Finanzwesir

Finanzen geregelt - Freiräume geschaffen

Grundlagen guten Investierens

Nach diesen Grundsätzen investiert der Finanzwesir das Geld der Familie.

Das Fundament - die Glaubenssätze

Jahrelang passiert - außer den üblichen Schwankungen - nicht viel an der Börse. Dann passiert extrem viel in ganz kurzer Zeit.
Der Erfolg beim Investieren wird dadurch bestimmt, wie man sich in den turbulenten Phasen positioniert. Es ist wichtiger, in den turbulenten Phasen nicht unterzugehen, als in den ruhigen Phasen ganz vorne mit dabei zu sein.

  • Die turbulenten Phase überleben, um dann in der ruhigen Phase wieder mit dabei zu sein = gut
  • In der guten Phasen ganz weit vorne sein, um dann in der turbulenten Phase unterzugehen = schlecht
  • In der guten Phase ganz weit vorn sein und dann die turbulente Phase lässig meistern = meist leere Versprechungen, Betrugsverdacht

Zeithorizonte

  • Langfristig (über Jahrzehnte) sind wir positiv gestimmt. Die Wirtschaft wird wachsen und damit das Vermögen. Der Erwartungswert ist positiv.
  • Kurzfristig (über Jahre) kann es zu enormen Verwerfungen kommen.

Egal was kommt - das Vermögen muss - wie eine Ratte oder Kakerlake - in jeder Situation überleben.

Die Axiome

  1. Niemand kann die Zukunft vorhersagen - das ist dieser ominöse Kontrollverlust, von dem man jetzt so viel hört.
  2. Die Kosten müssen angemessen sein - was krieg’ ich für mein Geld?

Aus "Niemand kann die Zukunft vorhersagen" folgt

das Risikomanagement ist entscheidend. Für den langfristigen Erfolg ist es wichtiger große Verluste zu vermeiden, als große Gewinne zu machen.

Risikomanagement

Risikomanagement ist nicht alles, aber alles ist nichts ohne Risikomanagement. Die Aufgabe des Risikomanagements: Das Vermögen langfristig schützen und mehren. Es gilt große Verluste zu verhindern.
Betrachtet wird immer die Rendite und die Volatilität des gesamten Depots über einen gesamten Börsenzyklus. Keine Einzelbetrachtung von Assetklassen, denn in einem gut diversifizierten Depot hat man immer eine Anlageklasse, die nicht performt. Eine Anlageklasse, die grundsätzlich brauchbar ist, aber deren Zeit noch nicht gekommen ist, weil sie es im aktuellen Börsenregime schwer hat, darf nicht aus dem Depot entfernt werden.
Die Prioritätenliste des Risikomanagements

  1. Inflation ausgleichen
  2. Steuern verdienen
  3. Den Realwert des Vermögens steigern

Das Risikomanagement wird wie folgt umgesetzt

  1. Diversifikation
    1. Indexing
    2. Kombination unkorrelierter Anlageklassen
  2. Regelbasiertes Handeln

Diversifikation

Diversifiziert wird über

  • Strategien
  • Anlageklassen
  • Branchen
  • Länder (wo lege ich an)
  • juristische Hüllen (Aktie, Anleihe, ETF, CEF…)
  • Jurisdiktionen (wo liegt mein Vermögen)
  • Dienstleister (Banken, Vermögensverwalter, etc.)

Indexing

90 % der Rendite eines Depots lassen sich durch die gewichteten Renditen der einzelnen Assetklassen erklären. Indexing liefert langfristig die Rendite der betreffenden Anlageklasse. Deshalb gilt:

"Wir kaufen den Heuhaufen und suchen nicht die Nadel."

