Wie bin ich finanziell gut aufgestellt?
Wenn Sie Ihr eigener Finanz-Coach sind, müssen Sie denken wie ein Fußballtrainer. Sie brauchen eine Defensive, die das Tor schützt, und eine Offensive, die vorne punktet.
Die Defensive
Die Finanzverteidigung nennt sich Versicherung. Diese Versicherungen sind Ihre Leibwache. Ihr Job ist es, sich zwischen Sie und alle existenziellen Risiken zu werfen. Existenzielle Risiken sind Risiken, die Ihnen einen Schlafplatz unter der örtlichen Brücke bescheren. Die 3 apokalyptischen Reiter heißen
- Ruinöse finanzielle Haftungsforderungen. Hier kontern Sie mit der passenden Haftpflichtversicherung (Familienhaftpflicht, Kfz-Haftpflicht).
- Ein extremer Vermögensschaden. Gemeint ist hier der Verlust einer Immobilie, auf der womöglich noch Schulden lasten. Die Feuerversicherung schafft Abhilfe.
- Gesundheitliche Probleme, die eine Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise unmöglich machen. Hier greift das Duo aus Kranken- und Berufsunfähigkeitsversicherung. Bei Familien mit einem Haupternährer kann eine Risikolebensversicherung als Ergänzung sinnvoll sein. Wie gesagt, kann, muss aber nicht.
Das war’s. Größer muss die Leibwache nicht werden. Eine große Leibwache zu unterhalten ist kostspielig. Dieses Geld fehlt dann in der Offensive. Der Bund der Versicherten bietet auf seiner Website eine Bedarfsermittlung an.
Die Offensive
Hier soll Ihr Geld mehr Geld verdienen. Am Start sind die sogenannten Finanzprodukte. Hier ist die Situation noch übersichtlicher als bei den Versicherungen. Es gibt nur drei echte Finanzprodukte, von denen zwei für Privatanleger relevant sind.
- Die Beteiligung: Jemand hat eine Geschäftsidee, aber zu wenig Geld, diese alleine umzusetzen, also sucht er sich Partner. Diese Partner gehen mit ins Risiko, partizipieren aber auch an allen Gewinnen. Prominente Vertreter: Die Aktie und der geschlossene Fonds (diese Dinger, bei denen man sich an Immobilien, Schiffen oder Windkraftanlagen beteiligt).
- Die Anleihe: Jemand braucht ‒ aus welchen Gründen auch immer ‒ Geld. Also leiht er sich welches. Der Deal hier: Geld gegen Zinsen. Egal, ob der Kreditnehmer mit dem Geld einen grandiosen Erfolg erwirtschaftet oder es verkonsumiert, dem Kreditgeber kann es egal sein, er bekommt seine Zinsen und am Ende sein eingesetztes Kapital zurück. Sollte sich der Kreditnehmer als Luftikus entpuppen, ist auch ein Totalverlust möglich. Dieses Ausfallrisiko berücksichtigt der Kreditgeber durch die Höhe der Zinsen. Top-solvente Kreditnehmer zahlen geringere Zinsen als Habenichtse. Prominente Vertreter: Tages- und Festgeld, Pfandbriefe und Anleihen.
- Der Terminkontrakt: Hier verspricht der Verkäufer dem Käufer die Lieferung einer Ware (beispielsweise ein Doppelzentner Weizen in Premiumqualität) zu einem bestimmten zukünftigen Termin (beispielsweise in neun Monaten) zu einem bestimmten Preis (beispielsweise 100 Euro). Der Käufer verpflichtet sich, diese Ware dann auch zu diesem Preis abzunehmen. Der Vorteil: Der Produzent kann schon vor der Aussaat abschätzen, mit welchen Ernteerlösen er rechnen kann. Der Käufer weiß, was ihn seine Rohstoffe kosten werden und kann seine Kalkulation entsprechend aufbauen. Für Privatanleger sind Terminkontrakte nicht relevant.
Die Bastardprodukte
Die Finanzindustrie kreuzt gerne Defensiv-Produkte wie Versicherungen mit Offensiv-Produkten wie Aktienfonds und bezeichnet diese als Innovation. Das mag schon sein ‒ ein Porsche als Pritschenwagen ist auch eine Innovation. Aber er liegt schlechter in der Kurve als ein normaler Porsche und kann weniger transportieren als ein echter Transporter.
Besonders bösartige Vertreter der Bastardprodukte sind die politischen Bastardprodukte wie Rürup und Riester. Diese Burschen kombinieren eine durch horrende Gebühren kastrierte Ertragskraft mit einem Stapel Kleingedrucktem. Diese Produkte sind überreguliert. Viele Regeln sind politisch motiviert und können in der Zukunft geändert werden, ohne dass man als Einzahler etwas dagegen tun kann.
Für die Game-of-Thrones-Seher unter uns noch mal ganz martialisch: Die Versicherungen sind mein Schild, der mich vor den Schlägen des Lebens schützt. Aktien und Anleihen sind mein Schwert, mit dem ich mir den finanziellen Erfolg erkämpfe.
Klar kann ich meinen Schild mit fiesen Stacheln verstärken (eine Versicherung mit einem Aktienanteil pimpen), aber dann kann es sein, dass ich meinen Schild nicht schnell genug hochreißen kann und einer der Lannister-Burschen mir die Kehle durchschneidet.
In diesem Zusammenhang interessant ist der Artikel "Warum Garantiefonds nichts taugen".
Was ist zu tun?
Zuerst wird die Defensive aufgebaut. Erst wenn die existenziellen Risiken abgedeckt sind, kann es darum gehen, ein Vermögen aufzubauen.
(awa)
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Kommentare
Bjoern sagt am 07. Februar 2016
Rürup und Riester, wirklich nicht empfehlenswert?
Christoph (der Stillhalter) sagt am 08. Februar 2016
@ Bjoern
Wenn du mich fragst höchstens so ein maximales Förderungskonstrukt mit 60 Euro Eigenbeitrag p.a., Förderung für sich selbst und die Kinder umgesetzt in einem kostenlosen Banksparplan. Dann kann man hoffen zur Rente hin einen guten Versicherer zu finden, der dann die Verrentung übernimmt.
