Blogparade ‒ Ich investiere in ...
Die Comdirect hat anlässlich der Verleihung des Finanzblog Awards 2014 unter der Ãœberschrift „Ich investiere in …“ zur Blogparade aufgerufen.
Gefordert werden ein Link zum Aufruf und ein Besinnungsaufsatz.
Bevor ich auf das „Was“ eingehe, möchte ich erst das „Warum“ klären.
Warum investiere ich?
Weil ich den Liedtext von "Seine Ruhe" von Roger Cicero gut finde. Herr Cicero singt dort
… denn alles, was ein Mann wirklich braucht, ist seine Ruhe!
Denn nur ein Mann, der seine Ruhe hat, kann das tun, was einem Mann wichtig ist.
Was verschafft einem seine Ruhe?
Finanzielle Unabhängigkeit. Das Leben ist zu kurz, um sich mit Themen zu beschäftigen, die einen nicht wirklich interessieren oder Dinge anzuhäufen, die man nicht braucht. Viel zu stressig. Wozu …
… mit Geld, das man nicht hat, Dinge kaufen, die man nicht braucht, um damit Leute zu beeindrucken, die man nicht mag?
(frei nach Alexander von Humboldt)
Finanziell unabhängig bedeutet nicht, wohlhabend oder reich zu sein, es bedeutet nur, dass die passiven Einkünfte wie Zinsen und Dividenden die Ausgaben decken. Anders ausgedrückt: Man arbeitet nicht, um Geld zu verdienen, sondern tut das, was einem wichtig ist, zusammen mit Leuten, die einem wichtig sind.
Egal ob Sokrates, Humboldt oder Goethe: Alle konnten das tun, was sie taten, weil sie finanziell gut gestellt waren.
Dieser Weg hat aber seinen Preis, den ich mit dem untenstehenden Schaubild erläutern möchte. Es geht um Ruhm, Macht und Geld.
Ruhm
Das schwächste der drei Dinge. Grundsätzlich gilt: Ich bin nur berühmt, wenn mich andere rühmen. Wenn es heißt „Kein Schwein ruft mich an, keine Sau interessiert sich für mich …“ dann war‘s das mit dem Ruhm. Diese Flüchtigkeit des Berühmtseins macht Berühmtsein zu einer kostspieligen Angelegenheit. Ich muss immer wieder auf mich aufmerksam machen.
Nur, damit es keine Missverständnisse gibt: Es geht hier um den Ruhm um des Ruhmes willen. Jemand wie Gandhi wollte nicht berühmt werden, der hatte andere Dinge im Sinn.
Macht
Während der Ruhm vollkommen auf Freiwilligkeit beruht, kann sich die Macht immerhin auf die Bajonette stützen. Aber letztendlich ist auch der Mächtige davon abhängig, dass ihm Dritte Gefolgschaft leisten.
Genau wie berühmt sein, ist mächtig sein ein kostspieliges Unterfangen. Es heißt nicht umsonst
Handle wie ein König, um wie ein König behandelt zu werden.
König sein ist teuer, Purpurmäntel mit Zobelkragen sind nicht billig und der ganze Hofstaat will auch noch unterhalten werden.
Geld
Dem Geld gebührt die Spitze der Pyramide, denn es ist das stärkste der drei Elemente. Während Ruhm und Macht abhängig machen (wie viele Politiker stürzen nach der Abwahl ins Bodenlose), hat Geld die gegenteilige Wirkung. Es macht unabhängig.
Die Bank zahlt für jeden Euro Zinsen, egal, wo er herkommt. Wenn eine Dividende ausgeschüttet wird, bekomme ich als Kleinaktionär die gleiche Summe pro Aktie wie der Großaktionär.
Geld ist Treibstoff, kein Götze. Man braucht es, um durchs Leben zu kommen, aber es verdient um seiner selbst willen keine Anbetung. Anders als die Calvinisten bin ich nicht der Meinung, dass die Menge der angehäuften Reichtümer ein Maß für die Gnade Gottes ist.
Damit schließt sich der Kreis: Ein Mann will seine Ruhe, dafür braucht ein Mann Geld und deshalb investiert ein Mann.
In was investiere ich nicht?
In Ruhm und Macht. Zu teuer, hier stimmt langfristig das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht. Ein guter Freund von mir hat mal gesagt:
Der kluge Mann fliegt unter dem Radar.