Indexorienterten Sammelanlagen sind deshalb innerhalb einer Anlageklasse der Vorzug zu geben. Sollte es für eine Anlageklasse

  • keinen brauchbaren Index geben, oder
  • keine keine brauchbare Sammelanlage auf diesen Index geben,

so hat das Management dafür zu sorgen, dass diese Anlageklasse durch ein ein möglichst diversifiziertes Bündel von Einzelanlagen abgebildet wird.
Brauchbar bedeutet in diesem Zusammenhang: breit diversifiziert, praxiserprobt, wettbewerbsfähige Kosten.

Beispiel Aktien: Kein Stockpicking, sondern Kauf eines ETFs auf einen der großen Standard-Indizes.

Kombination unkorrelierter Anlageklassen

Unkorreliertheit ist der einzige "free Lunch" der Kapitalmärkte. Mit Hilfe unkorrelierter Anlageklassen lässt sich dieser "free Lunch" nutzen.
Schwankungen bändigen bringt die Rendite. Warum?
Es geht darum, das Geld möglichst lange und möglichst ungestört vor sich hin zinseszinsen zu lassen. Jede Störung von Außen beunruhigt das scheue Wild und verhindert die Aufzinsung. Auch Buchverluste sind Verluste.
Kleine Schwankungen sind langfristig nicht renditeschädlich (was 10 % fällt, muss 11 % steigen, um wieder auf Null zu sein, das ist machbar). Es sind die großen Schwankungen, ab 20 / 25 % minus, die problematisch sind. Was 50 % fällt, muss 100 % steigen, um wieder auf Null zu sein.

Es muss fundamentale, konstruktionsbedingte Gründe geben, warum zwei Anlageklassen unkorreliert sind. Das Argument: Aber in den letzten x Jahren waren die beiden Anlageklassen unkorreliert ist nicht zulässig, weil nicht vertrauenswürdig. Korrelationen sind keine Naturgesetze, sondern können sich jederzeit ändern. Die Vergangenheit erlaubt keine Rückschlüsse auf die Zukunft.
Siehe Axiom 1: Niemand kennt die Zukunft.

  1. Die Korrelation muss in der Krise stabil sein.
  2. Ausnutzen der Rückkehr zum Mittelwert durch Rebalancing.
  3. Kosten für Rebalancing müssen geringer sein, als das Rebalacing-Alpha.

Regelbasierte Entscheidungen

Alle Entscheidungen müssen regelbasiert sein. Es gibt keine diskretionären Entscheidungen. Weder "aus dem Bauch heraus" noch "aufgrund langjähriger Erfahrung". Das würde gegen das Axiom "niemand kann die Zukunft vorhersagen" verstoßen.
Als Basis für fundamentale Entscheidungen kommen nur steuerlich/juristische Gründe in Frage. Diese müssen frühzeitig bewertet und gegebenenfalls bei der Portfoliopositionierung berücksichtigt werden. Ein Rahmenwerk definiert die Regeln, die dann befolgt werden. Das betrifft die Bereiche

  • Gewichtung der einzelnen Anlageklassen im Portfolio
  • Eingehen und Auflösen von Investments (unabhängig vom Zeithorizont, das betrifft Buy & Hold ebenso wie Trading)
  • Rebalancing zwischen den einzelnen Investments beziehungsweise Anlageklassen

Ein Regelwerk ist immer kontextabhängig. Konkrete - mit Zahlen versehene - Vorgaben haben - bis auf zwei Ausnahmen - deshalb in diesem Text keinen Platz.

Gewichtung

Assetklassengewichtungen unter 10 % und über 50 % sind kritisch zu sehen und müssen sehr gut begründet werden.

  • Wieso wirkt sich eine Allokation unter 10 % hinreichend positiv auf die erwartete Performance aus, um den operativen Aufwand zu gerechtfertigen?
  • Wieso ist eine Allokation über 50 % kein Klumpenrisiko?

Rebalancing

Absolut zwingend ist ein regelmäßiges volatilitätsgesteuertes Rebalancing zwischen den Assetklassen.
Wenn sich die Assetklassen um x Prozent von ihrer Ausgangsgewichtung entfernt haben, müssen Sie wieder auf ihre Ausgangsgewichtung zurückgeführt werden.
Bewährt hat sich bei Anlageklassen wie Aktien, Anleihen und Rohstoffen ein Rebalancing-Korridor nach der 5/25-Regel von Swedroe bewährt.

