26. August 2014


Reichwerden = Scheißjob

Reichwerden war schon immer ein Minderheitenprogramm. Warum eigentlich? Noch nie gab es so viele so gut ausgebildete und so gesunde Menschen in Deutschland. Mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von knapp 81 Jahren muss der Reichtum auch nicht über Nacht kommen.
Warum schaffen es dann so wenige Normalbürger, ohne Erbe oder entsprechenden familiären Hintergrund Vermögen zu bilden?

Ich denke, das liegt daran, dass der Weg zum eigenen Vermögen vor allem ein Weg des Verzichts ist. Wer ein Vermögen aufbauen will, muss im Bereich persönliche Finanzen und Geldanlage Wissen, Leidenschaft und Ausdauer mitbringen.
Ohne Wissen, Leidenschaft und Ausdauer kann man in keinem Gebiet Herausragendes leisten. Egal ob Sportler, Künstler, Wissenschaftler oder die "normale" Bürokarriere. Wer es zu etwas bringen will, muss verzichten.

Spieler wie Mesut Özil und Manuel Neuer haben auf ihre Kindheit verzichtet. Mit zwölf auf eine Eliteschule des DFB, vier mal wöchentlich Training plus die Spiele, dazu die Schule: Daran scheitern drei Viertel der Jungs. Ein paar werden Weltmeister.

Im Wissenschaftsbereich ist es ähnlich. Wer Herausragendes leisten möchte, muss sich jahrelang an einen bestimmten Professor ketten und mit ihm und für ihn arbeiten. Das ist Leibeigenschaft auf einer halben befristeten Stelle. Frauen verzichten auf jeden Fall auf Familie, Männer brauchen eine Frau, die ihnen den Rücken frei hält. Das Problem hier: Wer auf den falschen Prof setzt, der nicht so gut verdrahtet ist und bei dem Stellen gekürzt werden, hat verloren. Nicht viel besser geht des demjenigen, der nach zehn Jahren im Labor feststellt: Sackgasse!

Die Künste sind schon sprichwörtlich "brotlos". Ohne Leidenschaft und Leidensfähigkeit ist da nichts zu wollen.

Auch der "gemeine Bürokarrierist" bezahlt, und zwar mit Zeit und seinem Charakter. Er ist immer da und entwickelt im Laufe der Zeit immer bessere Antennen, wann er bei wem seine Sichtbarkeit erhöht und wann er besser abtaucht (Für GoT-Freunde: Denkt an die Lords Kleinfinger und Varys).

Außergewöhnliche Erfolge werden immer mit Verzicht erkauft. Wer im Bereich A gut sei will, darf noch ein bisschen B machen, aber auf keinen Fall C oder D. Wer im Bereich A sehr gut sein will, darf nur noch A machen und sonst nichts. Ein Vettel kann unglaublich schnell im Kreis herumfahren und sonst nichts.

Was hat Verzicht mit Vermögensbildung zu tun?

Wer 5 % bis 10 % seines Einkommens spart, wird es nie zu einem Vermögen bringen. Ein gutes Gehalt und ein studentischer Lebensstil, das schafft Vermögen.
Reichwerden bedeutet "Verzicht auf einen altersgemäßen Lebensstil". Wo ist das Problem? Jeder kann doch selbst entscheiden, wofür er wie viel Geld ausgibt. Leider nein. Bei allen Kommilitonen, die es nach dem Studium geschafft hatten, einen Arbeitsplatz bei der BASF, Bosch oder Hoechst zu ergattern, explodierte das Kleiderbudget.
Was ist mit dem Freund oder der Freundin, die den Zelturlaub endgültig satt hat und ihr Haupt nur noch in guten Hotels zur Ruhe betten möchte? Der Mensch lebt eben nicht alleine.
Der leidenschaftliche Fußballer hat am Anfang noch Freunde aus allen Lebensbereichen. Nachdem er aber zum x-ten Mal abgesagt hat, "Nee, muss auf‘n Platz.", wird er auch nicht mehr gefragt. Der Verein ist dann der Lebensmittelpunkt.
Der Sportler hat wenigstens noch seinen Verein, für Musiker kann das Leben im Proberaum ganz schön einsam werden.
Genau wie ein Sportler oder Musiker seine Prios setzt, muss es auch der Reichtumsaspirant tun. Man sucht sich ein soziales Umfeld, das zu den eigenen Lebenszielen passt. Wenn die Freundin oder der Freund da nicht mitziehen will, muss man sich trennen.
Deshalb werden die meisten Leute nicht reich: Ihnen ist der Preis, den sie dafür zahlen müssen, zu hoch.
Wer reich werden will, muss stur gegen den Strom schwimmen. Kurz und knapp:

Reichwerden = Scheißjob!