Bei dem Rest machst du mehr die Versicherung reich als dich selbst und begibst dich in ein großes rechtliches Risiko. Sterbetafel, Versicherungsgesetzgebung etc. kann man schnell ändern bzw. ändert sich dauernd. Außerdem ist Riester, Rürup und der ganze Wahnsinn einfach viel zu kompliziert.
Sei lieber selbst Herr über dein Geld, beschütze es eiskalt vor Leuten die Provisionen kassieren und lass es hart für dich arbeiten anstatt für jemand anderen.
Kapitalbildende Versicherungen machen nur einen reich und das ist der, der sie verkauft.
Finanzwesir sagt am 08. Februar 2016
Hallo Bjoern,
genrerell bin gegen Riester. Siehe: http://www.finanzwesir.com/blog/was-spricht-gegen-riesterrente
Das Probem mit Riester: Im Allegemeinen bringt es nichts. Aber ein definitives "vergiß es" kann man erst aussprechen, wenn man den Einzelfall geprüft hat.
Ob sich Riester lohnt, hängt ab vom
- Familienstand: verheiratet / ledig, Kinder / keine Kinder
- Einkommen: sicherer Arbeitsplatz, befristet, Gehaltsentwicklung in den nächsten Jahren
- Deiner Lebensplanung: Willst Du bis 67 durcharbeiten oder früher aufhören oder mittendrin mal ein Sabbatical einschieben / Elternzeit nehmen...
Letzendlich hilft nur eins: Vorurteilsfrei ansehen und gegebenfalls verwerfen. Das ist aber etwas, was den meisten Leuten Probleme bereitet: "Nun habe ich schon so viel Zeit da rein gesteckt, jetzt muss auch ein Abschluß her."
Qualifiziertes Verwerfen gilt nicht als Erfolg. ;-)
Dazu kommt: Was für ein Riester soll's denn sein: Banksparplan, Fondssparplan, Wohnriester? Riester ist ja nicht gleich Riester, da muss man schon differenzieren ;-)
Wir haben uns für einen "Subventions-Abgreif-Riester" entschieden. Alle Kinder auf die Frau, maximale Förderung einstreichen und gut. Kein Aufwand und der Staat gibt das Geld. Der stille Christoph hat das in seinem Beitrag politisch etwas korrekter bezeichnet aber sein Vorschlag läuft genau darauf hinaus.
Als "Vermögensbildung" oder "Altersvorsorge" würde ich das nicht bezeichnen.
Zu Rürup kann ich gar nichts sagen. Das hat mich nie interessiert. Ist aber vielleicht auch eine Aussage. ;-)
Gruß
Finanzwesir
Matthias sagt am 28. Juni 2016
4% Rendite auf kurze oder auf lange Sicht
Lieber Finanzwesir und übrige Fachleute,
eine Frage zur praktischen Umsetzung von angenommenen langfristigen ETF-Renditen im Vergleich zum selbstgenutzen Eigentumszimmer.
Der Kandidat hat 100.000 Euro auf dem Tagesgeldkonto. Es gibt 2 Alternativen zur Anlage:
- Anlage des Geldes in Welt-ETFs mit einer erwarteten durchschnittlichen jährlichen Rendite von 4% über eine Laufzeit von 20 Jahren. Der Kandidat wohnt weiterhin zur Miete in einer 1-Zimmerwohnung für 500 Euro Miete.
- Kauf einer 1-Zimmerwohnung am trostlosen Stadtrand für 100.000 Euro (alles drin). Das Hausgeld beträgt 160 Euro pro Monat.
Mir kommt es jetzt auf keinen Fall auf folgende Details an:
- Entwicklung des Werts der Wohnung
- Stimmen die oben angegebenen Parameter
- Eigentum ja oder nein als Grundsatzfrage
- Etc.
Ich möchte einfach nur darauf hinaus, dass die Differenz zwischen Szenario 1 und 2 in den monatlichen Zahlungen für Miete bzw. Haugeld ca. 4% von 100.000 Euro ausmacht. In Szenario 1 kann ich aber erst nach 20 Jahren über den Gesamtbetrag verfügen. In Szenario 2 erhalte ich die Rendite monatlich "bar" als Differenz zwischen Miete und Hausgeld.
Wenn nun alle anderen Parameter außer Acht gelassen werden, müsste man doch das Eigentumszimmer kaufen, oder?
Danke!
Matthias
Finanzwesir sagt am 28. Juni 2016
Hallo Matthias,
das ist eine Laborsituation, die ich für vollkommen praxisfern halte. Mit so etwas beschäftige ich mich nicht.
Gruß
Finanzwesir
Matthias sagt am 28. Juni 2016
Hallo Finanzwesir,
Respekt! Ich hätte gedacht, dass es viele Alleinstehende gibt, die genau vor der Frage stehen, ob sie die operativen monatlichen Lebenshaltungskosten (Hausgeld ersetzt Miete) durch den Kauf einer Eigentumswohnung dauerhaft senken wollen, oder lieber weiterhin zur Miete wohnen und das Geld in Welt-ETFs langfristig investieren.
Aber wenn du sagst, das sei eine Laborsituation, dann muss ich mich in meinem Labor damit alleine weiter beschäftigen.
Gruß
Matthias
Schleichdi sagt am 28. Juni 2016
Hallo Matthias,
ja, stimmt, es ist eine Laborsituation. Du zahlst 340 € nicht als Miete. 340 x 12 = 4.080 €, also gut 4%.
Wenn du das wirklich als Rendite betrachtest und niemals über das Hausgeld hinaus in den Werterhalt der Wohnung investieren musst, dann ist die Rendite einen Tick höher als die 4% durch den ETF.
