Das haben die anderen diese Woche geschrieben (KW 9 / 2020)
FinCamp
2018 haben wir mein Partner Henrik und ich das erste FinCamp vorgestellt. Im Januar 2019 bekamen wir eine Menge Anfragen: "Wann startet das FinCamp 2019?" Unsere Antwort damals: "2019 können wir das nicht stemmen". Aber jetzt, 2020 gibt es wieder ein FinCamp.
Wie schon 2018 gibt es keine Sponsorenvorträge, keinen Vertrieb sondern Wissen und Erfahrungen pur! Unsere Referenten haben ihre Fehler mit eigenem Geld gemacht und: Sie sind auch mit eigenem Geld finanziell unabhängig geworden.
Warum teilnehmen? Das FinCamp ist für alle, die noch Orientierung bei der Altersvorsorge brauchen. Immobilien, ETFs, Einzelaktien, Dividendenstrategien… Was passt zu mir? Auf dem FinCamp finden Sie es heraus.
Wir treffen uns am 24. Oktober in München und ich würde mich freuen, den einen oder anderen auf dem FinCamp 2020 zu begrüßen.
Jetzt aber:
Diese Artikel sind mir in dieser Woche in der deutschsprachigen Finanzblogosphäre aufgefallen.
Geldanlage
Wieder einer der aufgegeben hat: ETF-Anteil 100%.
Warum?
"Ich habe das Vertrauen, in den nächsten 50 Jahren etwas zu schaffen, was ich in den letzten 5 Jahren nicht geschafft habe, völlig verloren."
Ebenfalls aus diesem Artikel: The Math That Explains Why Net Worth Goes Crazy After the First $100k
"It takes years to save the first $100k, but after crossing that threshold, compound interest starts pushing net worth higher at a faster and faster rate as each year passes."
Steht schon in der Bibel: Wer hat, dem wird gegeben.
Da laufen sie, die Helden der Risikotoleranz: Börse taumelt, die Angst nimmt zu, Anleger verkaufen. Im Artikel predigt Tim alles auszusitzen. In den Kommentaren findet jeder einen fadenscheinigen Grund jetzt zu verkaufen.
"Ich habe am Montag früh fast alles verkauft! Irgendwann werde ich auch wieder kaufen, aber nicht aktuell!"
BDCs – Wie einkommensorientierte Investoren bis zu 12% Rendite machen.
"BDCs sind nichts für schwache Gemüter. Von ihrem durchschnittlichen Höchststand im Jahr 2007 stürzten die Kurse der BDCs nach der Lehman-Pleite im September 2008 im Schnitt um über 80 Prozent ab."
Dieser Artikel zeigt mal wieder: Rendite und Risiko sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Woher kommen die Renditen, wieso das hohe Risiko? Der Erklärung steckt im Namen: BDC = Business Develompent Company. Und genau das tun diese Firmen: Als Venture Kapitalisten investieren sie privates Beteiligungskapital in kleine und mittlere Unternehmen.
Union Investment: 0% Frauen, 2% Gebühren, 100% Vertrieb.
Alberne Selbstentscheider:
"Die Zusammenhänge zwischen Leistung und Zuflüssen sind im deutschen Fondsmarkt nicht allzu stark ausgeprägt. Die eigentliche Bedingung für Zuflüsse heißt: Vertrieb."
Und so schaufelt die Union Investment jedes Jahr zwischen zwischen 10 und 15 Milliarden Euro in die Depots der Volks- und Raiffeisenbanken. Der Finanzwesir sagt: Schade, dass die Geno-Banken nicht börsennotiert sind. Das wäre die Perle in meinem EuroStoxx 600.
Freitagsfrage: Sollte Max auf das Eigenheim sparen oder in ETFs investieren?
Meinung in den Antworten: Lass die Eltern das Eigenheim bezahlen. Da zeigt sich wieder: Wenn die Familie zusammenhält geht mehr.
P2P
P2P Due Dilligence - soviel Sorgfalt muss sein
Aber:
"P2P Kredite Risiko – Sorry Leute, klare Anzeichen für Scams gibt es nicht!"
Aber, es gibt 14 rote Flaggen, die es durch gründliche Recherche einzusammeln gilt. Lars zählt sie alle auf. Inklusive hilfreicher Links.
Investigativ-Bloggerei im Betrugsfall Kuetzal. Der P2P-Anbieter hat einfach eine Firma namens Alborg Petrol erfunden und dieser dann 850.000 Euro "geliehen"…
Was lernen wir: Vertraue keiner Firma mit Tom Cruise an der Spitze
Vermischtes
Werd’ Du erst mal Mutter! Dann ist Schluß mit Lustig.
"Mütter treffem Entscheidungen. Und was machen all die anderen Frauen, um sie herum? Sie haben Meinungen, urteilen und reden übereinander.
Männer tun dies nicht. Männer akzeptieren die Entscheidungen anderer Männer. Sie machen ihr Ding ohne andere belehren zu wollen, wie es richtig geht."
Wie unsere (Finanz) Entscheidungen beeinflusst werden.
"Mareike D. sieht schon lange nicht mehr wie im Katalog und das BITE-Modell gibt ihr den Rest.
BITE = Behavior(Verhalten), Information (Information), Thoughts(Gedanken), Emotions(Emotion) dient als Grundlage des Verstehens von destruktiven Einfluss von Personen und Gruppen."
Armer Kerl, verdient jetzt 800.000 Fränkli weniger.
Auf Englisch
Markets Have ALWAYS Been Rigged, Broken & Manipulated.
"When was the glorious period where markets were completely free and devoid of intervention from the forces of either governments, central banks or investors who overstepped the bounds of fair play?"
Antwort des Finanzwesirs: Never! Aber: Et hätt noch emmer joot jejange.
(awa)
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Kommentare
Bullfighter sagt am 29. Februar 2020
Weil ich gerade wieder in der Finanzbibliothek des Finanzwesirs gestöbert habe:
Ich beobachte schon seit längerem die Gerd Kommer Musterportfolios auf Justetf.com, besonders die von 2011 und 2015, die ich als meine beiden Benchmarks betrachte, und stelle fest, dass sie im Vergleich zu den anderen (und meinem) massiv underperformen. Zuerst dachte ich, wenn sie in einer Hausse wie im vorigen Jahr so wenig Rendite abwerfen, dann sind sie wenigstens krisensicherer, aber es stellt sich heraus, dass das überhaupt nicht der Fall ist, wie der aktuelle Crash zeigt.
Ein recht glückliches Händchen dürfte Herr Kommer bei der Zusammenstellung seiner ETF-Portfolios nicht haben.
Was meint ihr?
CarstenP sagt am 29. Februar 2020
Eine sehr interessante Woche. Da hat sich wohl der ein oder andere "Langfrist"-Investor kurzfristig für den Panikknopf entschieden, statt fleißig zu rebalancen, nachzukaufen oder ins fallende Messer zu greifen. ;)
Risikoreiche Anlagen haben diese Woche alle gleichzeitig ihre riskante Natur gezeigt:
- MSCI World -14%
- Globale REITS -13%
- Bitcoin -12%
- MSCI Emerging Markets -10%
- Gold -4,5%
- Schwellenlandanleihen -4%
- Hochzinsanleihen -3,5%
Die hier oft beworbenen Alpha-Fonds (Finanzquacksalber-Wundermittelchen) haben einfach mitgemacht:
- Man AHL Trend Alternative -8%
- JP Morgan Managed Futures -6,5%
Staatsanleihen hoher Kreditqualität haben allerdings nicht mitgemacht:
- 10-jährige deutsche Staatsanleihen +1,5%
- Globale Investment Grade Staatsanleihen EUR hedged +1%
Darauf mache ich mir erst mal ein eiskaltes Corona-Bier auf.
Schönes Wochenende
Mark 85 sagt am 01. März 2020
An Carsten
Hast du alle Werte einzeln herausgesucht oder gibt es dafür eine nette Seite?
ChrisS sagt am 01. März 2020
@ Bullfighter
Zur Kommentierung der "Kommer-Portfolios" (2011/15), also deren Herleitung allgemein und deren Umsetzung in den konkreten JustETF-Varianten:
(ich habe die 2015er Buchausgabe nicht mehr hier (habs als Geschenk für jemanden gekauft und vorher kurz durchgelesen), gehe also nur nach Erinnerung. Wer die älteren Bücher noch da hat, kann gern mit Ergänzungen/Korrekturen einsteigen)
Wichtig fürs Verständnis zum Einstieg - ich werde ziemlich oft die Worte "langfristig" und "mittelfristig" verwenden. Mit "langfristig" sind so ugf. die letzten 40-50 Jahre, bzw. ab 1970er/80er gemeint, denn dass sind so die ugf. Zeiträume für die die großen globalen Benchmarkindizes (bspw. MSCI World seit 1970, MSCI EM seit 1988) vorliegen und aus denen Kommer seine Schlüsse gerade zur Aktienverteilung zieht.
Mit "mittelfristig" meine ich im Gegensatz dazu vor allem die letzte aktuelle Marktphase, also die knapp 10-jährige Zeit ab der Finanzkrise 08/09, was ja auch die Phase ist in der uns dann überhaupt erstmal "Praxis-Ergebnisse" der (aus den langfristigen Sachen abgeleiteten) konkreten "Kommer-Portfolios" vorliegen.
Wie nun die "Diskrepanz" (also die nicht gerade berauschende Live-Performance der alten Kommer-Portfolios im Ggs zu eigentlich "einfacheren" Portfolios, falls man sich davon doch eher mehr erwartet hat (Komplexer ist doch immer automatisch Besser, oder etwa nicht?)) zu erklären ist, da müssen wir erstmal die Grundannahmen offenlegen, mit denen Kommer damals an den Portfolioaufbau 2011/15 überhaupt rangegangen ist (wie gesagt, wer die Bücher noch vor sich liegen hat, kann da gern mit entsprechenden Textauszügen helfen). Ich konzentrier mich dabei vor allem erstmal auf den reinen Aktienanteil:
Es fallen sofort zwei Haupt-Punkte ins Auge: BIP-Gewichtung und Value/Smallcap-Fokus
Die Kommer-Portfolios sind regional gesplittet in USA, Europa, Japan/dev.As-Pac und Emerging Markets, mit Anteilen von jeweils ca. 30/30/10/30.
Ich weiß jetzt auch nicht mehr genau auswendig, welche Begründungen Kommer dafür geliefert hat (wie gesagt, gerne nachliefern), aber tun wir mal so als stünde dahinter ein mehr oder weniger simples "Also nach meinen Berechnungen mit den langfristigen (siehe oben) Kursdatenreihen ist so eine BIP-Gewichtung vorteilhafter (mehr Rendite? geringeres Risiko?) als die einfache MKap-Gewichtung, weil..., und daher... usw.". Natürlich alles etwas komplexer ausformuliert, und von mir aus auch gern mit entsprechenden Daten unterfüttert.
Nun ist das "Problem", dass es ja durchaus sein mag, dass langfristig, also über den gesamten Zeitraum betrachtet, so eine BIP-Gewichtung "besser" war (und man daraus entsprechende Schlüsse zieht) - aber im aktuellen mittelfristigen (siehe oben) Zeitraum waren deren Empfehlungen genau das Gegenteil von dem was tatsächlich "besser" war.
Die BIP-Gewichtung hat erstmal einen entscheidenden Effekt, sie sorgt für eine relative Untergewichtung der USA (ggü. ihrer MKap) und starke Übergewichtung der EMs (ggü. ihrer MKap). In Phasen, wo die USA nicht gerade herausragen sondern es vor allem die EMs sind die stark abgehen, wirkt sich das in einem Renditevorteil aus (und es mag auch durchaus sein das es langfristig insgesamt eben mehr solcher Phasen gab), nur halt in der aktuellen mittelfristigen Phase waren es eben gerade die USA, die besonders abgingen, und die EMs sind eher zurückgehinkt. Wer hier BIP-gewichtet hat, wird also z.B. nen einfachen ACWI tendenziell eher unter- als outperformt haben. Das gilt übrigens auch für alle die in den letzten Jahren auch nur das "einfache" 70/30 mit World/EM gemacht haben, haja…
Ob, und welche, Schlussfolgerungen man daraus ziehen kann (ist die BIP-Unterperformance nur eine zyklische Phase, die auch wieder vorübergeht, oder "funktioniert" das Modell schon fundamentalerweise nicht mehr so wirklich richtig, dass es überhaupt noch weiterverbreitet werden sollte?), überlasse ich den Leuten die dazu ihre eigenen Überzeugungen haben. Nur soviel, sowas muss man halt immer bereit sein auch aushalten zu können, wenn man sich aus bestimmten Gründen von der Marktgewichtung abweicht. Denn die "Chance" auf Outperformance gibt es eben auch niemals umsonst, sondern unvermeidlich damit verbunden auch nur im Gegensatz dafür, dass man das "Risiko" auf Unterperformance bewusst damit eingeht.
Wer das macht, sollte schon ziemlich starke Überzeugungen dahingehend mitbringen, dass das was man tut sinnvoll, nützlich und begründet ist, denn an diesen Überzeugungen muss man sich festhalten um solche Unterperformancephasen durchhalten zu können, ohne mittendrin aufzugeben und z.B. Verluste (und seins auch nur "relative") zu realisieren bevor dann vllt. doch mal der Turnaround und die nächste Outperformance kommt.
Zweites "Problem", der Fokus auf Value und Smallcap. Insbesondere Value. Natürlich kann ich mir denken, was dafür spricht: "also aus den langfristigen Datenreihen kann man sehen, das Value insgesamt mehr Rendite gebracht hat (als z.B. der einfache Breitmarkt selbst), usw...", daher Value-Fokus. Mag alles durchaus stimmen, schön und gut. Nur eben auch hier wieder das gleiche, für die aktuelle mittelfristige Marktphase leider voll daneben, Value war einer der schlechtperformendsten Faktoren, man hätte z.B. lieber auf die ansonsten eher verrufenen Growth etc. setzen sollen, aber haja, so ist das halt, der Markt gibt, der Markt nimmt. Einschränkungen dessen, welche Schlussfolgerungen man daraus für die Zukunft nun wieder ableiten kann (bedeutet dass, das Value nun dauerhaft abgeschrieben werden kann, oder kommt für die nächste Phase nicht doch wieder die Value-Renaissance?) überlasse ich den Leuten, die sich damit beschäftigen müssen weil sie entsprechende Überzeugungen dazu haben. Weil die mir fehlen bleibe ich beim einfachen Breitmarkt (so hat man z.B. immer Value und Growth dabei, und wird vielleicht nie der beste Performer, aber eben auch nie der schlechteste davon sein).
Dazu kommt noch ein weiteres "Problem", diesmal nicht so sehr in der Theorie dahinter sondern in der praktischen Umsetzung. Auch wenn Kommer empfiehlt, die Weltregionen jeweils nochmal in Value- und Smallcaps aufzusplitten, ist es so dass das vorhandene ETF-Angebot zum investieren das noch garnicht alles hergibt.
Mangels verfügbarer richtiger "Value"-ETFs hat man sich, besonders im 2011er-Depot noch, behelfsmäßig mit Dividenden-ETFs bedient, was eine gelinde gesagt suboptimale Abbildung ist. Zwar kann man ihnen durchaus Verwandschaft zugestehen (manchen Betrachtungsarten nach sind Dividendenstrategien ja auch nur Unterarten der allgemeinen Value-Strategie, nur dass hier eben das Kurs-Dividende-Verhältnis zur Unternehmensauswahl herangezogen wird anstatt wie anderswo halt das KGV oder KBV etc.), aber die dadurch entstehenden Unterschiede (Unternehmenskonzentration, Branchenverteilung, etc.) sind dann doch wieder so signifikant, dass man eigentlich nicht mehr wirklich seriös von (wirklich reinem) "Value" sprechen kann, oder es auch eigentlich gleich hätte ganz sein lassen können.
Im 15er-Depot gibt es wenigstens mittlerweile zwei "richtige" Value-ETFs für USA und Europa, aber - auch wenn es konkret nur ein kleiner Portfolioanteil ist - beim Thema Japan/dev.As-Pac sieht man noch das alte Umsetzungs-Problem. "Korrekterweise" müsste es eigentlich so sein, dass man einen Value-ETF und einen Smallcap-ETF für die gesamte Region entwickelter Industrieländer Asien-Pazifik benutzt (z.B. auf MSCI Pacific). Gibt es aber nicht (warum wohl?). So muss man sich halt für Value weiter mit einem Dividenden-ETF auf As-Pac Länder behelfen, während man bei den Smallcaps auf einen ETF zurückgreift, der wiederum nur Japan enthält. So zwingt einem halt die Praxis zu solchen mehr oder weniger annähernden Zusammenwürfelungen.
Bei den Emerging Markets hat man übrigens interessanterweise immer gleich ganz auf den ansonsten propagierten Value/Smallcap-Split verzichtet. Da hat man wohl gleich komplett vor dem mangelnden Produktangebot kapituliert anstatt sich noch behelfsmäßig irgendwas zusammenzuzimmern (ist ja nicht so als würde es mittlerweile nicht auch einige EM-Div oder EM-SC ETFs geben?). Achja und wer meint dass durch die IMI-Variante die Smallcaps doch mit dabei sein, ja aber nur zu 15% anstatt wie bei den anderen Regionen eben zu 50%.
Wie gesagt, warum ist das hier so? Macht man das so weil man davon überzeugt ist dass Value und Smallcaps aus irgendnem Grund in den EMs doch nicht so wirksam sind wie anderswo, oder sieht man hier keinen Zusatznutzen der den Mehraufwand lohnenswert macht - aber in den anderen Regionen wohl, oder warum setzt man da auch nicht auf den einfachen Breitmarkt?
Jedenfalls, wie gesagt, man kann sich auch vorstellen, dass eine suboptimale ETF-Auswahl mit ein Teilverursacher für suboptimale Portfoliorendite ist. Um das wirklich belegen zu können, müsste man zwar wieder eine etwas längere Untersuchung machen (z.B. Performancedifferenz von Dividenden-ETFs vs. "richtigen" Value-ETFs etc.), aber das spar ich mir an dieser Stelle erstmal.
Übrigens auch ein "Vorteil" (und sei's auch nur ein praktisch-psychologischer) der einfachen Breitmarktanlage, man muss sich nicht großartig damit beschäftigen welche einzelnen Faktor ETFs nun die "besten" zur Auswahl sind (nehme ich z.B. MSCI Value, MSCI Enhanced Value, MSCI Prime Value oder andere Anbieter, welches Konzept überzeugt mich am meisten (Methodologies lesen!), gibt es überhaupt genug Value-ETFs für die Region oder muss ich auf Dividenden-ETFs ausweichen (und welchen nehme ich da wieder?).... usw.), sondern kann bei den viel verbreiteren, günstigeren Standard-Breitmarkt Produkten viel einfacher zugreifen (MSCI World ist MSCI World und unterscheidet sich nicht großartig, egal ob er von iShares, xtrackers, Lyxor oder sonstwem kommt).
Je mehr Auswahlarbeit man sich zumutet, umso unzufriedener wird man auch tendenziell mit seinem Depot oft (was auch die langfristige Durchhaltefähigkeit beeinträchtigt), weil man auch viel mehr rumgrübelt (ob man auch alles richtig gemacht hat oder es nicht doch was bessres gibt), und je mehr Stellschrauben es im Depot gibt, umso verführter wird man dann auch sein, immer wieder hier und da was daran herumzudoktern, einzugreifen, rumzutaktieren, anstatt einfach mal nur laufen lassen zu können.
Die restlichen Assets sind dann auch relativ schnell abgehandelt:
Anleihen: In den alten Portfolios war Kommer noch seiner ziemlich "fundamentalistischen" Linie ganz treu - nur kurzlaufende Staatsanleihen des Heimatlandes/Heimatwährung/AAA (wir in Deutschland sind ja in der "glücklichen" Lage dass alles drei auf uns gleichzeitig zutrifft) sind das einzig wahre beste Sicherheitsasset, alles darüber hinausgehende ist schon wieder unnötige Spekulation.
Nun ist es halt auch leider so, dass kurzlaufende deutsche Staatsanleihen in der letzten mittelfristigen Phase nun rein garnichts zur Performance haben beitragen können (ja ich weiß, ist auch garnicht ihre Aufgabe, aber hier gehts ja grad darum eben nur rein die Unterperformance zu erklären) und man rein von der Rendite her besser gefahren wäre (sagt sich im Rückspiegel so leicht, aber haja wie gesagt), wenn man sich doch mal etwas mehr "Spekulation" (klingt auch schlimmer als es eigentlich ist) zugetraut hätte, also z.B. Euro Aggregate Bonds, dh. Staatsanleihen auch aus anderen Euro-Ländern, über alle Laufzeitbänder verteilt und nicht nur sklavisch am kurzen Ende geklebt, oder euro-hedged Global Bonds, oder auch Investment Grade Unternehmensanleihen mit dazu, etc.
Rohstoffe: auch hier wieder, ich kann mir ja denken wie man damals darauf gekommen ist - "also langfristig hat eine Beimischung von Rohstoffen erwiesenermaßen Diversifikationspotentiale bringen können", sei alles geschenkt, tja und in der aktuellen mittelfristigen Marktphase bestand die "Diversifikation" von Rohstoffen hpts. eben daraus, dass sie im Ggs. zu den steigenden Aktienmärkten die ganze Zeit nur mehr oder weniger im Keller rumgekrebst hatten, mit entsprechenden performancebremsenden Auswirkungen aufs Gesamtportfolio (und das auch ohne den ansonsten ja zweiten wichtigeren Sinn von "Diversifikation", nämlich "Risikoreduktion", großartig mit beitragen zu können, denn auch in so Maßzahlen wie Maximum Drawdown oder Portfoliovolatilität unterschied sich das Depot mit Rohstoffen nicht wesentlich von nem Depot ohne, im Gegenteil eher mittelfristig verschlechtert als verbessert).
Den selben "Klotz am Bein" schleppt übrigens auch ein weiteres bekanntes Modellportfolio noch mit sich rum, der ARERO, nur das man sich hier sogar einen doppelten Schluck aus der Pulle (15% Rohstoffanteil statt wie hier "nur" 7% beim Kommer) gegönnt hatte. ARERO hängt übrigens auch genauso der Aktienregionen-BIP-Gewichtung mit an, was sich wie gesagt eben auch mittelfristig auch noch nicht großartig vorteilshaft im aktuellen Live-Betrieb erwiesen hat.
In den aktuellen 18er Kommer-Depots tauchen übrigens Rohstoffanteile garnicht mehr auf, tja hmmm.... ;-)
(kann jemand, der die verschiedenen Bücher da hat, mal nachschauen, ob das nur ne willkürliche Entfernung von JustETF selbst war, oder ob sich Kommer's Meinung zu Rohstoffen von 11/15 zu 18 wirklich so grundlegend geändert geändert hat, das er sie jetzt wirklich nicht mehr empfiehlt?)
"Immobilien" (oder eher gesagt, Aktien von Unternehmen aus dem Immobilienbereich): der dazu verwendete iShares Developed Property ETF hat in der zu betrachtenden mittelfristigen Marktphase auch keine großartig andere Entwicklung als zB. der MSCI World gemacht, sondern insgesamt eher ein bischen unterperformt. Großartige Überrendite wurde also auch von dieser Warte her bis jetzt nicht unbedingt mit beigesteuert.
Tja soviel dazu.
Ich überlasse es jedem selbst, seine Schlüsse daraus zu ziehen.
Ihr müsst für euch selbst entscheiden, ob Kommer eigentlich doch "langfristig Recht" und nur "mittelfristig Pech" hat (also dh. sein Portfolioaufbau fußt auf eigentlich guten Annahmen, nur halt grad zufällig mal ne schlechte Periode drin ist, die aber auch wieder vorübergehen wird und nach mehreren Jahrzehnten wird er insgesamt "vorne liegen" im Vgl zu "einfacheren" Portfolios), oder ob er sich schon insgesamt grundlegend so weit vertan hat und er sich damit als Portfolio-Empfehlung für euch eher disqualifizert hat, also man auch nicht mehr daran glaubt, dass die Kommer-Portfolios für die langfristige Zukunft besondere Outperformer sein werden?
Wir können ja mal schauen wie Kommer aktuell so unterwegs ist. Mit der 2018er Ausgabe wurde der Faktor/Multi-Faktor Trip noch weiter umgebaut, inzwischen sieht es laut JustETF so aus, dass in der "einfachen" Strategie drei verschiedene MSCI Worlds (einer für Value, einer für Quality, einer für Momentum), ein MSCI World Smallcap und ein MSCI EM Breitmarkt-ETF liegen. Na gut (wo ist z.B. Low Volatility? Ist ja sonst eigentlich einer der hippesten Faktoren und würde sich gut mit den anderen als defensivere Komponente ergänzen. Steht im Buch was dazu, warum darauf verzichtet?).
Alles klar, der Split aller einzelnen Weltregionen nach BIP scheint wohl mittlerweile ad acta gelegt worden zu sein. Glaubt Kommer vielleicht mittlerweile, dass eine Diversifikation über verschiedene Faktoren langfristig nützlicher als die althergebrachte Diversifikation über Regionen ist? (bzw. genauer gesagt, es sei besser von der Faktorenverteilung des Gesamtmarktes abzuweichen als von der durch MKap vorgegebenen Regionenverteilung?) Oder ist das eher auch nur als Kompromiss dem Umstand geschuldet, dass die "Volle Dröhnung" (Regionensplit UND Faktorensplit gleichzeitig, also für jede Region nochmal ein halbes dutzend Faktor ETFs, wo wir dann bei ungefähr 20-25 ETFs insgesamt wären) dann doch als zu unpraktikabel anerkannt wird? Bei den alten Depots hat er sich ja zumindest wenigstens schonmal die 3 Industrieregionen x 2 Faktoren-ETFs = 6 ETFs (plus 1 EM) Splittung gegönnt, na gut was solls.
Dann wird bei JustETF noch das "integrierte" Multifaktor-Portfolio vorgestellt, welches dann aus einem Multifaktor MSCI World und normalen MSCI EM besteht (gibt hier wohl noch nicht genug Multifaktor-Angebote? JustETF listet grad 3 ETFs, zwar noch alle eher klein/jung, aber immerhin), in altbekannter 70/30 Gewichtung (dies hätte also auch im Rückspiegel über die aktuelle mittelfristige Marktphase dieselben Performanceprobleme ggü. ACWI etc. gehabt, die wir oben schon besprochen haben). Komisch, ich hätte ja didaktisch eher dieses 2-ETF Portfolio als das "einfache" bezeichnet, aber sei's drum.
Wer's gut mit ihm meint, kann ja gern auf die Schiene argumentieren, dass Kommer jetzt auch nur auf weitere Forschungsergebnisse und besser vorhandenes Produktangebot reagiert und deshalb seine Empfehlungen so umgebaut/aktualisiert hat. Ich würde ihm ja auch nicht unbedingt unterstellen wollen, "niedere Motive" zu haben (mir würde auch nicht unbedingt einfallen, welche). Nur, man kann sich eben auch manchmal aus bestem Wissen und Gewissen trotzdem "irren" (was eigentlich zu scharf formuliert wäre, ist ja nicht so dass er seine grundlegenden Ansichten komplett umgeworfen hat und jetzt was total verschiedenes empfiehlt, nein einen bestimmten Faktor-Fokus hatte er ja schon immer, lebt ihn nur halt jetzt etwas anders aus).
Oder wer's bös' mit ihm meint, der kann auch jetzt schon drüber spekulieren, wie wohl nach den nächsten 5 oder 10 Jahren (nachdem sich auch die aktuellen Portfolios vielleicht nicht gerade als die großen Outperformancebringer herausgestellt haben werden) dann die wieder neu umgebauten aktuellen Depotempfehlungen aussehen werden und was dann die jeweils bestimmenden Trends und Produkte sein werden. Vielleicht empfiehlt der Kommer dann ja auch schon Managed Futures Alphafonds :-D
Aber ne, mal im Ernst, was soll nun das Fazit aus dem ganzen Geschreibsel jetzt sein? Das ist jedem selbst überlassen. Mich interessiert es im Grunde eigentlich in meinem alltäglichen Betrieb ja auch nicht wirklich, wie nun genau irgendwelche Kommer-Portfolios oder sonstwas performen - warum auch? - mich interessiert zunächst erstmal nur eins, wie mein eigenes Portfolio performt, denn nur mit dem muss ich ja leben. Deshalb, baut eure Portfolios halt so auf, dass sie euren Überzeugungen entsprechen, denn an denen müsst ihr euch festhalten um die verschiedenen Performanceperioden langfristig durchzustehen und nicht jedem aktuell heißeren Scheiß hinterherzuhecheln. Und da wir alle unterschiedlich sind (in unseren Lebenssituationen, Überzeugungen, Ansprüchen und Bedürfnissen), werden sich auch unsere Portfolios voneinander unterscheiden, das ist auch ganz natürlich und okay.
Deshalb sind Empfehlungen, die einerseits an "die Allgemeinheit" gerichtet sind, aber andererseits auch schon wieder so "spezifisch" sind, dass sie die vermeintlich optimale Verteilung verschiedener Assetklassen schon auf die zweite Nachkommastelle meinen vorgeben zu können, auch immer mit gesunder Vernunft und Vorsicht zu genießen. Egal von welchen "Autoritäten" man sie herholt, der große Buchautor oder der kleine Blogkommentator.
