21. August 2014
Was ist eine binäre Option?
Langsam wird der Finanzwesir-Blog populär. Das bedeutet nicht nur mehr Leser, sondern auch mehr Spammer. Neben den üblichen Körperteilverlängerungsangeboten, die ich nach Rücksprache mit der Finanzwesirin ausgeschlagen habe, landet natürlich auch jede Menge Finanz-Spam in der Inbox. Das meiste kennt man, aber eine Mail war neu für mich.
Ein ganz heißer Tipp, ganz exklusiv und nur für mich: Binäre Optionen.
Binäre Optionen erobern die Weltbörsen im Sturm, denn sie sind neu und hochprofitabel. Weltweit nutzen Händler das System der binären Optionen, um ihren Portfolios mit minimalem Risiko Liquidität hinzuzufügen.*
Dazu kommt: Um mit binären Optionen zu handeln, braucht man keine Kenntnisse. Jeder – auch und gerade ich – kann sofort mit dem Handel beginnen und ganz einfach Gewinne einfahren.
Zuerst war ich ein bisschen beleidigt, dass man mich für einen jedermann ohne besondere Kenntnisse hält, aber dann habe ich mir gedacht: "Mr. Ego, schmoll nicht rum, fang an zu recherchieren."
Was sind binäre Optionen?
Jeder Leser dieses Blogs kennt binäre Optionen. Wenn Philipp Lahm und Mats Hummels am Anstoßkreis stehen und der Schiri fragt "Kopf oder Zahl?", dann ist das eine binäre Option.
Binäre Option ist nur Cool-Sprech für "zwei Möglichkeiten".
Bei einer binären Option wettet man darauf, dass entweder A oder B eintritt. Mehr ist das nicht. Das kann wirklich jeder Depp. Dieser Teil der Spam-Mail ist also korrekt.
Binäre Optionen in der Praxis
Binäre Optionen gibt es für viele Anlageklassen. Devisenpaare, Indizes, Aktien, Rohstoffe, Edelmetalle, alles lässt sich mithilfe einer binären Option abbilden.
Anleger können in der Währung ihrer Wahl (Euro, Dollar, britische Pfund etc.) auf steigende und fallende Kurse setzen.
Binäre Optionen haben eine extrem kurze Laufzeit. Ein Kurz-Trade ist gerade einmal 1 Minute lang. Es gibt auch binäre Optionen, die länger laufen. Je nach Broker sind Laufzeiten zwischen 1, 2, 5 und 15 Minuten bis zu einigen Stunden möglich. Manche Broker bieten auch Binär-Varianten an, die 30 Tage und länger laufen.
Am populärsten scheinen aber die "Short Term Binär Optionen" zu sein.
Nehmen wir als Beispiel das Währungspärchen USD/EUR.
Ihre Wette: Nach einer Minute ist der Dollar um mindestens einen Punkt gegenüber dem Euro gestiegen. Sie platzieren Ihren Einsatz, beispielsweise 100 Euro, und drücken den Kaufen-Button. Dann warten Sie eine Minute, und danach sind Sie entweder um 70 Euro bis 85 Euro reicher oder die 100 Euro sind weg. Ich finde, das hat etwas von diesen Spielautomaten, die man aus der Bahnhofsgastronomie kennt.
Varianten binärer Optionen
Klassischer Trade
Diesen Trade gibt es in unterschiedlichen Zeitvarianten von einer Minute bis zu mehreren Stunden. Allen gleich ist, dass man auf ein bestimmtes Ereignis wettet. Ein Kurs soll am Ende der Options-Laufzeit einen bestimmten Wert überschritten (Wette auf steigende Kurse) oder unterschritten haben (Wette auf fallende Kurse). Was der Kurs zwischenzeitlich so treibt, ist unerheblich.
Entspricht beim Roulette dem Setzen auf eine Farbe.
One-Touch-Trade
Wette darauf, dass eine Kursgrenze innerhalb der gewählten Zeitspanne einmalig berührt wird. Was der Kurs danach anstellt, ist egal. Höheres Risiko beim Trade bedeutet natürlich auch eine höhere Auszahlungsquote durch den Broker.
Entspricht beim Roulette dem Setzen auf "Dutzende und Kolonnen".
Double-Touch-Trade
Wette darauf, dass eine bestimmte Kursgrenze innerhalb der gewählten Zeitspanne zweimal berührt wird. Auch hier gilt: Was der Kurs danach macht, ist egal. Noch höheres Risiko für den Trader, deshalb noch höhere Auszahlungsquote durch den Broker.
Entspricht beim Roulette dem Setzen auf "Cheval". "Yeah Baby, 17fache Auszahlung!"
Wen machen binäre Optionen reich?
Auf jeden Fall den Broker. Denn: Wenn Sie ihre Wette gewonnen haben, zahlt Ihnen der Broker zwischen 70 % und 85 % aus. Wenn Sie Ihre Wette verloren haben, verfällt der Einsatz. Wenn der Broker günstige 85 % auszahlt, müssen Sie von sieben Spielen vier gewinnen. Das sind dann aber die üblen Double-Touch-Wetten.
- Einsatz pro Spiel: 100 Euro
- 4*85 Euro = 340 Euro Einnahmen
- 3*100 Euro = 300 Euro Verlust
- 40 Euro Gewinn
Sie müssen also in 57 % aller Fälle richtig liegen. Zahlt der Broker nur 70 % aus, müssen Sie in fünf von acht Spielen richtig liegen. Das bedeutet in 71 % aller Fälle müssen sich richtig raten, um dann 50 Euro in der Tasche zu haben, die Sie natürlich noch mit gut 26 % (KapSt plus Soli) versteuern müssen.
Das Problem mit binären Optionen: Langfristig tendieren sie zu einer 50:50-Verteilung. Bei einem unberechenbaren Markt wie der Börse mögen die Chancen anders gewichtet sein. Aber warum dann gerade ein Anfänger in diesem Spiel eine 71%ige-Siegchance haben soll, erschließt sich mir nicht.
Womöglich gibt es Menschen, die es schaffen, dieses Spiel mit Gewinn zu beenden. Aber für diese Menschen ist es ein Knochenjob. Das ist hart verdientes Geld.
Ich glaube eher, dass auch für die Binär-Börsen der alte Casino-Spruch gilt "… und am Ende gewinnt immer die Bank."
Fazit
Warum nicht mal Casino Royale. Dann aber nicht Einarmiger Bandit, sondern beim Roulette.
Wichtig: Immer einen gültigen Personalausweis dabei haben und auf den Dresscode achten! Der Herr trägt Sakko. Die Dame wählt einen Blazer, ein Kleid oder ein anderes Outfit, was ihr und dem Abend gut steht.
Das macht doch mehr Spaß und ist viel stilvoller, als zu Hause ungewaschen und unrasiert auf den Monitor zu glotzen.
Außerdem zahlt die Spielbank besser: Wer gewinnt, bekommt für jeden Euro Einsatz nicht 70 Cent ausgezahlt, sondern einen Euro. Eine Auszahlungsquote von fast 100 % (wäre da nicht die Null).
Wenn Sie nicht in die Spielbank wollen, eröffnen Sie doch eine Binär-Broker-Bude, dann klappt‘s auch mit dem Reichwerden.
Denn – um auch das noch abzuschließen – der zweite Teil der Spam-Mail war dann doch etwas realitätsfern. Ich jedenfalls werde meine Geldanlagepolitik nicht überdenken.
*Wenn mir jemand sagen kann, was dieser cool klingende Satz bedeuten soll: In den Kommentaren ist noch Platz.