Um so zu rechnen, muss man aber wirklich alle anderen Paramenter außer Acht lassen. Z. B. wird doch die Miete im Laufe der Jahre ziemlich sicher steigen, ebenso wie das Hausgeld. Wenn die Abstand zwischen Hausgeld und Miete größer wird, steigt der Vorteil für den Wohnungskäufer, wird er kleiner, ist der Mieter im Vorteil.
Unser ETF-Investor muss dann aber auch in seiner Mietwohnung am trostlosen Stadtrand wohnen, weil sonst allein die Wohnqualität für die Miete spräche bei ansonsten gleichen Bedingungen... aber na gut, ich sollte ja alle anderen Parameter außer Acht lassen.
Eine Annahme in deinem Fallbeispiel ist aber aus meiner Sicht falsch:
"In Szenario 1 kann ich aber erst nach 20 Jahren über den Gesamtbetrag verfügen. In Szenario 2 erhalte ich die Rendite monatlich "bar" als Differenz zwischen Miete und Hausgeld."
Nein. Du kannst ja einen ausschüttenden ETF kaufen, dann erhältst du die Rendite in beiden Fällen monatlich. Oder du kaufst einen thesaurierenden ETF und legst im Szenario 2 die Rendite ebenfalls verzinslich an (mit 4%, um vergleichen zu können), so dass du dann in beiden Szenarien die Rendite zwar mit Zinseszins, dafür erst am Schluss erhältst.
Finanzwesir sagt am 28. Juni 2016
Hallo Matthias,
die Frage
"operative monatlichen Lebenshaltungskosten durch den Kauf einer Eigentumswohnung dauerhaft senken oder lieber mieten langfristig in ETFs investieren"
ist eine sehr wichtige und weichenstellende Frage, über die man sich auf jeden Fall ganz viele und ganz ernsthafte Gedanken machen sollte. Die selbstenutzte Immobilie ist eine Lebensstilentscheidung. Du aber hackst links und rechts das Wesentliche weg. Was übrigbleibt ist eine dürre Excelkalkulation.
Diesen Unfug machen die Ökonomen mit ihrem Homo oeconomicus auch. Sie reduzieren den Menschen auf ein blutleeres Monster und wundern sich dann, dass ihre tollen Modelle in die Grütze gehen. Dabei haben sie so toll integriert und differenziert und sind die Höhere Mathematik einmal rauf und wieder runter gelaufen.
Das ist Quatsch. Der Kauf einer Eigentumswohnung ist eine Herzenssache. Natürlich muss man irgendwann auch rechnen, aber es muss zum eigenen Lebensstil passen. Du schreibst.
"Kauf einer 1-Zimmerwohnung am trostlosen Stadtrand für 100.000 Euro."
- Da haben wir es, das Adjektiv: Des einen "trostlos" ist des anderen "schön ruhig und ich kann immer mit dem Hund raus".
- Was wenn der Single Matthias auf Freiersfüßen wandelt und es dann jemand gibt, der ihn Papa nennt? Verkaufen oder Einstieg in ein Leben als Vermieter?
- Was, wenn Du Deutschland verläßt, weil Dir Dein Arbeitgeber den Job in Singapur anbietet, den Du schon immer haben wolltest?
- Nach allem, was ich bis jetzt gehört habe, gibt es nur eine Versammlung, die grauenhafter ist als ein Elternabend und das ist eine Wohnungseigentümerversammlung. ;-)
Und dann willst Du nicht über
"Eigentum ja oder nein als Grundsatzfrage"
reden? Das ist doch das Wichtigste. Ich kauf doch keine Wohnung, bloß weil das blöde Excel das vorschlägt ;-)
Wenn Du schon rechnen willst: Deine Eigentumswohnung hat einen Wert von maximal 90.000 Euro. Zwischen 8% und 15% sind Kaufnebenkosten, die verdunsten einfach.
Beim ETF jaulen die Leute schon, wenn man sie mit einer Verdopplung der Kostenquote von 0,2% auf 0,4% bedroht ;-)
Deine Wohnung muß erstmal über 10% im Wert steigen, damit Du wieder über Wasser bist.
Was mir auch noch nicht klar ist: Was bedeutet "Hausgeld"? Sind das die Nebenkosten des Mieters oder steckt da auch eine Instandhaltungsrücklage mit drin?
Instandhaltungsrücklage: Angemessenheit der Ansparung / 1 Höhe der Rücklage
Nur die Ansammlung einer angemessenen Instandhaltungsrückstellung entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung, wobei sich die Angemessenheit nach den besonderen Umständen des Einzelfalls bestimmt. Bei der Bemessung der Instandhaltungsrücklage und des jährlichen Beitrags hierzu haben die Wohnungseigentümer einen weiten Ermessensspielraum. Nur wesentlich überhöhte oder aber zu niedrige Ansätze können gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung verstoßen.
Zweite Berechnungsverordnung
Anhaltspunkte für die Bemessung der Instandsetzungsrücklage bietet zunächst § 28 Abs. 2 der Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen (Zweite Berechnungsverordnung – II. BV). Hiernach dürfen pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr bei zurückliegender Bezugsfertigkeit von weniger als 22 Jahren höchstens 7,10 EUR, bei einer solchen von mindestens 22 Jahren höchstens 9 EUR und einer solchen von mindestens 32 Jahren höchstens 11,50 EUR als Instandhaltungskosten angesetzt werden.
Praxis-Beispiel
Instandhaltungsrücklagenberechnung
Die Wohnanlage ist 15 Jahre alt. Die Instandhaltungsrücklage soll 7,10 EUR je qm Wohnfläche im Jahr betragen. Für eine 75 qm große Wohnung würde sich demnach eine monatliche Instandhaltungsrücklage von 44,38 EUR errechnen.
Gruß
Finanzwesir
Matthias sagt am 28. Juni 2016
Hallo Schleichdi und Finanzwesir,
vielen Dank, dass ihr euch des Themas angenommen und mir Antworten gegeben habt. Ich habe in den vergangenen Monaten sämtliche Artikel und Kommentierungen auf dieser Webseite gelesen und das Thema "Pro und Contra Wohneigentum" hast du, Finanzwesir, ja auch in anderen Artikeln bereits ausführlich, genau wie jetzt auch, kommentiert. Diese Seite ist übrigens für mich persönlich extrem wertvoll für das Umkrempeln des eigenen Lebens gewesen.