Ich rechne es dem Finanzwesir hoch an, dass sich dieses Blog hier relativ wenig bis garnicht um das Ermitteln, Vorstellen, Kopieren und Verfolgen irgendwelcher ausgeklügelter "Musterdepots" o.ä. dreht (man könnte es sich ja auch einfach machen, dem Verlangen (was es ja gibt) des Publikums nach einfachen vorgekauten Lösungen recht zu tun und denen einfach nur was hinschmeißen), sondern vielmehr eher um das vermitteln des nötigen Hintergrundwissens, was die Leute befähigt sich ihre eigenen, zu ihnen passenden Portfolios selbst zusammenzubauen, und Hinweise zum Umgang wie sie sich auch mit ihren Portfolios langfristig verhalten sollten, was eigentlich die viel wichtigere Seite der Medaille ist. :-)
Matthias K sagt am 01. März 2020
Ein prima Beispiel dafür, das Korrelationen keine Konstanten sind, sondern sich auch plötzlich ändern können. Sehr seltene Ereignisse zeigen plötzlich Verbindungen zwischen sehr unterschiedlichen Anlagen auf, die man vorher nicht gesehen hat.
Das soll nicht heißen, das man Korrelationen nicht verwenden kann. Nur, das man sich nicht darauf verlassen sollte, das sie in Krisen unverändert bleiben.
Ansonsten aber gute Gelegenheit zum Nachkaufen. Man kann die Panik im Markt ja förmlich riechen.
Mal als Beispiel: Das eine Lufthansa Aktie im Minus ist, kann man ja noch nachvollziehen. Aber die komplette IT-Branche ist auch tief im Minus. Wenn Millionen Menschen sich einigeln und auf Monate nicht mehr auf die Straße trauen, weil die Virus-Apokalypse droht, dann sind Facebook und Amazon im Minus?
Coincidence sagt am 01. März 2020
Ach nun stelle ich doch mal mein Portfolio rein. Es ist kein Wundermittel, aber vielleicht für den einen oder anderen interessant.
Ich hab' das Portfolio seit Anfang Oktober 2019.
Es besteht aus zwei sehr volatilen Etfs:
zum einen aus dem
Lyxor S&P 500 VIX Futures Enhanced Roll UCITS ETF (Lux) C-EUR
LU0832435464
und zum anderen aus dem
Xtrackers S&P 500 2x Leveraged Daily Swap UCITS ETF 1C
LU0411078552
Beide sind extrem negativ korreliert mit einem Rho von annähernd -0,9. Das bedeutet natürlich auch, dass das Gesamtportfolio eine geringe Volatilität aufweist.
Prozentual steckt in dem (gehebelten) Xtracker 65 % und in dem Vola-Etf. 35 %.
Durch die stark negative Korrelation ergeben sich große Rebalancingchancen. Ich habe da den Wert auf 6% gesetzt, allerdings halte ich es etwas abhängig von der Volatilität. In normalen Zeiten performt das Portfolio etwas schwächer als der einfache S&P, jedoch rührt dies dadurch, dass bei steigenden Kursen immer was ins Rebalancing fließt, was die Performance dann abschwächt. Bei starken Kursverlusten wird dies natürlich zum Vorteil.
Falls Nachfragen kommen sollten: Ich weiß, was Contango bedeutet, und dass der Volatilitäts-Etf langfristig Geld verliert, aber das wird (hoffentlich) durch die (doppelten) langfristigen Gewinne des gehebelten S&P-Etfs kompensiert, und natürlich durch die extrem hohen Rabalancingchancen, die laut Backtracking-Tests ca die Hälfte der Performance liefern.
Waldemar sagt am 01. März 2020
Ich beobachte schon seit längerem die Gerd Kommer Musterportfolios auf Justetf.com, besonders die von 2011 und 2015, die ich als meine beiden Benchmarks betrachte, und stelle fest, dass sie im Vergleich zu den anderen (und meinem) massiv underperformen. Zuerst dachte ich, wenn sie in einer Hausse wie im vorigen Jahr so wenig Rendite abwerfen, dann sind sie wenigstens krisensicherer, aber es stellt sich heraus, dass das überhaupt nicht der Fall ist, wie der aktuelle Crash zeigt.
Ein recht glückliches Händchen dürfte Herr Kommer bei der Zusammenstellung seiner ETF-Portfolios nicht haben.
Was meint ihr?
Die Kommer-Portfolios sind sehr Faktor-lastig (Size, Value, Political Risk oder integriertes Multi-Faktor mit Size, Value, Quality, Momentum, Political Risk).
Faktor-ETFs haben eine höhere erwartete Rendite auf lange Sicht (20 Jahre plus). Damit einher geht aber auch zum Teil ein höheres Risiko, dass sie über teilweise echt lange Zeiten (das kann auch 10 Jahre sein) underperformen. Ein „punktueller“ Vergleich während einer Krise oder für „kurze“ Zeiträume von 5-10 Jahren sagt wenig darüber aus, ob Herr Kommer ein glückliches Händchen hat oder nicht. Entweder man versteht die Grundlagen von Factor Investing, ist davon überzeugt und rechnet erst nach 20-30 Jahren ab oder man bleibt bei klassischen marktkapitalisierten ETFs.
Geduld+Spucke sagt am 01. März 2020
Danke CarstenP für die interessante Zusammenfassung. Kurious, daß der MSCI World stärker einknickt als die EM, an denen China ja einen großen Anteil hat.
@Bullfighter: Könntest du deine Beobachtungen quantifizieren? Der Beitrag von CarstenP wäre, denke ich, ein gutes Vorblid.
Sparfuchs sagt am 01. März 2020
@Wesir
Bitte guten Gutscheincode für's Fincamp posten. Danke :)
CarstenP sagt am 02. März 2020
@Mark85
Das habe ich nur mal spaßeshalber einzeln rausgesucht und grob gerundet.
@Coincidence
Dein Portfolio ist eine schlechte Idee. Mit diesen beiden Positionen bist du effektiv gleichzeitig gehebelt Long und Short im S&P 500 engagiert, weil sich das VIX Dingens fast wie eine gehebelte Short Position verhält. Es ist fast so, als ob du gar nicht investiert bist, darum auch die geringe Volatilität im Gesamtportfolio.
Ich habe mal überschlagen, mit einer Korrelation von -0.9 und einer Allokation von 65/35 und jährlichen Volatilitäten von ca. 28% (leveraged S&P500) und 45% (VIX S&P 500) ergibt sich ein Rebalancing-Bonus von ca. 5% pro Jahr. Das ist allerdings vor Steuern und gleicht eigentlich nur den Volatilitäts-Zerfall aus, den daily leveraged Produkte mit sich bringen.
Es ist wahrscheinlich, dass dieses Portfolio langfristig nach Kosten und Steuern schlechter als Tagesgeld abschneidet.
Smartinvestor sagt am 02. März 2020
kann jemand, der die verschiedenen Bücher da hat, mal nachschauen, ob das nur ne willkürliche Entfernung von JustETF selbst war, oder ob sich Kommer's Meinung zu Rohstoffen von 11/15 zu 18 wirklich so grundlegend geändert geändert hat, das er sie jetzt wirklich nicht mehr empfiehlt?
Dazu braucht es keine aktuelle Ausgabe. Viele der von ChrisS treffend zitierten Kommer-ziellen Probleme habe ich schon in meiner Rezension der aktuellen Ausgabe zerpflückt, die über 760 (!) Mal als hilfreich bewertet wurde. Jeden Tag 1-2 Mal mit zunehmendem Trend. Hier ein paar repräsentative Kostproben daraus:
Mir missfällt darüberhinaus, dass dieses Werk kurzlebige Anlage-Moden synchron zur Finanzindustrie marktschreierisch propagiert und damit besonders heraushebt. Das betrifft sogenanntes Smart Beta, (siehe Kap. "5.11 Factor-Investing (Smart Beta Investing) – Passiv anlegen mit Turbo"), das Kommer mit 1/3 Anteil an 12 Anlage-Grundprinzipien in Kap. 5 und mit 2 von 4 Umsetzungsvarianten des "Weltportfolios" in Kap. 7 unangemessen überbewertet. Außerdem rät er zu nachteiligem, zyklischem Ausstieg aus alten und Einstieg in neue Anlage-Moden. Das unterstützt den Anleger nicht im Spiel gegen die Finanzbranche. Sondern es spielt ihr vermögensschädlich in die Fänge.
In der vorherigen Auflage des "Kommer" erst vor knapp 3 Jahren (2015) wurde z.B. passives Investieren in Rohstoff-Futures-ETFs noch als ertragreich und zur Diversifikation prädestiniert dargestellt. Inzwischen sind Rohstoff-ETFs wegen jahrelanger Talfahrt praktisch out. Denn wie durch kritisches Nachdenken mit richtig geschultem, gesundem Menschenverstand eigentlich schon vorher zu erwarten, wurden die Rohstoffterminmärkte wegen dem massenhaften, einseitigen Nachfrageanstieg nach long-only Kontrakten strukturell verzerrt. Die Rohstoff-ETFs haben dadurch ihre erhofften Diversifikationseigenschaften wegen zeitweise starkem Korrelationsanstieg zu Aktien während des letzten Crashs 2008 verloren. Mit dem jetzt vom Autor nahegelegten Ausstieg kommt es zur verlustreichen Realisierung des "Tracking Error Regret" bzw. Referenzrahmenrisikos. Vor dem warnt er aber gleichzeitig an anderer Stelle im Buch. Dem werden vermutlich viele Anleger vermögensschädigend folgen. Der Ärger darüber wird dann groß, wenn bald wieder ein zyklischer Anstieg der Rohstofffutures-ETFs kommen sollte.
Die Zeit der Single-Faktor-ETFs scheint jetzt auch auszulaufen, wiederum synchron zur Finanzindustrie. Denn die nächste Anlage-Modewelle der im Backtest über-optimierten Multi-Faktor-Smart-Beta-ETFs als das aktuell angesagte Non-Plus-Ultra des angeblich passiven Factor Investings rollt schon heran. Jetzt empfiehlt es auch "Kommer" wärmstens als noch “modernerer Ansatz“. Das wird sich aber vermutlich ähnlich wie bei den Rohstoff-ETFs verhalten. Denn wie soll das mit dem erwarteten risikoadjustierten Mehrertrag dauerhaft funktionieren, wenn der denn je real und nicht nur backtested existiert haben sollte und die Massen da von der gesamten Finanzbranche und Kommer mit vereinten Kräften hineingetrieben werden?
Ein kaum bemerkbarer Hinweis auf diese zu erwartende Erosion des Mehrertrags findet sich bereits in diesem Buch, wenn man es mit der Ausgabe von 2015 genau vergleicht. Denn 2015 erwartete der Autor noch einen Mehrertrag von 1,0...3,5 Prozentpunkten p.a. durch passives Factor Investing, jetzt nur noch einen von 1,0...1,5 Prozentpunkten p.a. Man fragt sich, ob trotz oder wegen Über-Optimierung durch Multifaktor-Turbo. Die daraus ganz grob abgeschätzte Halbwertszeit von knapp 3 Jahren ist m.E. für anlegerorientiertes, passives Investieren langfristig kaum geeignet. Denn in 10 Jahren würde die erwartete Mehrrendite mit der geschätzten Halbwertszeit nur noch etwa 1/10 der aktuell erwarteten Werte oder etwa 0,1...0,15 Prozentpunkte p.a. betragen (ca. 0,5...0,7 in 3 Jahren, 0,25...0,4 in 6 Jahren...). Das entspricht der üblichen Lebensdauer von neuem, unausgereiftem Ökonomie-Wissen. Wie das dann weitergeht, kann man sich leicht ausmalen...s.o. Dann kommt vielleicht der Doppel-Turbo für noch mehr Wumm... Aber selbst diese in Aussicht gestellte, vergängliche Mehrrendite ist zweifelhaft, wenn man in den letzten beiden Quellenangaben ganz unten am Ende meines extra Kommentars zu dieser Rezension liest, wie übel hierbei mit der Statistik herumgetrickst wird. Denn die versteht ja eh kein Normalanleger.
Vielleicht empfiehlt der Kommer dann ja auch schon Managed Futures Alphafonds :-D
Das habe ich schon - nachprüfbar dokumentiert, wie hier von manchen erwartet - für die nächste, spätestens übernächste Ausgabe vorhergesagt. Denn sein bekannter DFA-Kumpel Larry Swedroe hat das auch schon längst (dazu einfach nach "Swedroe + Managed Futures" googlen).
Wer Zeit und Interesse hat, sollte sich auch die mittlerweile 13 (!) Kommentare mit manchen unerwarteten Dingen durchlesen. Einer kommentiert auch Kommers auffallend merkwürdige Beziehung zu Smart Beta Factor Investing:
Umso mehr erstaunt mich aber seine Meinung zum Factor Investing: alle bislang aufgeführten Argumente scheinen hier plötzlich nicht mehr zu gelten. Beim Lesen dieses Kapitels hatte ich tatsächlich das Gefühl, ein anderer Autor hätte sich hier eingeschlichen, so kritiklos nimmt der Autor sog. Faktorprämien als gottgegeben sind. Hier tappt Dr. Kommer selbst in die gut getarnte Falle der Finanzbranche, welche beim Vermarkten neuer Investmentmoden höchst innovativ ist.
Da das alles nun wirklich nicht sehr vorbildlich ist, rate ich davon ab, wenn ich gefragt werde. Um Klassen besser ist m.E. die Kombi 1.) FInanzwesir, 2.) Bogle "Das kleine Handbuch des vernünftigen Investierens" und 3.) Swensen "Erfolgreich Investieren", die 1.) einen besseren Einstieg, 2.) eine bessere Verinnerlichung und 3.) eine bessere Weiterbildung ans "High End" von Privatinvestoren bietet. Danach können sich manche Talentierte sogar ans High End institutioneller Anleger von 4.) Swensen wagen "Proaktive Portfolio Strategien".
Smarte Investor-Grüße ;-)
Max Alpha sagt am 02. März 2020
@ChrisS
Nachgesehen:
Das einfache 60/40-Portfolio in Tabelle 6, das man bereits mit zwei Indexfonds oder ETFs umsetzen könnte, repräsentiert jedoch noch nicht das Maximum des erwarteten Diversifikationsnutzens. Man könnte diesen Nutzen vermutlich noch durch die Beimischung von insgesamt 10% bis 20% Immobilienaktien und eventuell Rohstoffen erhöhen.
Die prozentuale Aufteilung versteht sich hier wie folgt:
60=ACWI IMI
40=Risikofrei
Generell empfiehlt er Rohstoffe und Immobilien eher mit dem Zusatz „wer möchte“.
Das einfachste Depot bei seinen Depotempfehlungen ist der FTSE All World. Der darin enthaltene höhere Mid-Cap-Anteil reicht aus, um das, was man im Allgemeinen Small Cap nennt, abzudecken und nicht völlig aussen vor zu lassen ( „ (a) Weltportfolio-Variante 1 ohne Faktor-Investing“).
Informativ in diesem Zusammenhang sind die jüngsten Kommer-Interviews im Finanzfluss-Podcast. Ich denke, dass man seinen komplexeren Depots mehr Zeit geben muss um alle theoretisch denkbaren Effekte sehen zu können, das gilt in meinen Augen auch für den ARERO.
Ich persönlich bevorzuge jedoch die simpleren Varianten.
Gruß
Max Alpha
Peter sagt am 02. März 2020
@Coincidence
Weißt du auch, was Pfadabhängigkeit bedeutet?
ChrisS sagt am 02. März 2020
@ Mark85
Ne Übersicht über die aktuelle Entwicklung der wichtigsten Indizes o.ä. hat so ziemlich jede Finanzplattform oder Broker relativ prominent auf der Startseite präsentiert. Wenn man allerdings abseits der üblichen DAX, Dow, Bundfuture und Goldpreis-Werte noch an etwas spezielleren Marktsegmenten interessiert ist, ist es wohl am praktischsten, sich bei der Fondsdatenbank seines Vertrauens (z.B. Morningstar, JustETF, fondsweb, etc.) einen kostenlosen Wegwerf-Account anzulegen und eine Watchlist / Musterportfolio einzurichten und sie mit Benchmark-ETFs zu befüllen die repräsentativ für die jeweiligen Marktsegmente stehen, so hat man relativ leicht ein persönliches Dashboard um deren Wertentwicklung auf einer Seite für verschiedene Zeiträume übersichtlich vergleichend nachvollziehen zu können (und muss danach eben nicht mehr nacheinander jedes Produkt einzeln suchen und verfolgen).
@ Geduld+Spucke
Einen ersten Eindruck über die Performance von (in konkreten, damals eben verfügbaren ETF-Produkten) praktisch umgesetzten "Kommer-Portfolios" 2011/15 kann man sich schnell bei JustETF holen:
https://www.justetf.com/de/portfolio-templates.html
(evtl. Registration eines kostenlosen Wegwerf-Accounts notwendig, um die Ansicht der Fondsauswahl und den Chart freigeschaltet zu bekommen).
Wenn dir das noch zu grob ist und dich noch speziellere Sachen interessieren, ist eigene Excel-Arbeit am besten:
Asset-Gewichtungen und Fondsauswahl von JustETF, dann auf Yahoo Finance gehen und z.B. Monatsschlusskurse der einzelnen verwendeten ETFs holen, in Excel importieren und daraus die Wertentwicklung eines Portfolios der Produkte in der Gewichtung kalkulieren. Dazu vielleicht noch einen gewünschten Benchmark (z.B. ACWI + Euro Agg, oder was man halt sonst für repräsentativ hält) gegenüberstellen, wenn man noch ganz genau in konkreten Zahlen sehen will ob bzw. wie stark die Kommer-Portfolios seit Realpraxis-Auflage im Live-Betrieb nun tatsächlich out/unterperformen.
Die Schlüsse daraus muss dann auch jeder selber ziehen, je nachdem wie man sich zu den bereits angerissenen Fragen (was waren die Ursachen für Out/Unterperformance (dh. Analyse der einzelnen Portfoliokomponenten), und habe ich irgendeine begründete Überzeugung dazu, ob diese Dinge nur zufällig/zyklisch sind oder so systemisch/dauerhaft, dass es sinnvoll ist eine langfristige Portfolioallokation danach auszurichten?) positioniert, und wie man die Aussagekraft von (a) Backtests, die zwar längerfristig sind, aber eigentlich auch erstmal nur rein "virtuelle" Indexdaten im luftleeren Raum der bloßen Theorie (mit allen Problemen und Einschränkungen, die das so mit sich bringt) versus (b) Backtests, die zwar kürzerfristig sind, aber auch wenigstens schonmal echte real investierbare Produktperformance widerspiegeln (mit allen Problemen und Einschränkungen, die auch sowas nun wieder mit sich bringt) bewertet.
Da können unterschiedliche Leute zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen, da soll jeder seine eigene Meinung dazu finden.
@ Coincidence
Haja, die Barbell-Methode halt.
Kannst du die Backtest-Ergebnisse verlinken, würde mich ja mal interessieren wie das ganze auch nach Steuern und Gebühren aussieht (aus eigener Erfahrung im Ausdenken von Tradingstrategien, deren tollaussehende rein virtuelle Backtests sich nach dem Einbauen von realpraktischen Handelsfriktionen oftmals wieder ziemlich runterrelativieren).
Hab dein Portfolio (65% 2xSP500 + 35% VIX) mal provisorisch fix durch Morningstar X-Ray geschickt und es einem einfachen normalen SP500 Index gegenübergestellt (Startzeitpunkt ab Ende Sep 2012, da ab da auch der jüngere VIX-ETF mit existiert) um mir einen ersten Eindruck zu verschaffen:
https://imgur.com/a/cxLIFKk
Hm, na vielleicht sieht dein Backtest ja besser aus (deshalb wäre es ja interessant den zu sehen und nach welcher Methode der aufgebaut ist), denn entweder überseh ich noch was entscheidendes, oder die Strategie sieht für mich irgendwie wirklich nicht so mega-umwerfend aus, dass es den Aufwand (Beobachtungs- und Handelsaufwand, und eben nicht vergessen Steuern und Gebühren, die hier noch fehlen und das Ergebnis daher sogar noch optimistischer als in der Realpraxis darstellen) wert wäre, aber ich lass mich da gern eines besseren überzeugen.
Mal interessehalber geschaut wie es aussieht wenn man einfach nur die volle YOLO-Strategie fährt: Hätte man den zweifach gehebelten SP500-ETF einfach seit Auflage (18.03.2010) bis heute (28.02.2020) gehalten (zur Vorsicht am besten auch nicht zwischenzeitlich ins Depot schauen, um nicht von den Schwankungen wuschig gemacht zu werden :-D), stünden so schon 625% Rendite zu buche. Na das wäre doch mal was.... wir ignorieren wie gesagt vorsichtshalber lieber erstmal, dass es vor zwei Wochen (15.02.2020) sogar noch 895% gewesen wären, haja da zeigt die Pfadabhängigkeit der Leverage halt auch mal wieder ihre hässliche Seite, bzw. deshalb versucht man ja auch dem ganzen mit einer Hedge-Komponente etwas die Zähne zu ziehen.
Vor ein paar Jahren war unter amerikanischen Retail-Tradern auch mal die angesagte Strategie, die long-only Aktienindex-Komponente einfach durch nen Inverse Volatility Produkt zu ersetzen. Das ganze dann noch gehedged, z.B. mit sowas wie nem gehebelten UST30, und schon war das finanzielle Perpetuum Mobile in greifbarer Nähe. Hat auch ne zeitlang prima funktioniert, tja bis halt irgendwann nicht mehr . Wird nun nicht heißen, dass es jedem anderen Ikarus genauso ähnlich ergehen muss, aber es kann nie schaden sowas auch immer im Hinterkopf zu behalten, wenn man meint irgendeine Superspezialstrategie gefunden zu haben mit der man doch dem Markt ein Schnippchen schlagen könnte. :-)
Bandito sagt am 02. März 2020
Bin über einige Postings hier sehr überrascht. Da wundert man sich das Branche X mehr einbricht als Branche Y und versucht das zu erklären.
Im Grunde ist es doch ganz einfach, die Kurse werden von Panik und Gier bestimmt, bei so einer Situation wie aktuell spielen Branchen, Länder und deren wirtschaftliche Entwicklung oder der Einfluss von Corona darauf eigentlich überhaupt keine Rolle.
Wenn die Panik ausbricht wird alles verkauft, so einfach ist das. Wenn sich eine globale Krise andeutet, sei es durch Krieg, Umweltkatastrophen, Atomunfälle oder ein neuer Virus der die Runde macht, crasht es überall. Es ist die Angst Geld zu verlieren, die schlägt jede sachliche und analytische Betrachtungsweise.
Der Angst vor dem Crash lässt die Leute grundsätzlich schon verkaufen, und dabei wird eben alles zu Geld gemacht. Ein MSCI World kann davon ja nur besonders betroffen sein im Gegensatz zu einer Einzelaktie.
Wer jetzt cool bleibt und ordentlich Schnäppchen erwirbt, wird man Ende der Gewinner sein. Das ist buy and hold.
Nur bitte nicht versuchen die unterschiedlichen prozentualen Einbrüche erklären zu wollen, das wird nicht gelingen.
Man muss es so nehmen wie es ist und seine Strategie weiter durchziehen. Panik schlägt immer die Logik.
ChrisS sagt am 02. März 2020
@ Max Alpha
Achja und was grad das aktuelle Corona-Zeug angeht:
Hier habt ihr einen schönen Artikel von Morningstar , in dem mal konkret gezeigt wird wie sich die Börsenkurse nach den letzten paar Panikplagen eigentlich wirklich entwickelt hatten. Erinnert sich z.B. noch jemand heute an SARS oder Zika?
Klar, wer trotzdem darauf besteht, dass es aber diesmal doch anders sein wird, der wird sich davon nicht abhalten lassen. Dem wünsch ich viel Erfolg mit seinen präferierten Ausweichreaktionen (Verkaufen? Hedgen?)
Danke für die Anmerkung.
Klar, das kann man dazu ja auch noch sagen: Kommer empfiehlt natürlich nicht nur ein solches Portfolio, sondern mehrere, die nach Aufwand/Komplexität (und damit den darin gesteckten Annahmen) gestaffelt sind.
Für die Leute, die es entweder supersimpel haben wollen und/oder von seinen "gehobeneren" Ansätzen (Faktoren, BIP-Splits, etc.) noch nicht so überzeugt sind, bietet er natürlich auch relativ einfache und unanstößig "orthodoxe" Basis-Portfolios, z.B. als allereinfachste Variante nur nen globalen Aktien-ETF (ACWI, All-World) und z.B. nen konservativen Bond-ETF.
Warum habe ich das nicht erwähnt? Weil es eigentlich nicht nötig ist - wenn von den "Kommer-Portfolios" die Rede ist, meinen die Leute doch eben meist eh hpts. vor allem gerade nur die komplexeren ETF-Kombis am oberen Ende der Fahnenstange, nicht das einfache ACWI-Depot (auf das ja sonst auch jeder selber kommen könnte und niemand auf die Idee käme, das schon als "Kommer"-Portfolio zu bezeichnen so als ob er's erfunden hätte).
Auch wenn es vielleicht ne übertriebene Mischarakterisierung ist, so ist Kommers Name nunmal eben vor allem mit seinen fortgeschritteneren Spezial-Portfolios assoziiert - gerade von denen behauptet er ja, dass sie (aus Gründen XYZ) z.B. eine langfristige Überrendite erwarten lassen, deshalb richtet sich auch darauf die meiste Aufmerksamkeit (die Aussicht auf Überrendite ist halt für viele Leute attraktiv, deswegen interessieren sie sich ja für gerade diese Portfolioempfehlungen am meisten, verbreiten und kopieren sie auch, und nicht die "langweiligeren" Basisdepots).
Wie gesagt, ich hab selbst keine besondere Meinung dazu, ob diese komplexen Kommer-Portfolios nun langfristig besser oder schlechter sein werden (als z.B. simplere Ansätze), davon müssen nur die Leute überzeugt sein, die darin auch investieren :-)
coincidence sagt am 02. März 2020
@ChrisS
Vielen Dank für deine anregende Antwort. Meine Strategie ist sicher kein Perpetuum Mobile. Ich vermute auch, dass es auch nur eine Strategie mit begrenzter Haltbarkeit ist. Meine erste Überlegung war die allgemein gefallene Volatilität in den Märkten, das heißt meine Strategie macht erst ab ca. 2018 einen Sinn. Der Vix-Etf scheint im Zeitraum danach immer wieder lokale Minima erreicht zu haben, bei denen auch die negative Korrelation des Vix zum S&P stark "verringert" (math. vergrößert) also von -0,9 auf fast 0, wenn man kleinere Zeiträume betrachtet.
Von daher war die Ursprungsidee im letzten Herbst einfach die "schönen Gewinne" des bisherigen Jahres 2019 etwas abzusichern. Schließlich kam die Idee dies mit einem hebelten ETF auf den S&P zu verknüpfen. Dies führt tatsächlich zu einer sehr geringen Volatilität. Und dennoch zu einer akzeptablen Rendite. Ich hab' dann mit verschiedenen Rebalancing-Intervallen rumprobiert auf Basis der vergangenen 2 Jahre. Ohne Rebalancing hätte das 2Jahresportfolio (vom November 2017-Nov2019) etwa 14 % Rendite erbracht. Das kann jeder mit den entsprechenden Kursen nachprüfen. Ich hab' dann mit Excel noch das Rebalancing einbezogen. Mit unterschiedlichen Strategien. Das mit Abstand beste Ergebnis brachte ein Rebalancing-Intervall von 6%. Dabei gab es in diesem Zeitraum 12 Rebalancing-Ereignisse. Die erzielte Rendite verdoppelte sich dabei. Aber nun kommen die "Abers". Ich habe weder Kosten, Spreads und Steuern berücksichtigt. Dass dadurch auch eine gewisse "Pfadabhängigkeit" ins Spiel kommt ist klar.
Zu den Kosten: Ich denke, die kann man vernachlässigen. Ich hab' extra noch nen Deopt bei onvista eröffnet, und bei mir leigen die Kosten pro Trade unter einem Promille. Die Spreads: Die sind gerade bei den beiden Etfs verhältnismäßig groß. 0,1-0,25 %...aber handle ja pro Rebalancing nur ca. 1/8 des Portfolios, so dass wir auch da wieder im Promillebereich landen. Bleiben Steuern. Das ist bei mir eine gewisse Besonderheit. Ich habe eine durch eine Haussanierung sehr viel Abschreibungsmöglichkeiten pro Jahr, und ich bin fast gezwungen durch Verkäufe über die nächsten 10 Jahre genügend Steuern pro Jahr zu generieren, um dies ausschöpfen zu können. Und letztlich müssen auch Thesaurierer irgendwann ihre Kursgewinne realisieren, und trotz Steuerstundungseffekt fallen dan auch Steuern an. Ich denke schon, dass das reale Rebalancing 1-2 Prozente im Jahr kosten kann, aber dennoch sich noch immer als lohnend herausstellen kann.