Ruhm und vor allem Macht sind immer mit Fremdbestimmung verbunden. Vorstand klingt cool, aber wer lotst den Typ durch den Tag? Sein Assi. Um 8.00 Uhr Termin hier, dann 8:45 Uhr Termin dort. 1.000 Leute wollen was von ihm, und so geht das den ganzen Tag und die halbe Nacht. Im Frühling die ersten sonnigen Tage zum Krokussegucken im Stadtpark nutzen? „Alter, vergiss es!“
In was investiere ich?
In Dinge, die einfach, pflegeleicht und verständlich sind. Denn nur so kann ich meine Strategie umsetzen.
Die Beschäftigung mit finanziellen Dingen ist kein Selbstzweck, also brauche ich etwas Pflegeleichtes.
Wenn ich eine Investition nicht verstehe, dann kann ich das Risiko nicht abschätzen. Da es hier aber um eine dauerhafte Lebensstilentscheidung geht, kann ich mir das nicht leisten. Deshalb investiere ich nur da, wo ich das Geschäftsmodell verstehe.
Einfach bedeutet auch immer „weniger fehleranfällig“. Ein Lada funktioniert auch unter Bedingungen, bei denen ein hochgezüchteter BMW-Geländewagen längst aufgibt. Für Finanzprodukte bedeutet das: Wenig Papierkram, wenig Kleingedrucktes. Das Kleingedruckte lädt nur zu teuren juristischen Interpretationen ein.
Was bleibt?
Durch dieses Raster passen nur Aktien, Anleihen und Tagesgeld. Also ziemlich ödes Zeug. Dazu mixe ich noch die Lebensweisheit „Nicht alle Eier in einen Korb“.
Meine konkreten Investment-Vehikel sind neun ETFs und ein Tagesgeldkonto. Mit den ETFs bin ich langfristig und diversifiziert über alle Asset- und Risikoklassen investiert (buy and hold). Das Tagesgeld ist meine Liquiditätsfeuerwehr.
Supersimpel, superprimitiv, superlangweilig, aber für mich genau das Richtige.
Fazit
Die Kombination aus
- „In was investiere ich nicht“ => Kosten im Griff haben
- „In was investiere ich“ => langfristige und solide Erträge
sorgt für den Erfolg. Die Wirkung des „Nichts“ wird oft unterschätzt. Dabei lebt jedes Musikstück von den Pausen, und als ich noch Redakteur war, haben die Layouter immer um jedes Stück Weißraum gekämpft. „Die Seite muss atmen können“ war ihr Argument.
(awa)
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Abgelegt unter Investieren, Geld, Ruhm, Macht, Lebensweisheit
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Kommentare
Der Privatier sagt am 05. April 2014
Sehr schöner Artikel!
Besonders der Satz "denn alles was ein Mann wirklich braucht ist seine Ruhe!" hat mir gut gefallen.
Und daher finde ich auch die Überlegungen zum "pflegeleichten" Investieren recht gut. Daran muss ich selber noch ein wenig arbeiten. Derzeit befasse ich mich doch recht intensiv mit Thema Kapitalanlage. Das liegt z.T. daran, dass die Erträge inzwischen meine einzigen Einnahmequellen darstellen, z.T. aber daran, dass mir das Thema einfach Spaß macht.
Ich habe vor etwas mehr als 2 Jahren meinen Beruf freiwillig aufgegeben und lebe seitdem als Privatier. Und wenn man einen solchen Schritt tut, muss sich zwangsläufig mit sehr vielen, teilweise durchaus komplexen Themen befassen und alles muss auf den Prüfstand und neu überdacht und geordnet werden.
Aber inzwischen ist natürlich schon wieder etwas Ruhe eingekehrt - und das ist es ja, was ein Mann wirklich braucht! ;-)
Auf dem Blog von Der Privatier gibt es hierzu diesen Artikel: Ich investiere in
Finanzwesir sagt am 06. April 2014
Danke Privatier,
klar, wenn man sein Leben so radikal umkrempelt, will das gut überlegt sein. Ich vermute, daß ein guter Teil Deiner Überlegungen sich gar nicht so sehr um das Thema Investieren dreht, sondern eher um die Bereiche Steuer, Rentenversicherung und andere administrative Sachen, die einem natürlich - wenn man sich nicht drum kümmert - ganz schön die Bilanz verhageln können.