Bei mir ist tatsächlich die Sondersituation, dass mich das ganze zukünftige potenzielle Lebensleid, das bei vielen anderen Lesern beachtet werden muss (mögliche Änderung der familiären Situation, Arbeitsplatzveränderung, eingeschränkte Gestaltungsmöglichkeiten des Wohnraums, schlimme Nachbarn, Wohneigentümerversammlung, Papa werden, Eltern pflegen etc.) nicht betrifft und in diesem Leben nicht mehr betreffen wird.
Ich könnte es erklären, aber als Arbeitsannahme, dass ich links und rechts abhacken darf, könntet ihr es auch einfach glauben. Dennoch ist es aus deiner Sicht, Finanzwesir, natürlich wichtig, das hier zu schreiben, da 99% der Käufer von Wohneigentum diese Punkte nicht genug berücksichtigen und in die Falle tappen.
Das einzige, was auch mich noch hart treffen kann, ist Krankheit. Aber wenn man das als Argumentationspunkt zulässt, sich kein Eigentum zuzulegen, dann kann ja niemand eine Wohnung oder ein Haus kaufen. Insofern bin ich tatsächlich eine Laborratte, die das nach Excel entscheiden kann und wird.
Daher würde ich jetzt gerne nochmal auf das reine Excel zu sprechen kommen:
Es wurde der Wert und die Entwicklung der ursprünglichen Investitionssumme als wichtiger Punkt aufgeführt, also ob die 100.000 Euro nun 100.000 Euro (im Fall ETF) oder 90.000 Euro (im Fall 1 Zimmer Apartment 40qm) wert sind, und was bei dem Apartment alles im Laufe der Abnutzung über die Jahre gezahlt und getan werden muss (was nicht in den Instandhaltungsrücklagen enthalten ist), um die Wohnung im Wert zu erhalten.
Außerdem sind Immobilien aktuell vielerorts ohnehin schon sehr teuer. Ok. Das verstehe ich. Weiterhin wurde eine mögliche Veränderung des Hausgelds (inkl. Instandhaltungsrücklagen) im Vergleich zur Entwicklung der Miete angesprochen. Das kann sich positiv oder negativ auswirken. Ok. Das verstehe ich auch.
Die Quintessenz ist aus meiner Ansicht nun, dass ihr der Auffassung seid, dass die Reduzierung der operativen Lebenshaltungskosten im Fall des Kaufs einer Eigentumswohnung nicht auf Dauer in der angegebenen Höhe gelingen wird, richtig?
Also:
Szenario 1:
Ich investiere 100.000 Euro, die ich locker übrig habe, in Welt-ETFs. Hier ist eure Meinung, dass ich "realistischer Weise", sofern ich 20 Jahre lang wegschaue, nach 20 Jahren mit einer durchschnittlichen jährlichen Rendite von konservativen 4% nach Steuern rechnen kann.
Zur Ausnutzung des Steuerfreibetrags, zum Rebalancing und damit quartalsweise auch mal die Kasse klingelt und der Lebensunterhalt zu kleinen Teilen bestritten werden kann, wähle ich gerne auch ausschüttende ETFs (1,8% bis 2%).
Nach allem, was ich hier bisher gelesen habe, könnt Ihr diesem Szenario sicher zustimmen, oder?
Szenario 2:
Ich wohne aktuell in einem 1-Zimmer-Apartment, das viele andere als "trostlos" bezeichnen, zur Miete. Für mich persönlich ist es perfekt. Ich zahle 500 Euro Miete (Abbuchung von meinem Konto an den Vermieter).
Ich könnte das Apartment für 100.000 Euro (inkl. aller Kosten), die ich "locker übrig" habe, kaufen und zukünftig ein monatliches Hausgeld von 160 Euro (inkl. Rücklagen) bezahlen.
Meine Milchmädchenrechnung (ganz unabhängig vom aktuellen und zukünftigen Wert der Wohnung) ist nun, dass ich damit monatlich 340 Euro netto mehr auf dem Konto habe, die auch nicht steuerlich relevant sind, wie Dividendenausschüttungen von ETFs. Das ist deshalb eine Milchmädchenrechnung, da die 160 Euro zum dauerhaften Betrieb (z.B. Sonderumlagen) der Wohnung nicht ausreichen und ich damit die Rendite von Szenario 1 nicht erziele.
Richtig zusammengefasst? :-)
Danke!
Matthias
Finanzwesir sagt am 29. Juni 2016
Hallo Matthias,
"Dass mich das ganze zukünftige potenzielle Lebensleid, u.a. Wohneigentümerversammlung nicht betrifft..."
Du kannst also eine Einzimmer-Eigentumswohnung kaufen ohne Dich mit einer Wohneigentümerversammlung herumzuschlagen?
Ok, Du bist wirklich ein spezieller Fall ;-)
Das wunderbare an Deiner Situation: Du musst nicht die Katze im Sack kaufen. Du kennst Deine Wohnanlage. Du weiß, wo es klappert und kaputt geht. Du kannst ganz lässig alle wichtigen Recherchen durchführen. Sprich doch mal den Hausmeister an und lass Dich rumführen. Frag nach der Heizung, wann muß die erneuert werden, wann wurde das Dach das letzte Mal erneuert?
Mach Dich im Internet schlau über die Standzeiten von
- Heizung
- Dach
- Regenrinnen
- Wasserleitungen
- Stromleitungen
- Fassade
- Fenstern
- Müsste das Treppenhaus mal wieder gestrichen werden?
Frage Deinen "Noch"-Vermieter nach den Abrechnungen der letzten 10 Jahre und arbeite die gründlich durch. 160 Euro incl Rücklagen scheint mir sehr wenig zu sein.