Was mir bei meinem Portfolio (aktuell) gefällt ist der ausgeschaltete "Panikknopf". Ein starker Abschwung des Marktes bietet die Chance zu einem Rebalancing. Klar geht es bei mir aktuell auch bergab, aber längst nicht so, wie in den klassischen Depots. (inklusive Kommer). Außerdem bin ich immer investiert und diversifiziert. Also kein Markettiming und Stockpicking. Ich hab' bei justetf die Überwachung eingestellt, un dich erhalte automatisch ne Mail, wenn meine Anlagegrenzen überschrittem sind. Und alle zwei Monate (im Schnitt) kann man dann durchaus auch mal handeln. Sah natürlich letzte Woche etwas anders aus. Da durfte ich binnen 3 Tagen zweimal ein Rebalncing durchführen.
Wie lange die Strategie trägt, weiß ich nicht. Besonders ein langanhaltender Bärenmarkt könnten dafür Gift sein. Von daher sich so ganz einfach zurücklehnen geht nicht. Aber wo geht das schon?
ChrisS sagt am 02. März 2020
@ Coincidence
Achja und hier auch noch mal das Asset-Allocation Backtest-Tool von Portfoliovisualizer mit deiner Idee (65% 2xSP500 (SSO) und 35% VIX (VIXY), 6% Rebalancing-Band) gefüttert... autsch... und selbst das ist ja wie gesagt eigentlich noch zu optimistisch, da ohne Steuern&Gebühren etc.
Selbst wenn ich noch mithelfend überlegen würde, wie man die Strategie noch zum guten wenden kann, also z.B. statt VIXY lieber Mid-Term Futures (VIXM) verwenden die etwas weniger Decay haben, kommt dabei auch nichts raus was wirklich überzeugende Mehrwerte ggü. einem einfachen normalen SP500 (hier mal in rot) aufweist, sondern einfach nur wie ein schlecht kastrierter Index dahinläuft. Entgegen mancher schöner Vorstellung aus der Theorie holt man sich mit der Kombination zweier vermeintlicher "Turbo"-Produkte (gehebelter SP500 und dazu noch nen VIX) eben nicht unbedingt immer das beste aus beiden Welten zusammen hin, nicht selten ist es stattdessen auch so, dass man dabei eher noch gerade die jeweils schlechten Eigenschaften der Produkte miteinander verbindet.
Wie gesagt, falls deine eigenen Backtests was anderes zeigen und dich davon überzeugen, dass die Strategie doch mega-lohnenswert ist, dann zeig einfach mal her. Vielleicht hab ich ja auch den Fehler und die Methode funktioniert, dann möcht ich natürlich gerne mitmachen ;-)
CarstenP sagt am 02. März 2020
@Coincidence
Ich muss mich korrigieren, weil das nur gilt, wenn sich Long und Short exakt aufheben:
Es ist wahrscheinlich, dass dieses Portfolio langfristig nach Kosten und Steuern schlechter als Tagesgeld abschneidet.
Es ist wahrscheinlich, dass dein Portfolio langfristig nach Kosten und Steuern schlechter als ein simples Aktien/Tagesgeld-Portfolio bei vergleichbarer Volatilität abschneidet. Mal grob überschlagen (VIX als hypothetischer Short hebt den gehebelten S&P500 nur teilweise auf) ist dein 65/35 Portfolio zu ungefähr 25% im S&P 500 und zu 75% in Cash investiert. Es ist effizienter diese Allokation direkt zu halten.
@Bandito
Genau, wenn sich Panik breit macht, dann kann man sich Korrelationen in die Haare schmieren. Darum sind risikoreiche alternative Investments eben kein adäquater Ersatz für eine risikoarme Portfoliokomponente, wenn man denn eine braucht um Marktturbulenzen zu durchstehen. (persönliche Risikotoleranz)
Investor98 sagt am 02. März 2020
Ich denke es wird noch deutlich weiter fallen. Hier macht es wirklich keinen Sinn zu rätseln, wer und warum, mehr oder weniger fällt. Ich bleibe investiert und warte mit Cash auf der Seite. Regelmäßige Dividenden, halten mich bei Laune und bis jetzt ist der Einbruch noch nicht sonderlich dramatisch. Wer sich die Crashs von 2000 und 2008 ansieht, weiß der Chart kann noch deutlich mehr nachgeben. Aber am Ende kommt immer wieder die Sonne raus ;)
Bullfighter sagt am 02. März 2020
@ChrisS, @Smartinvestor
Vielen Dank für Eure umfangreichen Analysen. Es war mir nie so bewusst, dass Herr Kommer auch nur den aktuellen Modeerscheinungen hinterherhechelt. Ich habe sein Buch (Ausgabe 2015) das erste mal Anfang 2017 gelesen, konnte aber mit der Vielzahl der ETFs in seiner Portfolioempfehlung nichts anfangen und bin eher dem Finanzwesir gefolgt.
Mit Factorinvesting oder Branchen-/Nischen-ETFs habe ich mich nie beschäftigt, da die (Brot-und-Butter) Indizes sowieso laufend rebalancen und die aktuellen Renner entsprechend gewichten. Valueinvesting wird sicher auch wieder einmal "in" sein, so wie die "Glockenhosen" auch immer wieder auftauchen, aber will man wirklich 20 Jahre warten? Es ist auch die Frage, ob eine jahrelange Unterperformance unter Berücksichtigung des Zinseszinseffektes durch eine spätere Überperformance jemals wieder aufgeholt werden kann.
ChrisS sagt am 02. März 2020
@ Smartinvestor
Wie gesagt, dass die Kommer 11/15 - Portfolios im "Live"-Betrieb bisher noch nicht so wirklich herausragen konnten (ggü. z.B. einem einfacheren Global-Breitmarkt + Bond Benchmark) lag ja nicht nur an den Faktoren (dass die dein rotes Tuch sind, haben wir wohl alle mittlerweile mitgekriegt :-D), sondern an dem Zusammenkommen noch einiger weiterer ungünstigerer Umstände, also Allokations-Entscheidungen für die die abgelaufenen 10 Jahre eine eher schwierige Periode waren. (ohne, wie gesagt, daraus gleich eine Prognose darüber abzugeben was das nun wieder für die weitere Zukunft bedeuten soll). Ich zähle noch mal, ohne besondere Reihenfolge, auf:
-
BIP-Gewichtung der Aktienregionen statt einfacher MKap: War im Gegensatz zu den langfristigen Backtests, die vllt. noch dafür gesprochen haben, im letzten Jahrzehnt eben eher nachteilig statt förderlich (US untergewichtet / EM übergewichtet zum grad eher genau falschen Zeitpunkt)
-
Value-Fokus: dito, Backtests schön und gut, aber just ausgerechnet in der Periode, nach dem die Empfehlung dafür abgegeben wird, legt der Faktor auch mal wieder eine Durststrecke ein, tja so ein Pech aber auch halt.
-
Das Bestehen darauf, dass nur kurzlaufende deutsche Staatsanleihen als Sicherheitsasset zu verwenden sind, und man bei der Anleihenkomponente nicht auch wenigstens ein bischen flexibler und breit aufgestellter war.
- Rohstoffe: hatten im Live-Betrieb bis jetzt erstmal auch nicht wirklich die versprochenen Diversifikations-Vorteile beisteuern können, die man sich vielleicht aus den langfristigen Backtests abgeleitet noch erhofft hatte.
Wenn man ganz kleinlich sein will, könnte man wie gesagt noch als kleinen fünften Unterpunkt hinzufügen, dass vielleicht auch die praktische Umsetzung in der konkreten ETF-Auswahl (z.B. eben die Dividenden-ETFs als Ersatz für noch nicht überall vorhandene Valueprodukte, etc.) noch mit einen weiteren kleinen Anteil an den Performancedifferenzen hat.
Wenn mir jetzt total langweilig wäre, würde ich nochmal Excel anschmeißen und das alles einzeln ausklamüsern, also ermitteln welchen Anteil jeder einzelne Punkt an den gesamten Performance-Differenzen hat. Z.B. der Vergleich von einem einfachen Global-MKap Portfolio (ACWI/All-World) vs dem Regionen-Split Portfolio nach BIP, um zu sehen wieviel von der Out/Unterperformance (und in letzter Zeit war es eben eher Unterp.) wirklich ursächlich allein nur von der abweichenden Regionengewichtung ausgelöst wurde. Dann noch einen Vgl von Value-Indizes vs ihren Breitmarkt-Indizes, um herauszufiltern, wieviel Anteil gerade nur dieser Faktor an der Unterperformance beigesteuert hat. Und einen Vgl. von kurzlaufenden dt. Staatsanleihen vs. ner etwas weitergefassten Anleihenkomponente (z.B. Euro Agg oder eur-hedged Global Bonds), um den Einfluss dieser Entscheidung zu messen.
Schlussendlich noch der Vgl. von einem Depot mit Rohstoffanteil und einem ohne, um zu sehen welche Auswirkungen das nun konkret hatte.
Am Ende könnte man dann relativ genau wirklich sagen, also von der gesamten XYZ % Performancedifferenz zwischen "Kommer-Portfolio" und "Simpel-Portfolio" rühren X % aus der abweichenden Regionengewichtung, Y % sind von dem grad schlechtgelaufenen Value-Fokus verursacht, und Z % kommen von der Inflexibilität bei der Anleihenkomponente, oder wieviel Nachteil genau aus dem mitschleppen des Rohstoffanteils entstanden ist, etc...
So kann man dann auch die wirklich wichtigen "Hauptverursacher" identifizieren und reitet nicht so sehr auf vielleicht unwichtigen Nebenkriegsschauplätzen rum. Vielleicht hatte ja z.B. der Faktor-Fokus, auf den du dich bei deiner Kritik vor allem so konzentrierst, nur einen eher unwichtigen Anteil an der bisherigen Unterperformance und der Hauptschuldige auf den man eigentlich viel mehr einhacken müsste ist die mittelfristig unvorteilhaftere Regionengewichtung nach BIP gewesen? Oder auch nicht, wer weiß, haja…
Wie gesagt, ich überlasse es den Leuten, die dazu ihre begründeten Überzeugungen haben, selber zu entscheiden was sie von diesen Sachen halten.
All diese Anlage-Entscheidungen fußen ja auf Annahmen, die meist aus langfristigen Backtests (und die auch noch relativ "virtuell" sind, also z.B. Studien aus Stock-Datenbanken oder Indexrückrechnungen, statt wirklich konkret investierbarer Realproduktperformances, weil es die meist noch garnicht so lange gibt) abgeleitet werden - BIP-Gewichtung statt MKap weil besser im Backtest, Faktor-Fokus statt Breitmarkt weil besser im Backtest, Rohstoffe zur Diversifikation beimischen weil nützlich im Backtest, usw.
Jeder muss nun selbst entscheiden, für wie überzeugend man das hält - damit meine ich nicht nur die Backtests selbst (aber auch da gibt es schon viel zu bedenken, wurden z.B. auch realistische Handelsfriktionen (Steuern, Gebühren, Spreads, etc.) mit eingebaut, die ja wieder vieles von optmistischen "synthetischen" Backtestergebnissen in der Praxis am Ende mit runterhobeln?), sondern vor allem die Begründungen selbst, die dafür geliefert werden, warum bzw. woher eine eventuelle Outperformance verursacht wird, und sind diese Gründe so überzeugend, dass sie für dauerhaft und systematisch gehalten werden und man annehmen kann, dass sie auch noch in Zukunft fortbestehen (es also Sinn macht, langfristige buy&hold Assetallokations-Entscheidungen darauf auszurichten), oder sind es vielleicht nur mehr oder weniger Artefakte, Zufälle, oder Überbleibsel der Vergangenheit die aber aufgrund der selbstreferentiellen Natur des Marktes (Publication-Effect, Crowding, etc.) doch keinen wirklich dauerhaft aussichtsreichen/ausnutzbaren Bestand haben könnten?
Das der Kommer auf Faktoren steht ist ja z.B. nicht erst seit 2018 bekannt, insofern hat er sich da nicht wirklich "geändert", auch in den alten Büchern waren die schon in den "gehobeneren" Portfolios dick aufgetragen - damals eben hpts. erstmal nur Value und Smallcap, nun kann man ja vllt. rumraten warum grade nur die, kannte er die anderen damals noch garnicht, oder doch und es wurde nur wegen dem mangelnden Produktangebot nicht weiter aufgenommen? Ist der jetzige Aufbau (Wende? Erweiterung?) hin zu mehr Multi-Faktor etwas, was er eigentlich schon immer wollte und nur noch nicht umsetzen konnte, oder ist er erst in letzter Zeit wirklich darauf gekommen?
Das können gern Befürworter und Gegner versuchen zu eruieren, mich interessiert eigentlich nicht so brennend was im Kopf von Kommer nun tatsächlich vorgeht oder welche Motive dahinterstehen, am Ende ist doch nur eigentlich viel wichtiger was bei der ganzen Sache rauskommt, also die konkreten Portfolios, und wie die sich im Spannungsfeld zwischen den aus langfristigen Backtests abgeleiteten Annahmen, die darin reingesteckt werden, und der tatsächlichen Performance in der Zukunft, in der diese Annahmen auf die Realprobe gestellt werden, entwickeln und behaupten.
Deine Meinung zu den Faktoren hast du nun ja hinlänglich oft genug wiederholt, wenn du also mal was neues beitragen willst, würde mich ja eher deine Meinung zu den übrigen oben aufgezählten Grundannahmen, mit denen Kommer an den Portfolioaufbau heranging, interessieren.
Gut, Rohstoffanteil brauchen wir eh nicht mehr zu besprechen, die hat selbst der Kommer mittlerweile schon wieder ziemlich beerdigt. Was du zur Frage "nur kurzlaufende deutsche Staatsanleihen für die Anleihekomponente, oder darfs nicht auch ein bischen flexibler/breitgefächerter sein?" vermutlich sagen wirst, kann ich mir eigentlich auch schon fast denken ("weder noch, sondern stattdessen gleich MF-Alphafonds!" stimmts ? :-D).
Bleibt also nur noch die BIP-Regionengewichtung übrig, wie stehst du dazu? Was spricht dafür, was spricht dagegen, und was überzeugt einen davon am Ende mehr? Macht es wirklich Sinn seine Aktienverteilungen nach solchen Maßstäben auszurichten, oder sollte man nicht lieber einfach alles bloß der MKap überlassen und sich einfach nur nen ACWI/All-World ins Depot legen und damit gutsein zu lassen, anstatt weiter der Kontroll-Illusion anzuhängen, durch eigene vom Markt abweichende Regionengewichtungen irgendwelche großartigen Vorteile herausschinden zu können?
(hört man raus, dass ich da eher skeptisch bin? :-D)
Timo sagt am 02. März 2020
@ChrisS
zu den Kommer Portfolios (habe nur das 2018er Buch):
Grundsätzlich gibt es 4 Portfolios, die sich in der Komplexität des risikobehafteten Teil unterscheiden.
- ACWI IMI/FTSE All-World; 2. World + EM (mit Übergewichtung EM); 3. Single Factor ETF (Small, Momentum, Value, Quality) und EM IMI gleichgewichtet; 4. Multifactor World ETF + EM IMI.
Den EM IMI nutzt Kommer aus Mangel an Factor ETFs bei den Schwellenländern. Dafür gewichtet er die EM über (20-50% ist seine "empfohlene Quote").
Von Low Volatility als Factor ist er nicht überzeugt, darum nutzt er diesen in dem Single-Factor Portfolio nicht.
Die Gewichtung nach BIP wird nicht mehr verfolgt, da nach Kommer der Grund für die überperformance von BIP zum Einen der Rebalancing Bonus ist und zum anderen originär das bessere Exposure zu anderen Faktorprämien. Darum jetzt der Focus direkt auf die FP und das hübsch nach MK (mit Übergewichtung EM -> political risk premium).
Regiosplit der Factor ETF wird angesprochen aber nicht weiterverfolgt, weil a) zu viele Depotpositionen (-> Rebalancing zu aufwendig/teuer) und b) nicht genug Produkte verfügbar (maximal ein Europe multifactor um die USA "einzudämmen")
Gold/Rohstoffe/Immos hat Kommer nicht mehr in den Portfolios drin, diese können aber "bei Bedarf" mit 5-10% reingenommen werden. Inzwischen ist Kommer gegen Rohstoffe eingestellt und empfiehlt lediglich eine Beimischung von Immos.
Insbesondere Verweist er des öfteren darauf, dass die Produktauswahl an Factor/Multifactor ETF aktuell (also Ende 2017) noch sehr dünn ist, und die Leser die vom Factorinvesting überzeugt sind einfach die Produktlandschaft im Auge behalten sollen.
@Bullfighter
wie ChrisS schon geschrieben hat: das von Kommer postulierte Factorinvesting soll auf 30-50 Jahre gesehen 1-2% p.a. mehr Rendite bringen. Das u.U. auch mal 10 Jahre unterperformance möglich sind, macht er im Buch sehr transparent (mMn). Und diese Portfolios sind keinesfalls dafür da "Krisensicher" zu sein, sondern eher im Gegenteil auf lange Sicht besser zu performen, dafür auch mal bad returns in bad times zu akzeptieren.
Jan sagt am 03. März 2020
@max alpha
Der enthaltene Anteil an mid caps reicht aus um die small caps nicht völlig außen vor zu lassen
Magst du das nochmal genauer erläutern, ich habe noch nicht verstanden, wieso mid caps einen fehlenden Anteil von small caps kompensieren sollen?
Flurry sagt am 03. März 2020
@ChrisS
Für die Emerging Markets werden keine Faktor-ETFs eingeplant, weil das ganze EM-Investment selbst nur als Faktor gilt (Political Risk Factor).
Alle Faktoren beziehen sich immer nur auf die Industrie-Länder.
Aber auch so ist das Faktor-ETF-Angebot scheiße. z.B. taugt Largecap-Value einfach garnichts weil da zu viele Absturz-Unternehmen sind. Die Goldnuggets findet man wenn dann bei Smallcap-Value.
coincidence sagt am 03. März 2020
@Peter
Pfadabhängigkeit? Ich weiß so grob, was es bedeutet, ob mein Wissen ausreicht (allgemein) sei einmal dahingestellt. Doch welche Bedeutung hat Pfadabhängigkeit in unserer konkreten Fragestellung. Du meinst sicher, dass jedes Eigreifen, also in dem Fall Rebalancing, mich auf einen neuen Pfad führt, und dass dieser Prozess auch eine stochastische Komponente hat, da man ja nie weiß, wann und wie man Rebalancen muss, und je nachdem, wie ich meine Schwelle lege dann schließlich gänzlich unterschiedliche Wege und Ergebnisse herauskommen können, die dann ebenfalls (rein) zufällig sind, und somit kaum noch vergleichbar sind. Womöglich wird das Gesamtsystem "chaotisch".
Nun dazu zwei Bemerkungen.
-
Die Sensitivität hinsichtlich Pfadabhängigkeit ist abhängig vom System.
- Die Sensitivität hinsichtlich Pfadabhängigkeiten ist abhängig vom Eingriff in das System.
Ehrlich gesagt sind das nur zwei Vermutungen.
Zu.1. Müsste ich ein physikalisches Modell für mein Depot angeben, so wäre dies entweder ein Pendel oder ein Schwingkreis. Charakteristisch für das System ist die starke (negative) Korrelation. Angwandt auf den Schwingkreis bedeutet dies, dass der Ladungstransport sehr stark zwischen den beiden Elementen (Kondensator und Spule) hin und- herschwankt. Meine Vermutung lautet nun, dass in solchen Systemen die Pfadabhängigkeit nicht so ausgeprägt ist, wie in Systemen in denen die Systemdynamik geringer ist. Dort spielen kleinere Fluktuationen eine größere Rolle, und können durch Rückkopplungen (Eigendynamik) zu stark divergierenden Pfaden führen. Ein weiterer Aspekt ist der, dass die großen Schwankungen der Märkte, zumeist durch exogene Ereignisse ausgelöst werden. Zinsentscheidungen, Kriege, Viren(!). Diese exogene Ereignisse sorgen auch dafür, dass es so ne Art "Rückstellung" gibt, die ebenfalls eigendynamische Prozesse dämpfen, und so die Pfadabhängigkeit verringern.
zu.2. Im Prinzip hängt natürlich der Eingriff mit der unter 1. beschriebenen Systemdynamik zusammen. Zum Beispiel wird ein solches System bei einer Rebalancingabweichung so etwas wie chaotisch, da die täglichen Abweichungen häufig 2-3 Prozent betragen, und das System dann nicht recht weiß, wohin es nur "balancen" soll, oder schon in die falsche Richtung gewechselt hat. Erst bei höheren Schwellen stellt sich eine gewisse Stabilität ein. 5-7 Prozent zeigen dann ähnliche Ergebnisse. Offenbar gibt es in diesem Bereich auch ein geringes Maß an Pfadabhängigkeit.
Zusammengefasst: Die Pfadabhängigkeit erscheint mir gerade bei starker Dynamik der Einzelkomponenten (hohe Volatilität) und starker (negativer) Korrelation eher gering zu sein. Aber das ist nur mein "kybernetisches Bauchgefühl".
ChrisS sagt am 03. März 2020
@ CarstenP
Hier auch noch ein schneller grober Backtest via Portfolio Visualizer zur Illustration des von dir gesagten nachgereicht.
Gelbe Linie als Benchmark einfach der "normale" SP500.
Blau (Portfolio 1) ist wie gesagt Coincidence's Spezialidee von 65% 2xSP500 + 35% VIX (mid), rebalanced wenn 6% Abweichung zur Sollgewichtung.
Und rot (Portfolio 2) nun mal als Vergleich dazu wie sich ein Portfolio aus 35% einfachem SP500 und 65% Cash-Equivalent (hier z.B. kurzlaufende US-Staatsanleihen) schlägt.
Die Rendite, die das simple konservative Portfolio 2 liefert, ist ungefähr die selbe wie der vermeintlich so ausgefuchste "Turbo-Mix" 1, und das mit einer um mehr als die Hälfte geringeren Volatilität (ich sags nur, weil ja "geringe Volatilität" auch als Zusatzargument für die Spezialstrategie angebracht wurde) und weniger Drawdowns.
Den ganzen damit bezweckten "Nutzen" kann man also auch viel einfacher erreichen, in dem man einfach eine geringe Aktienquote hat. Die Kombination zweier solch verschieden extremer Produkte wie nen gehebelten SP500 und nen VIX ergibt eben am Ende nicht "das beste aus beiden Welten", sondern konkret kommt hinten eigentlich nicht wirklich was großartig anderes als "nur" ein ziemlich stark kastrierter "normaler" SP500 dabei raus.
@ Max Alpha
In meinem letzten Kommentar ist mir verrutscht, dass der Corona-Artikel von Morningstar natürlich an die ganze Allgemeinheit gerichtet war, und das "@ Max" eigentlich erst ab dem "Danke für die Anmerkung" (zu Kommer) losgeht - wollt ich nur nochmal sagen damit du dich nicht wunderst häh von was redet der eigentlich :-D
@ Timo / Flurry
Danke für die Infos!
Den EM IMI nutzt Kommer aus Mangel an Factor ETFs bei den Schwellenländern. Dafür gewichtet er die EM über (20-50% ist seine empfohlene Quote). [...] Für die Emerging Markets werden keine Faktor-ETFs eingeplant, weil das ganze EM-Investment selbst nur als Faktor gilt (Political Risk Factor). Alle Faktoren beziehen sich immer nur auf die Industrie-Länder.
Achja genau, das ist ja auch noch so ne Eigenart vom Kommer, der "Political Risk"-Faktor und dessen Abdeckung/Gleichsetzung mit EM.
Ich vergess das immer wieder, weil dieser "political risk" Faktor in der Diskussion bei den amerikanischen Originalkoryphäen der Faktoren eigentlich nur wenig bis garnicht vorkommt. Was die Publikationen angeht, sind die meiststudierten Faktoren eben hpts. Value, Size, Momentum, Volatility und Quality.
Ob das nun heißt, dass Kommer hier als einer der Wenigen auf was tolles gestoßen ist, oder dass das eher zeigt wie wenig die Anderen von diesem "Faktor" halten, tja weiß ich auch nicht…
Jedenfalls okay, irgendwie liegt mir das auch auf "prinzipieller" Ebene schon nicht wirklich - alle übrigen Faktoren beziehen sich ja eigentlich ausschließlich allein auf das jeweilige Aktienunternehmen selbst. Entweder auf seine MKap (Size), die Bilanzkennzahlen (Value, Quality) oder auf seine Kursentwicklungen (Momentum, Volatility). Beim "political risk" Faktor gehts nun aber eigentlich garnicht um das Unternehmen an sich, sondern um die Region in der es zufällig grad sitzt.
Ich meine, okay, ich kann mir ja denken wie man darauf kommt sich sowas auszudenken - man schaue sich einfach die langfristigen Renditen von MSCI EM vs. MSCI World an, stellt fest dass die Unternehmen aus den Schwellenländern insgesamt ein größeres Wachstum hatten, und sucht nun hinterher nach Ansätzen, die das in einer Theorie gegossen erklären könnten. Und da Rendite gemäß dem Lehrbuch ja auch immer mit Risiko verbunden ist, schaut man halt, wo hier dieses Zusatzrisiko liegt, welches diese Zusatzrendite verursacht. Und so kommt man z.B. darauf, dass es was mit der politischen Instabilität zu tun habe, der die Schwellenländer tendenziell nunmal eher unterliegen als die Industrieländer, das heißt, Investoren diese höhere Rendite als Kompensation dafür verlangen, diese zusätzlichen Risiken einzugehen.
Das ist jetzt natürlich alles ein bischen laienverständlich übervereinfacht, aber so in etwa wird wohl die Argumentationskette ablaufen? Ich bin jetzt auch nicht mehr ganz auf dem aktuellen Stand der Forschung, was diesen "Faktor" angeht, aber wurde denn auch schon mal abschließend aufgeklärt, ob das überhaupt ein eigenständiger unabhängiger Faktor wirklich ist, oder die Überrendite der EMs nicht einfach auch viel eher schon durch/mit den eher "klassischen" Faktoren ausreichend erklärt werden könne (also z.B. dass EMs eben tendenziell mehr Value und geringere Size als die Industrieländer haben, und vor allem dadurch die Performance herrührt, bzw. wenn man den Einfluss dieser übrigen Faktoren neutralisiert, dann auch eigentlich nicht mehr viel großartiges an unerklärter Outperformance übrigbliebe wofür man dann noch den "political risk factor" erfinden müsste)?
Von Low Volatility als Factor ist er nicht überzeugt, darum nutzt er diesen in dem Single-Factor Portfolio nicht.
Hm interessant. Gabs dazu irgendwelche besonderen Begründungen, denn für mich als Außenstehenden (der keine besondere Pro- oder Contra Meinung dazu hat) sieht es für mich jedenfalls erstmal noch so aus, dass das was für die anderen Faktoren spricht, doch genauso auch für Low Volatility sprechen würde (also z.B. schöne Backtests, die's für Value, Momentum, Quality und Size gibt, und Erklärungsversuche, warum deren Premia dauerhaft und systemisch sei, gibts ja für Low Volatility auch) - oder wenn man halt Anti ist, alles was gegen Low Volatility spricht, müsste im Grunde ja doch auch gegen alle übrigen Faktoren genauso sprechen (wenn man also z.B. Backtests allgemein gegenüber kritisch eingestellt ist, oder von den Erklärungen der Ursachen der Premia nichts hält, sehe ich noch nicht warum man dabei gerade nur von Low Volatility nicht überzeugt wäre, aber von den anderen Faktoren trotzdem schon noch).
Die Gewichtung nach BIP wird nicht mehr verfolgt, da nach Kommer der Grund für die überperformance von BIP zum Einen der Rebalancing Bonus ist und zum anderen originär das bessere Exposure zu anderen Faktorprämien. Darum jetzt der Focus direkt auf die FP und das hübsch nach MK
Hm klingt ja ganz spannend.
Mir würde zwar vielleicht auffallen, dass in den einzelnen Faktor-ETFs die Regionengewichtung dann doch aber auch nur wieder mehr oder weniger stark von der MK abweicht, aber na er wird sich schon was dabei gedacht haben.
Über den "Rebalancing Bonus" (wenn man überhaupt mit so nem Konzept arbeitet) würde ich als naiver Laie zwar sagen, dass der (wenn überhaupt, wie gesagt) doch bei so einem "Faktor-Split"-Portfolio, welches hpts. aus mehreren MSCI Worlds besteht (einmal halt in MSCI World Value-Variante, einmal MSCI World Quality, einmal MSCI World Momentum, usw.) geringer sein müsste, da die alle weitgehend ziemlich im Gleichschritt laufen, oder sagen wir mal so, sie unterscheiden sich untereinander zumindest nicht so sehr, wie es ein Regio-Split Portfolio tun würde, in denen die einzelnen Komponenten (US, EUR, JA, EM, etc.) teilweise viel divergentere Entwicklungen, und damit auftretende Gelegenheiten zum Rebalancing, haben. Aber okay, was solls.
Regiosplit der Factor ETF wird angesprochen aber nicht weiterverfolgt, weil a) zu viele Depotpositionen (-> Rebalancing zu aufwendig/teuer) und b) nicht genug Produkte verfügbar (maximal ein Europe multifactor um die USA einzudämmen). Insbesondere Verweist er des öfteren darauf, dass die Produktauswahl an Factor/Multifactor ETF aktuell (also Ende 2017) noch sehr dünn ist, und die Leser die vom Factorinvesting überzeugt sind einfach die Produktlandschaft im Auge behalten sollen.
Man kann also wahrscheinlich erwarten, dass bei der nächsten Ausgabe in wieder 3-5 Jahren, wenn dann endlich mal genügend Produktangebot (Faktor- und Multifaktor ETFs für alle Weltregionen) die dann aktuellen "Empfehlungen" wieder umgebaut werden?