Wobei man sagen muss: Wer beim Reichwerden scheitert, der scheitert kommod. "Ich habe die Million nicht geschafft, sondern es nur zu 500.000 Euro gebracht." ist kein wirklich beklagenswertes Schicksal.
Den jungen Fußballprofi, der mit kaputtem Knie aussortiert wird oder den Wissenschaftler, dessen Labor verkleinert oder dichtgemacht wird, erwischt es schlimmer.

Wie halten Sie es mit dem Reichwerden?

(awa)

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Kommentare

Alex von Reich-mit-Plan.de sagt am 02. September 2014

Grüß dich, schöner Artikel. Ich würde Reich werden anfangs als Hobby betrachten. Da müssen die Einnahmen gesteigert und gesichert sowie die Ausgaben durchwühlt werden. Dann sollte man anfangen Das Kapital ertragreich anzulegen und sich neue Ertragsquellen erschliessen. Mit der Zeit nimmt das alles immer größere Strukturen an. Anfangs hat man sich noch um Zahlen im zweistelligen Bereich gekümmert und bald jongliert man mit vier- oder gar fünfstelligen Zahlen. Spätestens dann wird es ein Fulltime Job, welcher allerdings mit wachsendem Vermögen eher mehr spaß macht als am Anfang. Ich kann fast sagen, dass es schon teilweise eine sucht werden kann, gutes und viel Geld zu verdienen. Wenn man das alles vergleicht mit dem Leben ohne dem Hobby reich werden und dem Hamsterrad eines Angestellten, dann war Reich werden für mich nie ein Scheiß Job.

Mit den 5-10% gebe ich dir recht. Deutlich schneller geht es wenn man als Paar mit einem einkommen auskommt oder 50% seines Gehalts sparen kann! Schaffen allerdings auch nur die wenigsten. Meist nicht mangels gutem Einkommen, sondern weil es an zusätzlichen Einnahmen fehlt und an Ausgaben festgehalten wird die man sich heute leisten möchte.

Gruß Alex

Auf dem Blog von Alex von Reich-mit-Plan.de gibt es hierzu diesen Artikel: Reich-mit-Plan.de


Finanzwesir sagt am 02. September 2014

Hallo Alex, na ja, ein bißchen Provokation muss ich Google ja schon hinwerfen. ;-) Was tut man nicht für ein paar Klicks.

Aber im Ernst: Ich glaube, dass man Reichwerden nicht auf die leichte Schulter nehmen kann. Man wacht nicht irgendwann auf und ist reich. Planung und harte Arbeit gehören dazu. Ich sage nicht, dass das nicht Spaß machen kann. Wer sein Geld mit etwas verdient, was ihm liegt, der muss nie im Leben auch nur einen Tag arbeiten. Von daher ist Dein "Gamification"-Ansatz sicher richtig. Klein anfagen, Erfolge sehen, Spaß haben, mehr wollen....

Also, bleib weiter auf dem Pfad zur finanziellen Unabhängigkeit!

Gruß Finanzwesir


Rico sagt am 11. September 2014

Du triffst es schon gut auf den Punkt. "Altersgmäß leben" ist auch so eine Wertvorstellung, über die man trefflich streiten kann. Was ist schon altersgemäß? Ist es altersgemäß, sein Einkommen jeden Monat für vermeintlichen Luxus aus dem Fenster zu werfen?

Dennoch - die sozialen Bindungen sind ein starker Faktor. Ich diskutiere jeden Tag mit meiner Frau über Geld, aber ich denke, es lohnt sich!

Auf dem Blog von Rico gibt es hierzu diesen Artikel: Erfolgreich Sparen und Vermögen aufbauen


Finanzwesir sagt am 11. September 2014

Ich glaube, die sozialen Bindungen, beziehungsweise das, was als "normal" angesehen wird, verhindern oft den Aufbau eines Vermögens.
"Altersgemäß leben" ist das, was die Nachbarn dafür halten. Sich dem zu entziehen ist schwer. Schon der Hauptmann von Köpenick wusste "Kleider machen Leute".
Von einem Menschen einer bestimmten Altersklasse oder sozialen Schicht erwartet man einfach eine bestimmte Optik und bestimmte Statussymbole. Ein Mann in ihrer Position fährt doch BMW/Audi/Mercedes aber keinen Dacia.... Das kostet.
Die Frage ist doch: Was kostet mehr: Sich so zu verhalten, wie die Nachbarn es als wünschenswert ansehen oder konsequent sein Ding durchzuziehen.

Gruß Finanzwesir


Mario sagt am 19. November 2014

Hallo zusammen

Ich habe noch eine kleine Anmerkung: 5% oder 10% vom Einkommen sind relativ. Massgebend ist das Jahresgehalt. Dies stellt für mich einen erheblichen Unterschied dar…

Schöne Grüsse und allzeit gute Investments!