Gibt's einen Reparaturstau? Wenn 10 Jahren nicht viel gemacht wurde, kommen demnächst die großen Summen auf Dich zu. Häuser müssen permanent gepflegt werden. Ist so ähnlich, wie wenn Du Dir einen Hund anschaffst, da hast Du auch immer Geschäft.
Mach Dich schlau, was die Stadt vorhat. Werden Gebühren erhöht? Gibt es neue Auflagen? Ist das Hauptabwasserrohr bereits saniert? Ist die deutschlandweite Auflage das Regenwasser auf dem Grundstück zu behalten bereits umgsetzt?
Gibt es sonstige kommunale/bundeslandweite/nationale Auflagen, die noch umgesetzt werden müssen?
Baurecht ist ein heilloses Kuddelmuddel, da mischen alle mit.
"Das ist deshalb eine Milchmädchenrechnung, da die 160 Euro zum dauerhaften Betrieb (z.B. Sonderumlagen) der Wohnung nicht ausreichen"
Keine Ahnung. Eins ist sicher: Das Haus wird jedes Jahr älter und die Pflege teuerer und der Hausmeister wird auch nicht billiger. Die 160 Euro sind deshalb eine Untergrenze. Das Ganze muß zumindest mit der Inflationsrate dynamisiert werden.
Wie oben gesagt, mach die Due Diligence. Gekauft ist schnell, aber dann musst Du Dich um Dein Eigentum kümmern.
Gruß
Finanzwesir
PS: Ist das Haus schon gedämmt? Wenn ja, dann wirst Du 5 - 10 Jahrer nach der Dämmung Deinen Spaß haben, wenn die alles wieder runterreißen, weil die Fassade vollkommen verrottet ist. Wenn nein, dann wirst Du das wohl demnächst bezahlen müssen (und dann siehe Fall 1).
Matthias sagt am 29. Juni 2016
Hallo Finanzwesir,
ich habe es wirklich final verstanden. Ich danke dir für alle aufgeführten Punkte.
Gruß
Matthias
Canstiill sagt am 25. Dezember 2016
Ich finde die Fragen von Matthias sehr konkret und sehr interessant. Die gleiche stelle ich mir auch.
Deine Antwort, Finanzwesir, kann ich dann wie folgend zusammenfassen: Wegen allen Gründen, die du erwähnst hast, kommen so viele Kosten bei einer Eigentumswohnung, dass eine Investition in World ETFs langfristig immer attraktiver ist, richtig?
Wir wissen alle, dass Kosten bei Eigentumswohnung falle. Mir haben aber die quantitative Argumente gefehlt, die in dem konkreten Fall von Matthias zeigen, dass ETFs finanziell interessanter sind.
Dagonet sagt am 13. April 2017
Der Bedarfscheck hat eine neue URL: https://www.bdv-beratung.de/entscheidungshilfen/bedarfscheck
Tatjana sagt am 14. September 2017
|
Lieber Albert,
vielen Dank für all das Wissen, dass du mit uns teilst! Für mich ist das alles ganz neu. Ich bin fast 50 und habe erst vor einem halben Jahr angefangen, mich mit dem Thema Finanzen zu beschäftigen - besser spät als nie... Bei mir kam immer irgendwie Geld rein, auch ab und zu größere Summen, und genauso ging es auch immer wieder raus, so dass ich nie gespart habe. Ich möchte auch sehr gerne Vermögen aufbauen, spare nun auch fleißig jeden Monat, und habe diesen Artikel mit Interesse gelesen.
Aber nun ergibt sich für mich schon das erste kleine Problem bei der Defensive: Wegen einer Herzerkrankung (nicht schlimm, aber es ist möglich, dass es irgendwann operiert werden muss) bekomme ich keine Berufsunfähigkeitsversicherung. Ich habe mich gerade erst selbständig gemacht und vertraue meiner Versicherungsvertreterin nicht (mehr).
Ich habe alle möglichen Versicherungen bei derselben Gesellschaft, schon seit ich überhaupt Versicherungen habe. Ich denke, ich sollte das dringend mal ändern. Mein Mann sagt, ich hätte eh viel zu viele Versicherungen (Hausrat, Haftpflicht, Rechtsschutz, Wohngebäude (mit allen denkbaren Risiken), Riester, private Rentenversicherung); wie auch immer, jedenfalls soll ich nun laut Versicherungstante eine Krankentagegeldversicherung abschließen und jeder sagt mir, dass das rausgeworfenes Geld ist und ich das Geld lieber einfach beiseite legen soll für den Notfall. Ich weiß auch nicht, ob ich eine Krankentagegeldversicherung überhaupt bekommen würde wegen der Krankengeschichte. Gibt es eine Alternative, wenn man keine Berufsunfähigkeitsversicherung bekommt?
Viele Grüße aus Hamburg!
Geldfrau sagt am 21. September 2017
@Tatjana
... wenn ich das lese, mit deinen Versicherungen, denke ich auch: da solltest du mal was ändern. Zu viele und schon zu lange nicht geprüfte Versicherungen, scheint mir. Wenn Du schon sparst und dich durch den Finanzwesir gelesen hast, prima. Dann geh' den nächsten Schritt: durchforste deine Versicherungen.
Stelle jede Versicheurung auf den Prüfstand, ob du sie WIRKLICH brauchst. z.B. Hausrat? Hast Du teuren Hausrat? Und was wird da eigentlich wirklcih abgesichert? Rechtsschutz? Wann bist du das letzte Mal verklagt worden? Passiert das häufig und warum? Wenn du das für deinen Job brauchst, sind es Betriebsausgaben, sonst... wirklich nötig?
Bei Haftpflicht (wichtig!) - sieh dich nach einer neuen Police um mit gleichen Leistungen. Wenn deine Versicherung schon älter ist als 10 Jahre, hat sich preislich sehr viel getan seither. Mach das auch bei deinen anderen VErsicherungen z.B. der Wohngebäude (hast du Eigentum? Als Mieter brauchst das nicht, hat der Vermieter abgeschlossen) etc. Da könnte sich viel Einsparpotential ergeben.