Hach, da fällt mir wieder auf warum ich wahrscheinlich ein eher schlechter Buchautor wäre.
Meine einzige Empfehlung wäre ein simpler gesamtglobaler Breitmarktindex wie ACWI oder All-World. Das hat den Vorteil, dass man sich auch konsequent treu bleiben kann - das war vor Jahrzehnten schon gut genug, und das wird auch in Jahrzehnten noch gut genug sein, und man muss nicht fortlaufend seine Empfehlungen nach Trends und Neuheiten aktualisieren. Der Nachteil ist natürlich, dass der nun auch eben keine Überrendite verspricht, und wer kauft dann noch ein Buch, welches nur den ACWI/All-World empfiehlt, dass macht ja viel zu wenig Eindruck :-D
Gold/Rohstoffe/Immos hat Kommer nicht mehr in den Portfolios drin, diese können aber bei Bedarf mit 5-10% reingenommen werden. Inzwischen ist Kommer gegen Rohstoffe eingestellt und empfiehlt lediglich eine Beimischung von Immos.
Oh, wird wenigstens dann auch noch gesagt, worin dieser "Bedarf" eigentlich konkret besteht, der nun so eine "Beimischung" noch sinnvoll macht? Denn eigentlich müsste man doch eine klare Meinung dazu haben - entweder gibt es nun zwingende Gründe und Nutzen, die für Gold/Rohstoffe/Immos sprechen, und sie gehören daher eigentlich in jedes Depot, oder es gibt sie eben nicht und niemand braucht sie und sie sollten daher auch nicht mehr weiterempfohlen sondern klar abgeraten werden. Halbgares "och wer möchte der kann, wer nicht ist auch okay" ist ja nicht unbedingt das, wofür ich mir ein Investmentbuch kaufe, denn darauf kann ich ja auch alleine kommen, ich kaufe mir das Buch ja eher weil ich klare Fakten zu den Assets haben will aus denen auch klare Empfehlungen folgen.
Gerade die Geschichte mit den Rohstoffen (also damit meine ich noch nichtmal so sehr die Rohstoffe selbst, sondern die Verbreitung der Empfehlung dazu, und nun mittlerweile das Abklingen wieder) steht eigentlich exemplarisch für das Grundproblem, was ich ja auch bei der Besprechung aller anderen Annahmen, auf denen der Portfolioaufbau beruht, mit erwähnt hatte.
Exerzieren wir das nochmal vereinfacht durch, weil das ja eine schöne Beispielgeschichte für das allgemeine Dilemma ist:
Jahrzehntelang lebte der Commodity-Markt weitgehend unbeachtet unter sich vor sich hin. Dann kamen zuerst die Akademiker und machten Studien und zeigten, seht her die Beimischung von Rohstoffen als Assetklasse hat im Backtest hat ja so tolle Nutzenwirkungen fürs Portfolio. Dann kam die Finanzindustrie und hat die theoretische Empfehlung mit Praxis-Produkten umsetzbar gemacht. Und nachdem dann jeder letzte Großinvestor (und Kleinanleger, der sich für so einen hielt) nun einen Rohstoffanteil hatte, haben die Akademiker wieder nachgeschaut und gesehen, dass von dem ursprünglichen Nutzen am Ende nicht mehr viel übrig geblieben ist.
Der Markt hat halt eben auch ein bischen was schrödingerisches - man kann ihn nicht beobachten, ohne ihn nicht auch ein bischen dadurch schon mit zu beeinflussen, oder was man auch "selbst-referenziell" nennt, die Anpassungsfähigkeit, die solche Annahmen, die aus langfristigen Vergangenheitsbacktests abgeleitet sind, immer etwas runterzieht.
Was für Lehren man nun aus der Rohstoff-Story ziehen will, mag jedem selbst überlassen sein, aber zumindest eine gesunde Grundskepsis gegenüber allen neuen Moden, die ihre Vorteile mit "langfristigen Backtests" (aus der Vergangenheit wo noch keine besondere Aufmerksamkeit - und damit Investitionsvolumen - in das beobachtete Segment geströmt ist und es danach für die Zukunft vielleicht verzerrt) belegen wollen, sollte man sich doch behalten. :-)
coincidence sagt am 03. März 2020
@ ChrisS nochmals..!:-)
Die Simulation mit den midterm-Futures kommt der Realität natürlich etwas näher. Allerdings sollte man bedenken, dass "mein" Rebalancing-Intervall eben genau für den Lyxor-Vola-Etf "berechnet" wurde. Kurzfristige Futures haben eine sehr viel höhere Volatilität, und würden demnenstprechend sehr viel höhere Rebalancing-grenzen brauchen, Mittelfristige Futures dagegen eine geringere Rebalancing-Schwelle.
Mein Vola-Etf mischt beide zusammen, so dass sich eben jene 6% ergeben. Grundsätzlich ist zu sagen, dass diese Strategie erst sein 2018 wirklich Sinn macht. Das sieht man dann auch in deiner Simulation mit den Midterm-Futures. Wie kann das sein? Der Wert des Vix-Etfs setzt sich aus zwei Komponenten zusammen. Zum einen spiegelt sich darin der Wert des Vix, in dem sich (mit Einschränkungen) die Volatilität des Marktes spiegelt. Und diese ist seit den Zeiten der Finanzkrise kontinuierlich gefallen, bis sie irgendwann in 2018 ein Minimum erreicht hat. In solch einem lokalen Minimum ging dann auch die Korrelation auf Null. Also die Korelation zwischen Vix-Etf und S&P. Korrelation von Null bedeutet, dass sich im Vix-Etf nur noch das Grundrauschen des Marktes zeigte. Darunter konnte es nicht mehr gehen.
Es gibt allerdings noch einen zweiten Faktor. Die Konstruktion von Futures und Etfs. Wie schon angedeutet spielen da Begriffe wie Contango und Backwardation sowie TER ne Rolle. Und auf dieser Ebene verliert der ETF kontinuierlich Geld, wahrscheinlich so ca 3% pro Jahr. Jedes lokale Minimum liegt also immer ein wenig tiefer.
Damit eignet er sich hervorragend als Gegenspieler zu einem ebenfalls stark schwankenden Etf. Und da kommt halt dann die stark (negative) Korrelation zum Gehebelten-Etf ins Spiel, was dafür sorgt, dass ich insgesamt eine sehr geringe Volatilität des Gesamtportfolios erhalte. Gleichzeitig fällt mir mein Portfolio in Krisenzeiten sehr viel weniger, komme also kaum in Panik, sondern kann mich über eine Rebalancing-Chance freuen.
Zusammengefasst: Die Strategie ist nicht perfekt, sie passt nicht für alle Zeiten, aber sie bietet aktuell ne gute Alternative. Aber das darf jeder für sich selbst rausfinden.
Max Alpha sagt am 03. März 2020
@Jan
Das wird bei ExtraETF schön erläutert:
Der FTSE All-World deckt rund 93 % des Weltaktienmarktes einschließlich Schwellenländer ab. Bei diesem Index fehlen die Small Caps, aber das untere Ende der FTSE Mid Cap-Range reicht weiter hinunter als beim MSCI Index. Daher gibt es in Bezug auf den Grad der Gesamtabdeckung des Weltmarktes insgesamt nur geringe Unterschiede.
Siehe hier:
https://de.extraetf.com/etf-portfolio/70-30-kommer-weltportfolio-2018-variante-1
Gruß
Max Alpha
coincidence sagt am 03. März 2020
@ ChrisS
Danke für die Mühe, die du dir gemacht hast. Das bringt mich schon zum Nachdenken.
Dass die Strategie für die Jahre bis 2018 nur bedingt tauglich habe ich ja schon erwähnt, von daher ist es relativ müßig sich über das Jahr 2012 Gedanken zu machen. Manchmal sind technische Spielereien ganz gut, aber mitunter sollte man auch auf die Plausibilität achten. Nehmen wir in deiner Simulation das Jahr 2019! Der Balken für 2019 ist unterhalb der Nulllinie, also Verlust.
Glaubst du wirklich, dass das stimmt? Wie angedeutet, habe ich die Simulation bis zum 2.11.2019 durchgeführt, da kam ich auf ca.22 %Gewinn...ergänze ich die realen Zahlen in meinem Portfolio, so kommen noch 7,5% dazu, also alles in allem hat das Portfolio in 2019 ca. 30 % abgeworfen. Bei einer Simulation bei justtf erhält man 36%, was aber ohne rebalancing lief, und in 2019 hat man ca. 5 mal in die Richtung des Vix rebalanced, und nur einmal zurück, was natürlich einen gewissen Performance-verlust mit sich bringt.
Es bleiben 30% Gewinn gegenüber einer Minusperformance in deiner Simulation. Wer mir nicht glaubt, kann sich ganz einfach die Kurse in diesem Zeitraum anschauen.
ETFisch sagt am 03. März 2020
Könnte die Regionengewichtung gemäß dem BIP das Problem haben, dass viele Konzerne weltweit Umsätze machen, aber die Marktkapitalisierung des jeweiligen Konzerns nur im "Heimatland" gezählt wird? Alphabet Inc (aka Google) macht z.B. die Hälfte des Umsatzes außerhalb der USA, wird aber meines Wissens nach 100% für die USA gezählt.
Könnte es also sein, dass eine Übergewichtung der USA nach Marktkapitalisierung ggü. BIP auch dadurch gemildert wird, dass viele US-Konzerne einen nicht unbedeutenden Teil ihrer Gewinne außerhalb der USA erzielen?
Max Alpha sagt am 03. März 2020
@ChrisS
Du liegst nicht schlecht mit Deiner Vermutung, er nennt 4 Gründe für das „neue“ Faktor-Gedöns. Zitat:
Der konzeptionelle Wechsel vom alten WPF-Ansatz zum neuen Ansatz in diesem Buch hat vier Gründe, die überwiegend miteinander zusam- menhängen. (1) Erst in den vergangenen rund fünf Jahren ist integriertes Multi-Factor-Investing in der Wissenschaft durch eine ausreichend große Zahl von voneinander unabhängigen Wissenschaftlern und Praxis-Ex- perten umfassend genug untersucht und seine Vorteile aus meiner Sicht hinreichend verlässlich belegt worden. Einer der zentralen Vorteile ist, dass es eine etwas höhere Renditeerwartung hat als einfaches Multi-Factor-In- vesting und dabei sogar mit weniger verschiedenen ETFs auskommt. Beim Risiko dürfte sich eine kleine Verbesserung oder kein Unterschied ergeben. Beim Referenzrahmenrisiko (siehe Abschnitt 1.12) relativ zum allgemei- nen Aktienmarkt dürfte integriertes Multi-Factor-Investing etwas besser abschneiden als der alte WPF-Asatz. (2) Die meisten heute verfügbaren ETFs, die den integrierten Multi-Factor-Ansatz repräsentieren, kamen erst ab ungefähr 2015 auf den Markt. Vorher wäre integriertes Multi-Factor- Investing für Privatanleger jedenfalls im Do-it-Yourself-Modus mangels entsprechender ETF-Produkte gar nicht möglich gewesen. (3) Auch heute noch, September 2017, sind die im alten WPF notwendigen Single-Fac- tor-ETFs für einzelne der vier relevanten geografischen Regionen nicht durchgängig und nicht in ausreichender Vielfalt verfügbar. Ich hatte in der Vergangenheit irrtümlich erwartet, dass sich diese Produktlücken bis 2016 ganz schließen würden. (4) Der integrierte Multi-Factor-Ansatz im neuen WPF lässt sich alles in allem einfacher umsetzen, weil er weniger einzelne Produkte erfordert.
Gruß
Max Alpha
Hafenguy sagt am 04. März 2020
Was spricht eigentlich dagegen, den ftse all World (oder den acwi imi) zu nehmen und zusätzlich zu 20% einen EM imi beizumischen.
So hat man ein schlankes Portfolio mit zwei etf im Verhältnis 70-30 und nebenbei small caps mit drin.
Nostradamus sagt am 04. März 2020
@Bullfighter:
Es war mir nie so bewusst, dass Herr Kommer auch nur den aktuellen Modeerscheinungen hinterherhechelt
Hier möchte ich darauf hinweisen, dass Herr Kommer mit der Gerd Kommer GmbH sein eigenes Unternehmen für Vermögensverwaltung hat und ich zumindest würde ihm nicht mein Geld bringen, damit er das dann 70/30 in MSCI World und EM investiert, denn das kann ich ja selbst. Da muss schon mehr kommen. ;-)
ChrisS sagt am 04. März 2020
Zur bisherigen Praxis-Performance verschiedener Faktor- und Multifaktor-Produkte hab ich euch mal ne Übersicht angefertigt:
https://imgur.com/a/X1MTFrY
Die Produkte sind alle aus dem Bereich weltweite Industrieländer, daher als Benchmark der einfache MSCI World. Zu sehen sind die einzelnen Jahresrenditen der Produkte und die Differenz gegenüber dem Benchmark.
Wie man sehen kann, ist das Produktangebot gerade im Segment Multifaktor noch jung und wird erst nach und nach aufgebaut. Es brauch also keiner extra drauf hinweisen, dass das ja alles nicht repräsentativ wäre, das sollte eigentlich klar sein. Die "durchschnittliche Differenz", die dazu pro Jahr und pro Produkt insgesamt angegeben wird, soll dabei ein bischen helfen, sich trotzdem noch einen allgemeineren Eindruck von der Entwicklung des ganzen Segments als solches zu verschaffen, soweit das in diesen realpraktischen Grenzen eben möglich ist.
Nun fällt natürlich sofort auf, dass alle Multifaktor-ETFs bisher unterperformen - als Segment für die Jahre insgesamt, und als Produkt jeweils einzeln seit Auflage - um mal dem Argumentenaustausch der Pro- und Contra-Seite etwas vorwegzugreifen: Ja, wir wissen um die (a) langfristigen Backtests, mit denen die Überrendite der Faktoren dargelegt wurde, und (b) wir wissen auch, dass die Backtests genauso zeigen, dass es natürlich darin zwischenzeitlich auch immer einige mehr oder weniger lange/starke Unterperformance-Perioden gibt.
Dieser kleine Praxistest kann jedenfalls natürlich nicht sagen, ob wir vielleicht nicht einfach grad nur wieder in so einer zufällig-zyklischen schlechten Periode drin sind, und alsbald nicht auch wieder eine bessere Periode abwechselnd anbrechen könnte - das kann durchaus sein, bzw. wäre sogar nichts allzu ungewöhnliches da ja vieles am Aktienmarkt eben gewissen Zyklen unterliegt.
Machen wir nochmal das Spannungsfeld klar, in dem wir uns bewegen:
Auf der einen Seite gilt: "längerfristige Backtests sind aussagekräftiger als kürzerfristige". Warum das so ist, sollte hoffentlich jedem klar sein, brauche ich eigentlich nicht zu erklären. Auf der anderen Seite gilt aber auch "reale Echtwelt-Performances von konkreten Produkten, in die man auch wirklich investieren kann, sind aussagekräftiger als virtuelle Rückrechnungen die nur rein synthetisch im luftleeren Raum der Theorie gemacht wurden".
Wie man nun beides jeweils bewertet, wenn es sich etwas entgegenübersteht, also z.B. halt 3-5 Jahre (schlechte) Realperformances vs. 30-50 Jahre (gute) Backtests, muss jeder selber entscheiden. Wer z.B. mehr Wert auf die längerfristigen Backtests legt und nicht von der kürzerfristigen Unterperformance entmutigt ist (bzw. aus den Backtests auch sieht, dass solche Phasen auch mal eben auftreten können, und sich darauf beruft), der muss damit nicht zwangsläufig Unrecht haben. Vielleicht stimmt ja alles, die Faktorpremia sind weiter systematisch und haben dauerhaft Bestand, und am Ende nach den nächsten 30-50 Jahren in der Zukunft wird man dann insgesamt mit einer mehr oder weniger signifikanten Überrendite dadurch für den Glauben daran und das Durchhalten belohnt.
Auf der anderen Seite kann ich auch die Leute verstehen, die dem ganzen eher skeptisch eingestellt sind und für die - nicht zuletzt eben aufgrund der Selbstreflektions- und Anpassungsfähigkeit des Marktes - die eher lauen mittelfristigen aktuellen Realperformances nicht mehr nur die Ausnahme von der alten Regel sind, sondern eher die neue zu erwartende Regel darstellen.
Denn eines muss man halt auch bedenken - auch wenn es Unterperformance-Perioden auch in den alten langfristigen Backtests schon immer wieder mal gegeben hat, so ist doch die aktuelle Periode insofern schon ein bischen etwas neues/anderes, als dass es auch die erste Periode ist, in der diese Faktor- und Multifaktorpremia für die breite Anlegerschaft wirklich populär gemacht wurden und zum einfachen Investieren mit entsprechenden Produkten offenstehen. Die akademischen Studien, so inhaltlich korrekt sie auch alle gern gewesen sein mögen, hatten halt alle noch einen Vergangenheitszeitraum beobachtet, der vom Ergebnis ihrer Studien (also grob vereinfacht, dass Faktoren toll sind und jeder darin investieren sollte) noch unbeeinflusst / unverzerrt waren.
Es hat schon zumindest ein kleines G'schmäckle, dass ausgerechnet just in dem Moment, ab dem die Finanzindustrie den breiten Massen das bequeme Abgreifen der verlockenden Faktorprämien mit entsprechenden Produkten möglich macht, die versprochene Überrendite auch rein zufällig mal wieder ne Durststrecke einlegt - die skeptische Seite würde halt wohl sagen, dass das eben weniger zufällig ist, sondern das eine grad mit dem anderen zusammenhängt (Publication Effect, Crowding, etc.). Und wenn selbst von Befürwortern wie Kommer etc. die zu erwartenden Faktor-Rendite für die Zukunft bereits mehrmals nun schon runderrevidiert wurden, nunja, wer weiß wo das mal enden mag. Wie gesagt, ich überlasse es jedem selbst was man für überzeugender hält.
Um den Ursachen für das noch eher unbefriedigende Abschneiden der Multifaktor-Produkte nachzuspüren, hab ich dazu auch nochmal die Performances von Einzelfaktor-Produkten aufgezeichnet. Da die Multifaktors ja auch nur aus diesen Einzelfaktoren bestehen (manche mehr, manche weniger, jeder Anbieter kocht da noch ein bischen sein eigenes Süppchen), wäre es ja mal interessant zu sehen, welche Faktoren es besonders waren, die positiv oder negativ herausragten, hier mal an den konkreten iShares-Produkten als Beispiel durchexerziert.
Wie ich bereits öfters erwähnt habe war es in der abgelaufenen mittelfristigen Periode eben besonders der Value-Faktor, der am meisten zurückhinkte. Auch der Size/Smallcap-Faktor hat zur Unterperformance beigesteuert (da der von iShares verwendete "Size"-Index eigentlich eher ein "Midcap Equal Weight"-Index ist, habe ich zur Vollständigkeit halber auch nochmal einen "normalen" MSCI World Smallcap mit dazugetan). Gelohnt hatten sich dagegen vor allem Momentum, danach Volatility und Quality. (achja, der von iShares verwendete "Minimum Volatility"-Index folgt auch nicht grad der einfachen "akademischen" Definition (einfach nur die wenigschwankendsten Aktien beinhalten) sondern ist ein bischen komplexer da ein Portfolio mittels Optimierungsalgorithmus erstellt werden soll, welches auf Gesamtebene schon die geringsten Schwankungen haben soll (mit gewissen Einschränkungen) - aber wir tun mal so als wär das repräsentativ, oder wer will kann ja bei anderen Volatility-ETFs noch vergleichen ob/wie die performt haben). Eigentlich könnte man bei jedem Produkt natürlich sagen, dass es aber nicht ganz genau der "akademischen Definition" der Faktoren entspricht (und daher, was? der Realtest ungültig ist? Soll man halt seine eigene Alternative präsentieren), auf der anderen Seite ist es aber nun mal so, dass wir eben nicht in rein "akademische Definitionen" selbst investieren können, sondern immer nur in konkrete Produkte die auch praktisch vorhanden sind, und die werden alle irgendwo mehr oder weniger ihre Einschränkungen und Abweichungen von der Theorie haben, weil es oft auch garnicht anders geht.
Wie gesagt, die Out/Unterperformances der einzelnen Faktoren ist natürlich zyklisch. Wie die sich für die Zukunft nun wieder entwickeln, kann man nicht wirklich sagen (es würde mich z.B. auch nicht überraschen, wenn Value und Size demnächst wieder zu den besseren Performern gehören).
Und gerade weil ja das Auswählen und (durch)Halten von wenigen Outperformer-Faktoren so schwierig ist, gibt es ja die Multifaktor-Produkte, die explizit mit dem Versprechen antreten, durch die Kombination aller Faktoren unter einer Haube es einem abzunehmen. So hat man einfach alle Faktoren an Bord - da ja alle mehr oder weniger eine langfristige Überrendite versprechen, nur eben nicht zur gleichen Zeit - wird der Multifaktor als Kombiprodukt deren einzelne Zyklen ein bischen mehr glätten und eine langfristige Überrendite liefern, die vielleicht kleiner ist als die des jeweils besten Einzelfaktors (aber auch nicht so schlecht wie der schlechteste Einzelfaktor), aber dafür wenigstens stetiger und nicht so stark zyklisch ist.
So zumindest die Theorie - was die Praxis angeht hat sich die Überrendite in der Tabelle bis jetzt noch nicht wirklich gezeigt, aber wie gesagt, was das nun zu bedeuten hat, hab ich ja schon oben oft genug wiederholt, muss jeder selbst entscheiden.
Ich möchte zum Schluss noch zwei weitere Unter"probleme" ansprechen, die dabei jetzt mehr die Umsetzungsseite als nur die allgemeine Theorie der Faktoren betreffen. Denn, also selbst wenn man sagt, man ist trotzdem von der langfristigen Sinnhaftigkeit der Faktoren überzeugt und man lässt sich nicht wegen 3-5 schlechter Jahre davon abbringen, denn der 30-50 jährige Backtest ist ja insgesamt noch gut, und da man ja auch noch weiter für die nächsten 30-50 Jahre in die Zukunft investieren will, und davon ausgeht, dass die Faktoren über solche Zeiträume insgesamt weiter outperformen werden, macht das ja noch Sinn - okay, gerne, aber wird das konkrete Faktorprodukt, in das man investiert, auch selbst überhaupt noch die nächsten 30-50 Jahre genauso mit existieren?
Das ist viel weniger sicher (als das theoretische Fortbestehen der unterliegenden Faktoren selbst), und ein zusätzliches "Risiko", was man sich im Gegensatz zur einfachen Breitmarktanlage in etablierten Benchmarkindex-Produkten mit dazu holt. Sowas wie den MSCI World, und entsprechende Investmentvehikel dazu, wird es mit großer Wahrscheinlichkeit auch noch in einigen Jahrzehnten geben. Ob bis dahin auch jedes viel speziellere Nischenprodukt auf irgendwelche nicht weitbekannten World Equity Siamese Water Buffalo Multi Factor - Indizes durchhalten wird, ist viel weniger gesagt.
Das zweite Problem ist wie gesagt mehr "psychologischer" Natur.
Okay, wir haben nun (beim Kommer oder sonstwo) die langfristigen Backtests gesehen, in denen die Überrendite der Faktoren dargelegt wurde, und sagen uns natürlich - klingt toll, will ich auch. Jetzt ist es aber nun so, das keines der vielen verschiedenen zum praktischen Investieren angebotenen Produkte auch exakt dieselben akademischen Faktordefinitionen benutzt, so wie sie in den langfristigen Backtests benutzt wurden, sondern jeder Anbieter ein bischen sein eigenes Süppchen kocht - sich also deren Realperformances immer etwas von der aus der reinen Theorie unterscheidet (aber gut, unterscheiden wird sich das eh sowieso, da das eine ja die Vergangenheit betrifft und das andere die Zukunft). Das erzeugt also einen gewissen "Replication-Gap", und kann zusätzliche Enttäuschungen hervorrufen, wenn sich die Praxis dann doch von dem unterscheidet, was man vom "reinen Faktor" eigentlich erwartete.
Der Anleger steht also vor dem zusätzlichen Problem, dass er nicht nur entscheiden muss, ob er von Faktoren generell überzeugt ist, sondern auch von welchem der vielen verschiedenen konkret angeboteten Faktorprodukten er sich auch die beste Umsetzung davon verspricht.
Ich weiß ja nicht, ob und wie sehr Kommer o.a. einen dabei alleine lässt, also dass Anleger nach der Lektüre vielleicht Lust auf Faktoren haben, aber ob sie auch Hilfe und Anleitung mit an die Hand gegeben bekommen, sich einen Weg durch den Produktdschungel zu schlagen und auf was sie achten müssen, bei den vielen verfügbaren Angeboten auch das richtige auszuwählen?
Wie gesagt, da ist auch wieder ein "Vorteil" der einfachen Breitmarktanlage (gerade eben für die Zielgruppe der Sorte von Leuten, die mangels Fachkenntnis ja überhaupt noch Investmentratgeber-Bücher lesen).
Die Entscheidung, welchen "normalen" MSCI World man nimmt, ist viel einfacher (ja, auch wenn wir hier durch die Leserzuschriften wissen, dass Anfänger&Einsteiger das gern überdramatisch aufbauschen) und viel weniger kriegsentscheidend (die langfristigen Performanceunterschiede zwischen den Anbietern werden eher vernachlässigbar sein) als die Entscheidung, welche Faktorprodukte man nun nehmen soll. Denn die unterscheiden sich schon um einiges stärker, erstmal in ihrem Konzept & Aufbau, daraus resultierend eben auch in ihrer Performance (kurz- und langfristig) - voneinander und ggü dem einfachen MSCI World. Der Anleger stünde also in der Pflicht (wenn er nicht einfach das erstbeste Produkt, wo nur "Faktor" draufsteht, was ihm über den Weg läuft, kaufen will), sich durch hunderte Seiten (englisch und voll mit finance-vocabulary) von Methodologies der einzelnen Indexstrategien verschiedener Anbieter durchzuarbeiten, die Strategien nachzuvollziehen und zu bewerten, um daraus schlussendlich mit einigermaßen kompetent begründeter Überzeugung auch diejenigen auswählen zu können, der er nun halt für die "besten" hält. Ich weiß nicht, wieviele Leute das ernsthaft machen.
Und danach muss er auch die ganze Investitionszeit über konsequent unempfänglich gegenüber allen weiteren Verlockungen bleiben, die Strategie wieder zu ändern - nicht nur wenn man den Breitmarkt unterperformt, sondern eher gerade auch wenn ein anderes Faktorprodukt mal besser performt - das Streben nach Outperformance war ja eben der Ursprungsgrund, warum man überhaupt mit dem Faktorinvesting angefangen hat (man ist dem Verlangen also nicht grundlegend abgeneigt, so wie ein ganz neutraler Breitmarktanleger), und jetzt kommt auf einmal ein neues Produkt daher was besser performt als mein oller Hinterherhinker, und das neue Konzept ist ja auch viel einleuchtender und vielversprechender, ohje wie lange guck ich mir das noch an bis ich der Versuchung zu wechseln wieder erliege... usw, die ganze Zeit über. Ich weiß auch nicht, wieviele das wirklich schaffen würden.
Wie gesagt, was jeder drauss macht bleibt jedem selbst überlassen, ich würde da keinem ne Entscheidung vorgeben wollen, sondern nur hoffen das ihnen das Geschreibe ein bischen beim finden ihrer eigenen Entscheidungen hilft. Bei mir selbst ist es ja auch noch nicht großartig anders - den Faktoren selbst gegenüber bin ich eigentlich relativ agnostisch eingestellt - mein Grund darin noch nicht zu investieren liegt also noch nicht mal so sehr darin, dass ich nicht von der Theorie dahinter überzeugt wäre oder sie als kompletten Humbug ablehne - nein mein Problem läge eher auf der praktischen Umsetzungsebene, also selbst wenn, würde ich mir ehrlicherweise auch nicht zutrauen, nun aus dem konkreten Produktangebot mit genügender Sicherheit auch immer nur gezielt diejenigen auszuwählen zu können, die auch tatsächlich die größte Überrendite (nicht nur ggü. dem Breitmarkt, sondern vor allem auch ggü. der Konkurrenz, so dass man nicht über kurz oder lang auch wieder am jeweiligen Konzept herumzweifelt und umschichtet) liefern wird.
Das ist im Grunde dasselbe Problem wie schon mit den klassischen aktiven Fonds bekannt - von denen unterperformen die meisten, aber eine kleine Minderheit outperformt eben auch immer. Wenn ich wirklich schon vorher zuverlässig wissen/ermitteln könnte, wer für die Zukunft die besten Performer sein werden, würd ich auch auf die Fonds setzen und bräuchte meine ollen ETFs nicht mehr. Da ich mich aber nicht so selbstüberschätze sondern ehrlich zugebe, dass ich das nicht kann, bleib ich einfach weiter bei den ETFs die mir zumindest schonmal sicher die Marktrendite bringen und spare mir so das Risiko, auf welche von den vielen Fonds zu setzen die den Markt eher unterperformen.
