22. April 2022
Bill Gates kauft Land - will ich auch
Leser S. fragt
In letzter Zeit hört man immer öfter vom Investieren in Agrarflächen. Insbesondere in den USA haben es Investitionen von Bill Gates und Warren Buffet in diese Anlageklasse in die Schlagzeilen geschafft. Was hältst du von der Idee? Würdest du darin investieren und, wenn ja, wie? Ich könnte mir vorstellen, dass insbesondere die Korrelation zu anderen Investmentklassen, wie Aktien und Immobilien, sehr attraktiv sein könnte, habe aber keine Daten, um das zu untersuchen. Könntest du dazu einen Artikel schreiben?
Der Finanzwesir antwortet
Bill Gates besitzt rund und roh eine 100 Milliarden US-Dollar. Leser S. geht es um diesen Artikel in der Wiwo
"Ein anonymer Käufer hatte für 170 Millionen Dollar Ackerland im Osten des US-Bundesstaates Washington erworben. Viel Geld! Zwar für 58 Quadratkilometer, aber trotzdem."
Der anonyme Käufer entpuppte sich als Cascade Investment, die Vermögensverwaltung von Bill Gates. Nur: Wenn ich 100 Milliarden Dollar schwer bin, dann sind 170 Millionen Dollar 0,17 % meines Vermögens.
Ist das noch Diversifikation oder schon Mikromanagement?
Wenn Bill Gates eine Million Dollar hernimmt, dann sind das 0,001 % seines Vermögens. Das ist ja noch nicht einmal ein Rundungsfehler. Von diesem "Nichts" kann er dann Agragrexperten bezahlen, die dafür sorgen, dass er Qualitätsböden für sein Geld bekommt.
Hier haben wir es mit einem klaren "Wer hat, dem wird gegeben" zu tun. In dieser Liga fallen rechts und links die Skaleneffekte an. Für Privatanleger wird diese Anlageklasse auf ewig verschlossen sein.
Herr Gates bezahlt seine Agarexperten, also sind sie ihm rechenschaftspflichtig. Davon mal abgesehen: Man belügt niemanden, der genügend Feuerkraft hat, um einen in Grund und Boden zu klagen.
Wir Privatanleger sind das Ende der Nahrungskette. Wir sind das dumme Geld, das gerne genommen wird, aber eine Rendite gibt es nicht. Die wird
- von den Weichkosten aufgefressen und
- stellt sich heraus: Der Acker ist ein Sumpf. Das Gutachten wurde halt in einem Jahrhundertmegasupersommer erstellt. In diesem Jahr waren die Frösche tatsächlich im Exil.
Es steht Ihnen frei, wegen Prospektbetrugs zu klagen.
Dagegen gilt: Aktie ist Aktie. Wenn der Vorstand beschließt: 1,43 € Dividende pro Aktie, dann bekommt jeder Anleger, egal ob privat oder institutionell für jede Aktie 1,43 € Dividende.
Beim ETF das Gleiche: Egal, ob Sie einen Anteil kaufen oder als Family Office mit 100 Millionen einsteigen: Die Produktqualität ist identisch. Es gibt die Indexrendite.
Bei den alternativen Investments, egal ob Acker, Plantage oder Container herrscht ein enormes Informationsgefälle. Dieses asymmetrische Spiel können Kleinanleger nicht gewinnen.
"Könntest du dazu einen Artikel schreiben?"
Nein, denn
- Ich bin kein Agrarexperte. Ich kann auch nur Dinge vom Hörensagen zusammengooglen. Ich habe da kein Skin in the Game und werde es auch nie haben. Ich bin einfach zu arm.
- Selbst wenn: Leser S. ist auch zu arm. Sein Direktinvestment in Land sind - wie bei den meisten von uns - wenn überhaupt, die 500 Quadratmeter für das Einfamilienhaus mit Vorgarten.
Und was das
"in die Schlagzeilen geschafft."
angeht: Die Wiwo muss jede Woche ihre Seiten füllen. Natürlich ist es da eine tolle Story, wenn Bill Gates für 0,17 % seines Vermögens Äcker kauft. Obwohl, so klingt es nicht so gut. Laß mal lieber die absoluten Zahlen nehmen. 170 Millionen - da klingt’s doch gleich viel mehr nach ruchlosem Reichtum.
Fazit
- Nur weil Herr Gates in Agrarflächen investiert, muss das kein wirtschaftlicher Erfolg werden. Auch reiche Leute können Geld verlieren.
- Wie definiert jemand wie Bill Gates denn "wirtschaftlichen Erfolg"? Womöglich ist der Kauf von Ackerland in den USA steuerlich privilegiert und Herr Gates nutzt diesen Deal nur für ein Dreiecksgeschäft. Irgendwo in seinem Imperium sind große Gewinne angefallen und jetzt braucht er Verluste. Keine Ahnung, das ist alles nur Spekulation, aber solche Leute rechnen anders als wir Kleinanleger.
- Milliardäre haben manchmal eine Zweitnutzung ihrer Ländereien im Sinn. Amazon-Chef Jeff Bezos nutzt seine Äcker in Texas als Abschussrampe für seine Raumfahrtfirma Blue Origin.
- Was die Wiwo angeht: Die wählt ihre Storys so aus, dass sie Klicks und Reichweite bringen. Der Ansatz "Geldanlage soll so spannend sein wie Farbe beim Trocknen zuzugucken" ist renditeträchtig, bezahlt aber nicht die Gehälter der Redakteure. Also her mit der Bill-Gates-Story.
- Die Anlageklasse heißt "Ackerland", nicht "Treckerhersteller". Eine Investition in "Farmaktien" ist nur eine Krücke. So wie Goldminenaktien vs. Gold oder REITs vs. Immobilien. Bei REITs kann man noch drüber streiten, aber "Farmaktien" sind eine Sektorwette und Sektorwetten gehe ich nicht ein.
Land ist ein illiquides, immobiles und politisch belastetes Klumpenrisiko. Jedenfalls für die meisten von uns.