Hast du schon versucht, eine Berufsunfähigkeitsversicherung zu beantragen? Wenn nein, kannst du von einem Versicherungsmakler bei Versicherungen vorfühlen lassen, anonym, für deinen Fall. Dann kannst du sehen, ob du abgelehnt wirst bzw. zu welchen Konditionen sie dich versichern würden.
Wenn du deiner Verischerunsmaklerin nicht mehr vertraust - u.v.a. alle Versicheurngen bei ein und derselben Gesellschaft alle sind - sieh dich nach einem unabhängigen Makler aus, nicht einem Alleinvertreter'in.
https://www.test.de/Versicherungsmakler-Mehr-Leistung-fuers-Geld-40028-0/
Mit der Krankentagegeldversicherung ... Geld beiseite legen klingt gut. Außerdem: Du bist verheiratet (schlussfolgere ich jetzt mal aus Mann, ist freilich nicht zwingend). Ich weiß ja nicht, wie ihr das haltet mit dem Geld, aber wenn du krank bist, hat er weiter Einkommen und kann dich mitversorgen. So halten wir das jedenfalls in unserer Ehe. :) Einer steht für den anderen ein.
Viel Erfolg! Und dranbleiben an den Kröten. Lohnt sich!
Gruß Dani alias Geldfrau
Martin sagt am 25. November 2017
Hallo Finanzwesir,
wie funktioniert die anonyme Anfrage über einen Versicherungsmakler genau?
Hintergrund: Mich treibt schon seit längerem die Frage um, was als Alternative zu einer Berufsunfähigkeitsversicherung dienen könnte. Ich bin verheiratet und habe eine kleine Tochter (3 Jahre alt) und bin Hauptverdiener.
Ich war immer der Meinung, dass ich aufgrund einer chronischen Vorerkrankung (Depression) keine BU abschließen kann. Ich bin noch in Behandlung mit niedrig dosierten Tabletten und 2-3 mal im Jahr beim Neurologen/Facharzt für Psychiatrie.
Da ich nicht ausschließen kann, dass die Erkrankung wieder akut wird, ist der Ausschluss der Erkrankung beim Versicherungsschutz keine Option für mich.
Welche Möglichkeiten (außer Geld beizeiten zur Seite zu legen) gibt es hier noch?
VG
Martin
Thomas G. sagt am 06. Juli 2018
100.000€ vorhanden, davon Nebenkosten für den Kauf der Wohnung bezahlen und MAXIMAL noch soviel Geld, dass ich keinen Nachrangzinszuschlag bezahlen muss, erfahrungsgemäss also 10-25‘ je nach Bank.
Rest in DIMENSIONAL Depot.
Wichtig ist dabei, dass der Aktienanteil nur so gross gewählt wird, dass man auch 40-50% Kursrückgang mental verkraftet und nicht verkauft. Bei den meisten Leuten ist es so, dass es nicht mehr als 20% in den Keller darf, somit 50% Akten und 50% festverzinslich.
Auch das 50/50 Depot wird mehr Ertrag erwirtschaftet als die Kreditzinsen für die Wohnung kosten. Das Darlehen mindestens 15 Jahre Festschreiben und mit max. 2 % direkt bei der Bank tilgen. Das Darlehen kostet weniger als die Miete, die ohnehin nicht 30 Jahre gleich bleiben würde.
Viel Spass im Eigenheim UND Deinem Depot!
Gruss
Thomas
SohnB sagt am 16. November 2018
Lieber Finanzwesir,
sehr schöner Artikel. Den Blick fürs Wesentliche schärfen und die ganzen Gewohnheiten hinterfragen.
Können wir nochmal über die Defensive reden. Deine Einstellung zur Leibwache ist interessant... meine Leibwache ist etwas größer und kostet mehr Unterhalt. Die launigen Herren mit den Anzügen und teuren Autos haben mir immer eingeredet, dass man ne handvoll Versicherungen braucht, um wesentliche Risiken zu kontrollieren.
- private Haftpflicht + Autohaftpflicht
- Absicherung gegen Krankenheit+Berufsunfähikeit
- Absicherung von Gebäude und Hausrat
- und zu guter Letzt noch ne Rechtsschutzversicherung.
Ist das doch zuviel? Die beiden letzten Leiwächter sind ziemlich teuer - ob diese funktionieren ist fraglich.
Also die Gebäudeversicherung gegen Feuer/Sturm/ Elementargewalten schon, aber ob ne Hausratversicherung Sinn macht, kann ich nicht einschätzen. Ich habe diese noch nie gebraucht.
Ähnlich verhält es sich bei einer Rechtsschutzversicherung - die ist glaube ich nur für das gute Gefühl. Du sagst ja richtigerweise, dass dann das Geld für die Offensive fehlt. Was tun?
Schöne Grüße
SohnB
Tobias sagt am 28. August 2019
Ich muss sagen, dass ich die Kritik an einem Wohnungskauf nicht nachvollziehen kann. Natürlich hatte Matthias eine Laborsituation, aber der Renditevergleich hingt doch gewaltig.
Ich selber habe vor 4 Jahren eine Wohnung gekauft und kann mit der Rendite kaum zufriedener sein.
Die Situation:
Kaufpreis: 200.000, Nebenkosten 5,5% (kein Makler, Gutachten gratis bei Kredit). Somit also keinen Wertverlust wie von dir behauptet von 15%. EK 20.000, FK 180.000
Zins: ca. 1,5%, also 250€/Monat, Tilgung 2%, Gesamt also ca. 600 EUR / Monat
Nebenkosten: seit 4 Jahren sinkend, weil Aufzugwartungskosten halbiert, Stromanbieter gewechselt, Bankkonto gewechselt etc., aber ca. 300 EUR.
Mit Grundbesitzabgaben und nicht umlagefähigen Kosten (Vergleich Miete) bleiben ca. 100€ Mehrkosten für die ETW.
Gesamtkosten 1.000 EUR / Monat.