Wer sagt, dass das bei Faktor-ETFs ja eigentlich was ganz anderes sei, da die Faktoren ja alle ne langfristig belegte Überrendite erwarten lassen, der brauch sich von mir nicht abhalten lassen, brauch mir aber auch nicht böse sein, wenn ich da mal noch nicht mitmach' :-)
Timo sagt am 04. März 2020
@ChrisS
Kommer nennt vier Gründe für die Faktorprämien:
- Risiko
- Anlegerirrationalitäten
- Arbitrage-Hemmnisse
- Transaktionskosten
Bei Small Caps und EM Aktien ist das Risiko einfach höher als bei Industrieländer Large/Mid Caps, daher ist die erwartete Rendite höher -> Erklärung für Size und political risk
Es gibt noch einen "Acht Punkte Plan" um die Plausibilität von Faktoren zu überprüfen. Dieser wird sowohl von low volatility als auch von political risk "nicht ausreichend überzeugend" erfüllt, daher "sind [sie] aus meiner Sicht für Privatanleger weniger erstrebenswert [...]".
Insofern ist political risk wohl (vielleicht) nicht wirklich ein Faktor, die Begründung für dessen "überperfornance" von dir trifft es aber ziemlich auf den Kopf. Zusätzlich merkt Kommer noch an, dass Faktoren die auf den Gründen 2-4 fußen sind tendenziell fragil, weil sie nur so lange bestehen, wie eben auch die irrationalität bzw. das Hemmnis besteht. Eine Erklärung, warum viele "Faktoren" verschwinden, sobald sie publiziert wurden.
Kommer zu Rohstoffen:
Letztlich ist sich die Wissenschaft hier uneinig. Wen die Logik von Rohstoff-Future-Investments nicht überzeugt, der sollte auf diese spezifische Portfoliokomponente verzichten. Ich persönlich finde mich seit 2016 eher im Lager der Skeptiker (wo ich fast immer bin, wenn es keinen starken Konsens in der Wissenschaft gibt) und würde daher dafür votieren, auf Commodities bzw. Commodity-Futures in der Zukunft zu verzichten
Kommer zu Gold:
Gold als Vermögensanlage präsentiert mehr ambivalente Antworten auf essenzielle Fragen, als uns lieb ist und mehr als alle anderen Asset Klassen. Je mehr solche Fragen zu einer Asset Klasse nicht weitgehend eindeutig auf der Basis vieler von verschiedenen Wissenschaftlern produzierten Forschungsergebnisse beantwortet werden können, desto vorsichtiger sollte man sein. Aus meiner Sicht gehört Gold daher nicht in ein Privatanlegerportfolio.
Kommer zu Immobilien:
In den 27 Jahren von 1990 bis 2016 produzierte der S&P Global REIT Index (Immobilienaktien in den Industrieländern) eine höhere Rendite als der Weltaktienmarkt, gemessen am MSCI ACWI (der Immobilienaktienindex reicht nicht weiter zurück). Die Korrelation zwischen den Beiden Indizes in diesem Zeitraum war mit +0,66 erfreulich niedrig, wenngleich sie in den letzten zehn Jahren (2007 bis 2016) mit +0,88 über dem Wert der Gesamtperiode lag. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass sie wieder sinken wird. Alles in allem erscheint eine Beimischung einer globalen oder wenigstens europaweit diversifizierten Immobilienaktienkomponente im Weltportfolio erwägenswert.
Zum Thema "bei Bedarf", das war eine Formulierung von mir, als sinngemäße Wiedergabe. Wörtlich schreibt Kommer:
Manche Anleger mögen eine starke Meinung zu drei denkbaren Beimischungen haben: Industrieländer-Immobilienaktien, Rohstoffe (Rohstoff-Futures) und Gold. [...] Wenn eine solche Beimischung gewünscht wird, dann sollte das Gewicht der Beimischungskomponente 10% des risikobehafteten Portfolioteils nicht überschreiten. [...] Aus meiner persönlichen Sicht sind von diesen drei Asset-Klassen lediglich Immobilienaktien attraktiv genug, um eventuell berücksichtigt zu werden.
Max Alpha sagt am 04. März 2020
@Nostradamus
Damit liegst Du richtig! Für die simple Methode wäre das Eintrittsgeld zu hoch.
@ChrisS
Passt schon!
Gruß
Max Alpha
CarstenP sagt am 05. März 2020
@ChrisS
Danke für den Backtest. Eine 50/50 Mischung aus VIXY und VIXM müsste das Lyxor VIX Dingens ganz gut approximieren, macht die Ergebnisse aber nicht besser. Die Diskrepanz zu coincidences Backtest lässt sich vielleicht mit einem schwächelnden EUR erklären, Portfolio Visualizer rechnet ja in USD.
Smartinvestor sagt am 05. März 2020
"Es war mir nie so bewusst, dass Herr Kommer auch nur den aktuellen Modeerscheinungen hinterherhechelt." - Bullfighter
"nur" wäre zumindest bisher zwar übertrieben. Aber in diese problematische Richtung scheint sich Kommer leider zu entwickeln. Denn er hatte zwar zuvor schon u.a. auch Faktor-Investments mit dabei. Aber jetzt hebt er die besonders Marketing-zentrierte - da im Backtest über-optimierte - Multi-Faktor-Modewelle entsprechend Marketing-gerecht extra angekündigt und mit stark erweitertem Buchanteil, in sonst von ihm völlig ungewohnt unreflektierter, marktschreierischer Weise als moderne passive "Turbo"-Anlage und somit als Nonplusultra passiven Investierens auf das Podest, wie fremdbestimmt.
Hier ist das im Vergleich zum marktbreiten Index-Fonds erwartete typisch schlechtere Ergebnis eines weltweiten Multifaktor (MF)-Fonds mit allen Möglichkeiten zur Outperformance ab Auflage. Solche negativen Tracking-Errors sind nicht nur ein zufälliges Phänomen aktueller Börsenbedingungen, sondern repräsentativ für diese reine Marketing-Gag Blackbox. Denn bis zur Auflage wurde diese MF- Strategie ja im Backtest auf Outperformance hin überoptimiert, siehe Indexbeschreibung von MSCI, um den Vertrieb anzukurbeln. Das ist jedoch überwiegend Data-Mining durch die Index-Anbieter im Auftrag der Fondsgesellschsften und daher keine paar Monate nachhaltig. Denn im Schnitt sinkt die Performance aller neuen Faktor-Fonds/ETFs ab Auflage unter die ihrer Mutterindizes, siehe die völlig objektive Studie von Vanguard, "Joined at the hip: ETF and index development" Figure 6: "Hypothetical growth of $1...":
Dazu aus meiner Rezension: adoptiert:
- "Backtests" sind jedoch derzeit "das wohl effektivste Marketing-Instrument der Finanzindustrie, das Anleger in die Irre führen soll."(!!) Damit nutzen Fonds- mithilfe der Indexgesellschaften schamlos eine Gesetzeslücke, die ihnen solche Darstellungen vom Marketing dazu beauftragter Indizes - im Gegensatz zu simulierten Fondsergebnissen vor Launch plus 1 Jahr (!) - leider (noch) nicht zur Werbung verbieten. Das angegebene Zitat stammt übrigens von einem anderen undogmatischen Finanz-Blogger, dem aktienrebell.de/backtest/
Dieses hohe Image-Risiko, auf das die ungewöhnlich hohe Zahl von weit über 700 Likes meiner entlarvenden Kommer-Rezension hindeutet, ist jedenfalls keiner der anderen eher inhaltlich gerechtfertigt führenden Finanzpublizisten, also z.B. allen voran Bogle, Swensen, Albert... eingegangen.
Die haben im Ggs. zu Kommer lange vor anderen eigenständig (!) tief fundierte und daher relativ ähnliche feste Anleger-zentrierte Überzeugungen aufgebaut, wie es sich für waschechte Trendsetter gehört, z.B. Bogle mit disruptivem "Indexing", Swensen mit "unkonventionell" und Albert mit "einfach". Sie ändern diese nicht nach dem Wind des aktuellen wissenschaftlichen Konsenses und vor allem Finanzmodewellen im Takte ihrer Buch-Ausgaben, sondern verfeinern und entwickeln die in wesentlich größeren Abständen mit ihrer wachsenden Erfahrung und konsistent zu ihren bisherigen Grundüberzeugungen weiter.
Kommers Hauptwerk-Ausgaben klingen jedoch immer mehr wie eine reine Literatur-Masterarbeit, die für einen neuen Produktlaunch gezielt beauftragt wurde. Kein Wunder, ist es ja aus seiner vermutlich genau dafür gedachten Diss. entstanden.
Albert hat seinen wesentlich Anleger-zentrierteren Ansatz u.a. hier Mal - absolut repräsentativ für die anderen Guten - treffend auf den Punkt gebracht:
-
"Drei Jahre sind zu kurz, da erodieren ewige Wahrheiten nicht." Punkt!
-
"Kein Faktor, kein Small Caps, kein Sand ins Getriebe." Punkt.
- "Das ganze Buch ist ein Fanal gegen die "deutsche Krankheit": "Entweder perfekt oder Tagesgeld."
BRAVO für das Rückgrat, solche unbequemen Wahrheiten unerschrocken auszusprechen und auch noch konsequent danach zu handeln! Das fehlt in unserer ach so politisch korrekten Welt der Gutmenschen und Erbsenzähler, die vom raffgierigen Finanzestablishment nach Strich und Faden ausgenommen wird.
Kommer kann das meisterhaft und bedient Adressaten-gerecht die "deutsche Krankheit", weil er wohl selber darunter leidet und/oder dieses inhaltlich völlig sinnfreie Verkomplizieren gut für den Umsatz ist.
Ich wette - hier, wie immer, nachprüfbar dokumentiert ;-) dass er in ein paar Jahren dann die schon seit Jahrzehnten einzig sinnvolle Faktor-Anwendung alternatives Beta - zum großen Teil mein *reines positives Alpha"-Alleinstellungsmerkmal vielleicht als "Super-Turbo" - auf das Podest heben wird. Aber leider nicht, weil er dann innerlich tief davon überzeugt wäre, sondern primär, weils eben erst dann auch wissenschaftlicher Konsens geworden sein wird. Und zwar das alternatives Beta praktisch rein aus sehr vorteilhaft unkorrelierten alternativen Faktor-Erträgen besteht, während Smart Beta fast nur überteuertes Beta ist, da es die wertvollen unkorrelierten Faktor-Erträge allenfalls in homöopathischer Dosis enthält. Die haben daher nur einen praktisch vernachlässigbaren Einfluss auf wesentliche Performance KPIs, wenn überhaupt. Also ein wahrhaft riesiges vernebelndes Multifaktor-Gedöns um äußerst zweifelhaften Kleinscheiß auf dem Rücken unbedarfter Anleger, hauptsächlich für den Kommer-z.
Da muss schon mehr kommen. ;-) - Nostradamus
Genau. Am besten mittels unkorreliertem reinem positivem Alpha von den besten TopTraders/Fonds, der m.E. einzigen realistischen Chance auf "mehr." ;-)
Wenn er bloß über den eigenen Schatten dogmatischer Glaubensbekenntnisse springen könnte. Die dafür erforderliche Statistik hat er, im Gegensatz zu fast allen seinen Kollegen, nämlich schon lange drauf und gut anwendbar formuliert. Nur bedienen müsst er sich derer mehr zum eigenen Vorteil und dem seiner Kunden.
"Bleibt also nur noch die BIP-Regionengewichtung übrig, wie stehst du dazu?" - ChrisS
Ist das nicht auch schon bekannt? Nämlich sehr positiv mittels marktbreiter regionaler Aktien- und REIT-Index-ETFs aus Europa, NA, AP sowie EM aber keine höchst kritische ausfallgefährdete Einzelländer-Allokation in Japen, gleichgewichtet aber mit Europa-Heimat-Bias, um kein vom Markt unkompensiertes Fremdwährungsrisiko zu tragen, entsprechend Swensen's Rat, von der USD- an die EUR-Heimat angepasst. Vor-/Nachteile:
(+) Vermeidung von irrationalen regionalen Blasen, wie z.B. in Japan in den 1980'ern oder u a. in NA aktuell
(+) Vergleichmäßigung der Entwicklung des Gesamtportfoliowertes
(+) Positives absolutes und Risiko-bezogenes Portfolio-Alpha aufgrund relativ großer Ertrags-Dispersion, wenn strikt Regel-basiert rebalanct wird
(-) im Gegenzug relativ großer Tracking Error ggü. Weltmarktindex
"Wer jetzt cool bleibt und ordentlich Schnäppchen erwirbt, wird man Ende der Gewinner sein. Das ist buy and hold." - Bandito
Das mag so erscheinen aber könnte auch eine Täuschung sein. Es ist m.E. auch kein "buy and hold", sondern kurzfristiges Trading, wenn es sich im Zeitbereich von Tagen bis Wochen abspielt. Oder hättest du eine reproduzierbare Verifikation für deine Hypothese?
Denn der aktuelle Erkenntnisstand vom Wirtschafts-Nobelpreis 2013 besagt doch das Gegenteil:
"There is no way to predict the price of stocks and bonds over the next few days or weeks. But it is quite possible to foresee the broad course of these prices over longer periods, such as the next three to five years."
aus eigener Erfahrung im Ausdenken von Tradingstrategien, deren tollaussehende rein virtuelle Backtests sich nach dem Einbauen von realpraktischen Handelsfriktionen oftmals wieder ziemlich runterrelativieren - ChrisS
Genauso ist es. Wobei die "emotionalen Friktionen" i.d.R. noch viel vernichtender zuschlagen können.
Allerdings wundert es mich jetzt schon sehr, dass du mit deinen hier offenbarten wertvollen Trading-Erfahrungen wohl nicht gleich die schon bezahlten richtigen Lehren daraus gezogen hast, wie ich. Und zwar das Traden sicher an die wettbewerbsfähigen Profis zu delegieren, die man mit diesen teuren Erfahrungen dann doch hinreichend gut auswählen können müsste.
Oder war dein Lehrgeld so hoch, dass du seitdem gebranntes Kind geblieben bist? Oder bist von anderen Sachzwängen in den wilden jungen Jahren eingeholt worden hattest einfach keinen Bock mehr, was sinnvolles daraus zu machen?
Wenn nicht, dann wundert mich hingegen deine geringe Wertschätzung für die wirklich guten bekannten TopTaders/Fonds und für meine entsprechenden Tipps. Und zwar wie man die ohne Lehrgeld, also nur mit ein bisschen ETF-Erfahrungen und mit Experten-Unterstützung, genau wie die wenigen sinnvollen ETFs finden kann, um das Traden von Anfang an an die zu delegieren, die das nachgewiesenermaßen wirklich können.
Über DIY-Einzelaktienfonds wird doch hier auch nicht wirklich ersthaft diskutiert, weil deren Aussichtslosigkeit offensichtlich ist. Aber ständig werden hier immer wieder neue „interessante“ DIY-Tradingansätze diskutiert, obwohl die bei dem knallharten Wettbewerb noch viel weniger lohnen als DIY-Einzelaktienfonds. Denn bisschen Beta wird immer übrig bleiben. Aber positives Alpha schaffen nur noch ganz wenige internationale TopTraders/Fonds nachhaltig. Als MF UCITS Fonds und ETF bekommt man die jedoch für ihre hohe dahinterstehende reine positive Alpha-Leistung, die schon lange kein aktiver Publikums-Aktienfonds mehr zustande bringt, praktisch fürn Appel und Ei.
...aber ich lass mich da gern eines besseren überzeugen. - ChrisS
Da bin ich aber gespannt. Das Ganze ist für mich eher ein mehr oder weniger garantierter "Tail Risk Hedge." Und der kostet trivialerweise, wie jeder garantierte Hedge, mittel- bis spätestens langfristig i.d.R. mindestens eine der Risikoreduzierung angemessene Renditereduzierung. Punkt. Das ist quasi eines der ganz seltenen "Naturgesetze" in der Finanzwelt.
Dafür sorgen einfach die Marktkräfte. Nur versteht die offensichtlich kaum jemand wirklich und sorgt so mit der naiven Jagd auf das finanzielle Perpetuum Mobile immer für erfreulich viel Liquidität, insbesondere in den Terminmärkten. Da sind Ingenieure, wie Albert und ich, eindeutig im Vorteil. Denn die erkennen und verinnerlichen i.d.R. sehr früh die Unmöglichkeit jeglicher Perpetuum Mobile. Also fokussieren sie ihre Kräfte - vor den meisten anderen Fakultäten - lieber auf viele lohnende nicht garantierte statistische Ziele zur antifragilen Chancen-Maximierung. :-D
Diese segensreiche Statistik unkorrelierten "reinen positiven Alphas" im Gesamt-Portfolio wird offensichtlich noch weniger verstanden. U.a. daher und Dank der nachhaltigen - weil bei ALLEN angeborenen - Denk- und Verhaltensfehler bleibt das üppige "only free Lunch" insbesondere auf Basis entsprechender statistischer Tail Risk Trading-Strategien mit Futures, kostengünstigsten long & short gehebelt, so nachhaltig erhalten.
Denn der Preis dafür ist, dass die eben NICHT garantiert sind und ein marktgerechtes Risiko ähnlich Aktien tragen. Aber das Garantie-Produkte wegen ihres rausgehedgten Risikos nichts taugen, sollte hier eigentlich zum Allgemeinwissen gehören, auch wenn Einzelne dieses wertvolle Feature für den größten Nachteil von Managed Futures halten.
Da diese Risiken jedoch ab mittelfristig unkorreliert sind, wirken die bekanntlich so derart segensreich opportunitätskostenfrei risikoreduzierend im Portfolio, wie Albert hier aus guten Gründen zur Anregung extra darauf hingewiesen hat.
Ich freue mich jedenfalls, dass jetzt immer mehr über die wirklich relevanten Themen mit starkem Einfluss diskutiert wird, wenn auch zunächst primär über Alles, was nicht funktioniert und schon viele Wunden verursacht hat.
Aber gerade wenn das hier jetzt so schön intensiv beleuchtet wird, sollten doch langsam mehr und mehr auf die Idee kommen, dass das ganze Blut, das dabei aus Gier und Panik der Massen entsteht, die immer die Logik schlagen,, auf der anderen Seite von kompetenten kalten Logikern mit gutem Statistikkenntnissen und ihren hoch entwickelten emotionslosen Trading-Systemen gezielt abgegriffen werden kann und heute über vorteilhafte "reine positive Alpha"-Instrumente an alle Investoren, klein und groß, demokratisierend verkauft wird. Und das damit auch uns kleinen Privaten die kreative Gestaltung wesentlich besserer Portfolios, wie bei den Großen, zu institutionellen Konditionen ermöglicht wird.
Aber vor lauter Klein-Klein um Zehntel-Prozente Gebühren- und Steuervor- und -nachteilchen werden diese höchst Anleger-freundlichen Verbesserungen trotz Alberts (und meiner) wiederholten, wertvollen Hinweise darauf hier bis jetzt fast vollständig übersehen und verschlafen (von wenigen sehr erfreulichen Ausnahmen abgesehen :-).
WARUM NUR??
Denkt doch bitte bitte Mal ernsthaft drüber nach, statt die Zeit mit der intensiven aber völlig sinnfreien Jagd nach finanziellen Perpetuum Mobiles und Kleinscheiß zu verplempern. Wenn das weltweit angestrebte japanische Szenario mit dem nächsten Crash erst angebrochen ist, werden sich Viele wegen der verpassten Alpha-Chancen grün und blau ärgern.
Würde mich also noch mehr freuen, wenn wir uns mit unserer offensichtlich geballten Kompetenz und diversen Erfahrungen mehr und mehr auf deren wirklich chancenreiche Nutzung konzentrierten, statt aufs Rechthaben und andere als Quacksalber Lächerlichmachen. Denn heißt es nicht treffend: "Willst du Recht behalten oder Erfolg haben?" Und dieser Unterschied wird bald himmelweit sein.
Smarte Investor-Grüße
Hans sagt am 05. März 2020
@Chris
Sehr verständlich und ausführlich geschrieben, das hilft mir, danke!
CarstenP sagt am 05. März 2020
Selbst Fama und French haben Schwierigkeiten eine eindeutige Value-Prämie in den letzten Jahrzehnten zu identifizieren. Link zum Paper ist am Anfang dieser Diskussion dazu: The Value Premium - New FF paper
Finanzprodukte für Investitionen in Faktoren/SmartBeta, Multifaktoren, Rohstoffe oder sonstige Finanzwundermittelchen werden im Namen der Diversifikation vermarktet. Ist immer das gleiche Schema, Komplexität wird als vermeintliche Verbesserung verkauft, wo es eigentlich nichts zu verbessern gibt. Ein simples Breitmarkt-Investment wird ungefähr wie der Markt abschneiden. Der Versuch, den Markt mithilfe solcher Produkte zu schlagen, geht mit dem Risiko einher, schlechter als der Markt abzuschneiden. Und ob das ein kompensiertes Risiko ist, daran scheiden sich die Geister.
Markus sagt am 05. März 2020
Ist evtl. etwas offtopic, aber habe das Gefühl das ich hier eine qualifizierte Antwort bekommen werde, nach dem Googel nicht weitergeholfen hat.
Ich will mir ein Portfolio mit Vanguard FTSE Developed World und Vanguard FTSE Emerging Markets erstellen. Fange mit 50k an. Ein Sparplan kommt auch dazu. Von dem was ich jetzt überall gelesen habe, würde ich lieber Thesaurierend machen. Seid 2019 gibt es die beiden auch Thesaurierend (A2PLS9 und A2PLTC).
Folgendes Problem: Auf justetf sieht man das beide mit 3 und 7 Mio. eine recht kleine Fondsgröße haben. Ist das ein echtes Risiko? Die Preise im Vergleich zu den Ausschüttenden alternativen (A12CX1 und A1JX51) sind auch kleiner. Hat das damit was zu tun?
Hätte kein Problem ausschüttenden zu nehmen, falls die thesaurierenden noch für Privatanleger ungeeignet sind.
Vielen Dank für die Hilfe!
PS: Thesaurierend VS Ausschüttenden wurde von finanzwesir schon zur genüge behandelt will kein fass Aufmachen :-)
Philipp Etfsparersoon sagt am 06. März 2020
Hallo liebe Community,
ich bin 28 Jahre und habe mich dazu entschieden, passiv mein Geld langfristig über ETFs anzulegen. Nachdem ich den Finanzwesir und einige Bücher darüber gelesen habe, habe ich mir nun ein online Depot eröffnet. Gerne würde ich 7500 € einmalig und darauf folgend 200 € über einen Sparplan monatlich anlegen.
Mein Gedanke war, eine Aufteilung von 50% Msci world, 35% Msci EM und 15% Msci Europe.
Alternativ würde ich eventuell auch einfach den Msci Acwi mit 200 € besparen, um die Kosten niedrig zu halten. Grund für die oben genannte Anlagestruktur ist größtenteils, dass ich in nachhaltige ETFs investieren möchte und dies über die 3 ETFs besser verwirklichen kann. Mir ist bewusst, dass es bei weitem nachhaltigere Möglichkeiten gibt, als in "nachhaltige" ETFs (SRI & ESG) zu investieren, dennoch schließe ich aus persönlichen Gründen diese ETFs in den engeren Kreis mit ein.
Nun hätte ich eine konkrete Frage. Im ETF Angebot gibt es ja ETFs mit allen möglichen Anlagevarianten. Als Beispiel führe ich hier mal den MSCI World an. Hier gibt es z.B. Varianten wie mid cap, small cap, dividenden, Sri, low volatility usw. Im Endeffekt unterscheiden sich diese ETFs ja in der Wahl der Unternehmen, wenn ich richtig liege. Allerdings sollten ja alle trotzdem immer dem zugrundeliegenden Index folgen, egal ob small cap usw. Gibt es hier nun Unterschiede auf lange Sicht oder ist das dann irgendwie doch "Augenwischerei" weil doch alles das gleich ist.
Insgesamt würde ich zu den aktuellen Kursen den Einstieg wagen wollen, da ich als (Anfänger) die Panik über den Coronavirus für überbewertet halte. Auch wenn es nicht viel ist, würde ich meine 7500€ dennoch aufteilen und gestaffelt anlegen.
Herzliche Grüße,
Philipp
Karsten sagt am 06. März 2020
@smartinvestor
Ist deine Anlagestrategie hier schon mal irgendwo diskutiert worden? Freue mich über Links.
Eine recht konkrete Aufstellung von 2017 findet sich für die interessierten in den Kommentaren hier: https://freiheitsmaschine.com/2017/11/17/millionaer-werden-sein-interview-nr-8-smartinvestor-power-of-antifragilitaet-zinseszins/
Was ist dir widerfahren, das sich dein Kommentarstil von technisch interessiert/optimistisch so verbittert hat?
Ist eigentlich was aus den Dachfondsüberlegungen geworden?
Wie hat sich die Performance in den letzten 3 Jahren entwickelt?
Hans sagt am 06. März 2020
Die hier oft beworbenen Alpha-Fonds (Finanzquacksalber-Wundermittelchen) haben einfach mitgemacht:
Man AHL Trend Alternative -8%
JP Morgan Managed Futures -6,5%
Wer bewirbt denn solche "Finanzquacksalber-Wundermittelchen" und mit welcher Begründung?
Timo sagt am 06. März 2020
@Markus
theoretisch würde die Lehrbuchmeinung lauten: Der ETF in den du investierst sollte min 50 mio einverleibt haben und etwa 5 Jahre bestehen. Dadurch ist die chance klein, dass er schon bald wieder geschlossen wird.
In diesem Fall sehe ich das aber anders. Vanguard ist sowieso erst relativ neu am deutschen Markt. Die thesaurierenden Assetklassen wurden erst letztes Jahr aufgelegt, da ist es kein Wunder, dass die noch nicht viel Geld unter sich vereinnahmt haben.
Das wird aber garantiert noch kommen. Insofern ist das kein Problem, da jetzt rein zu investieren! Ungeeignet sind marktbreite ETF für Privatanleger sowie so nie. Bei kleinen, jungen ist nur das theoretische Risiko größer, dass die Anteilsklasse wieder geschlossen/verschmolzen wird (dazu passt auch der letzte Podcast).
@Philipp
Im Endeffekt unterscheiden sich diese ETFs ja in der Wahl der Unternehmen, wenn ich richtig liege. Allerdings sollten ja alle trotzdem immer dem zugrundeliegenden Index folgen, egal ob small cap usw. Gibt es hier nun Unterschiede auf lange Sicht oder ist das dann irgendwie doch "Augenwischerei" weil doch alles das gleich ist.
richtig, im Grunde sind alle ETFs irgendwelche Teilmengen des MSCI ACWI IMI. Jeder der von dir aufgezahlten ETF Schwerpunkte (um es mal so zu nennen) verfolgt seinen eigenen Index und klebt normalerweise dicht an diesem. Mit Augenwischerei hat das aber nichts zu tun. Es sind unterschiedliche Investmentansätze, die hier angeboten werden, auch wenn der "Mutterindex" der MSCI World ist. Zwischen den Indizes gibt es dann natürlich schon deutliche Unterschiede bedingt durch die unterschiedlichen enthaltenen Unternehmen. Im aktuellen Marktumfeld der letzten Jahre haben sich aber so ziemlich alle Welt-Aktienindizes mehr oder weniger im Gleichtakt nach oben (bzw. jüngst nach unten) bewegt.
Kriegsentscheidend ist es am Ende sicherlich nicht, in welchen ETF du genau investierst, du solltest nur sichergehen, dass dessen Unternehmensauswahl dem entspricht in was du investieren willst. Denn, wenn du im nächsten Crash (das zurzeit ist "nur" eine Korrektur) panisch verkaufst, dann ist es egal, ob du 1% mehr oder weniger an Rendite hattest die letzten Jahre.
ETFischer sagt am 06. März 2020
@Markus
Die von dir genannten Thesaurierer wurden erst im September 2019 aufgelegt, daher ist ein geringeres Fondsvolumen durchaus zu erwarten. Allerdings ist das Volumen tatsächlich schon sehr niedrig.
Andererseits die Frage, ob du dir nicht auch den "einfachen" Vanguard ("Vanguard FTSE All-World") vorstellen kannst, wenn du ohnehin in alle Märkte investieren möchtest? Die thesaurierende Variante (A2PKXG) ist immerhin schon über 650 Mio. Euro schwer. Ich finde es sehr entspannend, mir keine Gedanken über eine "optimale" Anlagestrategie zu machen - zudem das Rebalancing eben auch in den nächsten Jahr(zehnt)en automatisch passiert.
@Philipp Etfsparersoon
Allerdings sollten ja alle trotzdem immer dem zugrundeliegenden Index folgen, egal ob small cap usw. Gibt es hier nun Unterschiede auf lange Sicht oder ist das dann irgendwie doch "Augenwischerei" weil doch alles das gleich ist.
Unterschiede wird es auf jeden Fall geben, weil die Indizes unterschiedlich zusammengesetzt sind. In einem Small Cap-MSCI-Index hast du ggf. komplett andere Unternehmen als in einem Low-Volatility-MSCI. Ob die Rendite nach X Jahren deutlich unterschiedlich ist, kann dir für die Zukunft sagen. Zum Thema Faktoren empfehle ich den Beitrag von ChrisS ein paar Beiträge weiter oben.
Falls es SRI sein, soll könntest du z.B. einfach einen Fonds auf den MSCI ACWI SRI kaufen (z.B. IE00BDR55927) und dir über die Länderaufteilung keinen Kopf mehr machen.