Gruss Mario


Finanzwesir sagt am 20. November 2014

Hallo Mario,
klar, wer nichts hat, kann auch nichts sparen. Aber maßgebend ist die Fähigkeit dieses Einkommen nicht auszugeben, sondern zu sparen. Jedes noch so große Einkommen läßt sich verpulvern. Wer viel verdient und sich dem "weil ich es mir wert bin" der Werbung hingibt wird auch immer ein Konsum-Junkie bleiben.
Man braucht ein gutes Einkommen, aber ohne den Willen zu sparen wird´s nichts mit dem Vermögensaufbau.
Wie Rockefeller schon sagte: "Reich wird man nicht durch das Geld, das man verdient, sondern durch das Geld das man nicht ausgibt."

Gruß
Finanzwesir


Mario sagt am 20. November 2014

Hallo Finanzwesir

Dem ist nichts mehr anzufügen. Dank meinem minimalistischen Lebensstil (Verzicht auf jeglichen Luxus: kein Handyabo, kein Luxusschlitten, kein Haus, Essen wenn immer möglich zu Hause, keine teuren Marken-Klamotten etc.) kann ich es mir "leisten" mind. 20% meines Jahresgehalts zur Seite zu legen und in Aktien zu investieren. Ich hoffe doch, dass dies meine zwei Kinder zu schätzen wissen, wenn sie mal ein paar Aktien vererbt bekommen und keinen Schuldenberg :-))

Schönen Abend

PS: Deine Homepage ist sehr informativ, mach weiter so!

Gruss Mario


Gerhard sagt am 26. Dezember 2014

Hallo und frohe Weihnachten,

tiefe Wahrheiten, die sich in dem Artikel verbergen! Ich würde noch einen Schritt weiter gehen: Finanzielle Unabhängigkeit ist wie jede andere Unabhängigkeit (z.B. von Suchtmitteln, von Ideologien, ...) zuerst einmal eine Charakteranhelegenheit. Wahrscheinlich liegt es in den Genen und wird durch die Erziehung im Elternhaus entwickelt, wenn ein Mensch lernt dem zu widerstehen, was "man" macht, beziehungsweise Dinge zu hinterfragen, die allgemein erwartet werden.

Ich will ein Beispiel geben: Als Jugendlicher in den 70-zigern galt man als Außenseiter, wenn man Drogen nicht wenigstens mal probierte. Es brauchte ein ausgeprätes Selbstbewusstsein, dieser gesellschaftlichen Mode zu widerstehen! Die meisten meiner Bekannten wurden zwar nicht abhängig von sogenannten harten Drogen, blieben aber dem Rauchen und Alkoholtrinken noch sehr lange treu, allein schon deshalb weil es im Trend lag. Selbstverständlich schlossen sie später Bausparverträge und Kapital Lebensversicherungen ab, kauften Dinge auf Kredit (um ihrem Umfeld zu imponieren) und machten ähnlichen fremdbestimmten Unfug.

Diese Dinge haben immer auch finanzielle Auswirkungen, die zugrunde liegenden Motive liegen in der Persönlichkeit (= Charakter) jedes Einzelnen begründet. Um also Reichtum im Sinne einer finanziellen Unabhängigkeit zu erreichen, muss man bei der Persönlichkeitsbildung anfangen.

Herzliche Grüße an alle, die hier aktiv sind und ganz besondere Grüße an den Finanzwesir!


Dominik sagt am 30. März 2018

Hallo zusammen,

vielen Dank für den tollen Artikel! Es stimmt, das mit einem "normalen" Gehalt 5-10% nicht ausreichen um reich zu werden.
Ich verdiene ein normales Gehalt und schaffe es an manchen Monaten, 46% davon zu sparen. Ich könnte das noch steigern, wenn ich ein paar Versicherungen kündige – aber das lasse ich bewusst sein, denn Versicherungen sind nicht nur da um bezahlt zu werden, sondern um einen von existenziellen Gefahren abzuwehren.
Wenn ich mir vorstellen müsste, einfach mal 10 TEUR für meine Zähne zu zahlen, das würde mein Herz nicht verkraften. Die kleine Gebühr für die Zahnzusatzversicherung schon.

Was den Verzicht angeht, stimmt das allemal. Nur das bedeutet auch zu verzichten auf Sachen die man unbedingt meint haben zu müssen, um noch schneller reich zu werden, wie Kryptos oder spekulative Aktien. Da habe ich leider zuviele verloren und das sparen war dafür wirklich umsonst.