Bei 120 m² und ca. 8 EUR pro qm Miete (Großstadt, aber Stadtrand und Ruhrgebiet) würde die Miete 960€ betragen. Somit wäre ich bei der Miete 40€ günstiger im Monat, aber ich tilge 250€ und habe die gratis Garage jetzt sogar ignoriert.
Also gewinne ich im Monat 210€ im Vergleich zur Mietwohnung, oder im Jahr auf das EK gerechnet habe ich eine Rendite von 12,6%. Hinzu kommt die Wertsteigerung, welche mir bisher ca. 70.000 EUR erbracht haben sollte, also satte 87,5% auf das EK pro Jahr!
Fazit:
Ein Kauf einer ETW ist immer mit Risiken verbunden und die Rendite bei 100% EK ist mit Sicherheit eher geringer als bei der Anlage in Finanzprodukte, die Dividenden zahlen oder anders den Wert steigern. Aber durch den Hebel mit im Moment sehr, sehr günstigem Fremdkapital ergibt sich eine traumhafte Rendite.
Klar, Wohnungen/Häuser sind jetzt viel teurer als vor 4 Jahren und die Renditerechnung wird geringer ausfallen, aber es ist trotzdem weiterhin zu überlegen was man macht.
Ein weiterer Vorteil ist natürlich, dass ich meine Immobilie immer wieder als Sicherheit beleihen kann und z.B. den Kredit nach Ablauf der ersten Finanzierung aufstocken könnte und somit extrem billig an Fremdkapital kommen könnte, was für weitere Investitionen genutzt werden könnte.
Dies ist dann natürlich eine extrem riskante Strategie.
Max Alpha sagt am 29. August 2019
@Tobias
Ich lebe ebenfalls in der eigenen Immobilie. Ich bin aber trotzdem der Meinung, dass Immobilien als Investment zu kompliziert sind.
Die Beschaffung ist wegen der Prüfvorgänge schon sehr zeitintensiv. Im Gegensatz zum ETF oder einer Aktie kann man den üblichen Preis nicht googeln.
Die Verwaltung des Investments ist anstrengend und nervig, wenn man keine Freude an motzenden Mietern und Eigentümerversammlungen hat (in diesem Moment leuchtet mir übrigens das Konzept der arschlochfreien Zone ein).
Man braucht für Immobilien wirklich Spezialwissen, wenn man eine ordentliche Rendite machen will. Das ist nichts, was man sich mal schnell zusammen googelt oder aus Podcasts mitnimmt (z.B. sinnvolle Annahmen zu langfristig erzielbaren Mieten, Mietausfallwagnis, Instandhaltungskosten, Modernisierungsplanung, Verwaltungskosten...).
Mir ist das zu anstrengend für die Freizeit. Als Investment scheiden Immobilien daher für mich aus. Ich habe Deine Berechnung nicht im Detail nachvollzogen, insofern kann ich völlig falsch liegen. Aber müsstest Du nicht auch Rücklagen für kommende Instandhaltungen oder Modernisierungen einfließen lassen?
Bei einem Kaufpreis von rund 1670 EUR/m2 müsste das Gebäude ja auch schon einige Jahre auf dem Buckel haben.
Ein Leben zur Miete käme für mich, solange ich noch bei Kräften und Verstand bin, jedoch auch nicht in Frage (auch hier wieder die arschlochfreie Zone). Aber Betongold? Lieber nicht.
Gruß
Max Alpha
BigMac sagt am 30. August 2019
@Tobias:
Ich gebe dir recht, es ist sogar immer zu überlegen was man macht. Aber du fokussierst in deinem Beitrag rein auf die Rendite und unterschlägst leider den ganzen Kram drumherum, der zu einer Immobilie gehört und weiter oben Erwähnung findet (und auch ein paar Risiken). Das gehört zum "überlegen was man macht" auf jeden Fall dazu und steigert die Attraktivität von Immobilienbesitz sicher nicht.
P.S.: 200.000 Euro für eine 120 qm-Wohnung sind in meinem Umfeld illusorisch, auch bei nur 8 Euro Miete pro qm.
P.P.S.: Banken erstellen keine Immobilien-Gutachten. Was die Immo-Fritzen dort erstellen sind kostenfreie Bewertungen, die oft fehlerhaft und nicht belastbar sind. Ein richtiger Gutachter kostet etwas an Geld und sieht Dinge, die einem Nichtwissenden nie auffallen würden. Ich durfte mich erst letztes Jahr mal davon überzeugen. Unterschied zwischen Bank-Bewertung und Gutachten: 20%.
Tobias sagt am 30. August 2019
@Max Alpha:
Das Gebäude ist von 2008 und in den Nebenkosten sind ausreichend Rücklagen enthalten. Für 8 Parteien sitzen wir auf fast 50.000 EUR, das sollte für viele Dinge reichen. Es gibt auch keinen Sanierungsstau, wirklich rein gar nichts. Von daher gibt es aus meiner Sicht kein besseres Investment als die eigenen 4 Wände, bei dem aktuellen Zinsniveau.
Allerdings müssen es die eigenen 4 Wände sein, da stimmt ich dir voll zu. An Vermietung mit allen Nachteilen (Mietnomaden) hätte ich auch keine Lust. Da investiere ich auch lieber zu 4-6% in Aktien, ETFs oder andere Anlageformen.
Wegen dem Preis pro Quadratmeter. Im Ruhrgebiet waren die Preis vor ca. 4-5 Jahren absolut üblich. Neubauten gab es damals noch für 2.000 EUR/m2, jetzt sind wir auch oftmals bei 3.000 EUR/m².
Ich wollte nur darauf hinweisen, dass man nie pauschal sagen sollte ETFs sind besser. Die eigene Wohnung/Haus gibt einem viele Möglichkeiten, die man als Mieter nicht hat. Andersrum verliert man natürlich auch gewisse Vorteile, die ein Mieter hat. Aber damals war aus allen Gesichtspunkten der Kauf viel günstiger als weiter zur Miete zu wohnen. Mit der jetzt erreichten Wertsteigerung wollte ich nicht rechnen, nehme ich aber gerne mit.
