einfach 2 globale indexähnliche Fonds für Aktien und Immobilien sowie reine Geldanlagen gleichverteilt investiert.
Fertig.
Mit wachsender Erfahrung und Anlagebetrag habe ich das dann mit der Zeit schrittweise weiter ausdifferenziert, vor allem, um die praktisch risikolose Rebalancingprämie zu maximieren, wie ich das am 27.8.17 hier beschrieben habe, aber immer noch orientiert an den einfachen Grundweisheiten von Bogle und der Talmud-Strategie.

Seit einem guten Jahr baue ich mein Finanzhobby nun mit Futures-Traden aus. Und auch dabei ist mir die Mystik des Zen eine der relevantesten Anleitungen, mit der es mir gelungen ist, den dabei entscheidenden Umgang mit den eigenen Emotionen bald zu beherrschen. So gerüstet habe ich nach Erlernen des „Handwerks“ und der Ausarbeitung der eigenen Handelsstrategie, was ca. 3 Mon. gedauert hat, auch sehr schnell begonnen, mit realem Geld zu traden, um schnell Erfahrungen zur weiteren Optimierung der Strategie zu gewinnen. Das funktioniert nämlich ausschließlich über learning-by-doing, denn eigene Emotionen kann man leider nicht simulieren.

Vor kurzem bin ich schließlich auf den m.E. holistischsten Denkansatz für das Verständnis und den Umgang mit Komplexität gestoßen: Komplexe Systeme sind nach Taleb fragil, stabil und „antifragile: things that gain from disorder“. Wer ihn kennt, weiß, dass die Mystik da auch eine große Rolle spielt.

Aber bereits die Mystik des jahrtausendealten [Tao te King des Laotse]( http://www.susannealbers.de/03philosophie-literatur-Tao1.html) bringt den optimalen Umgang mit Komplexität m.E. auf die kürzeste Formel:

„Wird nichts mehr getan bleibt nichts ungetan“.

Kleiner Verständnis-Hinweis: „mehr“ kann und soll man unterschiedlich interpretieren. 😉
Denk mal drüber nach …


Philipp sagt am 04. Juli 2018

Hallo Finanzwesir und -rocker,

zum Thema Komplexität kann ich euch das Buch "Fraktale und Finanzen" von Benoît B. Mandelbrot (der mit der Mandelbrotmenge) empfehlen. Selten ein Buch gelesen, dass mein Denken so beeinflusst hat.

Beste Grüße und weiter so!


Das Finanzwesir-Seminar - für alle ETF-Selbstentscheider.

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