Ich wünsche Dir trotzdem Gelassenheit
Finanzwesir
Alex von Reich-mit-Plan.de sagt am 07. April 2014
Hallo Finanzwesir,
du hast einen angenehmen Schreibstil. Ab jetzt habe ich deinen Feed abonniert. Weiter so.
Ich finde, je mehr man sich mit Finanzen beschäftigt, desto sicherer fühlt man sich und es kehrt bald eine finanzielle Ruhe ein. Denn kein schlimmer Brief kann einen mehr schocken, wenn was an den Finanzmärkten passiert dann weiss man in der Regel warum und wie man sich zu verhalten hat. Die Emotionen verlassen nach und nach das volatile Schiff.
Lieben Gruß
Alex
Vor fast genau 5 Jahren habe ich mit meinem Blog angefangen und als einer der ersten Artikel erschien:
Auf dem Blog von Alex von Reich-mit-Plan.de gibt es hierzu diesen Artikel: “reich” sein – Was bedeutet das genau?
Finanzwesir sagt am 08. April 2014
Hallo Alex,
gratuliere! Es nach 5 Jahren in die finanzielle Unabhängigkeit zu schaffen ist eine große Leistung.
Was die Finanzen angeht, gebe ich Dir recht. Je mehr man sich damit beschäftigt, umso eher durchschaut man die Schaumschlägerei.
Die hochtourig plappernden Köpfe in der Börsensendung vor der Tagesschau ignoriere ich völlig. Mir doch egal, ob die BASF-Aktie jetzt um 1,07% gefallen ist und dafür Bayer um 0,87% gestiegen ist.
Sowohl in Ludwigshafen, wie in Leverkusen laufen die Anlagen, produzieren und werfen Gewinn ab. Was stört mich da das Zucken der Kurse.
Gruß Finanzwesir
Alex von Reich-mit-Plan.de sagt am 08. April 2014
Ja gut in 5 Jahren allein hab ich das nicht geschafft, aber der Blog läuft seit dem nebenher.
Aber ich hab auch noch viel vor. Ruhe kehrt leider noch nicht ein und zurücklehnen kann ich mich noch nicht.
Gruß
Alex
Sonny Black sagt am 14. August 2016
Hallo Herr Warnecke,
erstmal vielen Dank für diesen Blog :D
zu meiner Frage: Sie erwähnen in diesem Blog, dass Sie 9 verschiedene ETF besparen. Können Sie vielleicht preisgeben welche ETF das im genauen sind bzw. welche Indizes Sie abdecken ?
Vielen Dank.
ChrisS sagt am 14. August 2016
@Sonny Black:
Der Finanzwesir schreibt eigentlich nicht oft von seinem privaten Depot, und das ist auch nachvollziehbar - denn im Blog geht es eigentlich darum, das Wissen und die Vorgehensweise zu vermitteln, wie sich jeder sein individuell eigenes passendes Depot zusammenbauen kann, und eben nicht unbedingt nur darum dass der Finanzwesir behauptet er hätte das "beste", für alle gültige Portfolio gefunden, was er selbst auch privat praktiziert, und jeder andere genauso haben muss. Auch besteht sonst die Gefahr, dass die "Fans" das Portfolio einfach nur unreflektiert als Musterdepot nachbauen würden, bzw die Kritiker nur an der Zusammensetzung rumnörgeln, was beides nicht Sinn der Sache ist. Ich finde es eigentlich ganz angenehm, dass sich die Inhalte hier nicht um ein spezifisches Musterdepot drehen, wie bei manchen anderen Blogs, wo es nur um die jeweilige Wertentwicklung davon geht.
Wenn dich aber halt aus irgendeinem Grund wirklich interessiert worin nun unbedingt der Herr Warnecke investiert ist, in einem Blogartikel zum Rebalancing ( http://www.finanzwesir.com/blog/rebalancing ) hat er das, um sich selbst gleich als Praxisbeispiel zu nehmen, mal erwähnt:
70 % Aktien
- 40% iShares MSCI World
- 25% iShares MSCI EM
- 15% iShares Stoxx Europe 600
- 10% iShares DJ US Select Dividend
- 10% iShares Stoxx Europe Small 200
30 % Anleihen
- 40% Deka Deut.Börse EUROGOV® Germany 5-10
- 20% Deka iBoxx EUR Liquid Non-Fin. Diversif.