ChrisS sagt am 31. August 2019
@ Tobias
Ich muss sagen, dass ich die Kritik an einem Wohnungskauf nicht nachvollziehen kann.
Und ich kann nicht nachvollziehen, wo genau du da eigentlich die "Kritik" empfindest - ich hab den betreffenden Kommentar des Finanzwesirs jedenfalls nicht so verstanden, als dass er damit nur jedem gleich pauschal immer nur von allen Immobilieninvestments abraten will, sondern dass er auf einige wichtige Fragen hinweist, die sich ein potentieller Erwerber eben nunmal vernünftigerweise vorher stellen sollte - wenn der Käufer meint, diese positiv beantworten zu können, dann kann er ja guten Gewissens investieren, da wird ihn dann auch niemand mehr davon abhalten wollen.
Eine bloße Erinnerung daran, bei Immobilien nicht auch die nötige "due diligence"-Prüfung zu vergessen, ist jedenfalls allein noch keine Kritik oder direktes Abraten - dass soll und muss jeder Investor am Ende noch selbst entscheiden (je nachdem wie seine individuelle Situationsprüfung für ihn ausfiel).
@ Max Alpha
Die Verwaltung (von Immobilien) ist anstrengend und nervig
Der Vollständigkeit halber sei dazu erwähnt dass man die Verwaltung natürlich auch weitestgehend an dazu beauftragte Dienstleister delegieren kann. Es lebt ja eine ganze Branche davon, einem diesen potentiell anstrengenden und nervigen Kram abzunehmen.
Gegen Gebühr natürlich, versteht sich. Also man bezahlt auch hier für die Bequemlichkeit, z.B. über einen durch die Verwalterkosten etwas geminderten Mietvertrag. Lässt sich in bestimmten Situationen (große Entfernung, oder umfangreiches Objekt mit zu vielen WE's, etc.) auch praktisch oft nicht mehr vermeiden, die Immobilie fremdverwalten zu lassen, denn die meisten Privatinvestoren könnten da auch garnicht die nötige Zeit reinstecken. So musst du dich auch nicht mehr persönlich mit "motzenden Mietern" etc. rumschlagen, sondern die Verwaltung macht das alles für dich.
Je nach übertragenem Leistungsumfang kannst du den ganzen day-to-day Kleinkram soweit auslagern, dass du als Eigentümer eigentlich nichts weiter davon mitkriegst ausser die Auskehr der monatl. Mietüberschüsse, die Vorbereitung der Unterlagen für die Steuer, und was sonst noch gewünscht. Die Verwaltung kümmert sich um die Aufrechterhaltung und Steigerung der Wirtschaftlichkeit der Immobilie, also Mietermanagement, Bestandspflege, Kostenplanung etc.
Man kann sich bei Eigentümerversammlungen übrigens auch vertreten lassen (z.B. durch nen Verwalter), wenn man selbst keine Lust drauf hat.
Max Alpha sagt am 01. September 2019
@ChrisS
Stimmt schon, man kann den nervigen Kram an einen Verwalter übertragen. Aber das bringt ein Sparplan- und TER-Optimierer doch nicht übers Herz, auch wenn es sicherlich absolut sinnvoll wäre. Zumindest wäre das bei mir so. Ich müsste jedesmal schwer durchatmen, wenn die Verwalterpauschale abgebucht wird. Ich hätte auch ein Problem damit, einen Dritten zu bevollmächtigen, an meiner statt an der WEG-Versammlung teilzunehmen, weil es dort ja wirklich ans Eingemachte gehen kann.
Hinzu kommt: Wenn du den Spaß komplett beauftragst, also Verwaltung des Gemeinschaftseigentums und Mietsonderverwaltung, dann kommt schon ein nettes Sümmchen je Wohnungseinheit zusammen. Bei kleinen Wohnungen ist man dann (sicherlich regional unterschiedlich) nicht allzu weit von einer Monatsmiete entfernt. Es macht in dem Bereich auch keinen Sinn, zu sehr auf den Preis zu schauen, weil die guten Verwalter einfach wissen was sie wert sind. Sehr kostengünstig machen es die sogenannten Küchentischverwalter, aber denen will man sein Eigentum auch nicht anvertrauen.
In der Branche kann ja wirklich jeder mitmischen, der sich berufen fühlt. Ich konnte vor Jahren mal beobachten, welches Chaos von Zettelwirtschaft eine WEG bei einem Verwalterwechsel zurück bekam.
An einer WEG würde mich aber insbesondere stören, dass ich über Dinge wie Verwalterauswahl, Wartungsfirmen, Instandhaltung und Modernisierung nicht alleine entscheiden könnte. Demokratie ist super, aber nicht in solchen Fragen. Wenn die Miteigentümer einen billigen Jakob zum WEG-Verwalter machen wollen und Du keine Mehrheit organisiert bekommst, guckst Du in die Röhre.
Nee, also für eine WEG wäre ich ungeeignet.
Bleibt natürlich noch das komplette Miethaus, bei dem man alleine die Hosen anhat. Deren Taschen müssten dann aber auch schon extrem prall gefüllt sein, um in diesem Segment halbwegs diversifiziert antreten zu können ( z.B. 6 WE in München, 8 WE in Düsseldorf und 10 WE in Hamburg). Das sind sie bei mir leider nicht. Insofern muss ich wohl bei dem hier bleiben.
Ist auch irgendwie stressfreier.
Zu meiner Beruhigung habe ich dann noch eine vage Erinnerung an die Zeit , als ich die FAZ im Abo hatte. Dort schrieb dann öfter mal Volker Looman in seiner Vermögensfrage zu Eigentumswohnungen usw., so doll sah das meist nicht aus. Also sollte es mich nicht grämen, dass solche Experimente bei mir mangels Masse ausscheiden.
Gruß
Max Alpha
Markus H. aus K. sagt am 25. Oktober 2019
Hallo,
der Link zum Bund der Versicherten ist nicht mehr aktuell (404).
Viele Grüße
Markus Hartmann