Die 5 %-Regel

Diese Regel greift, wenn die Allokation einer Assetklasse größer als 10 % ist.
Beispiel: Assetklasse A ist mit 30 % im Portfolio gewichtet, dann liegt der der Rebalancing-Korridor bei 25 % (30 % - 5 %) und 35 % (30 % + 5 %). Ein Rebalancing wird erst dann fällig, wenn die Gewichtung von A im Portfolio unter 25 % fällt oder größer wird als 30 %.

Die 25 %-Regel

Die 25 %-Regel greift, wenn eine Assetklasse eine Allokation gleich oder unter 10% aufweist.
Beispiel: 10 % sind in Assetklasse B allokiert. 25 % von 10 % sind 2,5 %. Also liegt der Rebalancing-Korridor zwischen 7,5 % (10 % - 2,5 %) und 12,5 % (10 % + 2,5 %).

Das Management ist nicht an diese konkreten Zahlen gebunden. Für andere Assetklassen wie beispielsweise Krypto müssen unter Umständen andere - der Volatilität angepasste - Rebalancing-Korridore definiert und begründet werden.
Spannungsfeld Rebalancing-Korridor: Alpha generierende Umschichtungen werden nur ausgelöst, wenn der

  1. Rebalancing-Korridor so schmal ist, dass die Volatilität eine Chance hat, die Grenzen des Korridors zu überschreiten,
  2. Rebalancing-Korridor so breit ist, dass die Umschichtungsgewinne nicht durch die Handelskosten wieder aufgefressen werden.

Es gilt einen kaufmännisch sinnvollen Mittelweg zu finden. Im Zweifel hat die operative Einfachheit Priorität.
Das gilt auch - und vor allem - für das Rebalancing einzelner Produkte.

Angemessene Kosten

Es gibt drei Kostenblöcke

  1. Gebühren
  2. Transaktionskosten
  3. Steuern

Das Spannungsfeld:

  1. Kosten schmälern direkt den Gewinn. Deshalb ist es wichtig, die Kosten zu minimieren.
  2. Kosten sind nicht als Kosten zu betrachten, sondern als Investitionen. Die Frage ist: Erkaufe ich mir mit diesen Kosten den Zugang zu einer lukrativen Anlageklasse? Das Preis-Leistungs-Verhältnis muss stimmen. Ist die Rendite nach Kosten wettbewerbsfähig? Die Rendite ist dabei über einen Börsenzyklus zu betrachten.

Gebühren

Kostenkontrolle ist wichtig, aber ein S&P-500-ETF mit einer Kostenquote von 0,05% kann nicht - anlageklassenübergreifend - der Benchmark sein. Jede Anlageklasse hat ihre eigene Kostenstruktur. Das Ziel: Die anfallenden Kosten sollten unter dem Durchschnitt der jeweiligen Anlageklasse liegen.

Transaktionskosten

Sind durch die Konzepte Indexing und Buy & Hold bereits gering und sind durch taktisch kluges Handeln weiter zu minimieren.

Steuern

Es gilt: Strategie vor Steuer. Steuerliche Aspekte sind wichtig, dürfen aber nie dazu führen, dass die Strategie (Indexing, Unkorreliertheit, Rebalancing) vernachlässigt wird.
Bei der Auswahl der einzelnen Produkte ist darauf zu achten, dass die Produkte möglichst steuereffizient sind (Stichwort: Doppelbesteuerungsabkommen).
Beim Umschichten (Rebalancing) ist ebenfalls darauf zu achten, dass möglichst wenig Steuern anfallen.

Fazit

Knapp 60 Jahre Lebenserfahrung, 25 Jahre Börsenerfahrung und knapp 10 Jahre Finanzwesir in 10.000 Zeichen.

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