- 20% iShares Euro Corporate Bond 1-5yr
- 20% iShares Euro High Yield Corporate Bond
Über das wieso weshalb warum könnte man natürlich lang und breit diskutieren, das bringt aber im Endeffekt auch nicht viel.
Der Wesir selbst sagt, er habe das Depot damals 2008 aufgesetzt, und zwangsläufig eben nur mit den ETFs die damals halt verfügbar waren - Kommer gelesen, Value und Smallcap -Premium soll ein bischen mit bedient werden, es gab aber noch keine dezidierten Value Fonds, also musste der Dividenden-ETF als Proxy dafür herhalten.
Auch wenn er jetzt eben an der einmal getätigten Aufteilung einfach nur weiter so festhalten wird, gibt er selbst auch zu dass wenn er heut nochmal neu mit dem Depot anfangen würde, ein paar weniger ETFs benutzen würde.
Es geht eben wie gesagt nicht unbedingt darum, dass er behaupten würde, er hätte das beste Portfolio gefunden, was sich jetzt alle anderen zum Vorbild nehmen sollten.
Ist ja bei uns allen so, alle unsere Depots werden mehr oder weniger unterschiedlich aussehen - und das ist auch gut so, denn wir haben alle unterschiedliche Ziele, Ansprüche und Bedürfnisse, und eben die Mittel die wir einsetzen können um sie zu erreichen.
Leser sagt am 14. August 2016
Hallo Sonny Black,
am 31. Juli 2014 hat der Finanzwesir folgende 6 Aktien-ETFs genannt (http://www.finanzwesir.com/blog/etf-depot-geld-anlegen-vermoegensaufbau):
- 40 % World (MSCI World)
- 15 % Europa (DJ STOXX 600)
- 10 % europäische Small Caps (DJ STOXX Small 200)
- 10 % US Value Aktien (DJ STOXX US select dividend)
- 25 % Emerging Markets (MSCI Emerging Markets)
Finanzwesir sagt am 15. August 2016
Hallo Sonny Black,
ChrisS und Leser haben Dich auf den korrekten Artikel verwiesen. Wobei ich mir schon überlegt habe, ob ich diesen Artikel nicht zurückziehe. Nicht, weil ich ein Problem damit hätte, dass bekannt ist, welche ETFs ich halte, sondern um solche "Vorbild"-Fragen zu vermeiden.
Dieses Depot ist schon etliche Jahre alt und meinem damaligen Erfahrungshorizont geschuldet und durch die verfügbaren Produkte limitiert.
Heute würde ich maximal 4 ETFs kaufen und es gut sein lassen. Denn über allem schwebt Meb Fabers ernüchterndes "Mischung egal", siehe http://www.finanzwesir.com/blog/etf-mischung-egal
Solange
- Deine Mischung breit diversifiziert ist
- Kostengünstig ist
- Nur so groß ist, dass Du in der Krise nicht verkaufst
ist alles ok. Mehr muß nicht. Und meine Mischung sollte auf keinen Fall die Basis für Deine Überlegungen sein. Die ist nur aus historischen Gründen interessant. Aber da die Mischung egal ist, spare ich mir die ganzen Transaktionskosten und schichte nicht um ;-)
Denn das ist ebenfalls wichtig: Hi und her macht Taschen leer. Eine einmal für gut befundene Mischung wird so lange bespart, bis sich die Lebensumstände ändern und eine grundsätzliche Änderung her muss. Nur weil es neue Produkte gibt oder man denkt, eine noch optimalere Zusammensetzung gefunden zu haben wird nicht umgeschichtet. Dieser ganze Optimierungswahn kostet nur Zeit, Geld und Nerven.
Gruß
Finanzwesir
Mithrandir sagt am 17. August 2016
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Verstehe dabei allerdings nicht , warum ein historisch gewachsenes Depot nicht auf ein erforderliches Maß zurückgeschnitten werden kann , zumal dann , wenn es zu komplex ausfällt .
Insofern ist das Depot des Wesirs nicht als Musterdepot denkbar .
Dies betrifft nach meiner ( ausschließlich persönlichen ! ) Meinung hauptsächlich den damals gewählten US Value Aktienanteil.