Grüße in die Runde


Ben sagt am 30. März 2018

Hi, ich bin durch die Archivempfehlung auf diesen Artikel gestoßen und möchte auch meinen Brei hinzufügen. Auch ich gebe dem Wesir Recht. Beispiele gibt es aus meiner Umgebung genug.
Mein Vater ist damals nach Holland gegangen um dort einen Betrieb aufzubauen. Ja es war ein riesiger Karriereschub, aber ja es war auch ein riesiger familiärer Verzicht.
Ähnliches gilt nun auch für mich. Als Physiker in der Wirtschaft kann ich einen standard Büro-Job von 9 to 6 haben. Das ist schon einmal besser als PostDoc. Als Berater bekomme ich aber nicht nur 20% mehr, mir wird auch meine Verpflegung und Unterkunft über die Woche bezahlt (in meinem Fall mit einem tatsächlich sehr guten Satz).
Dann bin ich halt als Berufsanfänger in einer kleinen Bude von Do.-abend bis So. Aber dafür brauche ich das Dingen weniger zu putzen und nicht ständig den Kühlschrank zu befüllen, von den paar Stunden, die mir nach dem Pendeln noch übrig bleiben.
Welchen Verzicht dies im Sozialenumfeld bedeutet (bei weitem nicht jede Freundin kommt mit einem Reisenden zurecht) brauche ich nicht zu erläutern.


DerFinanzstratege sagt am 05. April 2018

Hi, es ist wichtig, sich bewusst zu werden, was man möchte und welchen Aufwand man dafür treiben möchte (oder auf welche Dinge man bereit ist zu verzichten), um diese selbst gesteckten Ziele zu erreichen.
Dabei ist es stets eine Sache der persönlichen Einkommens- und Vermögenssituation und der eigenen Ansprüche an die persönlichen Lebensumstände, die das Wachstum des eigenen Vermögens beeinflussen. Abhängig von diesen Parametern ist die Bestimmung einer persönliche Finanzstrategie und daraus abgeleitete Ziele in Einklang mit der individuellen Risikobereitschaft sowie eine regelmäßige Überprüfung die richtige Vorgehensweise. Viele Grüße
Andreas


vanye sagt am 16. Mai 2018

Alles sicher richtig und eine gute Einschätzung, was es bedeutet, sich voll und ganz einem Ziel zu verschreiben.

Bei so manchen Kommentatoren und Blogschreibern muss ich aber oft grinsend: Da will jemand (finanziell) frei sein und versklavt sich dafür. Ironisch, nicht wahr?


spantax sagt am 09. April 2019

| Hallo zusammen,
ich bin schon etwas älter (51) und im letzten Fünftel der Aufbauphase. Allerdings bin ich dabei einen Mittelweg zwischen "gut Leben" und trotzdem "viel Sparen" gegangen und wir haben auch viele Freunde, Bekannte und Nachbarn :-)
Dabei hat uns ein Schicksalsschlag erwischt: Meine erste Frau ist früh verstorben. Ich bin heilfroh um all unsere Erinnerungen und begreife die damaligen Ausgaben für etwas "Luxus" im Nachhinein als Investition in ein reiches Leben.
Sparen kann insofern auch vergebens sein.


Sebastian sagt am 24. Februar 2021

Hallo zusammen,
ich kann dem ganzen Artikel nur zustimmen! Es ist beim Reicheren einfach wie überall: wer besonders erfolgreich werden will, muss dafür auf etwas verzichten. Das beste Beispiel dafür sind doch Unternehmer, die viele Jahre auf Familienzeit, sicheren Job mit guter Bezahlung, Feiertage, Urlaube und freie Wochenenden verzichten, in der Hoffnung das nächste Einhorn aufzubauen.
Mir hilft dieser Vergleich, besonders der mit den Sportlern, um an meinem Ziel und vor allem meinem Buy-and-Hold-System festzuhalten.
Vielen Dank für diesen tollen Artikel!


Finanzguerilla sagt am 05. August 2021

Hallo Albert,

Immer mal wieder geil, die alten Artikel nach so langer Zeit aus der Schublade zu holen :-) Recihwerden kann tatsächlich ein Scheißjob sein. Trotzdem kann man den Weg dahin trotzdem auch genießen.

Auch muss man sich nicht in übertriebener Askese oder Kinderlosigkeit quälen, nur um dann irgendwann der Reichste auf dem Friedhof zu sein.

Vielleicht hilft manchen Lesern, die sich neu auf den Weg machen wollen, vielleicht meine Analogie von der Rolltreppe im Leben weiter. Diese funktioniert schon ab dem ersten Euro "passiven Einkommens":

LG

Auf dem Blog von Finanzguerilla gibt es hierzu diesen Artikel: Passives Einkommen: Auf der Rolltreppe durchs Leben?!


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