Karsten sagt am 06. März 2020
@Philipp Etfsparersoon
Mit 28 hast Du noch 40 Jahre Zeit bis zur Rente. Bei einem Einstieg von einmalig 7500 EUR und einer monatlichen Sparrate von 200 EUR ist es völlig egal, wann Du in den Markt einsteigst. Da kann der Markt sogar danach um 99,9% einbrechen und jahrelang seitwärts laufen. Das wäre übrigens als Sparbeginner das Beste für Dich.
Ich würde mich bei einem Aktieninvest nicht von Nachhaltigkeit steuern lassen. Zum einen kauft der ETF-Anbieter mit Deinem Geld Aktien und nur er erhält dadurch Einfluss auf die entsprechenden Unternehmen. Du bist als ETF-Käufer nicht stimmberechtigt. Zum anderen bestimmst Du über Dein Verhalten als Kunde über Nachhaltigkeit. Die Unternehmen machen den Umsatz in der Realwirtschaft und nicht durch des ETF-Anbieters Anteilskäufe. Nur ein Erstaktionär kann als Geldgeber entscheiden, welches Unternehmen finanziert wird.
ChrisS sagt am 06. März 2020
@ Markus
Folgendes Problem: Auf justetf sieht man das beide mit 3 und 7 Mio. eine recht kleine Fondsgröße haben. Ist das ein echtes Risiko?
Die haben so wenig Anlagevolumen, weil sie noch recht jung sind (Auflage im Sep 19). Das ganze wird also mit der Zeit schon werden. (Vanguard hätte den Produkten ja zum Start vielleicht mal etwas mehr Seedmoney spendieren können, damit nicht, wie man sieht, manch Anleger noch unnötig vom zu kleinen Volumen abgeschreckt wird, aber nunja).
Du kannst ja darin investieren, und so als einer der Ersten auch mit dazu beitragen dass sie eben größer werden ;-) Oder eben nicht und darauf warten bis das andere für dich tun.
Ne mal Spaß beiseite, mit dem "Risiko" meinst du wohl das Risiko, dass die ETFs zu schnell wieder geschlossen werden? Ist am Ende alles persönliche Ermessenssache, aber allzu große Sorgen würde ich persönlich mir hier jedenfalls trotzdem nicht machen. Wie gesagt, die Produkte sind noch ganz am Anfang - wären wir schon 5 Jahre weiter und das AUM würde immer noch in diesem Bereich rumkrebsen, würde ich ja schon eher ziemlich skeptisch werden, aber so ist das erstmal noch nichts allzu ungewöhnliches. Zudem gehts hier ja auch nicht um irgendwelche speziellen Trend- und Nischenprodukte, die von manch anderem Anbieter oftmals quasi nur als "Testballon" gestartet werden, sondern um (die thesaurierende Tranchen von) gut etablierten Benchmarkindizes, und der dahinterstehende Anbieter Vanguard ist auch eher für eine klare strukturierte Produktpalette bekannt die er auch relativ konsequent durchzieht und verzettelt sich nicht launig mit wechselhaften Spezialprodukten die alsbald wieder geschlossen werden wie manch anderer Anbieter.
Aber falls dir das AUM doch noch ein KO-Grund sein sollte, du aber trotzdem thesaurierende Produkte bevorzugst, kannst du ja auch zB. die MSCI World / EM -ETFs aus der iShares "Core" Reihe ansehen, die tun's ähnlich gut und haben (falls dir das eben wichtiger ist) schon entsprechendes AUM aufgebaut.
@ Philipp Etfsparersoon
Nun hätte ich eine konkrete Frage. Im ETF Angebot gibt es ja ETFs mit allen möglichen Anlagevarianten. Als Beispiel führe ich hier mal den MSCI World an. Hier gibt es z.B. Varianten wie mid cap, small cap, dividenden, Sri, low volatility usw. Im Endeffekt unterscheiden sich diese ETFs ja in der Wahl der Unternehmen, wenn ich richtig liege. Allerdings sollten ja alle trotzdem immer dem zugrundeliegenden Index folgen, egal ob small cap usw. Gibt es hier nun Unterschiede auf lange Sicht oder ist das dann irgendwie doch Augenwischerei weil doch alles das gleich ist.
Ich weiß jetzt noch nicht ganz, worauf genau sich deine Frage eigentlich bezieht, daher mal ganz allgemein gesprochen:
Der MSCI World ist sowas wie der "Mutter-Index" für alle aus ihm abgeleiteten Untervarianten. Diese Untervarianten bedienen sich dabei alle aus dem gleichen Aktien-Auswahluniversum (Unternehmen des MSCI World, also large/midcap Aktien aus entwickelten Industrieländern weltweit), nur die konkrete Auswahl/Gewichtung der jeweiligen daraus genommenen Aktien unterscheidet sich natürlich voneinander, je nachdem welches Konzept/Strategie der jeweilige Subindex damit umsetzen will.
Es gibt viele verschiedene Arten von Indexvarianten. Man kann z.B. regional zerlegen (der MSCI Europe enthält bspw. eben alle europäischen Unternehmen aus dem MSCI World), oder nach Branchen (der MSCI World Information Technology Index enthält eben alle Unternehmen der IT-Branche aus dem MSCI World), oder nach ethisch/ökologisch/sozialen Kriterien (die ESG/SRI-Indexvarianten in denen die Unternehmen des MSCI World danach gefiltert werden um die "guten" überzugewichten und die "schlechten" unterzugewichten/auszuschließen), oder nach allen möglichen "Faktor"-Kriterien (in denen die Unternehmen des MSCI World beispielsweise nach ihren Bilanzkennzahlen (Value,Quality) oder ihrer Kursentwicklung (Momentum, Volatility) selektiert werden), usw.
Ja, die ETFs sollten "ihrem zugrundeliegenden Index folgen". Bspw. der iShares MSCI World Quality ETF sollte eben dem MSCI World Quality Index folgen, und der iShares MSCI World Energy ETF eben dem MSCI World Energy Index, usw.. Beide Indizes enthalten Unternehmen die im allgemeinen Oberindex MSCI World drinne sind - aber es sind eben nicht die selben Unternehmen / nicht in der selben Gewichtung. Daher werden sie sich dann in der konkreten Performance auch voneinander unterscheiden (also untereinander, und insgesamt vom MSCI World). Insofern, ja es wird "Unterschiede auf lange Sicht geben" - das ist ja auch deren Daseinszweck - wenn es keine Unterschiede gäbe, bräuchte man solche Produktvarianten garnicht aufmachen. Die Benutzer solcher Produkte erhoffen sich natürlich davon, dass diese Unterschiede zum davon erhofften Nutzen und Sinn beitragen. (bspw. mit Regio/Branchen-Indizes von der vorgegebenen Regionen/Branchen-Gewichtung des MSCI Worlds abzuweichen, um [damit verfolgter Zweck].
Oder wolltest du mit deiner Frage eigentlich eher ganz spezifisch schon wissen wollen, ob/wie sich z.B. deine favorisierten ESG/SRI Produktvarianten von ihren normalen Standard-Benchmarks unterscheiden, konkret ob du z.B. langfristig Performance-Nachteile bei einem MSCI World SRI/ESG ggü einem "einfachen" MSCI World hättest?
Also unterscheiden werden sie sich wie gesagt sicher schon mehr oder weniger ein bischen (kannst ja mal in den Index-Factsheets nachschauen, welche Größenordnung der Abweichung bisher so zu erwarten war). Ob das langfristig zum positiven oder negativen dient, dazu musst du eine eigene Meinung entwickeln.
@ Smarti
Ist das nicht auch schon bekannt?
Nö, sonst würd ich ja nicht fragen - darüber, was eigentlich im reinen Aktienbereich selbst deine präferierte Allokation ist, schreibst du viel weniger/garnicht als darüber was du neben dem reinen Aktienbereich überhaupt präferierst, also die überall immer wiederkehrende Predigt zu MF-Alphafonds.
Aber gut, interessant zu sehen dass du bei der Regionengewichtung der Aktien doch nicht so rein passiv-prognosefrei Mkap (alles in den ACWI / All-World, und nicht versuchen hier auch noch "klüger als der Markt" sein zu wollen, was ja meist doch nicht funktioniert) bist wie ich eigentlich erwartet hätte, von dem wie kritisch du dich sonst ja gegenüber allen Abweichungsversuchen ggü dem Markt in diesem Bereich ja gibst (z.B. in dem man die Faktoren, oder bestimmte Branchen, gezielt anders gewichtet als der Markt - aber nun, wenn es um eigene abweichende Regionengewichtungen geht, ist das was anderes?).
Nämlich sehr positiv mittels marktbreiter regionaler Aktien- und REIT-Index-ETFs aus Europa, NA, AP sowie EM aber keine höchst kritische ausfallgefährdete Einzelländer-Allokation in Japen
Joa, leider ist aber grade die Region "entwickelte Industrieländer Asien-Pazifik" noch ein ziemlich weißer Fleck selbst bei den Standard-Breitmarktprodukten. Es gibt dazu hier bisher nun nen ollen Comstage auf den MSCI Pacific, bei den anderen Anbietern wird weiter stur noch althergebracht zwischen "Japan" und "-ex Japan" Produkten getrennt. Gefällt mir auch nicht wirklich, ich hätt eigentlich auch lieber alles unter einem Hut und man bräuchte nicht mehr unnötig eine kleine Restposition Japan mit sich rumschleppen (verzichtest du auf die komplett und machst nur die Pazifik ex-Japan -Produkte, oder wie?)
gleichgewichtet aber mit Europa-Heimat-Bias, um kein vom Markt unkompensiertes Fremdwährungsrisiko zu tragen
Die Regionen gleichgewichtet? Also 25% NA, 25% EU, 25% AP, 25% EM? Oder sonst wie?
Ein extra Europa-Heimat-Bias hat mich persönlich noch nie wirklich überzeugt (brauchst auch nicht versuchen, ich will ihn dir ja auch nicht ausreden), da ich keinen Nutzen darin sehe - das wesentliche Risikoprofil (z.B. max. Drawdown, Schwankungsbreite, etc.) eines Weltportfolios ändert sich von seiner grundlegenden Qualität her für mich nicht signifikant genug, egal ob ich darin Europa nun zu 15%, 25% oder 50% o.ä. gewichte. Hatte das mal mit den langfristigen MSCI Indexdaten zur Genüge in Excel vor langer Zeit ein bischen ausklamüsert ob da wirklich was ernsthaft "lohnenswertes" dabei ist, die dabei rauskommenden "Unterschiede" in Größenordnungen von "bei der einen Variante ist der MDD des Gesamtportfolios -54,31%, bei der anderen Variante "nur" noch -52,68%" (alles nur Beispielzahlen zur Illustration), oder Schwankungsbreiten von 14,82 vs 15,71 %, etc. sind für mich eher zu irrelevant, als dass ich hier deswegen auch noch anfangen wollen würde, ne eigene Idee von ner besseren Regionengewichtung als der Markt abweichend zu entwickeln und ausleben zu wollen (wie gesagt, auf der anderen Seite ist mir das daher aber auch so egal, dass ich nicht mit jedem der da andere Regiogewichtungsspielchen spielt noch ablehnend drüber diskutieren müsste).
Vor einem "Fremdwährungsrisiko" habe ich mich dabei auch noch nie schützen wollen, für mich schwanken Aktien einfach grundlegend von selbst schon (auch selbst "nur" in Heimatwährung genug, damit bewirkt man keine für mich signifikante Reduktion von MDD oder Vola), das zu akzeptieren reicht mir und ich versuche nicht das unnötig abzumildern (aber ich hab auch eh grundlegend schon ne relativ hohe Risikobereitschaft/Tragfähigkeit und kann einiges aushalten, bin daher auch generell eher wenig für alle irgendwelche "Sicherheits"komponenten - und strategien empfänglich). Und wenn ich zB. sehe dass sich ein "normaler" MSCI World in Euro und ein eur-hedged MSCI World in den konkreten Maßstäben wie langfristiger Rendite, MDD oder Vola nicht signifikant voneinander unterscheiden, lässt mich das "Fremdwährungsrisiko" jetzt daher also eigentlich auch nicht wirklich um den Schlaf bringen (wie gesagt, jedenfalls noch nicht so wesentlich, dass ich dadurch geneigt wäre, an der Regionengewichtung nun deswegen unbedingt noch selbst herumzudoktern zu wollen).
Vermeidung von irrationalen regionalen Blasen, wie z.B. in Japan in den 1980'ern oder u a. in NA aktuell
Bei meinen eigenen kleinen Excel-Übungen zu Vergleichen von "regionalgesplitteten, in fester Gewichtung gehalten und rebalanceden NA/EU/PA-Portfolios" und dem einfachen mkap-folgenden MSCI World, kam da noch nicht unbedingt was raus was mich persönlich zwingend davon überzeugt hätte dass man unbedingt nur ersteres machen müsste und letzteres total schlechter wäre. Wie gesagt, das sind natürlich am Ende auch persönliche Geschmacksfragen.
(bei den ganzen Übungen ist natürlich auch zu bedenken - irgendeine mehr oder weniger begründete Gewichtung der Regionen für heute lässt sich ja vielleicht noch leicht finden, und einfach in die Vergangenheit zurückprojizieren - die MSCI Regionendaten beginnen ja zB. 1970 - aber hätte man in der konkreten Praxis dann 1970 auch wirklich mit dieser Gewichtung dann angefangen gearbeitet? Da kann auch einiges an Hindsight-Bias drinstecken).
Es zwar gab einen kleinen Renditevorteil (irgendwas um/unter dem einskomma-Bereich) über die insgesamte langfristige Periode (also 1970 bis heute), der hat mir aber noch nicht zum Nachmachen gereicht weil das ja erstmal nur idealtheoretische Rechnungen sind und in der Realpraxis davon noch Gebühren und vor allem Steuern (wenn Rebalancing "klassisch", also durch Verkäufe von Gewinnerpositionen) abgehen, die das ganze in Wirklichkeit dann auf einen Bereich runterhobeln, der bestenfalls irgendwo im nullkomma-Bereich rumkrebst oder schlimmstenfalls negativer wäre als wenn man einfach nur bequem "garnichts gemacht" (nur mkapitalisierter MSCI World) hätte. Dazu hab ich daraus auch gesehen, dass ein großer Teil des Renditevorteils dabei eben auch nur aus der eher weiter zurückliegenden Vergangenheitsperiode kam und über die letzten Jahrzehnte und Jahre sowieso immer weiter runterging. Kleine Ursachenforschung hat auch die Vermutung bestätigt, die Korrelation der Jahresrenditen der einzelnen Weltregionen untereinander hat auch über die Zeit immer mehr zugenommen, also zB. von 1970-95 vs. der von 1995-2020 haben sich die gegenseitigen Korrelation jeweils um ca. 0,15 bis 0,25 angenähert.
Was die "Blasenvermeidung" angeht - Vermeidung wär mir dabei auch schon ein bischen zu weit formuliert. Um keine übertriebenen Erwartungen vom Außmaß bei unbedarften Zuhörern zu wecken, würde ich eher sagen dass man sie damit ein bischen eindämmen kann. Ein größerer ernsthafter Crash wird sich damit aber auch nicht "vermeiden" (spurlos vorübergehen) lassen, wir reden hier konkret eigentlich nur von ein paar Prozentpunkten Unterschied im MDD (wie zB. -56,81 vs -59,72% o.ä. Größenordnungen), den ein Regiosplit-Portfolio ggü einem einfachen, in-sich unrebalancierenden MSCI World macht, bei den dafür als Begründung immer wieder herausgeholten achsodramatischen Sondersituationen wie z.B. Japan-Flaute oder dotcom-Crash. Wie gesagt, ich lasse dir gern wenn du dazu andere eigene Backtests hast (kannst gern präsentieren) bei denen da signifikantere Zahlen rauskommen, oder für dich solche Größenordnungen schon signifikant genug sind, mir geht es ja nicht darum dich von irgendwas überzeugen zu wollen (jeder muss selbst mit seiner eigenen Strategie klarkommen, und da du schon einen ziemlich genug selbstüberzeugten Eindruck machst, gäbe es da wohl auch eh wenig Hilfebedarf ;-).
Achja, und die Kehrseite der "Vermeidung" (Eindämmung) ist halt auch immer so eine Sache. Klar, wenn man eine bestimmte Region selbst abweichend geringer gewichtet hatte als vom mkap-MSCI World vorgegeben, und speziell nur diese grad verliert, ist man an deren Abschwung dementsprechend verhältnismäßig ein bischen weniger exponiert als der MSCI World. Auf der anderen Seite, in der Phase wo die Region grad gut abgeht, sorgt das Untergewichtetsein nun wieder für Unterrendite ggü. dem MSCI World (in welchem die Region ja frei wachsen kann, während man im Regiosplit-Portfolio ja immer wieder was von der Gewinnerregion zurückstutzen müsste). Auch wenn immer die Japan-Flaute und dotcom-Crash als abschreckende Beispiele herhalten müssen, hat man durch eine vorherige Untergewichtung dieser Regionen in ihrer Anstiegsphase dadurch vielleicht mehr Rendite "verpasst" (je nachdem wie stark man eben gewichtungsmäßig abgewichen ist), als man dann später mal bei ihren Crashs auch wirklich wieder "eingespart" hätte, das ganze kann also, je nach individueller Ausgestaltung, nicht immer die beste Lösung gewesen sein. Aber wie gesagt, das ist im Anbetracht der jeweiligen konkreten Zahlen auch immer individuelle Ermessenssache, da ist es nicht schlimm das unterschiedliche Leute zu unterschiedlichen Ansichten kommen.
Vergleichmäßigung der Entwicklung des Gesamtportfoliowertes
Was meinst du damit konkret? In Sachen wie Schwankungsbreite der einzelnen jährlichen Gesamtportfoliorenditen, oder MDD der Gesamtportfolien, sehe ich persönlich eigentlich keine wirklich qualitativ signifikanten Unterschiede in den Größenordnungen (zwischen Regiosplit-Portfolios und MSCI World). Wenn da für dich welche dabei sind, okay, oder wenn du damit eigentlich eher was ganz anderes noch meinst, dann sag halt das.
Positives absolutes und Risiko-bezogenes Portfolio-Alpha aufgrund relativ großer Ertrags-Dispersion, wenn strikt Regel-basiert rebalanct wird
Joar, hatt ich ja oben schon was dazu geschrieben. Ein bischen Outperformance vom Regio-Portfolio vs World hab ich in den Exceldaten auch feststellen können, aber wie gesagt, auch nicht soviel dass es nach Praxis-Friktionen noch wirklich zwingend wäre (also jeder deshalb nur noch in Regio-Portfolios anlegen müsste, und keiner mehr den MSCI World selbst benutzen sollte - wie gesagt, das ist jedem selbst überlassen), und auch über die Zeit eh immer noch weiter ein bischen mehr abnehmend. Genauso war auch nicht wirklich signifikant viel "Risiko"reduktion (Vola oder MDD-Unterschiede) dadurch rauszuholen.
im Gegenzug relativ großer Tracking Error ggü. Weltmarktindex
Haja, je nachdem eben wie stark abweichend die eigene Gewichtung nun eben ist. Wobei, also vom Benchmarkindex abweichende Entwicklungen ist ja gerade das was die Benutzer eigener Regionengewichtungen damit überhaupt erreichen wollen - sie hoffen natürlich auf mehrheitlich "positive" Abweichungen (Überrendite, geringeres Risiko, etc.;-) sonst würde man die ganze Sache ja garnicht betreiben brauchen und könnte gleich beim einfachen MSCI World bleiben.
Allerdings wundert es mich jetzt schon sehr, dass du mit deinen hier offenbarten wertvollen Trading-Erfahrungen wohl nicht gleich die schon bezahlten richtigen Lehren daraus gezogen hast, wie ich. Oder war dein Lehrgeld so hoch, dass du seitdem gebranntes Kind geblieben bist? Oder bist von anderen Sachzwängen in den wilden jungen Jahren eingeholt worden hattest einfach keinen Bock mehr, was sinnvolles daraus zu machen?
Oh, du brauchst keine "Angst" zu haben, meine "Trading-Erfahrungen" waren alle im Prinzip eher nur "theoretischer Natur", denn gemeint war damit eigentlich, dass es mir dabei nicht um das einfache Ausdenken und Zusammenprogrammieren irgendwelcher Handelsstrategien, die schöne Backtests liefern (meist wird dabei noch Vergangenheitsoptimierung betrieben) ging, sondern dass die allermeisten dieser Backtests schon in sich zusammenfallen wenn man ihnen noch als Bedingung die Steuern und Gebühren gleich mit einbaut (gerade wenns eher kleinteilige aber sehr aktive Strategien sind) - es brauch also meistens garnicht erst das Scheitern im Live-Praxistest, sondern die meisten Strategien scheitern schon im Backtest, wenn dieser nur mal ehrlich und realpraktisch aufgebaut wäre.
Eigenes "Lehrgeld" hätte ich also damit nie verloren, weil ich mich dafür ja nie interessiert habe, um durch Selbst-Trading reich zu werden, sondern um die Strategien bei der Replikation eher zu entlarven ;-)
Um mal als Beispiel zu veranschaulichen, von was ich dabei eigentlich rede - irgendwo anderswo im Netz hatte ich bspw. mal Diskussionen, wo's darum ging wie toll doch eine einfache 200-Tagelinie-Strategie wäre. Also zB. "kaufe/halte MSCI World, wenn er über seiner 200TL notiert, verkaufe den MSCI World (und halte Cash) wenn er unter seiner 200TL notiert". Weißt schon, so ultraprimitivstes Zeug was als Babbys first Tradingstrategie noch oftmals rumgereicht wird, wahrscheinlich weil die noch so leichtverständlich schnell erklärt werden kann dass es noch selbst ein totaler Anfänger versteht, und deshalb sind es wohl auch meist die totalen Anfänger die vor allem noch darauf reinfallen - also wie toll doch die theoretischen langfristigen Backtests einer solchen Strategie seinen, schön gerade Equity-Curve, höhere Rendite als der MSCI World selbst und das bei stark reduzierten Drawdowns (das zieht besonders bei sicherheitsbedürftigen Einsteigern noch gut, weswegen solche Strategien ja auch oft als "Crashvermeidungs"methode rumgereicht werden, selbst in Finanzmagazinen liest man das ab und zu ja immer wieder mal).
Dann hatte ich mir jedenfalls einfach mal die Mühe gemacht, selbst nachzuschauen, was eigentlich passiert wenn man Steuern mit in den Backtest einbaut - bei Verkäufen des MSCI vom Gewinnanteil also immer mind. 25% gleichmal mit davon abzogen werden und als weniger zum Wiederanlegen zur Verfügung stehen. Und siehe da, langfristig (also über Jahrzehnte) fraß das jeden eventuellen Renditevorteil, den die Strategie im virtuellen Brutto-Backtest vielleicht noch hatte, wieder mehr als auf. Als die Leute dann gesehen hatten, das man damit langfristig, also z.B. über 30+ Jahre, fast die Hälfte weniger an konkretem Kapitalendwert als ggü der reinen Bruttostrategie erreicht hat, und damit sogar auch signifikant weniger erreicht als wenn man einfach nur den normalen MSCI World die ganze Zeit durch b&h gehalten hätte (und wer darauf ja vor allem wegen "Risikoreduktion" gekommen ist, der wäre auch besser beraten, einfach dazu noch ne Sicherheitskomponente zu halten, genauso b&h), wurde es ganz schnell wieder ziemlich still um die Strategie ;-)
Wenn nicht, dann wundert mich hingegen deine geringe Wertschätzung für die wirklich guten bekannten TopTaders/Fonds und für meine entsprechenden Tipps.
Mhm? Nur weil ich selbst nicht in die investiere, musst du das ja noch nicht als Angriff oder Geringschätzung auffassen. Vielleicht warte ich ja auch nur noch gespannt endlich mal auf deine eigene Internetseite, in der du mir dann nachvollziehbar (z.B. in konkreten messbaren Kriterien und klaren Wenn-Dann-Regelsystemen etc.) erklärst, wie ich schon vorher diese Toptrader-Fonds zuverlässig zum Investieren identifiziere, mit denen ich mein bisheriges einfaches ETF-Portfolio (mit dem ich wie gesagt auch überhaupt nicht so unzufrieden wäre, als dass ich mich groß nach Alternativen sehne) dann realpraktisch auch outperformen werde.
Tolle Fonds im Rückspiegel kann ich ja auch leicht selber schon finden, einfach nur ne entsprechende Datenbank nach Performance etc. sortiert. Allein, mir fehlt noch der Glaube dass das so auch für die Zukunft fortschreibbar ist, bzw. die Erfahrung (es brauch dafür ja nichtmal eine persönliche zu sein, sondern es reicht schon einfach ein tieferer Blick in die selben Datenbanken), dass die sich eher öfter wieder reversiert als gleichbleibt. Wie gesagt, ich bin dabei nicht so dogmatisch in irgendwelchen Meinungen festgefahren, dass ich mich nicht auch überzeugen lassen würde (oder zumindest, auch wenn ich trotzdem selbst nicht darin investieren würde, das auch allen anderen ausreden wollen würde) wenn deine Internetseite das hergibt.
Und selbst wenn nicht - ist doch auch nicht schlimm? Deinen missionarischen Eifer, mit dem du hier jeden bekehren willst, in allen Ehren, aber es wäre vielleicht auch garnicht so schlecht, sei's für die Atmosphäre im Blog oder deine eigene Wahrnehmung, wenn man da mal ein bischen vom Gas runterkommt und akzeptiert, dass nicht jeder gleich mitspringt wenn du nur oft genug hüh und lang genug hott sagst. Du wirst vielleicht auch gemerkt haben, dass ich zB. dir selbst deine Alphafonds nie ausgeredet hab (würde ich wohl auch eh garnicht schaffen), sondern du kannst (sollst sogar) gern in das investieren was du willst. Wenn wir im Gegenzug auch hinkriegen, dass nicht jeder, der nun eben nicht auch genauso in deine Alphafonds mitinvestiert, deswegen gleich ein verblendeter Idiot oder sonstwas ist, können wir uns einiges ersparen.
Dass du "Recht" und damit "Erfolg" behalten wirst, und wir uns "wegen verpasster Alpha-Chancen bald grün und blau ärgern" werden - geschenkt (ich selbst sage jedenfalls nicht dass du ja soviel Rendite verpasst und mein Portfolio ja soviel besser wäre und du lieber das machen solltest - wie wäre es wenn du uns diese Freundlichkeit auch zutust?). Mich selbst stößt du mit solcher Rhetorik eben leider eher ab als anziehen. Bei mir erweckt das keinen Eindruck und wirkt auch nicht, da ich mit meinem Portfolio ja nicht unzufrieden bin, nur auf Alternativen warten und ständig rumvergleichen würde was ich nun jeweils wo und wie so alles verpasst hätte (wenn man so anfängt, findet man ja laufend irgendwas anderes was grad besser performt).
Wie gesagt, ich habe eine ziemlich hohe Risikotoleranz/tragfähigkeit, mein Portfolio daher auch einen ziemlich hohen Aktienanteil und ich kann die dazugehörigen Schwankungen gut aushalten, habe also nie wirklich die Notwendigkeit verspürt, mir die langfristigen Aktienrenditen
zu reduzieren für ein zwingendes Sicherheitsbedürfnis, gerade also das immer weit vorn angebrachte Risikoreduktions-Argument für die MFs zieht bei mir umso weniger. Was daneben ansonsten dann noch von irgendwelchen Vorteilen darüber hinaus übrigbleibt, kann ich dann ja gern auf deiner Internseite später mal nachlesen, aber bis dahin lassen wir das ganze mal gut sein und lassen jeweils leben :-)
mario sagt am 06. März 2020
Hallo,
ist es nicht möglich diesen "Smartinvestor"-Spam zu entfernenen. Es ist nicht nur DünnSch..ß aus raubt auch Lese und damit Lebenszeit.
Der gute soll sich doch seine eigene Plattform schaffen.
Presskoppweck sagt am 07. März 2020
@ mario
Nun lass ihn doch. Es gibt andere Kommentatoren, die mit Smartinvestor kommunizieren/diskutieren möchten. Seine Schreibe ist ja nur ein Angebot, niemand muß es annehmen. Wer im Internet runherschwirrt, der sollte wissen wie man weiterscrollt.
Smartinvestor sagt am 08. März 2020
@Karsten
Ist deine Anlagestrategie hier schon mal irgendwo diskutiert worden? Freue mich über Links.
Aber gerne doch:
- Am intensivsten und unterhaltsamsten bis zum Abwinken durch Albert im berühmt-berüchtigten Alpha-Thread, inkl. Linksammlung auf weitere Diskussions-Runden in diesem Blog in meinem "Schlussplädoyer"
- Am gewinnendsten im legendären Kommer vs. Röhl- bzw. passiv vs. aktiv-Thread, den wir im dialektischen Diskurs schließlich zur überlegenen Synthese passiv & aktiv bzw. reines Beta & Alpha geführt haben, nachdem Kommer den ersten Versöhnungsversuch durch Röhl in die Richtung im Podcast mit seiner gezielten Provokation, das sei ja "noch dümmer", unterbinden wollte. Ohne ihn hat es dann doch noch - durch Alberts präventiven Hinweis erstmals sogar (fast ganz) ohne MF-Bashing - vorbildlich geklappt.
- Am anspruchsvollsten im Rendite-Thread, was unserem ansonsten sehr agnostischen Dummerchen sogar jeden Nerv geraubt hat, auch wenn das sonst übliche MF-Bashing auch dort ausnahmsweise komplett ausgeblieben ist. Vermutlich weil dort die absolute Überlegenheit als massentaugliche Strategie - "ready for democratization" - gegen härteste Inquisition festgenagelt werden konnte.
Eine recht konkrete Aufstellung von 2017 findet sich für die interessierten in den Kommentaren hier: https://freiheitsmaschine.com/2017/11/17/millionaer-werden-sein-interview-nr-8-smartinvestor-power-of-antifragilitaet-zinseszins/
Yeah, du bist ja ein richtiger reiner Alpha-Fan. Was motiviert dich warum dafür?
Was ist dir widerfahren, das sich dein Kommentarstil von technisch interessiert/optimistisch so verbittert hat?
Woran machst du das fest, bitte? Als Experte, der all den Möchtegern-DIY-Tradern und Albert hier nur gern helfen möchte, auf die einzig richtige Bahn bzw. "Kleinigkeit" der guten reinen positiven Alpha-TopTraders/Fonds zu kommen, könnte es unbeabsichtigt durchscheinen, dass ich diese ständige MF-Basherei gegen das aktuell absolute High End des lanfristigen Investieren als "Quacksalberei", "Regentanz", "Dünnschiss"... ohne Sinn und Verstand vielleicht leid bin. Ist das jemand zu verdenken, der nur altruistisch mit seinem speziellen Talent und viel Erfahrungen helfen will, sich möglichst gut für schwierige Zeiten in der Zukuft aufzustellen? Die MF-Basher scheinen vergessen zu haben, dass unser heute hochverehrter Bogle sich anfangs auch vehement gegen die bekannte Verspottung seiner passiven Mission als "Bogle's Folly" (Torheit) zur Wehr setzen musste.
Ist eigentlich was aus den Dachfondsüberlegungen geworden?
Zunächst unglaublich viel Grundlagenarbeit nebenher zur passionierten Vorbereitung meines geplanten Blog - "Everyday is Friday, Yeah", ähnlich und in Anlehnung an den Finanzwesir. Und zwar zur Demokratisierung meiner Strategie durch breit wirksame Befähigung und für weitere unterstützende Dienstleistungen. Launch nach letzten Schätzungen hoffentlich dann endgültig zur INVEST-Messe, wenn nichts Unerwartetes dazwischen kommt.
Wie hat sich die Performance in den letzten 3 Jahren entwickelt?
Mit aktienähnlich hoher Rendite aber ungefähr halbierten Schwankungen und nur 1/4 MDD beim live Stresstest des Mini-Crashs Ende 2018, wie erwartet. Also alle bestens.
Smarte Investor-Grüße
Markus sagt am 08. März 2020
@Timo @ETFischer und @ChrisS
Danke für die Rückmeldung.
Den Podcast werd ich mir anhören.
Den All-World möchte ich nicht da mir der Anteil an Emerging Markets dort zu klein ist. Zudem sind die Gesamtgebühren inclusive Sparplan auf Dauer etwas günstiger.
Ein Rebalancing ein mal im Jahr zu machen stört mich nicht.
Geduld+Spucke sagt am 08. März 2020
@Nostradamus
Aus verschiedenen Interviews vom Kommer habe ich entnommen, daß es bei seiner Beratung nicht nur um die Auswahl von Fonds geht, sondern auch viel um das drumherum, z.B. einschätzung Humankapital, Risikotragfähigkeit, etc. Bei sechs- bis siebenstelligen Vermögen sind diese Dinge in der Praxis vermutlich schon etwas komplexer, als wenn jemand gerade anfängt mit einem 50 Euro Sparplan auf den MSCI World plus Tagesgeld. Die Beratung muß also nicht notwendigerweise einen abgefahrenen Straus von exotischen Fonds aus dem Hut zaubern, um ihren Preis zu rechtfertigen.
@Markus
Genau dasselbe Phänomen ist mir letzte Woche auch aufgefallen. Ich vermute, die Zahlen sind nicht mehr aktuell und kurz nach Auflage des Fonds entstanden. Schau' dir mal die Fondsgröße z.B. auf Comdirect an. Da sind sie schon weit über der 100Mio Schwelle drüber.
Geduld+Spucke sagt am 08. März 2020
Da die Meinungen zu "Faktoren" ja durchweg negativ scheinen, möchte ich mal die andere Seite etwas beleuchten. Vorab vielen Dank vor allem an ChrisS für die Übersicht verschiedener Fonds, die Ausführungen und die sehr bedenkenswerten kritischen Bemerkungen z.B. zur praktischen Umsetzung einer Faktorstrategie.
Verschwinden die Faktoren gerade, oder sind sie in einer schlechten Phase?
Überlegungen dazu.
Die einzelnen Faktoren haben stark unterschiedlich performt
Die Übersicht von ChrisS spricht eher für eine vorübergehende Phase der Unterperformance. Würde die bessere Investierbarkeit der Faktoren die Faktoren systematisch auslöschen, würde das ja für alle Einzelfaktoren gelten. Hier sieht man aber, daß einige besser, einige schlechter als der Markt performt haben, viele aber mit deutlichem Abstand zum Gesamtmarkt. Das spricht für Zufall.
Deutliche Unterperformance einzelner Faktoren
Value hat mit -3.74 sehr stark unterperformt. Wenn das ein systematischer (kein zufälliger vorübergehender) Effekt wäre, wie kommt der Zustande? Value sind ja "billige" Aktien. Wenn die systematisch überkauft werden, sind sie ja gerade nicht mehr Value und werden dann von Value Fonds weniger gekauft. Und so hoch ist die Kostenquote eines Valuefonds nicht, daß damit systematisch fast vier Prozent Unterperformance erklärt werden könnten. Ein effizienter Markt würde die Faktoren bestenfalls systematisch auf null bringen (plus zufällige Schwankungen). Aber nicht systematisch auf -4%. Spricht für Zufall.
Einige Faktoren sind schon lange bekannt
The Intelligent Investor" von Graham, die Bibel des Value Investors, wurde 1949 das erste mal publiziert und seither immer wieder neu aufgelegt. Was sollte in den letzten 5 Jahren passiert sein, daß dieser Faktor gerade jetzt systematisch verschwindet bzw. sich sogar ins Gegenteil verkehrt?
ETF machen nur einen kleinen Teil des Marktes aus
Gerd Kommer argumentiert den ETF-Kritikern gegenüber, daß der Anteil von ETFs insgesamt am Kapitalmarkt noch sehr gering ist. Der Anteil von Faktor-ETF am ETF-Markt ist sicher auch klein. Warum sollten gerade die Faktor-ETF die Faktoren jetzt auslöschen?
Kann man die aktuelle Phase verstehen?
MSCI World wird von den Tech-Werten dominiert
Der MSCI World wird, wie der MCSI ACWI auch, von Tech-Werten dominiert. Apple (3%), Microsoft (2.89%), Amazon (1.95%), usw. Diese Firmen haben in den letzten fünf Jahren einen gigantischen Lauf (Momentum) auf hohe KGV (Growth bzw. anti-Value) hingelegt. Und siehe da, Momentum hat in den letzten fünf Jahren den MSCI World am deutlichsten überperformt und Value hat in den letzen fünf Jahren am deutlichsten unterperformt. Size Factor hat am zweitschlechtesten abgeschnitten, haben die genannten Firmen doch eine Marktkapitalisierung von über einer Billion Euro, also anti-Small.
Fazit
Wird das in Zukunft so weitergehen? Wird Apple in fünf Jahren 6% des MSCI-World ausmachen, in zehn Jahren 12%, usw.? Ich glaube eher nicht. Diese Phase wird irgendwann enden und dann sehen vielleicht Multi-Faktor Fonds wieder besser aus. Vielleicht natürlich auch nicht, wer kann das heute schon wissen? Aber die längerfristigen Backtests legen es ja wohl nahe und die jüngsten Daten liefern noch keinen überzeugenden Beweis für das Gegenteil.
Max Alpha sagt am 08. März 2020
@Geduld+Spucke
Ich habe in der Sache „Simples Portfolio + Kommer“ ja auch ein wenig gefrotzelt. Bitte nicht missverstehen.
Kommers Beiträge zur Vermögensbildung und Finanzbildung sind super, seine YouTube Videos (Kapitalgipfel, extraETF, Finanzfluss, Mission Money) habe ich mir mehrfach angeschaut, seine für Mai angekündigte Rentner-Schwarte habe ich schon vor Monaten bestellt. Trotzdem glaube ich, dass Nostradamus richtig liegt. Wer ein Beraterhonorar zahlt wird doch etwas mehr sehen wollen als das, was es kostenfrei bei Finanztip gibt.
Ich vermute, dass die meisten Ratsuchenden 50+ sind, (reine Vermutung, ich kann damit völlig falsch liegen), diese Leute können den Restwert ihres Humankapitals selbst sehr gut einschätzen. Der größer werdende Umfang von Glatze und Bauch hilft dabei enorm (ich spreche da aus eigener Erfahrung; schade eigentlich, ich war immer so sexy früher). So Leute kommen wegen eines HighEnd Portfolios zur Beratung, vorausgesetzt sie haben Anlagedruck.
Mit zittrigen Fingern grüßt Max Alpha
Nostradamus sagt am 09. März 2020
@Geduld+Spucke
Aus verschiedenen Interviews vom Kommer habe ich entnommen, daß es bei seiner Beratung nicht nur um die Auswahl von Fonds geht, sondern auch viel um das drumherum, z.B. einschätzung Humankapital, Risikotragfähigkeit, etc. Bei sechs- bis siebenstelligen Vermögen sind diese Dinge in der Praxis vermutlich schon etwas komplexer, als wenn jemand gerade anfängt mit einem 50 Euro Sparplan auf den MSCI World plus Tagesgeld. Die Beratung muß also nicht notwendigerweise einen abgefahrenen Straus von exotischen Fonds aus dem Hut zaubern, um ihren Preis zu rechtfertigen.
Ja, die Beratung wird sicher das ganze drum herum mit einschließen, das macht schon Sinn. "Sollte ich meine Zweitvilla verkaufen und das Geld in ETFs stecken?" sind dann wohl so die Fragen. Aber wahrscheinlich kommt doch auch der ein oder andere Vermögende daher, der einfach nur einen Batzen Geld mitbringt und den vernünftig am Aktienmarkt anlegen will. Und wenn die Person sich auch noch grundlegend mit ETFs auseinandergesetzt hat, und ihm MSCI World und Emerging Markets keine Fremdwörter sind, dann erwartet so jemand doch trotzdem, dass da mehr kommt als einfach nur in diese ETFs zu investieren. Und (korrigiert mich gerne, wenn ich falsch liege): Die einschlägige Meinung auf dieser Seite hier ist doch, dass man auch bei der Investition sehr hoher Vermögen diese grundlegende Strategie eigentlich nicht zu verändern braucht.
Timo sagt am 09. März 2020
@Nostradamus
Aber wahrscheinlich kommt doch auch der ein oder andere Vermögende daher, der einfach nur einen Batzen Geld mitbringt und den vernünftig am Aktienmarkt anlegen will. Und wenn die Person sich auch noch grundlegend mit ETFs auseinandergesetzt hat, und ihm MSCI World und Emerging Markets keine Fremdwörter sind, dann erwartet so jemand doch trotzdem, dass da mehr kommt als einfach nur in diese ETFs zu investieren.
Warum soll dieser halbgebildete denn Grundlegendes Aktienwissen haben, aber nicht wissen, dass es keine Geheimaktien gibt, in die man nur als wohlhabener Mensch investieren darf? Ich vermute eher, dass Kommers Kernklientel erfolgreiche Selbstständige und Kleinunternehmer sind, eher noch 5-10 Jahre jünger als von Max Alpha geschätzt. Leute die einerseits ordentlich verdienen, aber nicht so viel, dass es egal ist, was sie mit ihrem Geld machen, andererseits aber auch eben durch ihren Job keine Zeit/Lust haben, sich mit der Vermögensverwaltung zu beschäftigen. Und genauso wie diese Leute dann einen Steuerberater und vielleicht eine Haushaltshilfe haben, suchen die sich dann einen Vermögensverwalter.
Oder sie zahlen für X Beraterstunden, lassen sich von Herrn Kommer einmal ihre finanzielle Situation erklären und kümmern sich dann selbst um ihr Geld.
ChrisS sagt am 09. März 2020
Auf seiner Internetseite hat Kommer doch schon beschrieben, woraus sein Leistungs/Angebotsumfang der Tätigkeiten bei einem Beratung/Vermögensverwaltungsmandat so alles bestehen kann. Ist zwar manches etwas allgemein formuliert, aber auch nicht so schwammig, dass man sich jetzt garnichts drunter vorstellen könnte oder großartig rumrätseln müsste.
Und hier mal die Preise , man muss mindestens 500k € mitbringen, und berappt dafür 0,90 % AUM-Fee, das ganze nach Staffelmodell, also mit steigender weiterer Anlagesumme sinkenden Gebühren.
Die Preise sind relativ branchenüblich (oder ggü. dem, was eine Privatbetreuung in der klassischen Filialbank kostet, noch geradezu günstig).
Ob der Preis für die angeboteten Leistungen gerechtfertigt ist, tja, das müssten (potentielle) Kunden eben immer individuell entscheiden. Ich kann mir jedenfalls vorstellen, dass sich hier - in einem Blog für DIYler - nicht viel Interesse regt bzw. eher die erste Reaktion schonmal instinktuell ablehnend.
Denn klar, man überlege sich einmal - so richtig "Arbeit" wird eigentlich nur Anfangs am Eingang mal gemacht (umfassende Diagnose der finanziellen Situation des Mandanten, was durchaus aufwendig sein kann, und daraus abgeleitet eben Aufbau/Umstrukturierung des dazu passenden Depots), aber danach wenn also das Indexfonds-Depot dann mal erstellt ist und nur noch sich ruhig von alleine entwickelt, passiert da nicht mehr viel (soll ja auch nicht, da kein Trading, striktes B&H) ausser vllt. ab und zu mal Rebalancing - die 0,9 % Gebühren fallen aber trotzdem weiter ständig darauf an, auch wenn garkeine "Aktivität" des Beraters mehr stattfindet, die damit noch entlohnt werden müsste. (Gut, man könnte auch sagen, die Aktivität des Beraters besteht dann am Ende eher mehr nur noch daraus, den Mandanten dann durch Händchenhalten und gut zureden (gerade in so Phasen wie jetzt) auch langfristig in dem Depot zum durchhalten zu verhelfen. Also das, was auch immer als letzte Existenzberechtigung für Berater herhalten muss, wenn man schon nicht mehr annimmt, dass sie von selbst noch extra Outperformance liefern können).
Also ja, zumindest was die reine Börsenanlage-Seite angeht bezahlt ihr bei Kommer 0,9% dafür, dass er euch ein relativ einfaches Indexfonds-Portfolio "verwaltet". Wenn ihr wisst, dass ihr das Auswählen, Gewichten und langfristige Durchhalten eigener Indexfonds schon alleine hinkriegt, werdet ihr hier nicht unbedingt was zwingendes neues finden und könnt euch die Gebühren sparen (wäre auchmal interessant rauszufinden, ob das der Kommer einem so aufgeklärten, bereits gut aufgestelltem DIY-Kunden auch direkt sagen würde "Sorry, Sie machen eigentlich alles schon richtig, Sie haben mich eigentlich garnicht nötig.").
Produkte- und Anlageklassenmäßig sollte es da eigentlich auch keine großen Überraschungen, Neuerungen oder Alleinstellungsmerkmale geben. Da man Kommer, bei aller sonstigen Kritik, schon noch als integer genug einschätzen kann, dass er in seiner gewerblichen Betreuung auch nichts anderes einsetzt als das was er in seinen Büchern etc. schon öffentlich empfohlen hat (also ETFs, Indexfonds, ja von mir aus eben auch gern mit Faktor-Einschlag, aber jedenfalls nicht auf einmal anfängt was total artfremdes wie bspw. Lebensversicherungen oder Futuresoptionen benutzen zu wollen), erwartet einen auch hier nix wo man nun zwingend noch zu ihm hingehen müsste.
Der Verweis auf den exklusiven Zugang zu DFA-Produkten ist da auch ein bischen eine Nebelkerze, die kriegt man auch bei jedem sonstigen 08/15-Honorarberater, der nur das entsprechende Schulungsseminar von Dimensional durchlaufen hat, und die Fonds selber ( hier der entsprechende Finanzwesir-Artikel , in den Kommentaren hab ich mich damit auch etwas auseinandergesetzt) sind bei Lichte betrachtet auch kein wirklicher Gamechanger, sondern folgen den üblichen bekannten MSCI-Benchmarks ziemlich gleich. Falls es über längerfristige Zeiträume vllt. ja sogar doch eine kleine Outperformance (Faktoren und so) geben sollte, muss man halt nicht vergessen das demgegenüber ja auch die erhöhte Beratergebühr steht, die damit verbunden ist und das ganze netto wieder runterrelativiert.
Was neben der "reinen Börsenanlage" noch an Spezialgebiets-Beratung aufgezählt wird (Stiftungsgründung, Immobilien, Steuerstrukturierung, etc.), der Vermerk auf die "externen Partner", auf die man da verwiesen wird, kann man üblicherweise vermuten, dass das auch nicht mehr unter dem allgemeinen All-In-Fee des eigenen Mandats fällt, sondern von den Partnern selbst (da hier mitunter ja auch ziemlich arbeitsintensive Sachen anfallen) extra ein separater Stundensatz pro tatsächlicher Leistung genommen wird. Wer also z.B. eigentlich nur Fragen dazu hat, wie man ne eigene Stiftung gründet, kann doch einfach gleich zu nem entsprechenden Anwalt direkt gehen (und sich so den Umweg über die dazwischengeschaltete Kommer-Vermögensverwaltung wortwörtlich "sparen") und bezahlt dann nur den für die spezifische Leistung direkt, anstatt noch dem Kommer pauschal 0,9% pa. für eigentlich nix eigenes...
Markus sagt am 09. März 2020
@Geduld+Spucke danke für die Info.
Ich hab da jetzt noch mal etwas mehr recherchiert, weil auf comdirect das Fondsvolumen beim thesaurierenden und ausschüttenden gleich sind. Ich hab mir das auf Vanguard mal angeshen.
Das steht folgendes bei den Emerging Markets:
Accumulating: Fondsvolumen (Millionen) $ 2.290 | USD (Millionen) $ 3 per 31. Januar 2020
Distributing: Fondsvolumen (Millionen) $ 2.290 | USD (Millionen) $ 2.286 per 31. Januar 2020
Die beiden sind so wie ich das jetzt versteh Anteilklassen des selben Fonds (https://de.wikipedia.org/wiki/Fondsanteilklasse). Comdirect zeigt dabei das gesamt Fondsvolumen und justetf das Volumen der Anteilklasse an.
Max Alpha sagt am 11. März 2020
@Timo
Es ist völlig ok, einen Vermögensverwalter zu beauftragen. Dieser wird jedoch- zumindest nach Einschätzung von zwei Diskutanten- mehr liefern müssen als ein 70/30 Portfolio, weil ansonsten vermutlich schnell eine Unzufriedenheit bei den Kunden eintreten wird. Viele DIY-Anleger investieren Blut, Schweiß und Excelarbeit auf der Jagd nach der idealen Depotzusammenstellung, der „Vermögensverwaltete“ investiert, siehe oben bei ChrisS, 0,9% um von einem exklusiven Wissen zu profitieren. Sollte sich dieses exklusive Wissen - was ich nicht glaube - im Zuge der Beratung als sehr gewöhnlich erweisen (sprich 70/30 empfehlen) dann würde ich schnell auf diese Beratung verzichten.
Am Schluss bleibt das Spekulation, weil man halt keine Daten zur Motivation und Zufriedenheit der Ratsuchenden hat.
Gruß
Max Alpha
Frank sagt am 08. April 2020
Link zu einem rezenten Vergleich Smart Beta vs MSCI World:
https://fairvalue-magazin.de/smart-beta-factor-investing/
Grüsse
Frank
Hafenguy sagt am 16. April 2020
Hi Chris,
Vielen Dank für deine Ausführlichen Gedanken zum Thema Faktor ETF.
Du hast klar und einfach geschrieben so dass ich deinen Gedanken gut folgen konnte.
Lediglich eines konnte ich nicht verstehen.
Wieso hast du in deiner Betrachtung nicht den World small caps ETF VON IShares sondern von SPDR genommen?
Viele Grüße
Hafenguy
ChrisS sagt am 17. April 2020
@ Hafenguy
Wieso hast du in deiner Betrachtung nicht den World small caps ETF VON IShares sondern von SPDR genommen?
Der SPDR hat ne längere Historie, der von iShares wurde erst mitte 2018 aufgelegt.
Micha sagt am 04. Mai 2020
Ich fand das Fincamp 2018 sehr interessant. Nur verstehe ich nicht, dass sich der Preis mehr als verdoppelt hat?!
Max Alpha sagt am 05. Mai 2020
@Micha
Vermutlich weil viele Interessenten das Fincamp auch zu den aktuell aufgerufenen Preisen noch sehr interessant finden. Die Tickets scheinen sich ja durchaus verkaufen zu lassen.
Gruß
Max Alpha
Bergfex sagt am 05. Mai 2020
https://finanzmarktwelt.de/etf-die-verkannten-risiken-166260/
Presskoppweck sagt am 06. Mai 2020
@Bergfex
Ich finde einige Aussagen hinterfragenswert um nicht zu sagen hinterfotzig.
Beispiel: "Was passive ETF-Käufer in vielen Fällen jedoch tun, ist der Panikverkauf in der Krise."
Das ist gut möglich. Aussagekräftiger wäre der Vergleich wieviele Direktinvestoren und wieviele ETF-Passivinvestoren Panikverkäufe tätigen. Ich behaupte, dass Direktinvestoren generell mehr handeln und bin auch so frech zu schlussfolgern, dass Direktinvestoren daher mehr Panikverkäufe tätigen.
Was sagt uns der Autor noch?
ETF sind meinungslos und überlassen die Preisbildung den Direktinvestoren (sowohl Einzelinvestoren als auch Fondsmanagern). Das ist kein Geheimnis, das predigt der Wesir dauernd. Ist es schlimm, dass die Einzelinvestoren dadurch mehr Gewicht erhalten, gibt es keinen liquiden Handel mehr?
Es gibt ETF, die mit dem Geld der Anleger an der Terminbörse rumspekulieren. Ist das relevant für den kleinen Durschschnittsanleger? Ist der dadurch nicht mehr in der Lage einen soliden MSCI World zu kaufen, nur weil es auch spekulative Junkbond- oder Rohöl-ETF gibt?
Dann singt der gute Mann ein Lobeslied auf die Fondsmanager und hebt Warren Buffett aufs Schild. Dummerweise ist der gar kein Fondsmanager, auch wenn Berkshire durchaus etwas ähnliches wie ein Superfonds darstellt. Viele Fondsmanager sind das krasse Gegenteil des lanhorizontigen Buffett, sie agieren sehr kurzfristig. Dafür polieren sie jeden Dezember die Fenster, denn wenn der angestellte Fondsmanager kein ordentliches Jahresergebnis vorzeigen kann, ist er ein arbeitsloser Fondsmanager.
Irgendwie hab ich nach dem Lesen Blutdruck ...
Matze sagt am 06. Mai 2020
ETF Risiken:
Als Beispiel für die Risiken werden im Artikel von Finanzmarktwelt ETF´s auf Junkbonds und Öl genannt. Bei letzterem mit Futures verbunden.
Kann ich die Risiken dieser "Spezial ETF" so 1:1 auf die "Brot und Butter" ETF´s auf MSCI World etc. übertragen?
Wenn ja müssten in der Corona Krise auch bei solchen ETF die beschriebenen "Liquiditätsklemmen" aufgetreten sein.
Denn Abflüsse hat es hier mal mit Sicherheit auch im Februar / März gegeben.
Hat man hierzu etwas gehört? Gibt es Beispiele, Berichte? Wieso erscheinen die nicht im Artikel?
Noch eine Meinung zu den ETF Risiken:
https://www.gerd-kommer-invest.de/daemonisierung-von-etfs/
ETFischer sagt am 06. Mai 2020
@Bergfex
Der Artikel überzeugt mich in keiner Weise.
Persönliches Highlight:
Aktive Portfoliomanager würden höchstwahrscheinlich in der Endphase eines Booms auf Aktienkäufe verzichten und sogar Aktien verkaufen, da ihrer Analyse zufolge eine Überbewertung besteht. Diese ersten Verkäufe wirken preisdämpfend. Umgekehrt kaufen aktive Portfoliomanager im Crash die ihrer Ansicht nach günstigen Aktien, was den Preisabsturz auffängt.
Die Probleme der Index-Schmuser und Fehlanreize durch Performance-Provisionen an aktive Fondsmanager werden dagegen nicht einmal erwähnt.
Außerdem natürlich wieder die alte Vermengung von "breit diversifizierter Aktien-ETF" mit Rohstoff-ETFs usw.
ETFischer sagt am 06. Mai 2020
Schade, dass man hier eigene Kommentare vor dem Abschicken nicht noch mal in der Voransicht durchschauen kann.
Im vorherigen Kommentar schrieb ich, dass im Artikel gar nicht auf die Index-Schmuser eingegangen würde und das ist so nicht ganz richtig. Die Problematik wird am Ende durchaus beschrieben, auch die Unterperformance aktiver Fonds - allerdings verschließt der Autor sich einfach der (für mich) logischen Schlussfolgerung, dass aktive Fonds eben (für die großen Märkte) nicht sinnvoll sind.
Allgemein sehe dem ganzen aber gelassen entgegen: Falls ETF wirklich systematisch Aktien in ungerechtfertigte Höhen steigen lassen, werden einzelne aktive Anleger dies bemerken und sich über entsprechende Gegengeschäfte eine goldene Nase verdienen, sobald der Markt diese Verzerrung irgendwann abbildet. Den ETF gibt es dann immer noch :-)
Matthias K sagt am 07. Mai 2020
@ Bergfex
interessanter Artikel, danke.
Da sieht man wieder, das jedes Investment versteckte Risiken enthalten kann, die man erst dann entdeckt, wenn es vielleicht zu spät ist. Wie heißt es so schön: „Die Abwesenheit eines Beweises ist kein Beweis für eine Abwesenheit“.
Daher Diversifikation über möglichst alle verfügbaren Investmentarten, optional noch Tailrisk-Hedging (nicht zu verwechseln mit normalen Hedgingstrategien, wie es z.b. der Dirk Müller Fond so treibt)
Ein reines 70/30 MSCI World/EM-ETF-Portfolio hat zwar prima Renditen (in der Vergangenheit) und niedrige Volatilität (in der Vergangenheit), aber eben auch ein gewaltiges Klumpenrisiko. Schon ein simples 1929er-Szenario wäre schlimm, in der heutigen Zeit kann man noch viel schlimmere Szenarien erwarten.
Schon deswegen, weil die Börsenkurse zu sehr großem Teilen von der Realwirtschaft entkoppelt sind und durch die Zentralbanken extrem beeinflusst werden. Immer künstlichere Boomphasen werden immer stärkere Crashs verursachen, die wiederum noch mehr künstliche Eingriffe in Systemen nach sich ziehen, die wegen ihrer Eigenschaften grundsätzlich nicht beherrschbar sind. Trotzdem pfuscht man darin herum.
Mal zum Nachdenken: Ist ein Unternehmen stärker, wenn es seit 11 Jahren durch künstliche Eingriffe keinen Abschwung mehr erlebt hat, oder wenn es alle paar 3-5 Jahre durch völlig natürliche Konjunkturzyklen abgehärtet ist (und die schwächsten rausgekegelt werden)?
ChrisS sagt am 08. Mai 2020
Hachja, wir hatten hier ja schon länger mal keinen "ETF-Warn"-Artikel mehr zerpflückt, na for good old times schaun wir mal was sich so neues vielleicht ergibt...
Da der Fondsmanager kein eigenes Research betreibt, sind diese börsengehandelten Fonds besonders günstig.
Ohje, da gehts schon los, wenn also suggeriert werden soll der Kostenunterschied zw. aktiven Fonds und Indexfonds kommt (vor allem? allein? da das ja als einziges erwähnt wurde und alle anderen Kostenblöcke als nicht erwähnenswert unter den Tisch fallen gelassen wurden) aus dem "Research".
Wie hoch sind die "Research"-Kosten eigentlich tatsächlich? Also bei einem typischen Retailfonds mit 2% TER, wieviel Anteil der Gebühren gehen davon tatsächlich nur aufs Research allein direkt? Dass nur das erwähnt wird, kommt wohl daher weil Researchkosten ja implizit die "guten Kosten" sind - ist ja die Existenzberechtigung der Fondsmanager ("mit unseren aufwändigen Unternehmensanalysen identifizieren wir die guten Unternehmen in die wir investieren und unterscheiden sie von den schlechten Unternehmen die wir meiden, um so für unsere Fondsanleger eine Outperformance zu erwirtschaften!"), während (bewusst?) unterschlagen wird, dass ein Großteil der höheren Fondskosten auch im Grunde einfach nur "schlechte" (unproduktive, dh. bringen für den Endanleger keinen Rendite-Mehrwert) Kosten sind - allen voran natürlich die zahlreichen Vertriebskosten, Aufschläge, Provisionen, Kickbacks, Bestandsvergütungen und wie sie alle heißen.
Dass es nämlich auch ohne die geht, sieht man schon daran, dass es für viele Fonds ja verschiedene Tranchen gibt, welche für institutionelle Anleger und welche fürs ("dumme") Retail-Volk, und ei guggeda die Insti-Tranche ist auf wundersame Weise oftmals um ein drittel oder gar bis um die hälfte günstiger als die Retail-Tranche. Wie kann das denn sein? Es wird ja nicht am Research gespart, das ist bei beiden Fondsarten dasselbe, nein der einzige Unterschied ist das die Instis sich diesen ganzen unproduktiven Vertriebskostenblock nicht genauso gefallen lassen, sondern er ihnen (hpts. aufgrund ihrer größeren Verhandlungsmacht, jedenfalls nicht aus reiner Nettigkeit) erlassen wird.
Und selbst wenn wir so täten als wären alle Kosten tatsächlich nur Research-Kosten, wie erklärt sich dann die in zahlreichen Studien belegte Tendenz, dass - auch wenn natürlich aktive Fonds insgesamt ihren Index eh mehrheitlich unterperformen - es dabei noch gerade die günstigeren Fonds mit den geringeren Kosten sind, die noch am ehesten gut performen, während die teuereren Fonds am meisten unterperformen. Müsste ja nach der "Logik" genau andersrum sein, wenn angeblich Kosten = Research (und dabei, mehr Research = bessere Performance, gell?), dann müssten die teureren Fonds ja vorne liegen (weil die ja "mehr Research" betreiben?) . Da sie das nicht tun, zeigt das wohl dass es nicht die Researchkosten sind, an denen bei den günstigeren Fonds gespart wird (sondern eher auf andere, unproduktive Kostenblöcke verzichtet wird), und/oder dass Research im allgemeinen schon weniger wichtig ist als behauptet, und nicht so sehr das entscheidende Kriterium bei der Performance ist (ie. man kann auch viel und aufwändig "Research" betreiben und trotzdem unterperformen (siehe die meisten aktiven Fonds), oder garkein Research (Indexfonds) und trotzdem ganz gut performen), für was das hier versucht wird zu verkaufen.
Weiter im Text... den Absatz über die Risiken von Swap-Konstruktionen können wir uns eh schenken, wurde schon so oft genug vorgekaut, dass man das eigentlich (zumindest dem Stammpublikum hier) als bekannt voraussetzen kann, zumal sich das ganze mittlerweile eh in der Praxisrelevanz erledigt hat (es gibt in den Anlageklassen, wo man physisch replizieren kann, eh immer weniger Swapper). Wenigstens wird dazu auf den JustET-Artikel zu synthetischen ETFs verlinkt, welcher das ganze (v.a. eben auch die hohen Besicherungsanforderungen, was bei den meisten Kritikern oft einfach nicht vorkommt) ziemlich nüchtern und ohne Panikmache erklärt. Wir halten trotzdem nochmal nur fürs Protokoll fest, wie es der gute Gerd schon öfter gesagt hat, das seiner Kenntnis nach noch kein Fall aufgetreten ist, bei denen Anleger allein aus der Swap-Struktur eines ETFs tatsächlich relevanten Schaden getragen hätten, das ganze bisher also noch ein recht theoretisches Risiko ist - sieht man auch daran, dass der Artikel selbst auf keine konkreten Beispiele zeigen kann, in denen ein Swap-ETF tatsächlich mal hopsgegangen wäre (wenn es echte Beispiele dafür schon gäbe, hätte er das sicher lang und breit als Abschreckung aufgeführt), sondern sich dazu erstmal nur mit suggestiven Vergleichen im Konjunktiv (es könnte so wie bei AIG!!! ablaufen) aushelfen muss.
Verdutzt stellten Anleger damals fest, dass ihr Gold-ETF gar kein Gold enthielt, sondern zum Beispiel japanische Staatsanleihen.
Die tatsächlichen aktuellen Trägerportfolios von Swap-ETFs sind für alle interessierten Anleger jederzeit relativ einfach leicht öffentlich und transparent selbst rauszufinden, wer darüber also "verdutzt" ist was sein ETF enthält brauch sich eigentlich bei niemand anderem als sich selbst zu beschweren weil man anscheinend zu faul war das vorher nachzuschauen oder überhaupt sich vorher damit auseinanderzusetzen was Swap-ETF eigentlich bedeutet.
Die Fondsgesellschaft hatte lediglich mit einem Handelspartner, zum Beispiel AIG, ein Swap-Geschäft abgeschlossen, bei dem der Fonds die Rendite der japanischen Staatsanleihen gegen die Rendite von Gold tauschte. Blöd, wenn dann der Swap-Partner in der Krise in die Insolvenz rutscht, in der die Anleger von der Gold-Performance profitieren wollten.
Das Kontrahentenrisiko ist per Vorschrift auf 10% (Abweichung zw. Trägerportfolio und Indexwert, ab dann wieder eine Ausgleichsrücksetzung sein muss) begrenzt, die meisten Anbieter gehen noch weiter und gleichen schon viel früher (und vor allem öfter, zB. täglich) aus. Wie gesagt, der JustETF Artikel erklärt das viel unaufgeregter und besser, da sieht man auch dass viele Swaps in der Praxis sogar übersichert sind. Wenn der Swap-Partner hopsgehen sollte, werden also einfach die gestellten Sicherheiten verwertet, und da die relativ nah am Indexwert gehalten werden (mind 90%, in der Praxis eher >100%) würde man als Anleger dann auch keinen signifikanten Verlust (auf jeden fall keinen Totalverlust, wie hier wohl suggeriert werden soll) erleiden.
Absatz über Marktmacht von ETFs, Verlust der alten Preisfindungsmechanismen der Börse, "Zombie"-Firmen, usw... haja okay und was nun? Solang man ETFs (bzw. das Prinzip Indexfonds allgemein) nicht komplett verbietet, wird man halt mit diesen "negativen Folgen", wenn es sie denn tatsächlich überhaupt gibt (und nicht einiges nur für die Panik etwas heißer gekocht wurde), leben und umgehen lernen - einfach nur an die Nettigkeit der Anleger appellieren, doch bitte keine ETFs mehr einzusetzen weil mir das meinen schönen alten Markt kaputtmacht (da fühlen sich ja die ganzen Fondsmanager, Einzelaktieninvestoren und Trader ja schon in ihrem Selbstverständnis angegriffen, schließlich sind sie es ja die über den Markt wachen und richten, indem sie mit ihren klugen Analysen darüber entscheiden, welche "guten" Firmen mit Kapital belohnt werden sollen und welche "schlechten" Firmen mit Kapitalentzug bestraft werden sollen, und jetzt kommen auf einmal die blöden Indexfonds daher und kaufen/verkaufen einfach alles ungesehen gleichermaßen, herrje oh nein...), wirds wohl nicht bringen - ich selbst würde jedenfalls nicht aus reiner Nettigkeit oder hehren höheren Zielen (um "den Markt zu erhalten!!!") von sich aus auf die Vorteile von ETFs verzichten wollen bzw. mich in für mich nachteiligere Anlagevehikel (aktive Fonds, Einzelaktien-Rumgestocher oder Trading) reinzwingen lassen wollen.
Aber gut, selbst wenn wir dieses "Schreckensszenario" mal zuendespielen wollen würden, ist auch das nicht der Weltuntergang, sondern man kann genausogut auch der Logik der "Selbstheilungskraft des Marktes" (ie. der Anpassungsfähigkeit seiner Teilnehmer) folgen. Wenn sich durch einen zunehmenden "Passiv"-Anteil nun vermehrt Marktverzerrungen (technisch: "Ineffizienzen") auftun, wird das auch wieder vermehrt aktive Händler auf den Plan anziehen, die diese Ineffizienzen gewinnbringend ausnutzen können. Wenn es dann zB. nicht mehr so sein wird wie jetzt (also zB. 80-90% aller aktiven Fonds ihren Index unterperformen), sondern umgedreht (zB. 80-90% aller aktiven Fonds outperformen, sofern das überhaupt mathematisch möglich ist), dann wird eben das gleiche wie jetzt passieren, das Anlegergeld wird vermehrt aus den dann unnattraktiveren Vehikeln (ETFs) abgezogen und wieder in die dann besseren Vehikel (Fonds) fließen, und so "bereinigt" sich das ganze qua Arbitrage über die Zeit wieder laufend von selbst - herrje, wenn aktive Fonds mehrheitlich, nachhaltig und signifikant outperformen, würd auch ich wieder in die anlegen, kein Problem (ich bin ja nicht rein dogmatisch nur auf ETFs festgenagelt), aber solang die das eben noch nicht tun, bleib ich erstmal noch weiter bei ETFs (auch nur weils eben das aktuell jeweils akzeptabelste Kompromissvehikel zum Erreichen meiner Anlageziele sind).
Aktive Portfoliomanager würden höchstwahrscheinlich in der Endphase eines Booms auf Aktienkäufe verzichten und sogar Aktien verkaufen, da ihrer Analyse zufolge eine Überbewertung besteht.
Die Benutzung des Konjunktivs ("würden höchstwahrscheinlich") signalisiert schon, dass der Autor hier mehr mit Wunschdenken/Mutmaßungen/Einbildungen operiert statt mit tatsächlicher Kenntnis über die konkreten Allokationen echter Fonds (in ihrer Masse, nicht nur herausgepickten Einzelbeispielen). Es wäre ja ganz interessant mal rauszufinden ob das tatsächlich stimmt, also ob aktive Fondsmanager die Endphasen von Booms wirklich gut/besser "timen" können (auf Aktienkäufe verzichten oder sogar verzichten) - aber solche Faktenstudien dafür hat der Autor nicht auf Lager (kann daher nur Fantasie vortragen), oder es gibt die Studien und sie führen aber nur nicht zum "gewünschten" Ergebnis sondern zeigen dass aktive Fondsmanager mehrheitlich keine besseren Vorhersehungsfähigkeiten haben, sondern im Gegenteil öfter danebenliegen.
Umgekehrt kaufen aktive Portfoliomanager im Crash die ihrer Ansicht nach günstigen Aktien, was den Preisabsturz auffängt.
Auch wieder dasselbe, schöne Wunschdenken-Prosa aber wenig Faktenbelege - die Studien, die es dazu gibt ("schaffen es aktive Fonds dann wenigstens im Crash, durch ihr Handeln einen Mehrwert (niedrigere Verluste als der Index) für ihre Anleger rauszuholen?") sind in ihrer Tendenz ziemlich eindeutig - genausowenig wie es die meisten Fonds in Aufwärtsphasen schaffen ihren Index zu übertreffen, schaffen es auch die meisten Fonds in Crashphasen nicht - d.h. haben also mehrheitlich noch größere Verluste als ihr Index eingefahren! Wie kann das denn sein? Wird uns nicht immer erzählt (wie hier versucht zu suggerieren), dass gerade dass die Paradedisziplin des aktiven Managers ist - während der "dumme Index" in der Krise voll abrauscht, werden die achsotollen Fondsmanager ja vorher alle rechtzeitig aktiv umschichten und unsere Verluste kleiner halten? Bewahrheitet sich in der Realität meistens leider praktisch nicht, die Fondsmanager scheinen also sogar "noch dümmer" als der von ihnen schon für dumm gehaltene Index zu sein. Hatte ich schonmal zB. hier etwas mehr thematisiert.
Ein ETF kauft nicht im Crash nach. Und ein ETF verkauft nicht in der Hausse.
Ob (und wann) ein ETF nachkauft oder verkauft, wird tatsächlich nicht von einem aktiven Fondsmanager bestimmt, der da nach Gutdünken schaltet und waltet, sondern im Endeffekt von der aggregierten Anlegermasse (zwischengeschaltet noch der Creation/Redemption-Prozess mit seinen Authorized Participants) an sich, die eben mit ihren Mittelzuflüssen und -abflüssen letztendlich darüber bestimmt. Und das ist mir am Ende auch ganz recht so, oder sagen wir andersrum, da die Entscheidungen der Fondsmanager erwiesenermaßen überwiegend negativ sind (ie. die weit überwiegende Mehrheit aktiver Fonds schafft es langfristig nicht ihren Index outzuperformen, sondern liegt hinterher - ergo, die Manager "irren" eigentlich mehr statt sie wirklich richtig liegen), möchte ich von deren Einfluss soweit es geht gern verschont bleiben.
Was passive ETF-Käufer in vielen Fällen jedoch tun, ist der Panikverkauf in der Krise.
Hachja, okay, hier sehen wir auch wieder mal wie leichtfertig so manche Kritikebenen vermischt werden. Es gibt ja prinzipiell drei davon: Kritik am Konzept des "Passiven Investieren" allgemein (also unabhängig vom dafür benutzen Vehikel). Kritik am spezifischen Vehikel "ETF" an sich (also Nachteile, die nur auf ETFs zutreffen und nicht auch auf andere dafür benutzbare Anlagevehikel). Und letztendlich Kritik, die sich eigentlich nichtmal konkret wirklich im Kern um das passive Investieren an sich, oder ETFs im speziellen, sondern viel eher um den jeweiligen Benutzer, also z.B. einen imaginären "Beispielanleger" dreht, der einfach nur mit dem Instrument nicht richtig umgehen könne. Hier bedient man sich also aus letzterer Argument-Schublade. Na gut, aber es bleibt erstmal wieder bei Prosa - konkrete Faktenstudien, ob z.B. ETF-Anleger tatsächlich "in Krisen eher/mehr verkaufen" (ggü wem überhaupt? Fondsanlegern? Einzelaktienanlegern?) wären dafür ja interessant, werden aber auch nicht geliefert, und Bauchgefühle, Anekdoten oder Wasserstandsmeldungen aus Blogkommentaren kann ich mir dazu auch aus den Fingern saugen wenn ich wöllte.
Überhaupt, wer soll "der ETF-Anleger" überhaupt sein, das ist eh eine ziemlich heterogene Gruppe, dass sich Pauschalaussagen eh nicht seriös abgeben lassen. Es gibt große Instis die Langfristanleger sind (wobei auch manche für langfristig gehaltene Großanleger manchmal auch wieder schnappisch werden können, siehe die Versicherer mit ihren "Risikobudgets" grad), es gibt große Instis die damit eh immer nur rumtraden (das machen die also auch in Aufwärtsphasen, nicht nur in der Krise), es gibt kleine Privatanleger die damit langfristig anlegen und es gibt kleine Privatanleger die damit eh nur immer rumtraden (auch hier wieder, die traden auch in Aufwärtsphasen schon stark rum, das ist nicht nur ne Crash-Eigenschaft bei denen). Das Blog hier richtet sich natürlich hpts. an Zielgruppe drei, den kleinen Privatanlegern die damit langfristig anlegen wollen/sollen, das wird ihnen auch immer wieder erklärt und bis zum erbrechen wiederholt. Ob die Anleger sich am Ende auch alle selbst an die richtigen gegebenen Ratschläge halten, ist dann wieder ihre Sache, aber zumindest kann man den Ratschlaggebern nicht vorwerfen dass sie was falsches verbreiten würden.
Zum Themenkomplex Liquidität und Abweichungen (zw. ETF-Preisen und NAV-Wert ihrer Bestandteile) - für uns hier eigentlich nicht relevant, auf zweierlei Art. Erstens, die hier hpts. empfohlenen Brot-und-Butter ETFs haben hochliquide Basiswerte. Die angeführten abschreckenden Beispiele werden hier eh nicht großartig empfohlen (Junkbonds) oder mehrheitlich sogar schon abgelehnt (Rohstoff-ETFs). Zweitens, und selbst es mal aus Liquiditätsgründen zu kurzfristigen Preisverzerrungen kommen kann.... kalt gefragt, ja und?. Die Zielgruppe hier sind langfristige Anleger, und es wird dauernd gesagt, dass man eh nicht oft und viel handeln (oder überhaupt ins Depot schauen) soll. Was kümmert es also den hier gebildeten Anleger, der alle Ratschläge schön befolgt, wenn an irgendeinem Tag für ein paar Stunden oder nur Minuten der Preis eines ETFs kurz mal von seinem inneren Wert etwas abweicht - er soll ja nicht handeln, daher tangiert es ihn nicht (er würde es wahrscheinlich noch nichtmal mitkriegen, wenn er nicht ständig ins Depot schaut, wozu ihm ja eh keiner rät). Der ganze Themenkomplex ist wenn überhaupt nur relevant für die Daytrader-Fraktion, die auch ständig am handeln damit ist, und das ist nicht das hier angesprochene Publikum (im Gegenteil, gehts hier auch in gewisser Weise eher darum, davon wegzukommen). Und selbst wenn, dann sollen sie halt mal ihre Trading-Fähigkeiten einsetzen und daraus Profit machen (auch der Grund warum solche Abweichungen nur sehr kurzfristig sind, sie werden schnell gewinnbringend wegarbitragiert). Wer einen ETF findet, der stark über seinem inneren Wert notiert, der soll ihn halt shorten, und wer einen ETF findet der grad weit unter seinem inneren Wert notiert, der soll da halt einsteigen, alles solang bis dann eben die natürliche Regression das ganze wieder von selbst glattgebügelt hat und man kann dabei schön noch pseudo-"risikofreie" Arbitragegewinne einfahren als Belohnung dafür dass man dem ETF zur Angleichung zurück an seinem inneren Wert geholfen hat.
Zu Rohstoff-ETFs und Rollverlusten, für den Stammleser hier auch nichts neues unbekanntes, aber da sich der Autor hinstellt und behauptet "das sind Risiken, vor denen nach meiner Erinnerung in den vergangenen Jahren praktisch niemand warnte." scheint er das wohl verpasst zu haben - das Rohstoff-ETFs im Grunde ziemliche Grütze sind wurde hier jedenfalls schon früher öfter mal thematisiert, erstmal von der Sinnhaftigkeit von Rohstoffe allgemein an sich und dann von der speziellen Problematik bei der Abbildung über Futures dazu, was ja auch jeder selbst merken könnte der nur nicht zu faul ist vorher schon mal einfach die (schlechtere) Entwicklung von Rohstoff(futures)-ETFs mit ihren eigentlichen Basiswert-Spotpreisen zu vergleichen.
Es gibt diverse Untersuchungen, die zeigen, dass aktive Portfoliomanager durchschnittlich nicht besser abschneiden als passive Index-Investoren.
Netter Euphemismus - "nicht besser" sollte eher heißen "überwiegend schlechter" damit auch wirklich klar gesagt wird wie die Lage tatsächlich ist, aber das wäre wohl für die beabsichtigte Argumentation in seiner Offenheit nicht förderlich.
Der letzte Abschnitt über die armen Fondsmanager, die ja nur aus mangelnder Geduld der blöden Anlegerschaft quasi dazu gezwungen werden, entweder den Index gleich ganz nachzuschmusen (also am Ende nur zu einem teureren ETF degradiert werden), oder dafür "bestraft" werden wenn sie tatsächlich "klug und vorausschauend" handeln würden - also vor Crashs (die sie natürlich exakt erkennen und timen können) die Aktienquote verringern / Cashquote erhöhen, um dann am Tiefpunkt und der Erholung (welche sie natürlich auch genauso exakt erkennen können) mit weniger Verlusten wieder umso kräftiger einsteigen zu können, ist ja herzzerreißend - aber bei Lichte betrachtet auch mehr Wunschdenken als Wirklichkeit.
Erstmal schon in der Zuschreibung von Marktentwicklungs-Prognosefähigkeiten, die die allermeisten Fondsmanager erwiesenermaßen nunmal nicht haben. Da ist es auch ein bischen zu billig, das ganze hinterher auf die Anleger zu schieben ("wir würden zwar gern das richtige machen, wir können es auch (haben Vorhersagefähigkeiten), aber nur wegen denen dürfen wir nicht"), die nicht bereit sind jahrelange relative Unterperformance zu ertragen wenn ein Manager den baldigen "Crash vorhersieht" und dafür jahrelang im Cash hockt - wenn der Manager wirkliche Vorhersagefähigkeiten hätte, kann man von ihm auch erwarten, dass er den Zeitpunkt wenigstens richtig genug timed (also nicht jahrelang zuvor umsonst, und damit verlorene Rendite aufläuft, und natürlich auch nicht zuspät weil dann nützts ja auch nichts mehr), denn einfach nur jahrelang im Cash auf den Crash warten ist mehr Methode "broken clock" bzw. blindes Huhn anstatt wirkliche Expertise für die ich noch große Gebühren ausgeben wollen würde.
Wenn ein Fonds zulange "falsch" investiert ist (z.B. in der Hausse zuwenig Aktien / zuviel Cash, weil er ja "auf den Crash wartet"), und damit (seiner Prognose in welcher Marktphase wir sind) völlig daneben liegt (wie's so oft der Fall ist), können sich Unterperformances (ggü. Index) als Opportunitätskostenverluste anhäufen, die weitaus größer sind als alle (relativen, ie. geringere Verluste) Renditevorteile in den Crashs dann - man hat also auch insgesamt weniger davon. Wie geht das schöne Peter Lynch Zitat dazu auch sinngemäß: "Far more money has been lost by investors preparing for corrections, or trying to anticipate corrections, than has been lost in corrections themselves”. Zwotens - warum will ich überhaupt von einem Fondsmanager den Crash vorhergesagt bekommen? Siehe oben, ich möchte mich von seinen (meistens Fehl-)Prognosen und (renditeschädlichem) Rumgepfusche möglichst verschont bleiben - ich will für meinen Aktienanteil einfach die volle Aktienrendite (ohne einen Hansel der da für mich noch entscheidet wann es besser wäre mal mehr und mal weniger Aktien zu halten, und welche das genau sein sollten), also den marktbreiten Index, der darf dann aber auch von sich aus so rauf und runter schwanken wie er nun mal will - und das Gesamtportfoliorisiko stelle ich selbst schon zu mir individuell passend über eine eigene Assetallokation (Beimischung risikoärmerer Anlagen) auf Depotebene zusammen, welche dann fest eingehalten und rebalanced wird. Für den Finanzwesir-Stammleser ja auch keine neue überraschende Kost, sondern längst bekannte Vorgehensweise.
Dass der Artikelautor übrigens ausgerechnet Warren Buffett als "Kronzeugen" für seine Ansichten präsentieren muss, ist schon ein bissel bezeichnend - Warren Buffett ist kein Fondsmanager, hat er denn keinen echten Fondsmanager als Beispiel für seine Argumentation (mit Antizyklik langfristig erfolgreich sein, oder worauf er auch immer hinauswill) gefunden (es mag ja welche geben), oder kennt er nur keinen und greift deshalb auf Buffett zurück (weil den kennen die Leute ja, der hat einen guten Ruf, deswegen kann man ihn mal hier versuchen als vertrauenswürdig unterzujubeln)?
Wer Outperformance generieren will, agiert nicht defensiv und mit Blick auf Korrekturen vorausschauend, sondern lädt im Gegenteil seinen Fonds mit besonders riskanten Aktien voll. In der Boomphase ist die Outperformance damit sicher
Ich weiß ja nicht wieviel Kontakt und Kenntnis der Autor zu bzw. von echten Fondsmanagern hat, aber das sind ja mal echt neue Erkenntnisse für die Outperformace zu erzielen ist also einfach und sicher, man muss sich einfach nur den Fonds mit "besonders riskanten Aktien" vollhauen. Auf diese Erkenntnis haben die Scharen von Managern, die alle gleichermaßen täglich nach Outperformance streben (sie aber nicht erreichen) nur gewartet. Warum ist da noch keiner vor ihm drauf gekommen? So simpel, juhu, der nächste Performance Fee -Bonus ist quasi schon garantiert! Spoiler - die meisten Fondsmanager schaffen es auch genausowenig, in Wachstumsphasen mit genügender Zuverlässigkeit auch immer nur die am meisten wachsenden Aktien auszuwählen. Das liegt auch nicht daran dass sie "zwar eigentlich wöllten, aber aus vorausschauender Vorsicht vor dem nächsten Crash (den sie ja auch genauso (nicht!) wirklich vorhersehen können) nur defensiver aufgestellt sind", nein die meisten können es einfach wirklich nicht - das muss man einfach mal lernen zu akzeptieren, so schwer es auch fallen mag und so schön auch die gesuchten Ausreden und Entschuldigungen dafür klingen mögen.
Den letzten Absatz des Artikels kann man sich auch ins Phrasenschwein stecken, da war nichts konkretes dabei. Soso, ETFs haben also ihre Vor- und Nachteile, ahja, sehr hilfreich, alles klar. Soll er halt einfach mal offen sagen, was denn ansonsten seine präferierteren Anlagevehikel (Fonds? Einzelaktien? Derivate? usw.) sind, oder fällt das lieber untern Tisch, weil man sich dann wiederum einer Diskussion über deren Vor- und vor allem Nachteile aussetzen würde, bei der vielleicht rauskäme das ETFs nach Abwägung trotz allem am Ende gar doch die, wenn nicht "besten" (auch nicht meine bevorzugte Formulierung) dann zumindest "am wenigsten schlechtesten" Alternativen sind (am Ende ist es auch eh immer nur hpts. persönliche Typsache, was wie zu einem passt).
Nicht, dass man noch denken könnte, der Autor bzw. die Webplattform hat im Grunde eigentlich nur "niedere Motive", also die "Kritik" an ETFs kommt nicht zuletzt auch daher weil man mit dem Anlegertyp "baut sich einmal sein ETF-Weltportfolio an, lässt es dann in Ruhe b&h langfristig von selbst laufen" am wenigsten anfangen kann, weil der keine Unternehmensanalysen, Marktprognosen, Trading-Tips und Strategiesignale mehr benötigt, womit die sonst ihre Seiten füllen. Nur ein Späßchen, das hat natürlich garnichts miteinander zu tun. Ich muss aber schon sagen, dass ich mir zumindest angewöhnt habe, wenn ich einen "ETF-Kritik"-Artikel von echten Fondsmanagern lese, immer gleich danach auf Morningstar etc. zu schauen wie sich eigentlich die vom Kritiker verwalteten Fonds so gegen den Index geschlagen haben - das ist oft "einleuchtender" als sich mit der Kritik direkt auseinanderzusetzen (was man natürlich längst vorher schon so oft gemacht hat, dass da auch nichts neues mehr dabei ist und eigentlich nur noch langweilt), denn siehe da, allermeistens ist der kritisierende Fondsmanager ein Unterperformer, da bekommen seine "Warnungen vor ETFs" unweigerlich auch den Beigeschmack, dass es eher "Warnungen vor dem Absinken der eigenen Vergütung" ist, weil ihm die Anleger aus seinem schlechten Produkt in die besseren davonlaufen.
Von den (wenigeren) Fondsmanagern, die es tatsächlich schaffen, ihren Index langfristig, zuverlässig und signifikant outzuperformen, hört man komischerweise viel weniger ETF-Kritik, die können darauf irgendwie viel selbstsicherer reagieren weil sie es einfach garnicht nötig haben andere zur Ablenkung von eigenem Versagen schlechtzureden. Aber haja, soviel dazu.
Geduld+Spucke sagt am 09. Mai 2020
@Bergfex
Der Author des Artikels scheint enige grundsätzliche Dinge nicht verstanden zu haben. Z.B. wie Börse funktioniert. Er redet z.B. über Zombieunternehmen und Zugang zum Kapitalmarkt. Unternehmen bekommen Kapital über Bankkredite, Emissionen von Anleihen und Emissionen von Aktien. Da wir über Aktien-ETF reden (die Probleme von Rohstoff-ETFs hat ChrisS schon ausgeführt und sind hier auch kein großes Thema) würde es mich ja wundern, wenn ETFs Kapitalerhöhungen zeichnen würden.
An der Börse jedoch werden die vorhandenen Aktien gehandelt. Von daher sind die Begriffe Mittelzuflüsse und Mittelabflüsse in Booms und Busts problematisch. Ein unumstößliches Gesetzt an der Börse lautet, daß jede gehandelte Aktie einen Käufer und einen Verkäufer haben muß. In Summe kann man also kein Geld aus dem Aktienmarkt durch Verkäufe abziehen, weil irgendjemand diese Aktien ja kaufen muß. Was schwankt ist der Kurs und damit die Bewertung der Aktie. Aber das sind keine Mittel(ab)flüsse.
ETFs, die für "buy and hold" verwendet werden, handeln übrigens gar nicht an der Börse. Weil der Index in der Regel nach Marktkapitalisierung gewichtet ist. Schwankende Kurse führen also nicht zu Aktivitäten an der Börse. Erst wenn in Summe ETFs auf einen Index gekauft werden, kaufen diese ETFs Aktien an der Börse nach. Und ja, dann auch "schlechte" Aktien. Aber zum Marktpreis vom Verkäufer. Wer ist das? Wahrscheinlich ja wohl ein aktiver Investor, der in Konkurrenz zu anderen Aktiven steht, was den Preis fair gestaltet. Das Spiel hört erst auf, wenn (fast) alle Aktien des Index in ETFs sind. Dann kann man keine ETFs in Summe mehr erschaffen, weil alles ETF ist.
Aber solange noch solche Artikel geschrieben werden und solange genug Anleger daran glauben, mache ich mir da keine Sorgen, daß das bald passieren wird.
Was ich mich noch gefragt habe: Können aktive Fondsmanager von Aktienfonds überhaupt signifikant Cash auf die Seite legen? Sagen wir 50% des Fondsvermögens? Gemischte Fonds sicher, aber Aktienfonds?